Österreich - Trilogie

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Fritz H.

Mitglied
Aphorismus

Die ewige Tragödie -
das Bessere, Eigentliche und Andere
stumpfen nicht,
sondern schärfen das Fallbeil.


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am faden

unter meinem
kopfkissen schütze
und wärme ich
deine gedichte

fadengeheftet
von meiner hand
ertragen sie
schwere schwere

gedanken
alle versuche
zu leben lieben
werft ruhig falten


---


rom

vergessen gabst du dich zurück
geschnürt müssen sie noch gewesen
sein die schuhe im raum
wenn wir nur wüssten die
chiffren deiner rufe als du
fracht wurdest in den dunklen
herbst hinein bis zum ende
nichts nahmst du mit
warum auch
wen immer man anruft
sie kommen doch nicht
nur die tage
die härteren
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Fritz,

du hast ja "am faden" schon einmal separat eingestellt. Dieses Gedicht für Hertha Kräftner fand ich schon sehr gelungen.
Ich denke, dass diese Trilogie der Lyrikerin gewidmet ist.

Der Aphorismus ist ein gelungener Einstieg, "am faden" eine liebevolle Erinnerung.
Die Trilogie schließt mit "rom" ab. Ein Abschied, ein stiller, schmerzender Nachruf und das Beste, was ich seit langer Zeit hier im Forum gelesen habe.

Liebe Grüße
Manfred
 

sufnus

Mitglied
Hey!
Das letzte Gedicht weist bereits mit dem Titel auf Ingeborg Bachmann hin und löst diesen Hinweis dann mit einer Art Collage-Technik aus Bachmann-Zitaten ein, die "Gestundete Zeit" klingt mindestens zweimal an, dann die "Große Fracht" (ein Gedicht, welches eigentlich viel populärer sein sollte) und auch die "Anrufung des großen Bären".
Die beiden anderen Gedichte habe bzw. hätte (bei Hertha Kräfter war es ja schon aufgelöst) ich nicht zuordnen können.
Gefällt mir aber sehr.
Und ein schönes Gedankenexperiment, welche Lyriker*innen aus Österreich (wenn man sich z. B. aufs 20. Jh. beschränken müsste) in einer Trilogie vereint werden sollten/könnten/dürften. Ich würde wohl Lavant, Aichinger, Mayröcker zusammenschnüren. Aber die Auswahl wäre schwer.
LG!
S.
 

Fritz H.

Mitglied
Lieber Manfred,

herzlichen Dank für Dein Lesen und Nachdenken!

Du hast Recht, ich habe zunächst nur an Hertha Kräftner gedacht, doch fielen mir beim Schreiben noch zwei andere bedeutende österreichische Dichterinnen ein: Die blitzgescheite Aphoristikerin Marie v. Ebner-Eschenbach und ... Deine Lieblingsdichterin! Du weißt, was in Rom geschah ... Hertha war wohl mal in Paris, Rom hatte sie nicht besucht. Dieser arme Mensch hat es ganz jung nicht mehr ausgehalten und sich in den Schlaf gebracht. Ich habe sie in mein Herz geschlossen.

Ein schönes Wochenende!
Fritz
 
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Fritz H.

Mitglied
Hallo Sufnus,

Deine Post schneite herein, als ich Manfred antwortete. Nun sind alle drei Frauen benannt. An Mayröcker habe ich natürlich auch gedacht ...
Danke für Dein Mitdenken!

Es grüßt
Fritz
 

Franke

Foren-Redakteur
Teammitglied
Lieber Fritz,

Ingeborg Bachmann war auch mein erster Gedanke, vor allem wegen Rom.

Die Trilogie ist außerordentlich gut gelungen. Ich empfehle sie!

Liebe Grüße
Manfred
 



 
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