tagnacht nachttag

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nachttag tagnacht


nur kurz im schlaf
klingelte es sturm
ante portas
ein schwitzender lieferant
auf der sackkarre kiloweise
kartons voller fläschchen
mit flüssigem korrekturweiß
ausstreichschwämmchen incl.
stunden dauerte es
das gesamte fenster
bei tiefschwarzer nacht
mit weißem fluid zu decken
breit spachtelte ich
das wort nacht heraus
und fand sie
gleißend hell vor
erschöpft ging ich zu bett
nur kurz im schlaf
klingelte es sturm
ante portas
ein schwitzender lieferant
auf der sackkarre kiloweise
kartons voller fläschchen
mit flüssigem korrekturschwarz
ausstreichschwämmchen incl.
stunden dauerte es
das gesamte fenster
bei gleißend hellem tag
mit schwarzem fluid zu decken
breit spachtelte ich
das wort tag heraus
und fand ihn tiefschwarz vor
erschöpft ging ich zu bett
nur kurz im schlaf
 
So ist es, Chandrian! Danke für Deinen Besuch und die vielen Sterne!

Ein Gedicht ohne Anfang und ohne Ende. Das Absurde wird auf die Spitze getrieben, indem der arme Held sich in der Nacht durch das Weißen der Fenster den Tag denkt und ihn durch das freigespachtelte Wort 'Nacht' tatsächlich sieht. Und umgekehrt am Tage durch das Schwärzen der Fenster die Nacht denkt und sie durch das freigespachtelte Wort 'Tag' tatsächlich sieht. Irgendwann muss aber Schluss sein, denn der kurze Schlaf lässt den Helden immer früher bzw. später aufstehen, so dass er durch das Wort 'Nacht' tatsächlich die Nacht sieht und durch 'Tag' tatsächlich den Tag. Nun hat der ganze Unsinn seinen Sinn verloren und entzieht dem Gedicht das Gerüst, es fällt zusammen und existiert nicht mehr ...

ante portas habe ich mir aus dem Film 'Papa ante portas' von Loriot geholt, dort bestellt Papa, die großartige Buchhalterseele, zentnerweise Kartons voller Senfgläser, weil er sich einen gigantischen Mengenrabatt errechnet hat ...


Bis dann
Kristian
 



 
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