Ciconia
Mitglied
Zwischen uns der Strom
(Aktuelle Version)
Auf der anderen Seite des Flusses lauert die Vergangenheit. Lange habe ich gezögert.
Fast lautlos zieht die unförmige kleine Fähre ihre Bahn über den Strom. Mir fehlt das gemütliche Tuckern des alten Fährschiffes, mit dem Ausflüge früher begannen.
Vom westlichen Ufer grüßt schon der Leuchtturm. Heimatliche Gefühle wollen sich dennoch nicht einstellen. An diesem Ort wartet niemand mehr auf mich.
Nach dem Aussteigen wächst mein Unbehagen. Ich lasse mir Zeit für den Weg entlang des Deiches. Üppige zartlila und rosa Rhododendren blühen in den gepflegten Gärten, Bauerngärten, zu denen Kinder wie ich niemals Zutritt hatten. Sofort fühle ich mich wieder ausgeschlossen, doch dann ruft der Duft von frisch geschnittenem Gras plötzlich Erinnerungen wach: Sommerabende am Deich, unbeschwertes Herumtoben im Heu. Nicht alles hier kann schlecht gewesen sein.
Das alte Haus ist kaum wiederzuerkennen, es scheint unbewohnt, dem Verfall preisgegeben. Tagelöhner gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Bestimmt erinnert man sich im Dorf aber noch an Willem und seine Eskapaden. „Willem sien Jung“ nannten sie mich, das galt nicht als Auszeichnung.
In der Friedhofsgärtnerei kaufe ich einen Strauß aus gelben Rosen und weißen Freesien. Es dauert eine Weile, bis ich das Grab gefunden habe. Ungelenk drapiere ich die Blumen vor dem grauen Grabstein. Die Namen darauf, vertraut und trotzdem beunruhigend fremd, haben nichts mit meinem jetzigen Leben gemeinsam.
Stille rundherum und so viel inneres Beben. Ich hätte nicht kommen sollen.
(Aktuelle Version)
Auf der anderen Seite des Flusses lauert die Vergangenheit. Lange habe ich gezögert.
Fast lautlos zieht die unförmige kleine Fähre ihre Bahn über den Strom. Mir fehlt das gemütliche Tuckern des alten Fährschiffes, mit dem Ausflüge früher begannen.
Vom westlichen Ufer grüßt schon der Leuchtturm. Heimatliche Gefühle wollen sich dennoch nicht einstellen. An diesem Ort wartet niemand mehr auf mich.
Nach dem Aussteigen wächst mein Unbehagen. Ich lasse mir Zeit für den Weg entlang des Deiches. Üppige zartlila und rosa Rhododendren blühen in den gepflegten Gärten, Bauerngärten, zu denen Kinder wie ich niemals Zutritt hatten. Sofort fühle ich mich wieder ausgeschlossen, doch dann ruft der Duft von frisch geschnittenem Gras plötzlich Erinnerungen wach: Sommerabende am Deich, unbeschwertes Herumtoben im Heu. Nicht alles hier kann schlecht gewesen sein.
Das alte Haus ist kaum wiederzuerkennen, es scheint unbewohnt, dem Verfall preisgegeben. Tagelöhner gibt es wahrscheinlich nicht mehr. Bestimmt erinnert man sich im Dorf aber noch an Willem und seine Eskapaden. „Willem sien Jung“ nannten sie mich, das galt nicht als Auszeichnung.
In der Friedhofsgärtnerei kaufe ich einen Strauß aus gelben Rosen und weißen Freesien. Es dauert eine Weile, bis ich das Grab gefunden habe. Ungelenk drapiere ich die Blumen vor dem grauen Grabstein. Die Namen darauf, vertraut und trotzdem beunruhigend fremd, haben nichts mit meinem jetzigen Leben gemeinsam.
Stille rundherum und so viel inneres Beben. Ich hätte nicht kommen sollen.
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