„s‘Josi“-s Wanderstöcke

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whitepaper

Mitglied
(Aus der Psychiatrie)

„s‘Josi“-s Wanderstöcke

Man hat „s’Josi“ von der Alm hierher gebracht.
Dort hat es Schafe gehütet und Pfeife geraucht,
hat mit ledernen Händen ein tägliches Werk
der Alm, den Schafen, dem Herrn und sich auch
und allen zum großen Gefallen vollbracht.

Es haben Ordnungshüter zu uns überführt,
es war so im Dorf aufgefallen…
„s’Josi lafft a bits vil, na u`s sabbert doch auch!“
trotz der Alm, den Schafen, dem Herrn, trotz allen
hat es das Bild für die Leute im Dorf angerührt.

Nun bei uns kann es nicht schlafen zur Nacht,
holt sein altes Sackmesser raus und schafft,
mit ledernen Händen dicht neben mir hier,
an frischen Stöcken zum Wandern und lacht.
Die hat es vom Ausgang am Tag mitgebracht.


Man hat „s’Josi“ von der Alm hierher gebracht.
Dort hat es Schafe gehütet und Pfeife geraucht,
hat mit ledernen Händen ein tägliches Werk
der Alm, den Schafen, dem Herrn und sich auch
und allen zum großen Gefallen vollbracht.

„s‘Josi“ schnitzt heut und wandert nicht mehr,
sein Schritt ist selbst wie ein Stock im Brechen,
die zitternden Hände vollbringen kein Werk.
- Wodurch sollte „s’Josi“ sonst sprechen? -
Das Bild mancher Leute wiegt in ihm schwer.

„s’Josi“ hatte den letzten Stock jene Nacht,
so alle Stöcke und alles Wandern vor mir
mit ledernen Händen, mit einem Lachen
für die Alm, die Schafe, den Herrn, die Leute
- für alle, für immer zu Ende gebracht.
 
F

Frodomir

Gast
Hallo whitepaper,

ich finde deinen Text interessant - eine Ballade, die in meinen Augen nur etwas zu wenig die Handlung voran treibt und deshalb in ihrer Länge vielleicht das Ziel übertritt.

Den Text verstehe ich so, dass ein alter auf einer Alm lebender Mann bedauerlicherweise (und das meine ich nicht ironisch, sondern dein Werk löst dieses Gefühl in mir aus) wegen Demenz oder Ähnlichem in ein Heim bzw. sogar in die Psychatrie gebracht wird. Sein Lebensinhalt in "Freiheit" war das Wandern und Schnitzen, doch leider kann der Alte diesen Beschäftigungen im Heim nicht mehr nachkommen und stirbt letzten Endes sogar, wenn ich es richtig verstehe.

Naja, je öfter ich deine Ballade lese, desto häufiger denke ich: Vergiss, was ich über die Länge und die Handlung deines Gedichtes geschrieben habe, es lebt ausreichend von seiner emotionalen Kraft, die sich wahrhaft lyrisch und unglaublich berührend in dieser Zeile entfaltet:

- Wodurch sollte „s’Josi“ sonst sprechen? -
Ganz ehrlich? Diesen Vers finde ich richtig gelungen, weil in ihm alles davor Aufgebaute zum tragischen Höhepunkt geführt wird.

Eines musst du mir aber noch verraten? Wie bist du auf den Namen "s' Josi" gekommen? An den kann ich mich nur schwer gewöhnen, aber vielleicht hilft da eine Erklärung von dir.

Viele Grüße
Frodomir
 
T

Trainee

Gast
@ Frodomir

In manchen Gegenden der Repulik werden weibliche Namen "versächlicht" (darf man das sagen?) und dadurch veniedlicht. Beispielweise: das Dorle, das Renerl oder eben das Josi. Ich gehe im Gedicht also von einer Schäferin aus.

@ Whitepaper

Dieses Werk gefällt mir ausgesprochen gut. Durch die Dialekteinsprengsel wirkt die Ballade ungemein lebendig, gleichsam hautnah, was noch durch die bildschönen "ledernen Hände" verstärkt wird.
In der Form erinnert mich dein Gedicht entfernt an ein malaiisches Pantun ... weil sich bestimmte Sequenzen wiederholen, die sich wiederum gut in das Bild des gleichförmigen Anstaltsalltags schmiegen, als Kontrast zum früherem steten Wandern der Schäferin.
Das Highlight des Textes ist bereits erwähnt worden:

„s‘Josi“ schnitzt heut und wandert nicht mehr,
sein Schritt ist selbst wie ein Stock im Brechen,
die zitternden Hände vollbringen kein Werk.
- Wodurch sollte „s’Josi“ sonst sprechen? -
Das Bild mancher Leute wiegt in ihm schwer.
Das ist wirklich ausgesprochen anrührend.

Die Klippen des Kitsches umschiffst du diesmal mit großem Geschick, weil jene gleichsam in ein Außerhalb (den Dialekt) geschoben werden, der, wie es Dialekte oft tun, als natürlicher Weichmacher wirkt und der eigenen Anrührung die "Rechtfertigung" gleich mitliefert. ;)

Kurzum: Rundherum entzückte Grüße
Trainee
 
A

aligaga

Gast
Hihi -

"S'Josi" ist eine mundartliche Kürzung des z. B. im Bärndütsch gebräuchlichen, sächlichen Artikels "es", einhergehend mit einer wohlmeinenden Verkleinerung.

Im Doitschen wird aus dem Buben das Bübchen, in der Schweiz usem Bueb es Büebli.

Dass man mit Mundart allein dem Kitsch Paroli böte, meinen nur jene, die sie nicht verstehen. Sie wähnen noch hinter banalstem "Seich" Tiefsinn und halten den Text von "I can get no satisfaction" für lührisches Kleinod. Neulich bekam sogar einer den Nobelpreis für sein Genuschel.

Amüsiert

aligaga
 
T

Trainee

Gast
In einem Punkt gebe ich aligaga recht:
Im Titel sind der Bindestrich und eigentlich auch die Anführungsstriche verkehrt. Jene könnte whitepaper aber flink durch einen Moderator ändern lassen.
Richtig hieße es

S‘Josis Wanderstöcke
Der Genitiv ist ja bereits enhalten. Und im Deutschen werden Namen nicht apostrophiert. Und damit aligaga nun nicht wieder kommentarlang auf den siegreichen Tipp gagaesker Prägung hinweisen muss:
Ja, Ali, die Erwähnung des Genitivs ist von dir. Ich habe nur eine winzige Ergänzung beigetragen.

;) Trainee
 
A

aligaga

Gast
Schon wieder verkehrt. Wer die Mundart nicht beherrscht, sollte nicht damit prunken wollen.

Der zuvor schon falsch interpretierte Artikel (man hat doch glatt aus einem Knaben ein Mädchen gemacht!) übersieht man jetzt, dass auch im Dialekt der Artikel gebeugt werden muss.

Gesetzt, "das Josi" wäre eine veniedlichende Koseform einer männlichen Person Namens Josua oder Joachim, müsste aus dem korrekten doitschen Genitiv "des Josis Wanderstöcke" ein bärndütsches ds'Josis Wanderstöck und aus dem unkorrekten doitschen Dativ "dem Josi seine Wanderstöcke" ein em Josi sini ~ werden.

Amüsiert

aligaga
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Wenn wir schon mal beim Genitiv sind, würd ich meinen wollen:
trotz der Alm, [red]den [/red][blue]der[/blue] Schafe[red]n[/red], de[red]m[/red][blue]s[/blue] Herrn, trotz allen
Gruß Ciconia
 
A

aligaga

Gast
Nur ein ganz kleiner Dreckbollen diesmal, o @Labelchen? ist dir über die Feiertage die Gülle knapp geworden?

Was so weit aus der Sprache ist, dass es das Männlein mit dem Weiblein verwechselt, was meint, das sei Haarspalterey, und kein Problem damit hat, sogar Schlagezeilen falsch zu schreiben, sollte sich nicht so weit aus dem Fenster lümmeln. Es macht sich damit nur selbst zum Deppen.

aligaga
 
A

aligaga

Gast
Inzwischen ist den doitschen Sprachschwächlingen der Dativ nach der Präposition "trotz" erlaubt, o @Ciconia. Wie doof das ist, erkennt an dem "trotz allen", das du nicht beanstandet hast und das man für einen Dativ Plural halten müsste, obwohl das ja gar keinen Sinn machte.

Verständlich wäre nur ein "trotz aller" oder "trotz allem".

Amüsant

aligaga
 
hallo whitepaper

du erzählst uns auf liebenswerte art und weise eine berührende geschichte - plauderst aus dem nähkästchen, aber nicht als schwester oder arzt...sondern als mensch. fast macht es auf mich den eindruck als wolltest du diesen mann rehabilitieren...der ein selbstbestimmtes leben führte...um dann fremdbestimmt aus dem leben scheiden zu müssen. die würde des menschen ist ein hohes gut - und wenigsten einen teil seiner würde hast du diesem mann zurückgegeben.

auch wenn ich da jetzt völlig auf dem falschen dampfer bin...aber ich habe bewusst keinen der kommentare gelesen...um einen unverfälschten leseeindruck zu hinterlassen. bei mir hast du mit deiner geschichte abgeräumt...nicht nur weil ich einst eine ähnliche hautnah miterleben...ja musste.

viele grüße, a.d.
 

whitepaper

Mitglied
Ach Herrje! ... Was hier schon dazu entstand, ist einfach überraschend und schön.
Ich freue mich sehr über Eure aufmerksamen und wertschätzenden Kommentare. Da sie sich zwar teils ergänzen, jedoch einzeln stark und ausführlich sind, daneben von mir ergänzt werden müssen, möchte ich auch jedem einzeln antworten. Das braucht etwas Zeit. So möchte ich in dieser Stunde damit beginnen ...

(Was den hier leicht beginnenden Tonus mancher Sub-Dialoge in den Kommentaren angeht, so hoffe ich, dass Kommentatoren sich darin gegenseitig auch wieder etwas mehr Wertschätzung zum Ausdruck bringen können. Ich fände es schade, wenn aus dem Kommentarfeld meines Eingestellten ein Schlachtfeld wird wie mancherorts.)
 
A

aligaga

Gast
Die Figur, die uns hier vorgestellt wird, führte auch vor dem Pflegeheim kein "selbsbetimmtes Leben", sondern war besitzlos und hatte einen HErrn, der ihm anschaffte. So steht's jedenfalls geschrieben, und wer's sorgfältig liest, versteht's.

Der Typ war nie ein Mann, sondern ein Es. Jedenfalls wurde er von der Bevölkerung nicht nur als solches wahrgenommen, sondern auch so bezeichnet: es Josi. Nicht dr Bue, sondern es Büebli.

In dem Stück herauszulesen, dem Alten geschähe Unrecht, wenn man ihn am Ende vor sich selbst schützte, ist recht billig. Wem wollte man denn da den Schwarzen Peter zuschieben? Natürlich kann man bedauern, dass es der Alte am Ende auf der Alm nicht mehr allein schaffte und elend zugrunde gehen müsste, kümmerte man sich nicht. @Ali sieht hier am Ende ein eher undramatisches "betreutes Wohnen" denn eine Art Sicherungsverwahrung. "S'Josi" het ja niene öbbis aagricht, odr?

Heiter

aligaga
 
T

Trainee

Gast
https://www.vorname.com/name,Josi.html

Hmmm. Also ich kenne "Josi" nur als Abkürzung für "Josephine" und einige andere offenbar auch (siehe "hier klicken").
Es mag aber sein, dass "Josi" im Heimatland der Krachledernen anders genutzt wird.
Wenn aber stimmt, was im Link steht, ist es letztendlich unerheblich, weil der Name in seiner Interpretation ohnehin auf ein weiteres Kind, nämlich den erhofften Sohn, weist.

Am Inhalt des Gedichts ändert sich dadurch wenig:

"S'Josi" het ja niene öbbis aagricht, odr? (aligaga)
Ebenso an meiner allgemeinen Wertschätzung: Ich mag intelligente, wehrhafte Menschen. :)

Nachweihnachtliche Grüße
Trainee
 
A

aligaga

Gast
Wer sich ein wenig in der Doitschen und in er hier zu betrachtenden Helvetischen Sprache auskennt, muss nicht guhglend umherirren, sondern weiß schon seit dem Kindergarten, dass man mit I-Anhängseln wie mit -chen und -lein operieren kann. Aus der Maus wird die Mausi, aus dem Hans der Hansi. Y Schwyz haben sie nur das -i oder das -li, weil sie das -chen kaum ausprechen können und das -lein dem -li entspricht.

Dem üblichen Dreckgeschleuder gegen das Bayerische hebt @ali gummibehnadschuht und locker das originale -erl entgegen und zeigt damit einmal mehr auf, dass hier jemand zwar das Maul aufreißt, aber keinen Ton singen kann - schon gar nicht im Dialekt.

In Bayern heißt der kleine Josef Sepperl, die kleine Ursula Urscherl. Die verniedlichende Kurzform "Josi" gibt's in Bayern nicht, wohl aber im Nordoitschland. Sie wird nicht für den kleinen Josef, sondern, wie schon gesagt, für den Josua, den Joachim oder andere verwendet.

Und Obacht: Josefi ist keine Verniedlichung von Josef, sondern der Genitiv von Josephus und meint den "Tag des Josef", vulgo dessen "Namenstag". Er war bis 1968 in Bayern ein Feiertag.

So schaut's aus, und nicht anders.

Froh und munter

aligaga
 

whitepaper

Mitglied
Es ist in der Tat schon so viel dazu geschrieben worden, dass es schwer fällt, den Kommentaren in einer Antwort nicht bindend zu begegnen. So einleitend und aufklärend voran, was sich in vielen wieder findet:

Wie bist du auf den Namen "s' Josi" gekommen?
Die Figur hat es wirklich gegeben, die Szenerie und den ‚Namen‘, so, wie er hier zu lesen ist, ebenfalls.
Ich bin ursprünglich im Nordrheinwestfälischen verwachsen, dann vor vielen Jahren in die Schweiz ausgewandert. Dort bin ich in den Bergen gelandet, im Oberwallis. Beruflich wirke ich im psychiatrischen Umfeld. Damals war es die „Akut-Psychiatrie“ selbst, in der ich zu schaffen (so heisst es hier) begann und ebenso auch vielschichtig berührt ‚zu schaffen bekam‘.

"S'Josi" ist eine mundartliche Kürzung des z. B. im Bärndütsch gebräuchlichen, sächlichen Artikels "es", einhergehend mit einer wohlmeinenden Verkleinerung.“
„Gesetzt, "das Josi" wäre eine veniedlichende Koseform einer männlichen Person Namens Josua oder Joachim, …
Da ist schon ganz viel drin, was folgenden Ergänzungen bedarf:
Die Verwandlung ins Neutrum findet in einigen Bergregionen, dem Dialektischen und (in diesem Kontext vielleicht mehrsinnig:) ‚Mündelnden‘ einen Ausdruck.
So auch im vi(e)ldü(/i)tsch Schweizerischen Gebrauch.

In diesem Fall also im (mitunter für fremde oder gar zugewanderte Ohren sehr gewöhnungsbedürftig bis einfach nur hart wirkenden) Oberwalliser-Ditsch.
In diesem Fall auch greift es auf ‚ein Josef‘ zurück und behandelt ihn/es mit einer ins Neutrum wandelnden, bzw. verdinglichenden bis entpersonalisierenden (im Verweigern eines personare, eines Durchtönen als Mensch) Form.

Die Möglichkeit eines so vorangestellten „s‘“ ist dabei jedoch in seinen Intentionen sehr variantenreich und erschliesst sich selbst für darin geübtere Zuhörer oft nur sehr schwer.
Denn es kann durchaus in der hier richtig eingebrachten verniedlichenden bis kosenden Weise in der Benennung eines Menschen vorkommen, wie jedoch auch bis sehr abschätzende und entwertende Bedeutung erlangen – und dann gibt es gar noch Facetten dazwischen.

Wenn ‚man‘ sich also an einem Tisch mit Oberwalliser Mundart Sprechenden plötzlich selbst als „s‘“ kontextualisiert erlebt: Seien alle Ohren gespitzt, denn es kann sehr Vieles bedeuten, was einem schnell entgeht.

In diesem Fall lag mir vor allem eben die allgemeiner verständliche Entpersonalisierung am Herzen, deren Form sich in systemisch kongruenten Inhalten mancher ‚Behandlungen‘ der ‚Psychiatrie‘ wiederfindet – und hier real wiederfand.
„s’Josi“ wurde damals in einem akut-psychiatrischen Rahmen ‚platziert‘ (wie es in der schnörkellosen, hier gängigen Fachsprache heißt) und war dabei wie einige andere für sein Wesen und auch seine Aussicht auf Leben doch eher de-platziert.

Es gereichte in einem Schnellverfahren eines damals noch so lautenden „Fürsogerischen Freiheitsentzugs“ (den ich nicht umherkam, beim Rapport über manche Wesen als ‚freiheitlichen Fürsorgeentzug‘ - natürlich versehentlich - versprechend umzumünzen), um Menschen ohne schützende Sozialsysteme bei kleinsten Auffälligkeiten für die ‚Normal-Bevölkerung‘ in einer doch manchmal nur fraglich förderlichen akutpsychiatrischen Unterbringung zu ‚versorgen‘. Ich spreche „damals“, aber es hat sich ausser rein versprachlichenden Umbenenungen mancher Verfahrensweise nicht viel geändert bis heute.

„s’Josi lafft a bits vil, na u`s sabbert doch auch!“ – Der Josef trinkt etwas viel und sabbern tut er auch.


@Frodomir: Vielen Dank für Dein Kommentar, mit dem Du auch getroffen hast, welche Motivation mir hier beim Schreiben voranging. Wir kennen wahrscheinlich fast alle sehr unterschiedliche Anlässe, zu ‚schreiben‘. Aus psychiatrischen Kontexten heraus liegt es mir oft am Herzen, im Sinne derer zu schreiben, die selbst nicht oder kaum für sich sprechen können, weil sie vielleicht ihrem Wesen nach nicht über die Worte verfügen, die Gehör finden könnten oder auch, weil ihnen diese Worte dem Wesen anderer (oder mancher Systeme) nach genommen wurden.
… stirbt letzten Endes sogar, wenn ich es richtig verstehe…
Ja, das tat ‚es‘ – aber innerlich, nicht körperlich.
Naja, je öfter ich deine Ballade lese, desto häufiger denke ich: Vergiss, was ich über die Länge und die Handlung deines Gedichtes geschrieben habe, …
Die ist sicher auch nicht fraglos anzunehmen und es bleibt mir nur zu hoffen, dass es dennoch irgendwie passt.
Was dem einhergeht:
Wie sprechen wir für eine solche Person (der eben gerade diese abgesprochen wurde), und wie setzen wir ihr natürlich sehr einfaches Wesen in einen noch glaubhaften Ausdruck um? Sicher nicht mit Fremdworten, sicher nicht mit Hyperkomplexität, sicher nicht mit Worten und Formen, die eben gar nicht zu ihm passen können.
So habe ich versucht, selbst eher in sehr einfachen Worten, repetierend, vor sich hin schnitzend, vielleicht (und vielleicht hoffentlich) einfältig wirkendem Modus sein Erleben darzustellen.


@Trainee: Danke Dir ebenfalls für Dein wertschätzendes Kommentar! Für mich zumindest spielt es keine Rolle, ob in dem ursprünglichen (bevor verdinglicht, entpersonalisiert) Wesen ein Mann oder eine Frau gelesen wird. Denn dieses Schicksal der sprachlichen und einhergehend lebensrealen Behandlung betrifft beide Geschlechter und ihre Wesen.
In der Form erinnert mich dein Gedicht entfernt an ein malaiisches Pantun ... weil sich bestimmte Sequenzen wiederholen, die sich wiederum gut in das Bild des gleichförmigen Anstaltsalltags schmiegen…
Wow. Danke Dir. Ja, es war daran gelegen, einerseits dem Wesen des zu behandelnden Wesens wie dem der systemisch begegnenden Behandlung im ‚Einfach-Hierhin-Setzendenten-Und-Bis-Auf-Weiteres-Wieder-Sich-Selbst-Überlassenden‘ eine Form zu geben. Du hast das viel besser formuliert und eingebracht als ich. Und die pantun-ähnlichen Wiederholungen gehen damit konform.

(
Die Klippen des Kitsches umschiffst du diesmal mit großem Geschick,…
vor allem das freut natürlich umso mehr. Im „diesmal“ nehme ich einen Bezug z.B. zu „Dem Neugeborenen“ an, der Dir nicht so gut gefallen hat. Was aber auch nicht schlimm und durchaus verständlich ist. Der war, als ich mich vor ein paar Tagen das erste Mal in einem Forum wie diesem hier angemeldet hatte, gerade in der Mache und entsprang einem gänzlich anderen Ausgerichtet-Seins: Wir erwarten, da Gott will, in etwa drei Monaten unser erstes Kind. Wie es hier so üblich ist, verfasst man nach der Geburt darüber verkündende Karten – mit dann hoffentlich niedlichen Fotos und sowas allem drum und dran. Und dazu natürlich auch ein paar niedlichen Worten, mit denen man dennoch versuchen kann, einen Großteil der vielschichtig Bekannten abzuholen. Die ‚Leserschaft‘ ist also in einem eher einfachen Nenner zu vereinen und Du kannst es Dir als Klappentext einer hübsch-bis-niedlichen Geburtskarte vorstellen. Dass ich manchmal nicht umher kann, auch so etwas einem derart geschulten und intellektuell hochfliegenden Publikum wie hier unter die zwangsläufig rümpfende Nase zu halten, entspringt meinem experimentell-humorigen Gemüt. Ich hoffe, es sei trotz manchem Verschnupfen verziehen.)


@Andere Dimension: Du bist genau auf dem richtigen Dampfer. Wahrscheinlich auch gerade, weil Du Ähnliches erlebt hast. Und Dein Gefallen freut mich ganz besonders!


@aligaga: Wow! Danke auch Dir für Deine schätzenden Kommentare, die sehr aufmerksames Lesen beweisen, so Vieles schon begriffen haben und auch zeigen, wie wertvoll es sein kann, sich in einem solchen Forum anzumelden.
Dabei unter anderem, vor allem: Hast Du hier ganz klar eine Schwachstelle ausgemacht und benannt.
Da ich selbst nur ein eher kleiner Erdengeist bin, für den oft mehr einige Wirre in manche Zeit geboren wird, der außer manchen Leben nicht viel studiert hat, also nicht auf eine germanistische Hochbildung zurückblicken kann, sind es genau diese Aufmerksamkeiten, die mich hier auch weiter bringen können.
Inzwischen ist den doitschen Sprachschwächlingen der Dativ nach der Präposition "trotz" erlaubt, o @Ciconia. Wie doof das ist, erkennt an dem "trotz allen", das du nicht beanstandet hast und das man für einen Dativ Plural halten müsste, obwohl das ja gar keinen Sinn machte.

Verständlich wäre nur ein "trotz aller" oder "trotz allem".
Und Du wirst lachen, aligaga: Ich hatte sehr kurz nach dem Einstellen des hier Zitierten bei meiner Version zu Hause ebenfalls auf ein „trotz allem“ hin korrigiert, nachdem das „allen“ zu leichtfüssig reimend daher gestolpert war. Das kann aus grammatikalischen Gründen Sinn machen, wobei mir dabei umschliessend aber vielleicht auch eher ein Hinweisen auf sein „Werk“ (mit eigenem Wert und Bedeutung) maßgebend erschien.
Da „s’Josi“ aber eben durch mich (und ich dabei hoffentlich nicht auch zu ‚anmaß‘end) sprechend ein gar noch einfacheres Gemüt als das meine ausmacht, könnte vielleicht beides passen. Ich habe es dennoch, genau, wie von Dir hier auch empfohlen, in ein „trotz allem“ umgeschrieben.
Bitte bei weiteren solchen Auffälligkeiten wiederum Meldung machen!

(Als sehr gewöhnungsbedürftig empfinde ich Dein Sprechen von Dir selbst in der dritten Person.
Wenn mein Sprössling bald in ein Alter kommt, werde ich mich daran wieder mehr gewöhnen müssen. Daneben kann es natürlich im Sinne eines (Hoch-)Würdenträgers fungieren.
Nimm es bitte mit Zwinkern. Ich danke Dir wirklich und aufrichtig!)



Dabei diese wirklich lange Stellungnahme schließend mit allem Dank für die bisherigen Leser noch zwei sprachliche Anekdoten aus eben auch jenem u.a. Oberwalliser Dialektischen:

- Wenn Ihr Euch auf einer psychiatrischen Station befindet, so für Euch allein da steht, Euch jemand dann mit den Worten „Wie geht es Euch?“ anspricht … liegt das nicht zwangsläufig daran, dass sein psychotisches Erleben noch weitere Personen neben Euch ausmachen kann.
Hier ist der Pluralis Majestatis tatsächlich noch eine mehrheitlich gebräuchliche Form der Anrede – dem antwortend nicht ebenfalls zu entsprechen, gar als sehr unhöflich aufgenommen werden kann.

- Wenn eine Pflegeschülerin Euch danach mit den Worten begegnet „„s’Josi“-s Urin schmeckt grusig!“, dann hat sie nicht zwangsläufig davon getrunken. Hier entspringt das alltagssprachliche „schmecken“ dem rein olfaktorischen Sinne eines Riechens.

So ende ich denn vorerst in freudigem Aufgehoben-Sein durch all Eure Ein- und Ausdrücke neben besten neujahrzeitlichen Rutsch-Grüßen einen meiner Lieblinge einzitierend:
„Ich habe Euch so lieb! Ich würde Euch ohne Bedenken eine Kachel aus meinem Ofen schenken.“
 
A

aligaga

Gast
TTip, @"Whitepaper": Spar dir Exkursionen ins und Vermutungen zum Wesen von Kritikern, die nichts tun, als sich mit Geschriebenem auseinanderzusetzen. Deren Privatleben, das sie (anders als du) zu schützen trachten, kann und sollte dir gleichgültig sein. Es ist in Bezug auf die Stärken oder Schwächen eines Textes ohne jeden Belang.

Ob du die aufgezeigten, grammatikalischen Fehler deines um Betroffenheit bemühten Werkes bereinigst oder nicht, steht ganz in deinem Belieben. Wir sind hier nicht in der Schul', sondern in einem - nota bene digitalen - Literaturforum. Und schon gar nicht in einem Schönheitssalon.

Der helvetische Urin schmeckt übrigens nicht, sondern "dr Seich schmöcket de gru(u)sing". Die ganz Harten im Garten sprechen es nicht nur, wie @ali weiß, sondern schreiben das de als dä.

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

whitepaper

Mitglied
(Abstrakte Exkurse im Drittperson-Dia-/Tria-/Mia-/Multi-Logi(s)ierenden:

@ali spricht: wir tragen weder Schule noch Schönheit in den Salon!

@whity spricht: Ich hab Dich lieb.

@ali spricht: "hä di gärn"!

@whity spricht: Biep.


[@kritiker spricht (nach): Herr M. Reich-Ranicki unterstellt clowneske Züge.

@böll spricht: wer ist das?])
 
T

Trainee

Gast
Ein durch&durch erbaulicher Faden! :D

Mit deinem letzten Kommentar, Whitepaper, ist dir eine spöttelnd-elegante Aktion gelungen. Touché!

Und das Allerbeste daran ist, dass unser aller Plänkeln rund um die gültige Trefffläche keinerlei Einfluss auf die Bewertung des Gedichts hat.
Was gut ist bleibt halt gut.

Entzückte Grüße
Trainee
 



 
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