Ciconia
Mitglied
Sulawesi
Sicher trug die von unserer kleinen Reisegruppe ausgehende Sogwirkung dazu bei, dass ich überhaupt mitging in die finsteren Totenhöhlen im Toraja-Land auf Sulawesi. Wir waren wieder mal, wie so oft auf dieser Rundreise über vier indonesische Inseln, von der Situation überrascht worden. Dass wir zu den Tau Tau fahren würden, wussten wir natürlich – aber dass dies auch ein Betreten der Felsengräber einschloss, hatte unser Reiseleiter nicht erwähnt. Dieses Überraschungsmoment schaltete alle Überlegungen und Abwägungen aus.
Von außen sah alles fast spielerisch aus. Aus Felsnischen und Veranden oberhalb des Eingangs begrüßten bunte, liebevoll arrangierte Holzpuppen (Tau Tau) mit Gesichtern, die denen der Verstorbenen nachempfunden waren, die Besucher. Ihre Kleidung wirkte erstaunlich gut erhalten, nur wenige Teile sahen schon etwas verschlissen aus.
Diffuses Tageslicht aus schmalen Felsspalten fiel in die Höhlen, und das genügte vollkommen, um ausschließlich die Gegenstände in nächster Nähe erkennen zu können – vielleicht hätte mich sonst das Ausmaß der hier vorhandenen Utensilien doch sehr schnell zur Umkehr bewegt. Seltsamerweise erschreckten mich weniger die Unmengen an Totenschädeln oder – teilweise schon zusammengebrochenen – Gabentischen mit einem Sammelsurium an Schalen, Stoffen und undefinierbaren, verwesten und verwelkten Kleinteilen, sondern eher überall herum wehende Spinnweben und riesige Achtbeiner, die man schemenhaft an den Feldwänden herumkrabbeln sah. Es roch modrig, muffig, süßlich, eine Mischung befremdlicher Gerüche, die ein empfindlicher Magen nicht so leicht wegsteckte. Ausgerechnet Eberhard, ein Hüne mittleren Alters und der Lauteste in unserer Gruppe, stürzte dann als Erster mit theatralisch anmutenden Atembeschwerden ins Freie.
Ich tapste der Gruppe hinterher, immer tiefer bewegten wir uns in das verzweigte Höhlenlabyrinth. Bernhard an meiner Seite merkte man an, dass auch er mit der Situation kämpfte. Er war ungewöhnlich schweigsam geworden.
Dem Auge bot sich ständig Neues, Abstoßendes, Ekliges und dennoch Faszinierendes. Die Gräber unterlagen keiner erkennbaren Ordnung, neuere Bestattungen schienen inmitten der älteren Überreste stattgefunden zu haben. Holzsärge, gestapelt entlang der Wände und in Nischen, teilweise schon zusammengefallen, gaben Einblick in ihr Inneres. Allmählich kämpfte auch ich mit Atem- und Magenbeschwerden; nie im Leben hatte ich mich in einer unwirklicheren Umgebung befunden.
Dabei glaubten wir erst am Vortag den vorläufigen Höhepunkt der Reise erlebt zu haben: Eine Totenfeier der Toraja, an der wir durch die Vermittlung unseres Reiseleiters als Gäste teilnehmen durften. Ohne genau zu wissen, was uns erwartete, verfolgten wir sprachlos das blutige Opferritual, in dem mehrere Wasserbüffel getötet wurden. Die Anzahl der Büffel und die Größe des eigens für die mehrtägigen Feierlichkeiten aufgebauten Baumbushüttendorfes ließen auf eine sehr reiche Familie des Verstorbenen schließen. Trotz der geradezu volksfesthaften Stimmung hatten wir auch gestern wenig gesprochen, sondern still an den Eindrücken wie auf einer zähen, aber dennoch interessant schmeckenden Mahlzeit gekaut und uns im Kreis der Angehörigen, die uns höflich Tee und Gebäck anboten, kaum zu rühren gewagt.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir uns in der Höhle aufhielten – aber ich erinnere mich, dass mich beim Heraustreten das gleißende Sonnenlicht und die dampfige Hitze fast umwarfen und ich mich völlig erledigt an Bernhard klammerte. Ich konnte immer noch nicht fassen, was hier gerade hinter uns lag.
Wir fotografierten damals, vor fast zwanzig Jahren, noch nicht digital, und so hielt sich die Anzahl der geschossenen Fotos in Grenzen. Sie geben nur die eindrucksvollsten Momente wie zum Beispiel die hier beschriebenen wieder. Die ganze übrige Reise mit unglaublich vielen anderen tiefen Eindrücken aber ist auf der inneren Festplatte gespeichert und bietet immer noch genügend Gesprächsstoff zwischen Bernhard und mir. Und das wird hoffentlich noch sehr lange so bleiben.
Sicher trug die von unserer kleinen Reisegruppe ausgehende Sogwirkung dazu bei, dass ich überhaupt mitging in die finsteren Totenhöhlen im Toraja-Land auf Sulawesi. Wir waren wieder mal, wie so oft auf dieser Rundreise über vier indonesische Inseln, von der Situation überrascht worden. Dass wir zu den Tau Tau fahren würden, wussten wir natürlich – aber dass dies auch ein Betreten der Felsengräber einschloss, hatte unser Reiseleiter nicht erwähnt. Dieses Überraschungsmoment schaltete alle Überlegungen und Abwägungen aus.
Von außen sah alles fast spielerisch aus. Aus Felsnischen und Veranden oberhalb des Eingangs begrüßten bunte, liebevoll arrangierte Holzpuppen (Tau Tau) mit Gesichtern, die denen der Verstorbenen nachempfunden waren, die Besucher. Ihre Kleidung wirkte erstaunlich gut erhalten, nur wenige Teile sahen schon etwas verschlissen aus.
Diffuses Tageslicht aus schmalen Felsspalten fiel in die Höhlen, und das genügte vollkommen, um ausschließlich die Gegenstände in nächster Nähe erkennen zu können – vielleicht hätte mich sonst das Ausmaß der hier vorhandenen Utensilien doch sehr schnell zur Umkehr bewegt. Seltsamerweise erschreckten mich weniger die Unmengen an Totenschädeln oder – teilweise schon zusammengebrochenen – Gabentischen mit einem Sammelsurium an Schalen, Stoffen und undefinierbaren, verwesten und verwelkten Kleinteilen, sondern eher überall herum wehende Spinnweben und riesige Achtbeiner, die man schemenhaft an den Feldwänden herumkrabbeln sah. Es roch modrig, muffig, süßlich, eine Mischung befremdlicher Gerüche, die ein empfindlicher Magen nicht so leicht wegsteckte. Ausgerechnet Eberhard, ein Hüne mittleren Alters und der Lauteste in unserer Gruppe, stürzte dann als Erster mit theatralisch anmutenden Atembeschwerden ins Freie.
Ich tapste der Gruppe hinterher, immer tiefer bewegten wir uns in das verzweigte Höhlenlabyrinth. Bernhard an meiner Seite merkte man an, dass auch er mit der Situation kämpfte. Er war ungewöhnlich schweigsam geworden.
Dem Auge bot sich ständig Neues, Abstoßendes, Ekliges und dennoch Faszinierendes. Die Gräber unterlagen keiner erkennbaren Ordnung, neuere Bestattungen schienen inmitten der älteren Überreste stattgefunden zu haben. Holzsärge, gestapelt entlang der Wände und in Nischen, teilweise schon zusammengefallen, gaben Einblick in ihr Inneres. Allmählich kämpfte auch ich mit Atem- und Magenbeschwerden; nie im Leben hatte ich mich in einer unwirklicheren Umgebung befunden.
Dabei glaubten wir erst am Vortag den vorläufigen Höhepunkt der Reise erlebt zu haben: Eine Totenfeier der Toraja, an der wir durch die Vermittlung unseres Reiseleiters als Gäste teilnehmen durften. Ohne genau zu wissen, was uns erwartete, verfolgten wir sprachlos das blutige Opferritual, in dem mehrere Wasserbüffel getötet wurden. Die Anzahl der Büffel und die Größe des eigens für die mehrtägigen Feierlichkeiten aufgebauten Baumbushüttendorfes ließen auf eine sehr reiche Familie des Verstorbenen schließen. Trotz der geradezu volksfesthaften Stimmung hatten wir auch gestern wenig gesprochen, sondern still an den Eindrücken wie auf einer zähen, aber dennoch interessant schmeckenden Mahlzeit gekaut und uns im Kreis der Angehörigen, die uns höflich Tee und Gebäck anboten, kaum zu rühren gewagt.
Ich weiß nicht mehr, wie lange wir uns in der Höhle aufhielten – aber ich erinnere mich, dass mich beim Heraustreten das gleißende Sonnenlicht und die dampfige Hitze fast umwarfen und ich mich völlig erledigt an Bernhard klammerte. Ich konnte immer noch nicht fassen, was hier gerade hinter uns lag.
Wir fotografierten damals, vor fast zwanzig Jahren, noch nicht digital, und so hielt sich die Anzahl der geschossenen Fotos in Grenzen. Sie geben nur die eindrucksvollsten Momente wie zum Beispiel die hier beschriebenen wieder. Die ganze übrige Reise mit unglaublich vielen anderen tiefen Eindrücken aber ist auf der inneren Festplatte gespeichert und bietet immer noch genügend Gesprächsstoff zwischen Bernhard und mir. Und das wird hoffentlich noch sehr lange so bleiben.
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