Nothing´s real
Müde Straßenlaternen malen den Ort
in ein verschlafenes milchiges gelbes Licht.
Nichts ist real,
sieht man von der Fickerei gegenüber ab.
Wobei deren Gestöhne/Geschrei
uns als deren Bühne dient.
Wir deren Bühne sind.
Hört nur, hört!
Bei Mayerhöffers ist alles still.
Wie wohl der Glockenklang in deren toten Räumen klingt?
Und wie das wohl war für ihn?
Die letzten Sekunden,
bevor er das bisschen Leben aus sich raukotzte.
Und oben im Bett seine Rosi.
Bewegungsunfähig vom ewigen Suff.
Diesem Ehering, der beide verbandt.
Nach Mani schreiend,
und er tot unten in der Küche in seiner Kotze liegend.
Das Gestöhne der Rosi und der ewig Fickenden.
Vielleicht dazwischen noch ein letztes Stöhnen von Mani,
eingerahmt von der nächtlichen Kirchenbeleuchtung.
Der Ländchesdom, der, könnte er sprechen,
von unendlicher Scheiße berichten könnte.
Seinem Küster, der mein Schwiegervater war.
Ein einfacher ehrlicher Mann.
Vom Leben in ein Leben getrieben, das nicht dass seine war.
Angetrieben von einer Ehefrau, die sich der Traditon verpflichtet fühlte.
Wir sind Bauern, bleiben Bauern.
Alle gingen zu Opel, verkauften ihr Land an die Großen.
Machten ihr Glück.
Sie nicht.
Die verfickte Tradition brachte sie um.
Familie, oh ja, Familie.
Krebs und Suff und Drogen und Tod.
Wo Gott in diesem Spiel bleibt?
Ich sag´s euch.
Gegenüber der Kirche die Winks.
Deren Vater ein herzensguter Mann.
Seine Frau, vom Krebs durchlöchert, hatten sie nach `nem
Kernspin im Keller des Krankenhauses vergessen.
Gottes Dankbarkeit floß in Form eines andren Krebses in den Wink.
Ich fuhr ihn oft ins Krankenhaus zu seinen Untersuchungen.
Den Kindern war´s zu unangehm.
Er roch nach Scheiße und Tod.
Aber ich überzeugte die Kinder, ihn die letzten Wochen zu betreuen.
In seinem Haus.
Sie hielten es zwei Tage aus.
Schräg gegenüber ein andrer Trauerfall.
Er ging fremd und sie ertrug es.
Alteingesessen.
Sie hatte immer zu ertragen.
Unter den Alten munkelte man, dass sie säuft.
Und dann fiel sie.
Mal die Treppe runter, ein anderes mal war nicht gestreut.
Und nebenan ging der gute Barthels mit seinen Hunden spazieren.
Ging spazieren und fiel tot um.
Echt geiler Kerl, mit `ner super Familie.
Wenn die Liselotte aus dem Fenster schaut,
sieht sie all die Gespenster der Vergangenheit,
frag sich, warum sie noch da ist.
Der Rollator bewegt sie. Mehr schlecht als recht.
Sie sitzt oft bei uns und erzählt Geschichten aus Zeiten,
in denen sie noch lebendig war.
Durchscheinend wie ein Geist sitzt sie da,
nur darauf wartend, dass die Glocken für sie läuten.
Ich fühle mich wie eine der Straßenlaternen,
die kaum noch Licht spenden.
Frage mich, wie durchscheinend ich schon auf andere wirke.
Hundert Meter bin ich vielleicht gelaufen.
Zu viel, zu viele Geschichten, auf diesem kurzen Weg.
Die Glocken läuten.
Es ist Zeit nach Hause zu gehen.
Morgen ist auch noch ein Tag.
Heute ist gestern.
Alles ist still und stumm.
Das milchige Licht der Laternen gleicht einer übergestülpten Taucherglocke.
Nichts dringt zu mir.
Ich wage mich zu dir.
Deinem letzten Ort.
Hoffe, wie so oft, auf eine Offenbarung.
Einen letzten Beweis.
Doch schon der Weg vorbei an den Steinen,
den stummen Lichtern,
weißt mir die traurige Wahrheit.
Du bist nicht mehr.
Alleine meine Gedanken halten dich am Leben.
Einem Leben, das nur für mich ist.
Wie oft saßen wir auf dieser Bank.
Gedachten deinen Eltern.
Erkannten, dass sie nur noch Sternenstaub sind.
Das bist auch du.
Tröstlich für mich,
der sich um`s eine Sein bewusst.
Um diesen unfassbaren Augenblick der Wirklichkeit.
Der doch, um´s ad adsurdum`s Willen,
so einzigartig ist.
Mit dieser Bank fing damals alles an.
Ich gedachte deiner auf ihr.
Schrieb meine ersten Worte für dich, für mich.
Wo fängt man an,
wenn es kein Ende, keinen Anfang gibt?
Wenn es letztendlich doch die Unendlichkeit ist,
die einen wie eine Taucherglocke umfängt,
die einen ins endlose Sein entlässt.
https://www.youtube.com/watch?v=u9Dg-g7t2l4