Bruchstücke

Sicht-Weise XI

Und wieder neigt ein Tag
sich in das Gestern,
und mit ihm geht ein Stück
Unendlichkeit.

Ein unsichtbares Band,
das früher leicht im Wind
sich streckte, und nun
- gespannt –
fast zum Zerreißen,
mollne Töne von sich gibt.

...bei jedem Atemzug.

Und wieder neigt ein Tag
sich in das Gestern,
und mit ihm geht ein Teil
von meiner Ewigkeit.

Gacrux

Vergib mir
meine Schuld,
und ich vergebe dir
die deinige.

In deinem Licht
kann ich nur Schatten
sein.

Sicht-Weise X

du solltest zu-sehen
dass du land gewinnst
in deinem kopf
ist so[……]viel welten-
raum. vergiss-dein-ich
und werde was
du warst
(weißt du noch)…?
verstecken---nein,
du kriegst mich nicht
und hinter allem
steckte phantasie
du solltest land ge-
winnen

Lauf!

Muskelverhärtung!
Ich stehe im Bad und putze mir die Zähne. Dann dieses Wort aus dem Radio. Sofort stelle ich alle reinigenden Tätigkeiten ein und falle vor „ich-habs-ja-gewusst“ Gedanken fast in Ohnmacht. Innerhalb von Sekunden geht meine Gedankenwelt auf eine Reise in die Hölle.
Ballack! Garantiert Ballack. Abschlußtraining…umgeknickt und aus. Alles ist aus. Aus und vorbei.
Muskelverhärtung! Ja, ja. Und dann stellt sich beim Kernspin der Riss heraus. Wir können abreisen. Den Polen drei Punkte schenken. Ballack hat einen Muskelfaserriss.
Aber mit ihm wären wir Weltmeister geworden. Keine Frage. So ein Pech. Immer wieder trifft es uns. Erste Tränen überschwemmen meine Augenlandschaft. Das wird eine Flut, ich spüre es genau.
Ruhig bleiben. Ruhig bleiben. Vielleicht ist nicht alles so schlimm. Beten! Ja...beten.
Lieber Gott! Bitte lass Ballacks Muskel nicht gerissen sein. Nimm meinen. Lass ihn reißen, und wenn es denn sein muss, nehme ich auch gerne einen Bruch in Kauf.
Im Rhythmus meines donnernden Herzens gemahne ich mich zur Ruhe. Keinen Infarkt. Nur keinen Infarkt. Du machst dich vor allen lächerlich. Vor deiner Familie und vor allem vor Gott.
Tief durchatmen.
Im Hintergrund nehme ich die Nachrichten nun wieder deutlich wahr. Ulla Schmidt besteht auf der Gesundheitsreform. Kein Wort über eine Muskelverhärtung.
Ich bin normal. Vielleicht ein wenig überdreht. Vielleicht höre ich ein paar Gespenster heulen. Aber nicht viele! Ich schwöre es.
Alles ist gut. Ballacks Muskel hält. Ich danke Gott für seine Güte.

Letzte Nacht. Pures Koffein.
Es durchfloss die Poren der Dunkelheit.
Öffnete geschmolzene Fenster ins Licht.
Mitten hinein in meine Stadt aus Schlaf.
Von da an ein Gespinst der Möglichkeiten.
Sequenzen aus Bildern und Tönen.

Noch bin ich nicht da.
Weder hier noch dort.

Warten.

Manchmal

Manchmal,
wenn ich die Augen schließe,
fliege ich hinauf,
zum Land über dem Meer.
Der Insel aus watteweichem Weiß.
Dort setz mich auf eine Wolkenbank
und lass die Füße baumeln.
Versuche sie so lang zu strecken,
bis sie das Wasser berühren.
Das kitzelt!

Mein Blick wandert. Zum Horizont.
Dorthin, wo das Blau des Himmels
das Blau des Wassers küsst.
Wie sie sich lieben.

Ja… und manchmal
nimmt eine Möwe neben mir Platz.
Erzählt von ihrer Flugkunst.
Ich lache, springe von der Bank
und rufe: Komm! Wer Erster unten ist.

und wenn es einst
zu ende ist…
wird es denn gut gewesen
sein?
zu irgendwas?

bist so weit weg.
doch immer noch der grund
für heute.
mein lächeln.
alles sein.

und du?
wo?
und wie?
und ja.
und nein.
manchmal stern,
dann wieder staub.

ewigkeit.

sekundenlang.




Und draußen
Weit hinter dieser Welt
Da ist ein Ozean
Gefüllt
mit ungeweinten Tränen
Dort stehst du
Und suchst nach deinem Bild




Ich glaubte mir ein Morgen
Glaubte mir ein Licht
Ich glaubte an ein Leben
Nur an die Liebe nicht

Du glaubtest an uns beide
Du sahst in mir das Licht
Nun leben wir die Liebe
Und ich glaub fest an dich

Ich bin ein Blinder
der mit dem Stock in der Hand
das Meer vor sich teilt

Morgentau

Die Kirchturmglocke schlägt zur Nacht.
Herausspaziert, ihr Kinder, wacht.
Die Königin ist fort. Ihr Thron, verwaist,
steht noch an seinem Platz.

Inmitten blauer Mondennacht,
auf halbem Weg von war nach ist.

Und ihr, die ihr die Zukunft seid, tanzt!
Kommt, tanzt und lacht! Denn morgen schon
seid ihr die Hüter eurer Nacht,
aus der ein neuer Tag erwacht.

Und wir, du meine Königin,
und ich,
wir wollen stille sein.
Die Tränen teilen, nur mit uns allein.

Erwacht. Verkatert.
Von dieser Nüchternheit des
gestrigen Tages.

Der Regenbog

Im Aqua mummte
sich ein Regenbog.
Verschwamm schlamm
drüber drunter,
bunterkunt und Augenpauk,
mitsinn vernapsten
Strapsen im Verdukt.
Herfür, herfür,
berief er alle Poods,
ich schleire schon.
Bin kaum noch Pahl,
nur noch ein Quadtsch
voll Plumps.
Doch arg, oh arg,
zu spät gequirt,
längst stichelst hier
und dort. Verschliert
ist nun der Regenbog,
verschlammt und
Augenpauk.

Sicht-Weise XX

Herzlich Willkommen, Sekunde. Du bist der 54ste Teil dieser Weltenminute. Genieße deine Zeit."
In diesem Moment der Bewusstseinwerdung raste sämtliche Vergangenheit im Nanosekundentakt an der Sekunde vorüber, und sie dachte für sich:
"Wenn ich mich ganz doll anstrenge, kann ich vielleicht die Zeit anh…" - und tief in ihrem Innern verging ein Gedicht.

Fast hätte ich gelebt
Wäre da nicht diese Zeit

neunundvierzig schon

neunundvierzig schon.
und immer noch so arg-
gedanken- los, so voller
hoffnungsschimmerei.
so ganz und gar verträumt,
ins himmelhergottsblau
hinein.
so voller ach was soll´s,
es wird und wird und
was weiß ich,
was alles kommen mag.
schwarz und grau,
und trist und einerlei.
doch immer wieder blau,
und blau und blau.
egal was kommen mag
und wird.

Erinnere dich!

Wir ritten in Gedanken durch das weite Land.
Bewaffnet nur mit unsrer Phantasie und schnellen Fingern,
die locker saßen, unbarmherzig schnell – präzise, aus den Jeans gezogen,
alle Gegner siebten. Und dann, im letzten Atemzug,
bevor sie, wie im Träume fielen, drang Sonnenlicht,
durch jedes Kugelloch und traf auf unsre Sporen,
die glänzten wie Kinder ihrer selbst.
Natürlich ging es immer um den goldnen Staub,
und abends, wenn unsre Pflicht erfüllt, die Welt ein wenig sichrer -
sich zum Schlafe legte, ritten wir, auf unsichtbaren Silberschimmeln
in die Nacht hinein. Zwei Reiter, Schatten nur, vor dem großen Ball,
mit Säcken in den Händen, aus denen kleine goldne Sonnen schwebten.

amphidromie

längst
steht alles still
hat sich mein ich
vereinbart mit dem
mondzeitlosen sein

das schlimmste an der neuen rechtschreibung ist die aussprache

das schlimmste an der neuen rechtschreibung ist die aussprache (betrifft einen hessen besonders!) nun haben wir drei (die rechtschreibung, deren aussprache und ich) uns in den letzten jahren zu arrangieren gelernt. das alltägliche geht verhältnismäßig gut über die lippen, einen einfachen brief bekommt man gerade noch so geschrieben. bei ersterem hilft teils die ausrede (bin halt ein hesse – ha, ha,) beim zweiten hier und da der duden. aber nun dies:

muß-ß+ss=muss

jahrelang stand ich vor dem spiegel, hauchte mir einen um den anderen kussmund auf meine spiegelbildlichen lippen, bis es endlich saß. ich war in der lage, die speziellen s-laute in sprache umzuwandeln. das muß war ein muß, weder ein muss, noch ein "gott bewahre" mus. und nun? spreche ich laut der neuen rechtschreibung, denken die menschen, welche an meine aussprache gewohnt, ich hätte einen sitzen, erste anzeichen von alzheimer oder schlimmeres. mein muß wird nun, ins neusprachliche verkehrt, nach einem unfall klingen. einem entfernten verwandten vom kuss, nuss, oder was auch immer.

was bleibt zu tun? ich muß…verzeihung, ich muss mich neu erfinden. in eine sprache hinein, die mir vollkommen fremd, muß…verzeihung, muss ich neue formen der verständigung für mich erschließen. vielleicht ein wenig mehr mit händen und füßen, weniger mit dem mund. oder gewisse worte verlieren, so, als wären sie nie existent gewesen. das ist es. daran muß…verzeihung muss, nein, daran werde ich arbeiten.

.

Geboren wurde ich von jetzt auf gleich.
Mit einem Plumps und schwuppdiwupp.
Nun bin ich hier, auf weißem Grund,
schau vor mich hin... und her,
betracht mir meine Welt, die noch so neu,
so voller oh und ah und wunderbar.
Doch da! Was das? Da ist ein hohes Dingsdebums.
Darin etwas mit langem Grün
und Dächern dran, aus gelbem Irgendwas,
und lauter Kugelrund darin.
Ob sie wohl meine Brüder sind?
Und dort! Da ist etwas,
und doch auch wieder nicht.
Wie kann das sein? Ich blick es an,
und blicke durch und durch.
Und dann, so dann und wann,
da kommt ein Hell daher,
geht still hinein in das, was ist,
und doch auch wieder nicht.
Schaut nur, was dann geschieht.
Ein buntes Bogenlicht, so schön,
dass mir ganz anders wird.
Oh Welt, wie lieb ich dich.

wartend.

in der nacht
fielen zwei perlen
vom himmel.

aus dunkler see,
in mein meer.

am grund.
zwei leere schalen.

Hallo Otto,
wie schön!
Hier bleib ich, fühle mich wie Alice im Wunderland.
Herzlichen Gruß von Amaretta

Hallo Amaretta,

deine Worte tun gut. Ich danke dir.

Alles Liebe Otto