Debatte zur Lage der Lyrik (Limerick)

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Treffend - aber nicht gerade komisch.
Danke, James. Woran liegt die mangelnde Komik? (Mir ist es auch aufgefallen, ich wollte es aber nicht gleich in den Mittelpunkt stellen, vor Allem, weil ich unsicher war.)
Wahrscheinlich fehlt das Kopfkino. "Sich zum Affen machen" ist zwar eine sehr bildhafte Metapher, wirkt aber abstrakt. Aber ob das stimmt? Und wie kann man es beheben?
 

wüstenrose

Mitglied
Hallöchen,
"nicht gerade komisch" - da stimme ich glatt zu, sehe ich auch so.
Ich fragte mich, ob der Limerick eventuell als Köder (oder wie würde man das dann nennen) für eine Tagung zum Thema ("Lage der Lyrik") taugen könnte? Letztlich war es meine leise Hoffnung, "Stellungnahmen zu provozieren".
Ob ein Limerick dafür geeignet ist? Vielleicht ein besserer als dieser? Oder schreckt so was eher ab, führt nicht hin zum Thema, sondern führt im Gegenteil zu einem müden Abwinken?
Ja, ich gebe es zu: Ein bisschen kränkt es mich, dass manche Gedichtformen gelegentlich allzu schnell als unseriös abgetan werden, nur weil sie gefällig daherkommen. Gefälligkeit als Tarnkappe? Gibt es so was?
 

James Blond

Mitglied
Ja - eher als Türöffner, das sehe ich auch so. Der Limerick zeichnet sich mittlerweile durch eine breite Geläufigkeit aus, die den Lesern entgegenkommt, allerdings nicht den Verfassern, denn eine kleine Story in 5 Zeilen mit so vielen Restriktionen unterzubringen, ist schon ein Kunststück, das ungereimte freie Verse locker in den Schatten stellt, denn wo nur Freiheit herrscht, wird Beliebigkeit zum Problem. ;)

Sehr schön übrigens dieses "heute noch", eine unverzichtbare Formel jedes Credo einer sog. modernen Lyrik.

Grüße
JB
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Beschreibende Limericks haben ja ebenfalls Tradition. Die Komik ist dabei nicht auf die Pointe ausgerichtet, sondern auf eine lockere Darstellung von Fakten oder Fiktionen.
 

wüstenrose

Mitglied
Putzig die Mathe-Limericks, gefallen mir!
Bei meinem obigen Limerick finde ich, wie gesagt, die Pointe tatsächlich schwach: weil ja doch sozusagen zu einer Pointe angesetzt wird und diese dann nicht recht zündet.
Ein anderer Limerick von mir, der eigentlich gar keine Pointe aufweist, gefällt mir dagegen gut; man könnte ihn wohl schon einen ernsthaften oder auch philosophischen Limerick nennen: to everything there is a season (Limerick) | Leselupe.de - dichter am text!
Also meine Behauptung: Auch ohne Pointe hat die Limerick-Form hier ihre Berechtigung, sie ist passend, Form und Inhalt bilden ein Ganzes, wie auch immer.
Wenn es denn den philosophischen Limerick gibt, dann ist das sicher nicht meine Erfindung. Bei "Alles hat seine Zeit" habe ich mich bestimmt (eher unbewusst) von Zeilen inspirieren lassen, die sich in irgendwelchen hinteren Winkeln meiner Rübe eingenistet hatten, Zeilen wie diesen:

Said an erudite sinologue: "How
Shall I try to describe to you Tao?
It is come, it is go,
It is yes, it is no,
Yet it's neither - you understand now?"

(Reclam: Limericks, S.72)

Das finde ich großartig. Okay, man kann hier auch eine Pointe herauslesen, aber diese halbe Pointe ist nicht das Wesentliche des Limericks, das Wesentliche ist die Schwingung, die Meditation, der Flow, das Zusammenfließen von Fülle und Leere. Das unübersetzbare Tao wird hier tatsächlich auf engstem Raum treffend eingekreist und gestellt.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich will es mal in einem seltsamen Vergleich vergleichen:

Du hast es kritisiert, besser wäre überschwängliches Loben, denn Vers 1 bis 4 sind auf Kritik angelegt.

Gut geschafft haben so etwas die 52 Schauspieler*Innen der Aktion "Alles dichtmachen".
(Wobei diese Aktion sehr bemerkenswert ist. Satire pur. Finger in die offene Wunde - durch scheinbares Lob. Und leider trotzdem daneben, wenn man die Situation betrachtet. Rhetorisch aber extrem gut. Und wirksam.)

Aber: Ich habe nichts besseres bei Deinem Limerick gefunden.

Beispiel: "... der wird wahre Kunstwerke schaffen." - passt wegen des Reimes nicht. Der kommt schon in Vers 2 vor.

(Oder erzeugt das Selbstbezüglichkeit wegen Unfähigkeit? - zu sehr um die Ecke gedacht.)
 

James Blond

Mitglied
Naja,

mit Ironie lässt sich hier vielleicht auch etwas machen - etwa:

Mich lobt ein Kollege aus Haffen:
„Wer heute noch lyrisches Schaffen
mit Reimen umkleidet
und Misstöne meidet,
der macht sich als Autor zum Affen!“


Grüße
JB
 

wüstenrose

Mitglied
vielen Dank, Bernd und James, für eure weiterführenden Gedanken. Muss das noch mit etwas Ruhe auf mich wirken lassen, für heute bin ich zu erledigt und es reichte nur noch für eine Version, die eher der "Reime-sind-des-Teufels-Fraktion" in die Karten spielt. Geht gar nicht.

Adressiert an Autoren aus Uelzen:
„Wer blasierte poetische Sülzen
mit Reimen garniert
und nichts Neues probiert,
produziert antiquarische Hülsen!“
 
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G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Das Problem liegt darin, dass saturierte Bildungsbürger die Internetforen mit geschmeidigen Reimen sozusagen zumüllen, woraus ein unendlicher Brei aus Langeweile entsteht, der nur noch den harten Kern der DauerschreiberInnen anspricht.

Ich zähle mich auch dazu, gelegentliche Ausbrüche aus der Norm werden schamrot zurückgenommen.

Was tun?

Mir erscheint wichtig, Texte ohne Zutun der Moderation selbst bearbeiten oder löschen zu können, um eine gewisse Kreativität zu ermöglichen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Man kann die eigenen Texte jetzt seit einiger Zeit wieder ändern. Die alten bleiben in der Versionsgeschichte. Das betrifft nicht die Kommentare, die kann man nur für kurze Zeit ändern.
 
G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Na gut, aber die Originalversion bleibt dokumentiert.

Einfach die Löschfunktion anbieten bei den Werken - warum ist das so schwer?
 

wüstenrose

Mitglied
Ich zähle mich auch dazu, gelegentliche Ausbrüche aus der Norm werden schamrot zurückgenommen.
Hier verstehe ich den Inhalt nicht wirklich. War jetzt bis vor Kurzem monatelang nicht in der LL aktiv und bin vielleicht nicht auf dem neuesten Stand - - - aber grundsätzlich scheint mir, dass immer wieder Werke von dir gerade deshalb gut in der LL ankommen, weil da ein individueller Stil hervorsticht, weil du auch mal was Ungewöhnliches und trotzdem Ausgereiftes anbietest - inwiefern ist dann schamrote Zurücknahme angesagt?
Nachklapp: Okay, gerade habe ich mir noch die jüngste Diskussion in der experimentellen Ecke angeschaut, auf die du sicher auch anspielst. Den einen gefällts. Die anderen sprechen dem Werk die "Daseinsberechtigung" ab. Das Lupenleben ist eines der härtesten.
 
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G

Gelöschtes Mitglied 16867

Gast
Meine Werke sind in der Tat individuell und ausgereift, liebe wüstenrose, bestechend und ungewöhnlich, was Du treffend unterstreichst - aber frag ruhig unseren Bernd, wie oft ich schon um Streichung meiner Beiträge bat.
 



 
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