mittendrin und voll daneben

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revilo

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Hi Tula, das freut mich sehr....Ich hatte das Teil aufs Abstellgleis geschoben, es wiederentdeckt und spontan eingestellt........hier veröffentliche ich im Wesentlichen Sachen, die ich während meiner 4-jährigen LL-Abstinenz geschrieben habe.....Lg revilo
 

revilo

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Ach, leckt mich doch

Das waren noch Zeiten, als ich in meiner Junggesellenbude nächtelang an der Olympia saß. Es war so still und ich erinnere mich genau an diesen Moment, als irgendwo im Haus eine Tür klappte. Da ging wohl jemand aufs Klo pissen oder sich den Schmand nach einer Nummer abwischen. Und ich hockte da benebelt vom billigen Aldi-Whisky. Die Nacht gehörte mir und das war gut so.Selbst meine zauberhafte Freundin war mir in diesem Moment schnuppe. Sie hing vermutlich in einer Kneipe ab, starrte wütend in ihr Bierglas und schenkte dem Typen, der sie an der Theke volllaberte keinerlei Beachtung. Ich zündete mir eine Kippe an, nahm einen Schluck und schrieb einen Text. Vermutlich diesen hier.
 

revilo

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Begräbnis

hinter dem sarg
und vor den lebenden
auf der schleife des kranzes:
"in Liebe"

du mein freund
hast dein nein gefunden
was zurückbleibt
ist unser vielleicht
 

revilo

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Was man für einen Kuss nicht alles so tut......

Braune, kurze Locken. Offener Blick, herzliches Lachen. Wenn mir ein Kerl in die Hose will, sage ich nein. Über den Rest kann man reden. 1979. Ich hatte eine Freundin. Aber Moni war anders. Moni war cool. Und mittendrin. War scharf auf den Drummer. Moni legte meinen Kopf auf ihren Schoß, küsste meine Finger und ich streichelte ihr Haar. Ich kannte ihr Geheimnis. Sie meins. Für den Drummer tat sie alles. Wettete mit ihm um einen Kuss. Wetteinsatz: 1 Flasche H-Milch auf ex. Sie trank und gewann. Nach dem Kotzen hielt ich ihre Hand, wischte ihr den Mund ab, brachte sie ins Bett. Du bist der erste Junge, der das nicht ausgenutzt hat. Wir verloren uns aus den Augen.

Etwa 15 Jahre später traf ich sie wieder. Immer noch die kurzen braunen Locken. Hageres Gesicht. Da war so viel Trauer in ihren Augen. Hast du eine Freundin fragte sie mich mich. Ich sagte ja, aber es läuft nicht so gut. Wir verabschiedeten uns. Ich hätte sie so gerne geküsst. In den Arm genommen. Irgendwas war in ihren Augen. Dieser Blick, dieses hagere Gesicht. Unglaublich schlank. Enger Pullover, gegen den sich die Brüste drängten. Sie musste meinen Blick bemerkt haben.

Ein halbes Jahr erfuhr ich, dass sie gestorben war. Krebs. Verdammt, ich fühlte mich so schuldig. Dieser Blick, diese fragenden Augen.
Wieso habe ich ihr keine Antwort gegeben?
 
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DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Tula, erster Besucher und Kommentierer....ich hatte das schon lange hier vor....hier knalle ich Texte rein, die in der 4 - jährigen LL-Schreibabstinenz entstanden sind...Sie legen leinen Wert auf auflyrische Korrektheit, sind meistens spontan entstanden und skizzieren den Schreiberalltag eines seltsamen Typen namens revilo, mit dem ich seit fast 56 Jhren klarkommen muss...kein leichtes Unterfangen......Viel Spaß...

Du kommst vermutlich besser klar, wenn Du hier diese Sequenzen raushaust ... sie wirken und sind ! sehr authentisch.

Irgendwie mag ich das mehr als dieses Harmoniegedusel von Menschen, die alles toll finden.

Also, ich bleib dran!

:)
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Anstatt Text:

Friseurbesuch. Nur eine Kundin wird außer mir noch behandelt. Es ist also wunderbar ruhig. Die Friseurin versucht ein Gespräch mit mir zu beginnen, aber ich rede nicht gern dort. Gebe nur einsilbige Antworten, was den gewünschten Effekt auslöst - sie schweigt auch. Dann vertiefe ich mich in meine Lektüre.

Doch dann taucht X auf. Die Fachfrau für Farben. Ich habe sie schon länger nicht gesehen, hatte gehört, dass sie krank ist.

Und nun ist es mit der Ruhe vorbei. X betrachtet den Kopf der Kundin, empfiehlt Strähnchentechniken, Farben, Varianten und legt los. Während sie Strähne für Strähne die Haare erblonden lässt, erzählt sie. Ununterbrochen. Laut.

Nach einer Viertelstunde, gefühlt zwei Stunden, weiß ich alles. Alles über sie. Welche Therapie sie machen muss. Wie sie Weihnachten verbringt. Wie ihre Ex sich verhalten hat. Das Schlimmste an ihr war, dass sie immer so laut geredet hat, vor allem an Weihnachten beim Familienbesuch.

Ach, die auch?

Und weiter geht es. Was sie über ihre Mitbewohnerin denkt. Was die macht. Oder nicht macht.

Ich überlege. Soll ich beim Bezahlen zu ihrer Kollegin sagen, schön, dass ich jetzt alles über das Privatleben von X weiß?

Ich bezahle. Ich sage nichts. Ich hoffe einfach, beim nächsten Mal ist sie nicht da.
 

revilo

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Wunschkonzert

Ich denke gerade an meine erste Liebe und den ersten Zungenkuss. Was störte, war diese verdammte Zahnklammer. Kurz vor dem Treffen nahm ich sie aus dem Mund,wickelte das Ding ins Taschentuch und ab ging die Post .Einen Millimeter vor ihren Brüsten hat sie mich abserviert. Da war wohl jemand schöner und größer.

2 Jahre später hab ich sie wieder getroffen.Sie zu berühren glich einem Bad in der Nocturnes von Chopin.
Danach schwang ich mich auf mein Fahrrad, fuhr in die Dunkelheit, sah die smaragdfarbenen Augen einer Katze leuchten, die auf einer Mülltonne hockte und fragte mich was jetzt noch kommen könnte.
 

revilo

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Armleuchterlyrik, 26.12.2020

Irgendwann setzt du dich hin, den Anlass lassen wir mal außen vor, und schreibst ein paar Zeilen auf. Dein erstes Gedicht. Ein Mysterium, mit dem du zunächst wenig anfangen kannst. Und es werden mehr und mehr. Versuch erst gar nicht, deine Motivation zu verstehen. Denn das ist der Beginn, rohe und vielleicht unbeholfene Zeilen in einen Klumpen Nirwana zu verwandeln.In einen Batzen, den ein überfütterter und degenerierter Köter mitten auf den Bürgersteig gekotzt hat und in den du gedankenverloren hinein trittst.

Das ist das Ende eines guten Gedichts. Dann reihst du dich ein in die die Runde der Versteher und Interpretierer. Willkommen in der Welt der Schönschwätzer,Dumpfbacken und Armleuchter. Wenn die sich zusammentun, nennt man das Anthologie. Das ist eine Wagenburg für unverständliches Kauderwelsch. Liest sich zuweilen wie der verzweifelte Schrei nach dem Schnuller,deren Entwöhnung die Schreiber noch heute ungeheuer schmerzt. Ich bin mir natürlich der Subjektivität meiner Zeilen bewusst. Ich verlange keine Zustimmung oder gar Beifall. Am wenigsten von denen, die es sich in der Wagenburg gemütlich gemacht haben.

Meine Gedichte

schillern als
dreckige Punkte am makellosen Sternenhimmel

haben dieselbe Farbe
wie ein Schluck verschüttetes Bier auf dem Perserteppich

sehen aus
wie ein schielender Blick um die Ecke

riechen wie
ein Furz in der Abendvorstellung im vollbesetzten Kino.

Aber sie sind
ich.

Klingt pompös, selbstverliebt und degeneriert. Aber so ist das Leben.

Und so bin ich.
 

revilo

Mitglied
....spontan geschrieben nach der Lektüre von BUK, " Das weingetränkte Notizbuch", " Zur Verteidigung einer bestimmten Art von Gedichten, einer bestimmten Art zu leben, eines bestimmten blutdurchströmten Lebewesens verfasst bei einem Sechserpack Bier"......
 

Ji Rina

Mitglied
....spontan geschrieben nach der Lektüre von BUK, " Das weingetränkte Notizbuch", " Zur Verteidigung einer bestimmten Art von Gedichten, einer bestimmten Art zu leben, eines bestimmten blutdurchströmten Lebewesens verfasst bei einem Sechserpack Bier"......
Ich habe Deinen letzten Beitrag sehr gern gelesen, da so viel dran wahr ist.
Auch von BUK habe ich alles (ausser seine Gedichte) gelesen. Dabei habe ich viel nachgedacht, gelacht und auch schon mal geweint.
Im Grunde war er ein ganz sensibler.
"Das Weingetränkte Notizbuch!" ----> Da gibt es unter anderem auch die Geschichte "Wie es geschah" (genial!)
Frohes Neues Jahr!
Ji
 

revilo

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Guten Abend, natürlich ist manches überzogen, kommt aber der Realität sehr nahe. Ein vortreffliches Beispiel oder besser gesagt Schauspiel kann man derzeit auf der LL verfolgen. Ich freue mich sehr über dein Lob. Je älter BUK wurde, desto besser wurde er auch.........Die Geschichte werde ich lesen........LG Oliver
 
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