[Baumgeschichten]Der kleine Baum

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AaronCaelis

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Der kleine Baum
Idee, erster Entwurf (ohne Rahmenhandlung): Klaus Dellerer; Umsetzung: Aaron Caelis


Irgendwann, vor langer Zeit, in irgendeinem Ort auf dieser Welt, da ist 'mal eine große Sache geschehen; die hatten die Menschen zwar wahr, aber nicht ganz ernst genommen. Trotzdem gibt es Geschichten darüber. Niemand weiß genau, wer sie zuerst erzählt hat oder wie alt sie sind. Auch weiß niemand mehr, ob die Geschichten so ganz richtig sind, wie sie erzählt werden, aber das macht nichts, denn es sind schöne Geschichten. Als ich noch klein war, da habe ich davon gehört und mich drängte, mehr darüber zu erfahren. Also habe ich meine Eltern gefragt, aber die hatten keine Zeit und als ich sie noch einmal gefragt habe, da haben sie gesagt, dass sie auch nicht so genau wissen, wie die Geschichten gehen. Ich habe dann angefangen herumzufragen, doch keiner wusste, wie das so alles war und jeder sagte mir etwas anderes und schickte mich weiter. Alles, was ich wirklich erfahren habe, war, dass es sich dabei um einen kleinen Baum handelt und dass es da einen großen Wald gegeben hat und einen bösen Mann und das war's auch schon. Ich war schon immer sehr neugierig gewesen und weil ich's nicht erfahren habe, da bin ich fast geplatzt!

Also habe ich angefangen, mir die Geschichte selbst zusammenzureimen und so bin ich dann eines Tages am Straßenrand gesessen und habe versucht, mir das alles so auszudenken. Da kam ein Mann die Straße entlang, so einer, der kein Zuhause hat und von Ort zu Ort wandert. Er hatte einen langen Stock in der Hand und einen kurzen über der Schulter, da war ein Bündel daran befestigt. Und er hatte einen langen Mantel an, der bis herunter zum Boden ging und weil es heiß war und trocken, da wirbelte er immer ein wenig den Staub auf von der Straße. Wir hatten damals noch keine befestigten Straßen in unserem Ort... Und der Mann hatte einen Hut auf mit ganz breitem Rand, so, wie ich es manchmal im Fernsehen gesehen hatte, bei unserem Nachbarn, durchs Fenster. Unter dem Hut war ein sehr altes Gesicht und das war voller Falten und Runzeln. Der Mann musste sehr, sehr alt sein, aber das war nur an seinem Gesicht zu sehen, denn er ging ganz gerade und schnell und er pfiff auch fröhlich vor sich hin. Ich habe ihn mir so angeschaut, wie er die Straße daherkam und dann habe ich wieder an meine Geschichte gedacht, bis es auf einmal ganz dunkel wurde.

Und als ich aufschaute, da stand der Mann vor mir und schaute auf mich herab und sein Kopf verdeckte die Sonne. Er schaute mich einfach so an, als würde er mich kennen und er lächelte und er sagte: "Na, mein Junge, was machst du da?" Ich war zuerst böse auf ihn, weil er nur ein Landstreicher war und weil er sich da so einfach hingestellt hatte und mich so anschaute, aber er wirkte ganz nett und da war so ein Funkeln in seinen Augen und irgendwie habe ich darauf gesagt: "Ach nichts. Nur so." "So, so" hat er dann gesagt, "Nur so. Aha." Er wiegte seinen Kopf hin und her und dann sagte er "Und was hast du denn so die ganze Zeit vor dich hingemurmelt, nur so?" Und ich wusste dann, dass ich laut geredet hatte und dass er das wohl gehört hatte. "Ach, gar nichts. Das war nichts." und ich schaute weg. "Hmm" machte er und dann setze er sich rechts neben mir an den Straßenrand und seinen Wanderstock legte er ins Gras und das Bündel gleich daneben. "Ja, ja, gar nichts. So, so." sagte er, während er sich auf den Rücken legte und sich den Himmel anguckte.

Sein Hut war ihm beim Hinlegen verrutscht, aber das schien ihm nichts auszumachen und dann kreuzte er seine Hände hinter seinem Kopf, schloss die Augen und machte so ganz den Anschein, als wollte er da einfach liegen bleiben. Und ich schaute ihm ins Gesicht und ich dachte, wenn Mutter hier sein würde, dann würde sie sagen "Starr' den Mann nicht so an!" Aber sie war nicht da und so konnte ich ihn einfach anschauen. Es schien ihn sowieso nicht zu stören. Wo er wohl herkam? Seine Stiefel waren schon alt und sehr staubig. Es muss damit lange gewandert sein und weit entfernte Orte besucht haben. Ich war nur einmal weiter weg gewesen, das war in der Stadt, damals am großen Markt. Aber da war ich noch kleiner und das meiste habe ich vergessen. Ich weiß nur noch, wie aufgeregt ich vorher war. Jedenfalls lag er immer noch da und machte keine Anstalten, fortzugehen oder etwas zu sagen oder so. Und ich konnte nichts tun, während er da saß und weg wollte ich auch nicht, denn das ist mein Platz, das wussten alle hier. Aber er war ja nicht von hier. "Was wollen Sie hier?" Einen Augenblick war ich ganz überrascht, denn das war einfach so aus mir herausgeplatzt. "Du kannst "Du" zu mir sagen." Seine Stimme war ruhig und tief und auch ein wenig rauh, aber sie kratzte nicht so wie bei anderen. "Also, was willst du hier?" habe ich ihn gefragt und er hat gesagt "Ach, ich sitze einfach nur 'rum. Wie du, einfach nur so" und mir dabei ganz kurz herübergezwinkert.

Und dann habe ich ihm von der Geschichte erzählt und wie ich versucht hatte, mehr darüber herauszufinden und das alles. Und er hat ganz ruhig zugehört und ab und zu genickt und manchmal hat er nur "Aha" gesagt. Als ich fertig war, da setzte er sich auf und sagte "Ein kleiner Baum und ein Wald und ein böser Mann darin? Diese Geschichte habe ich schon einmal gehört. Ja, ja, das ist schon sehr lange her..." Ich war so überrascht, dass ich meinen Mund sperrangelweit aufgemacht habe und nicht wusste, was ich sagen sollte. "Ja, ja, ich kenne die Geschichte von dem kleinen Baum, ja, ja. Wenn du willst, kann ich sie dir erzählen. Würdest du sie gerne hören?" Ich habe nur genickt und ich glaube, mein Mund war da immer noch offen. Der alte Mann sagte: "Also, das wird eine Weile dauern, bis ich sie dir erzählt habe und es ist heiß und ich bin lange gewandert und ich bin hungrig und durstig. Denkst du, du kannst mir etwas zu essen bringen und zu trinken, im Austausch für die Geschichte?" Ich weiß nicht mehr, was genau ich ihm zu Essen besorgt hatte, aber ich kann mich noch ganz genau erinnern, dass ich gerannt bin wie der Teufel. Ich hatte den ganzen Weg zurück Angst, er wäre schon wieder fortgegangen. Aber er war noch da und ich gab ihm das Essen und die halbvolle Flasche mit dem Wein, die ich aus Vaters Versteck genommen hatte. Er hat mich später dafür verhauen, aber nicht so doll, denn Mama hatte nichts von der Flasche gewusst. Jedenfalls hat der alte Mann zuerst die Flasche genommen, sie angesetzt und ganz lange daraus getrunken. Ich glaube, es hat ihm geschmeckt. Und dann hat er den Korken mit den Zähnen wieder auf die Flasche gesteckt und gesagt: "So, das ist besser. Jetzt erzähl' ich dir also die Geschichte von dem kleinen Baum. Bist du bereit?" "Ja, ja" sagte ich, "los, los!" "Nun gut, dann fangen wir an", sagte er.

Eines Tages, irgendwo auf dieser Welt - es war ein schöner, sonniger Tag - da drangen die ersten Sonnenstrahlen durch die Wipfel der Bäume bis auf den Boden des großen Waldes. Du musst wissen, es war ein richtig großer Wald, mit vielen, vielen Bäumen, die waren alle uralt und richtig hoch und hatten mächtige Kronen. Im Wald, da war es still und ruhig, nur ab und zu sang ein Vogel sein kleines Lied. Es war nicht mehr viel Platz in diesem Wald, wegen all der großen Bäume, aber eine winzig kleine Lichtung gab es doch. Ihr Boden war eben und es lag dort auch kein totes Holz herum. Und ein Sonnenstrahl der schien genau darauf. Und da, mitten auf der Lichtung, das war ein kleiner Spross, der sich gerade den Weg aus der Erde heraus zum Licht emporkämpfte. Winzig war er, kleiner als die Spitze deines kleinen Fingers, aber es steckte doch viel Leben in ihm.

Und er streckte sich und er wuchs und er wuchs und da war es ein kleiner Baum. Und der kleine Baum, der freute sich des Lebens und er mochte das Licht und die Sonne und er träumte so vor sich hin, dass er eines Tages auch so ein schöner Baum sein könnte wie all' die anderen, die ihn umgaben. Er versuchte auch, mit seinen großen Brüdern und Nachbarn zu reden, aber er war noch zu klein und sein Stimmchen noch zu schwach, um ihr Gehör zu finden. Aber er war nicht traurig, eines Tages würde er schon groß werden. Und die Sonnenstrahlen berührten seine Blätter und sie wärmten ihn und er spürte, wie er immer kräftiger wurde und schön wuchs. Als dann der erste Tag zur Neige ging, da fürchtete er sich sehr, denn er hatte Angst, dass die Sonne nie wieder kommen würde. Aber nach einer bangevollen Nacht, da war sie wieder da und alles war gut. Und das freute ihn sehr. Und er mochte den Wind, den er ab und zu spürte und das Rauschen der Blätter über sich, die wie ein Dach für ihn waren und er hielt es für die schönste Melodie, die es gibt. Sie gefiel ihm sogar noch besser, als das Singen der Vögel. So ging es viele Tage und alles war in bester Ordnung.

Eines Tages nun, da war ein unbekanntes Geräusch im Wald, so eine Art Brummen und da waren Klänge, die er noch nie gehört hatte und er war neugierig und besorgt zugleich. Er fragte ganz laut, was das denn sein könnte, aber da kam keine Antwort und alles wurde ganz merkwürdig still und leise und die Stimmen des Waldes verstummten. Die Geräusche wurden lauter, da, da drüben! Da bewegte sich etwas im Wald. Der kleine Baum wusste, dass es Tiere gab, die liefen herum, so, wie die Vögel flogen. Aber das war kein Tier da vorne, die machten nicht solche Geräusche. Was das wohl sind mochte? Irgendwie freute es den kleinen Baum, dass da was Neues kam, denn er war manchmal recht einsam und eine Abwechslung würde doch gut tun. Und er raschelte mit seinen Blättern und Zweigen um dem Neuling den Weg zu weisen, damit er ihn schneller finde. Und er dachte, dass er sein neuer Freund sein könnte, so wie der Wind und die Sonne und der Regen. Und er lauschte ganz angespannt. Horch! Da war es wieder, das tiefe Brummen, ja, das war eine Stimme. Aber sie war nicht so schön, wie die der Vögel, nein, nein! Und auf einmal, da war eine Gestalt auf der Lichtung. Komisch schaute sie aus, es war kein Tier und auch kein Baum und auch kein Strauch. Der kleine Baum war verwirrt. Was mochte das wohl sein? Da erinnerte er sich, dass er einmal gehört hatte, wie die großen Bäume über „Menschen“ geredet hatten. Die liefen herum wie Tiere aber sie sprachen so wie Bäume, nur dass SIE die Bäume nicht verstehen konnten, doch die Bäume kannten alle Sprachen. „Das also muss ein Mensch sein“ dachte sich der kleine Baum „der sieht vielleicht merkwürdig aus! Das da werden wohl seine Beine sein und das seine Arme. Wie lang sie sind!“

Der kleine Baum beschloss, einmal abzuwarten, was so passierte. Und der Mann mit der brummenden Stimme, der stand so da und blickte sich um und auf einmal stemmte er die Arme in die Hüften und blickte den kleinen Baum ganz böse an. Und er runzelte die Stirn und auf einmal sagte er: „Hee, was ist denn das für ein kleiner Baum, wo kommt der denn her?! He, du kleiner Baum, ich bin der Förster in diesem Wald und nur ich bestimme, was hier wächst. Was willst du denn hier auf meiner Lichtung? Du bist noch so klein und auch hässlich und außerdem stehst du mir im Weg, du Zwerg! Du passt hier in meinen Wald überhaupt nicht ‘rein, was bist du denn überhaupt für eine Sorte? Ich denke, ich werde dich aus den Boden reißen und aus meinem Wald werfen!“ Der kleine Baum wusste nicht, wie ihm geschah. Er hatte nicht alles verstanden, was der Mensch so gesagt hatte, aber ihm war klar, dass der Mann böse auf ihn war, obwohl er doch gar nichts getan hatte. Was er aber verstanden hatte, war das mit dem „aus den Boden reißen“ und das jagte dem kleinen Baum einen gewaltigen Schrecken ein.

Und er spürte ein Gefühl in sich, das er noch nie zuvor in sich gespürt hatte und dieses Gefühl machte ihn traurig. Und obwohl die Sonne so schön schien wurde ihm plötzlich kalt und er fing an zu zittern. Der kleine Baum wollte sich irgendwie verkriechen oder wegrennen, so wie die Tiere es taten, aber er konnte nicht weg, denn er war doch ein Baum und seine Wurzeln steckten tief im Boden. Und er fragte sich, warum ihn der Förster denn nicht mochte und ihn ausreißen wollte. Und zum ersten Mal in seinem Leben hatte der kleine Baum so richtige Angst. Und er konnte nichts tun. Der Förster sprach weiter: „Ich werde es mir überlegen, ob ich dich aus dem Boden reiße, heute hast du noch mal Glück gehabt, denn ich bin schon müde. Aber ich komme wieder, irgendwann in den nächsten Tagen. Und dann werden wir schon sehen.“ Und der Förster ging wieder in den Wald und nahm seine Axt auch mit, die er die ganze Zeit dabei gehabt hatte. Der kleine Baum stand da und wusste nicht, was nun mit ihm geschehen sollte. Er hatte einfach nur Angst. Der Mann war schon schlimm gewesen, jetzt aber fiel ihm ein, dass er wie erstarrt gewesen war, als er das blitzende Ding in seiner Hand gesehen hatte, von dem er jetzt wusste, dass es eine Axt war. Und irgendwie wusste er, dass die Axt etwas Furchtbares war, etwas Grässliches, das Schlimmste, was es gibt.

Und seine kleinen Blätter hingen herab und er spürte die warmen Sonnenstrahlen schon lange nicht mehr und selbst der Wind brachte ihn nicht zum Rascheln und kein Lied der Vögel konnte ihn mehr erfreuen. Er war nur noch ein Häufchen Elend, ganz erbärmlich anzuschauen. Er weinte und fragte sich, wieso es ihm denn so schlecht ergehen sollte. Er hatte doch nie irgend jemandem etwas getan und nun sollte sein Leben zu Ende sein, noch bevor es so richtig begonnen hatte. Der kleine Baum schaute nach oben zu den Kronen der großen Bäume auf und wünschte sich, nur einmal zu erfahren, wie es dort oben denn sei, nur einmal zu sehen, was es von der Welt denn noch so gab. Und er wusste nicht, wen er bitten sollte, es ihm zu ermöglichen, und sei es nur für einen Augenblick. Und er klagte laut sein Leid.

Plötzlich hörte er die anderen Bäume mit den Blättern rascheln und ihre starken Äste knackten und auf einmal sprachen sie mit ihm, ganz leise mit wispernder Stimme: „Wachse kleiner Freund, wachse! Wachse schnell, werde groß, sodass du sicher vor dem Förster bist!“ Aber noch war die Angst des kleinen Baumes zu groß um auf die Ratschläge der anderen zu hören. So sprachen sie wieder und wieder auf ihn ein: „Wachse, kleiner Freund, wachse!“ Und so neigte sich der Tag zu Ende und der kleine Baum war immer noch wie erstarrt. Als nun die Nacht ihren schwarzen Mantel über ihn legte, da sah er nicht einmal die vielen Sterne am Himmel, zu denen er schon manches mal geblickt hatte und er schlief voll Trauer und Kummer ein. Am Morgen nun hingen seine Blätter immer noch zu Boden und er fühlte sich so schwach, so schwach wie noch nie in seinem kurzen Leben. Aber er war jetzt ja nicht allein und die anderen Bäume fingen an mit ihren Blättern zu rascheln, heftiger als am Tag zuvor und das Knacksen der dicken Äste war lauter und der Wind half auch mit und er blies gar heftig durch seine dünne Zweige. Ja und er riss dem kleinen Baum sogar ein paar Blätter ab.

Da wachte er so richtig auf und schrie und jammerte, sie sollten ihn doch in Ruhe lassen und warum taten sie ihm das an. Aber der Wind blies noch heftiger und er entwurzelte fast den kleinen Baum und er rief ihm zu: „Wehre dich doch, nun wehre dich schon! Los! Steck deine Wurzeln tief in Erdreich, tiefer und tiefer und werde größer und stärker, sonst blase ich dich fort!“ Und der kleine Baum wusste nicht, wieso der Wind das tat und jetzt hatte er mehr Angst vor dem Wind als vor dem Förster. Und er konnte nicht anders: Er streckte sich und seine Wurzeln drangen tief in die Erde ein und er reckte seine wenigen Äste trotzig in die Höhe und er schrie: „Du kriegst mich nicht! Nie und nimmer! Nein! Dich halte ich schon aus!“ Da lachte der Wind auf und es klang gar schrecklich und er blies weiter und weiter, so stark, wie es selbst die großen Bäume noch nicht erlebt hatten. Und von den großen Bäumen fielen Äste herunter und manche von ihnen, die trugen Tannenzapfen und auch die fielen herab, alles auf den kleinen Baum. Und sie alle riefen: „Na, komm‘ schon, zeig uns, wer du bist! Ob du’s wohl schaffst? Ha!“ Und zum ersten mal in seinem Leben wurde der kleine Baum ärgerlich, nein, er wurde so richtig wütend und er streckte sich noch mehr und wuchs und wuchs, während er die Bäume beschimpfte und den Wind auch.

Die Sonne, die stand jetzt schon richtig hoch und sie sah das ganze Spektakel und sie wunderte sich. „Wind!“ rief sie „Was ist denn da los?“ Und der Wind sagte zur Sonne: „Hallo Sonne! Komm‘, hilf uns und schick‘ deine wärmsten Strahlen auf unseren kleinen Freund hier, damit es ihm schön heiß wird.“ Und die Sonne nickte, denn sie hatte verstanden und sie schleuderte ihre heißesten Strahlen erbarmungslos auf die Lichtung und der kleine Baum musste jetzt auch noch gegen die Hitze ankämpfen. Und er sah auf zur Sonne und er war wurde immer wütender und er dachte sich: „So, jetzt sind sie schon alle gegen mich.“ Und er wünschte sich für einen Augenblick, dass der Förster komme, um ihn von seinem Leid zu erlösen. Und in seinem ganzen Kampf und seinem Ärger und seinem Selbstmitleid merkte er nicht, dass er mächtig gewachsen war, ja, er war schon fast ein „Großer“. Und auf einmal war es windstill und der Wind, der sprach zu ihm und sagte: „Nun sieh dich an, kleiner Baum, wie groß du geworden bist!“

Und der kleine Baum, der nun keiner mehr war, der sah an sich herab und er sah einen kräftigen Stamm und der Boden, der war schon ein ganzes Stück weit weg und da wurde ihm klar, dass er schon richtig groß geworden war. Und er verstand, dass ihm seine Freunde nie haben weh tun wollen, sondern ihm nur geholfen haben ganz schnell zu wachsen. Und es war ein Wunder geschehen und er war nun groß. Und er streckte seine Krone nun mit Stolz in die Luft und obwohl er noch nicht so groß war, wie all seine Nachbarn, so konnte er doch einen guten Teil des Waldes überblicken und er sah Bäume und Bäume und Bäume, mehr, als er sich jemals hätte vorstellen können.

Und er bedankte sich bei den anderen Bäumen und beim Wind und bei der Sonne und sie waren alle Freunde. Und dann kam der Regen und er sprach: „Oh, du bist aber viel gewachsen heute, das hab‘ ich noch nie gesehen.“ Und er ließ es kräftig regnen und der ganze Wald freute sich und trank aus Herzenslust. Und der Regen sprach weiter: „Dazu haben dir deine Freunde verholfen, das sehe ich. Aber du musst selbst auch etwas tun, denn sie werden bestimmt nicht immer für dich da sein.“

Und der kleine Baum nahm sich das zu Herzen und er wollte es nie wieder vergessen. Und der Tag verging und der kleine Baum war stolz darauf, was er erreicht hatte mit der Hilfe seiner Freunde. Und er überlegte, dass er wohl auch ein wenig dazu beigetragen hatte, denn hätte er nicht den Willen gehabt, ihnen zu trotzen, dann wäre er wohl eingegangen. So vergingen nun ein paar Tage und dem kleinen Baum ging es so richtig gut. Irgendwann fing er dann an, wieder an den Förster zu denken. Aber er machte sich keine Sorgen mehr, denn der Förster, der hatte gesagt, dass er KLEINE Bäume nicht mochte in seinem Wald. Und klein war er nicht mehr.

So verging noch der eine oder andere Tag. Da kam der Wind zu ihm und er war ganz leise und flüsterte ihm zu: „Mein Freund, ich muss dir sagen, der Förster ist wieder in diesem Teil des Waldes und er kommt genau hierher!“ Der kleine Baum erschrak so, dass er ganz vergaß, dem Wind für die Nachricht zu danken und er dachte: „O weh, er kommt zu mir mich holen!“ Und da hörte er schon die Stimme des Försters im Wald und sie klang gar nicht gut, denn er schimpfte vor sich hin: „Na wo ist er denn? Na wo ist denn der Winzling, der es wagt, sich in meinem Wald breitzumachen?!“ Und der Förster schimpfte weiter, weil er den kleinen Baum nicht finden konnte und weil die Lichtung auch nicht mehr da war, denn der Stamm des kleinen Baumes hatte sie ganz ausgefüllt. Und der Förster warf die Axt von sich, so dass sie sich in den Waldboden bohrte und schrie: „Wo bist du denn, du kleiner hässlicher Baum? Du! Wenn ich dich gefunden habe, dann reiß‘ ich dich mit meinen eigenen Händen aus dem Boden und werfe dich fort. Und ich lass‘ dich dann vertrocknen und dann kommst du in meinen Ofen!“

Und er nahm seine Axt wieder auf und er suchte weiter. Der kleine Baum hatte das alles gesehen, denn er war jetzt größer als zuvor und konnte viel weiter sehen und weil es auch fast kein Unterholz gab, da war das auch gar nicht schwer. Und er war ganz still und rührte sich nicht und er hoffte, der Förster würde an ihm vorbeigehen. Aber der Förster fand ihn schließlich. Und er stellte sich breitbeinig hin und er sagte: „Nanu? Was ist denn das jetzt für eine Geschichte? Du warst doch neulich noch ganz klein und mickrig? Wie hast du das denn gemacht?" Und er blickte den Stamm herauf und er wunderte sich. Doch dann ärgerte es ihn noch mehr, dass der Baum sich nicht nur hat schwer finden lassen, sondern dass er nun auch noch gewagt hatte, so schnell zu wachsen.

Und der Wind der kam wieder zu unserem kleinen Baum und strich über seine Krone und er sprach: „Hallo kleiner Baum. Siehst du die Axt, die der Förster da in seiner Hand trägt?“ Und der kleine Baum sagte: „Ja, ich sehe sie. Was ist das denn genau für ein Ding? Ich habe bis jetzt nur zweimal gesehen, aber ich fürchte mich sehr davor und weiß nicht warum.“ Da sagte der Wind: „Jeder Baum fürchtet die Axt und er erkennt sie vom Schössling an, auch wenn ihm niemand gesagt hat, was sie ist. Die Axt, das ist der Helfer des Försters. Die Axt, die hilft ihm und den Waldarbeitern, Bäume zu fällen. Alle Bäume, die er hier nicht haben will, die fällt er damit. Er hackt sie ab damit, direkt am Stamm. Und gar manchen starken und gesunden Baum habe ich durch sie fallen sehen. Und wenn so etwas geschieht, dann klagen alle Bäume, denn einer von ihnen wird grausam aus ihrer Mitte gerissen.“

Und dem kleinen Baum wurde ganz anders, als er das hörte und jetzt wusste er, wieso er die Axt von Anfang an gefürchtet hatte. Und wie der Blitz durchfuhr es ihn, dass es ihm gar nichts nützte, dass er jetzt zu groß geworden war um ausgerissen zu werden, denn der Förster könnte ihn jederzeit mit der Axt fällen. Und der Förster, der hielt jetzt die Axt mit beiden Händen und er sah den kleinen Baum prüfend an. Und der kleine Baum sah den Förster genau an und er sah ihm ganz tief in die Augen und er erkannte, dass der Förster ein alter Mann war und dass er ein böser Mensch war. Und der Förster sagte: „Ich weiß nicht wie du das gemacht hast. Und es ist mir auch egal, dass dein Stamm schön gerade ist und deine Blätter alle gesund. Du bist hier in meinem Wald und du gefällst mir nicht. Und das passt mir überhaupt nicht. Ich werde dich wohl fällen müssen, das wird dir eine Lehre sein. Hmm, vielleicht lass‘ ich dich ja auch stehen. Hmmmmm, soll ich? Soll ich nicht?“

Und er grübelte herum und er murmelte so vor sich hin. Mittlerweile war unser kleiner Baum schon ganz verzweifelt und schwankte ständig zwischen Hoffen und Bangen. Und er sagte zu seinem Freund, dem Wind: „Oh Wind, lieber Wind! Was habe ich nur falsch gemacht, warum will er mich nun fällen?“ Der Wind, der blies ihm leicht durch die Krone, aber er konnte seinem Freund keine Antwort geben. Der kleine Baum seufzte und er war froh, dass wenigstens sein Freund bei ihm war und er nahm sich fest vor, die Hoffnung nicht aufzugeben. Und der kleine Baum dachte für eine kurze Zeit nicht an den Förster mit seiner Axt und seine Gedanken waren ganz woanders. "Neeeeein!!" Auf einmal durchzuckte ihn ein Schmerz, wie er ihn noch nie gespürt hatte und es tat so weh, dass er für einen Augenblick die Besinnung verlor und ganz vergaß zu schreien. „Der Förster! Die Axt!“ durchfuhr es ihn und kaum hatte er das gedacht, da schlug der Förster wieder zu, heftiger als zuvor. Der kleine Baum spürte den Schmerz, von den Wurzeln bis in jedes Blatt und hoffte darauf, dass er wieder ohnmächtig werden würde, aber das blieb ihm verwehrt.

Er schrie so laut er konnte und mittendrin da merkte er, dass der Förster wieder angefangen hatte zu reden: „So! Jetzt habe ich dich markiert! Sei nur froh, dass die Sonne gleich untergeht, das ist dein Glück! Du passt nicht in meinen Wald und musst weg. Morgen Früh‘ komme ich wieder und da hau‘ ich dich um! Basta!“ Er drehte sich um und stapfte in den Wald.

Nun stand er wieder da, der kleine Baum. Er fühlte, wie das Leben aus ihm herausrann, durch die Wunde, die der Förster ihm beigebracht hatte, aber das ließ nach, so wie der Schmerz auch. Der kleine Baum wollte nicht sterben und er beklagte sein Los. Jetzt wusste er, dass er sterben würde, gleich morgen in der Früh‘. Schon wollte er nach seinen Freunden rufen, aber da fiel ihm ein, dass sie ihm hier wohl nicht helfen werden könnten und dass er sich doch vorgenommen hatte, sich auch selbst zu helfen.

So war er nun ganz allein auf sich gestellt und wusste nicht, was er tun sollte und ihm fiel nichts ein. Schließlich fasste er sich doch ein Herz und er fragte den Regen: „Regen, kannst du mir vielleicht helfen?“ Der Regen aber sprach: „Das könnte ich schon, indem ich es unentwegt regnen lassen würde. Ich bin sicher, der Förster könnte dann nicht mehr hierher kommen. Aber bedenke: Das würde eine Überschwemmung geben und viele Tiere müssten das mit ihrem Leben bezahlen. Und auch der Boden, auf dem du lebst, der würde weggeschwemmt, also würdest auch du und all‘ die anderen Bäume zu leiden haben."

Der kleine Baum überlegte und er kam zu dem Schluss, dass es falsch wäre, soviel Leiden zu verursachen bloß wegen ihm. Und er fragte den Wind: „Lieber Wind, du hast mir neulich sehr geholfen, kannst du mir jetzt wieder helfen?“ Und da sprach der Wind: „Ja, das könnte ich schon, aber stell‘ dir vor, ich würde es unentwegt stürmen lassen. Dann wären im Nu all‘ deine Blätter weg und alle anderen würden aus dem Wald geblasen.“

Da erschrak der kleine Baum, denn das hatte er nicht bedacht. Also ging er zur Sonne, die ihm immer viel Licht gespendet hatte. Und er fragte sie: „Sonne, kannst denn nicht vielleicht DU mir helfen?“ Die Sonne sagte darauf: „Nun, das ist schon möglich. Aber du musst dir überlegen, welcher Schaden da entstehen wird, wenn ich es so heiß werden lasse, dass der Förster daheim bleibt. Dann würden alle hier auch unter der Hitze leiden und die Bäume würden austrocknen, stell‘ dir vor, es könnte sogar ein Feuer ausbrechen!“

Bei dem Wort „Feuer“ fuhr dem kleinen Baum der Schrecken durch Mark und Borke, so dass er den Förster sogar für einen Augenblick vergaß. „Nein, sagte er, das will ich auf keinen Fall!“ Und er sagte sich: „Einen Versuch will ich noch wagen!“ Und weil die Sonne schon unterging und die Nacht nun das Kommando übernahm, so ging er zur Nacht und fragte: „Nacht, kannst du mir helfen?“ Natürlich wusste die Nacht schon Bescheid, denn die scheidende Sonne hatte es ihr gesagt. Und die Nacht sprach: „Ja.“, und der kleine Baum schöpfte wieder Hoffnung. „Aber ich darf es nicht.“ Die Stimme des kleinen Baumes war ganz verzweifelt: „Aber warum denn nicht? Nacht, warum nicht? Wieso willst du mir denn nicht helfen?“ Die Nacht sagte darauf: „Das hat nichts mit dem „Wollen“ zu tun. Bedenke: Was wäre, gäbe es kein Licht mehr? Und es wäre für immer dunkel, der Himmel schwarz wie ein Kohlensack und die Sonne würdest du nie wieder sehen. Stell‘ dir nur vor, es gäbe gar kein Licht mehr! Nichts würde mehr blühen und wachsen! Auch du brauchst das Licht und so wie alle Pflanzen und auch die Tiere und die Menschen auch. Ohne Licht wäre das fürchterlich und alle würden eingehen. Also darf ich dir nicht helfen, so gerne ich das würde.“

„Oh!“ sagte der kleine Baum, ich verstehe. Das tut mir leid, dass ich gefragt habe, bevor ich mir überlegt habe, was die Folgen wären. Ich weiß jetzt, dass ihr mir alle helfen würdet, aber das geht leider nicht. Ich danke euch allen trotzdem, ihr seid mir immer gute Freunde gewesen.“ Und die Nacht nahm sich vor, das auch der Sonne zu sagen, wenn sie am Morgen wieder kam. Und der Wind und der Regen und die Nacht waren alle traurig und sie wussten nicht, wie sie dem kleinen Baum denn sonst helfen könnten und sie alle sprachen: „Kleiner Baum, sei tapfer, wir bleiben bei dir.“ Der kleine Baum verstummte und er dachte: „Wenn es nun nicht anders geht, dann soll es wohl so sein. Dann muss ich morgen also sterben und es führt kein Weg daran vorbei.“

Der kleine Baum seufzte und beklagte leise sein Schicksal. Die Nacht dachte sich, heute Nacht sollte etwas Besonderes sein, denn sie war des kleines Baumes letzte und sie verscheuchte die Wolken oben am Himmel und auf einmal erstrahlte dieser mit prächtigstem Sternenlicht. Der kleine Baum staunte nicht schlecht, denn so etwas hatte er noch nie gesehen. Bisher hatte er nur ab und zu ein wenig von den Sternen gesehen, denn sie waren meist von den Kronen der anderen Bäume und den Wolken verdeckt gewesen. Jetzt aber sah er sie alle! Wie hell sie waren und wie sie strahlten! Sie waren einzeln aber auch in kleinen Grüppchen über dem Firmament verstreut, fast wie die Bäume in einem Wald. „Ein Sternenwald!“ durchfuhr es den kleinen Baum und er raschelte mir seinen Blättern. Und da! Ja DA! Einer der Sterne hatte ihm geantwortet, das war ganz deutlich zu sehen, denn er hatte ihm zugezwinkert. Und der kleine Baum der freute sich sehr und vergaß all‘ seine Sorgen.

Und wie er dem Sternenbaum so zuwinkte, da fiel ihm auf einmal auf, dass es wieder heller wurde. Und er erschrak gar sehr, denn das hieß, der Morgen graute und dann musste er sterben. Aber nein! Das war nicht die Sonne, die da kam, das war der Mond. Heute war er voll und rund und weil keine Wolken ihn verdeckten, da war es so hell, wie es der kleine Baum noch nie des Nachts gesehen hatte. Und der Mond, der wanderte langsam höher und höher über den Himmel. „Ui! Was sehe ich denn da?“ tönte es von oben. Das war der Mond mit seiner hellen Stimme, die klang ganz lustig. Der kleine Baum staunte den Mond an, denn er hatte ihn noch nie zuvor als Ganzes gesehen: Als er klein gewesen war, da war der Mond nur irgend ein kleiner, verwaschener Fleck, weit oben am Himmel, hinter den Kronen seiner Nachbarn. Und er fand den Mond schön, obwohl sein Gesicht einige Flecken hatte.

Der Mond sagte: „Na du? Wer bist du denn? Gestern warst du noch nicht da. Gibt’s denn das, dass ein Baum so schnell wachsen kann?“ Und der kleine Baum sagte leise sein „Hallo“. „Hallo. He, was kuckst du so traurig? Fehlt dir ‘was? Was ist denn los mit dir?“ fragte der Mond. Und die Nacht sagte: „Ach lass‘ ihn doch, er hat genug Ärger!“ und sie klang ein wenig barsch. Da sprach der Baum: „Ach, weißt du, der Förster will mich morgen fällen und ich kann nichts dagegen tun und morgen Früh‘ werde ich sterben.“ Und er erzählte dem Mond seine Geschichte und der Mond wurde ganz traurig. Und er murmelte „hm“ und „tja“ und „ach“ und auch er wusste keinen Rat.

Doch da! Die Sterne glitzerten am Himmelszelt und der eine, der vorhin dem kleinen Baum zugezwinkert hatte, der funkelte dem Mond etwas zu. Und der schrie auf: „Juhuu juhuu! Ja, genau! So geht es, natürlich! Heißa, ich hab‘ es!“ Und der kleine Baum wunderte sich und fragte: „He, was ist denn los, Mond? Was haben die Sterne denn gesagt?“ Der Mond aber dachte nicht daran, ihm zu antworten, er jauchzte einfach so weiter und das ging eine ganze Weile so. Der kleine Baum wurde ärgerlich und er fragte den Mond: „He, Mond, du bist wohl ein klein wenig verrückt, was?“, aber kaum hatte er es gesagt, da tat es ihm schon leid, denn er wollte den neu gewonnen Freund ja nicht beleidigen. Aber dem Mond schien das nichts auszumachen, denn er antwortete: „Na klar, ein bisschen verrückt, das schadet doch nicht und die verrückten Sachen gelingen einem so auch besser.“ „Das verstehe ich nicht“ sagte der kleine Baum „wie kannst du dich denn nur so benehmen, ich muss bald sterben und du reißt Witze.“

„Ach nein, mein kleiner Freund,“ sagte der Mond und auf einmal klang er ganz anders, so ernst „ich reiße hier keine Witze! Wenn du aber willst, dann kann ich auch gehen, dann stirbst du halt. Ich mach‘ mir da keinen Kopf.“ „Oh, nein, nein!“ sagte der kleine Baum und er war ganz zerknirscht. „Bitte, bleibe da, ich habe es nicht so gemeint.“ Der Mond schaute sich nun unseren kleinen Baum genau an und sein Blick war grimmig und er strahlte plötzlich etwas sehr Bedrohliches aus. Und dem kleinen Baum wurde es ganz bang ums Herz und das sah man auch. Auch der Mond bemerkte dies und plötzlich fing er an, schallend zu lachen, so als wäre es nicht Nacht und alle beim Schlafen und als wären sie beide ganz allein auf der Welt.

Und der kleine Baum kannte sich jetzt gar nicht mehr aus, so etwas hatte er noch nie erlebt: zuerst ganz freundlich und dann ganz böse und dann wieder ganz lustig. Und dann sprach der Mond: „Also hör‘ zu Kleiner! Die Sterne haben mir gesagt, dass du dem Förster schon einmal entkommen bist – weißt du, sie sind sehr weit von hier weg, so können sie auch nicht mit dir reden, aber ich kann sie hören – und ich sage dir: Wachse! Wachse viel, wachse schnell und zwar JETZT!“ Dieses „jetzt“ war so eindringlich gesprochen, dass es dem kleinen Baum durch und durch ging. Ihm wurde kalt und heiß zugleich und er war wie benommen. Das wurde ihm auf einmal klar, dass das der einzige Weg war.

„Natürlich!“ rief er, „Na klar! Ich muss noch viel mehr wachsen!“ Und er war ganz aufgeregt und verlor sogar ein paar Blätter. „Siehst du,“ sprach der Mond „und du wolltest Trübsinn blasen. Aber du wirst es nur schaffen, wenn du es wirklich willst, und bedenke: viel Zeit hast du nicht mehr!“ „Ach ja, sagte unser kleiner Baum, aber wie soll ich es denn schaffen? Ich brauche doch meine Freunde dazu!“ „Nein!“ sprach der Mond und der Klang seiner Stimme war hart und unerbittlich. „Dafür brauchst du sie nicht. Hierfür brauchst du niemanden außer dich selbst.“ „Ja, ja...“ sagte der kleine Baum und überlegte, was er denn jetzt schon wieder falsch gemacht hatte, um den Mond zu erzürnen. „Nichts „Ja, ja“! Beweise deinen Freunden auch, dass sie deine Freunde sind, indem du sie nicht immer um Hilfe bittest, wenn du in Schwierigkeiten steckst.“ „Aber ich...“ wollte der kleine Baum etwas sagen, aber der Mond wurde jetzt so richtig laut: „Himmeldonnerwetter! Das wirst du wohl in deine Krone bekommen oder was?! Freunde, mein Kleiner, die sind nicht nur dafür da, dass man sie immer um etwas bittet, sie sind auch dafür da, dass man ihnen auch ‘mal etwas gibt, ist das klar?“ „Aber was soll ich ihnen geben? Blätter vielleicht? Ich habe doch nichts.“

Der Mond schaute für einen Moment ganz verdutzt, denn diese Antwort hatte er nicht erwartet. Das besänftigte ihn ein wenig. „Vielleicht würdest du ihnen ja eine Freude machen? Zum Beispiel indem du versuchst am Leben zu bleiben, was hältst du davon? Und zwar aus eigener Kraft und ohne Gejammer und Gebettle. Na, wie findest du das?“ Und der kleine Baum verstand. Er verstand, dass es vielleicht nicht schlecht gewesen wäre zu versuchen, sich selbst aus der Misere zu befreien, bevor er all die anderen um Hilfe fragte. Und dass er es sich hätte überlegen müssen, was er denn angerichtet hätte, wenn seine Freunde denn tatsächlich getan hätten, was er von ihnen verlangte. Und er ärgerte sich und ein wenig schämte er sich auch. Also beschloss er, sich selbst zu helfen.

Und er streckte seine Wurzeln noch tiefer in die Erde, weiter und weiter. Und er beschloss zu überleben und dem Willen des Försters zu trotzen und er beschloss, mächtiger zu werden als die Axt und sie würde vor ihm weichen und nicht er vor ihr. Er war so mit sich beschäftigt, dass er den Mond ganz vergaß und er sah auch nicht, wie dieser lächelte und dann weiterzog auf seiner Bahn. Und er wuchs. Er bündelte all seine Kraft auf das Wachsen, seine Wurzeln fraßen sich in den Boden und sein Stamm streckte sich und er reckte sich und er wurde länger und länger und immer breiter und breiter. Die Wunde, die ihm des Försters Axt beigebracht hatte, die schmerzte ihn zwar, aber das war ihm egal, er wuchs einfach weiter, ohne zu sehr darauf zu achten.

Und wie er so wuchs, da bemerkte er nicht, wie die anderen Bäume um ihn herum weinten und schrien, denn er entzog ihnen das ganze Wasser. Und die Schreie der anderen Bäume wurden lauter und klangen weit ins Land hinein. Und die Äste des kleinen Baumes wurden dick und hart und sie waren jetzt größer, als sein ganzer Stamm noch am Abend war. Und seine Krone wurde gewaltiger, als alle Kronen, die es je gegeben hat und sie bedeckte den halben Wald. So ging es nun den Rest der Nacht hindurch bis in den frühen Morgen und der ganze Wald bebte. Nebel zog auf und umhüllte den Wald und die ganze Landschaft umher und der Wind, der nach seinem kleinen Freund sehen wollte, konnte gar nichts erkennen. Aber er hörte ein vielstimmiges Klagen aus dem Wald: „Wasser! Gebt uns Wasser! Bitte schick‘ uns Regen, schnell, schnell, sonst verdursten wir.“ Und der Wind eilte so schnell, wie nur er es kann und rief nach dem Regen: „Komm‘ schnell über den Wald und lass‘ es regnen!“ Der Regen zögerte nicht lange und ließ es regnen und es war wie ein Wasserfall. Und aus dem Wald, da klang es: „Wo bleibt die Sonne, wir brauchen Licht!“ Und der Wind zögerte nicht und er pustete ein Stück vom Nebel weg und die Sonne schickte nun ihre Strahlen auf den Wald. Doch was war das? „Wo ist der Wald geblieben?“ fragten Sonne, Wind und Regen im Chor. Ja, wo war er denn?

Von oben da war nichts zu sehen, außer EINEM Baum und der war so riesig, dass er soviel Platz brauchte, wie vorher der ganze Wald. Der Wind schließlich fasste sich ein Herz und schaute sich das genauer an und siehe da! Da war der Wald! Unter der Krone des riesigen Baumes, ganz klein sah er aus und unscheinbar. Und der Wald schrie immer noch um Hilfe und die Sonne und der Regen taten ihr Möglichstes. Nun war es aber bereits Morgen und der Förster war schon auf dem Weg. Er kam nicht allein, nein, heute nicht und die Leute die ihn begleiteten sollten ihm helfen, den vermaledeiten Baum schneller zu zerkleinern.

Und der Förster ging ganz schnell, mit der Axt über seiner Schulter und so kam er zu dem Wald. Doch was war das? Wo war der Wald geblieben? Ein dichter Nebel war da, wo der Wald sein sollte. Der Förster wurde schon ärgerlich, denn er würde den Baum nicht gerne suchen, aber schon verzog sich der Nebel und langsam kam zum Vorschein was sich dahinter verbarg: Zuerst war da ein Regenbogen zu sehen, ein Geschenk, das der Regen zurückgelassen hatte, bunt und herrlich anzuschauen. Aber der Förster beachtete ihn nicht. Er starrte wie gebannt auf den Wald und auf den riesigen Baum, der ihn überdachte. Und seine Männer legten den Kopf in den Nacken, obwohl sie noch ein Stück vom Wald weg waren, so groß war der kleine Baum geworden. Und auch die Sonne und der Wind und der Regen staunten nicht schlecht. Da stand er nun, der kleine Baum und er berührte mit seiner Krone die Wolken.

Als sie dies sahen, da erschraken einige von den Männern des Försters und sie nahmen die Beine in die Hand und liefen so schnell weg, wie sie konnten. Doch den Förster kümmerte das nicht und er wurde so richtig wütend, denn jetzt sah er die zwei Kerben, die er gestern in den Stamm geschlagen hatte: weit über sich, noch höher als die Kronen der anderen Bäume, riesig groß, größer als die Furche eines Pfluges, denn auch sie waren gewachsen. Und das ärgerte ihn so sehr, dass er in den Wald stürmte, genau auf den kleinen Baum zu. Und so stand er nun vor dem Stamm und dieser war so breit, dass er die kleine Lichtung längst gesprengt hatte. Aber das kümmerte den Förster nicht. Er spuckte in die Hände und fasste die Axt fest am Stiel. Er holte Schwung und das Blatt der Axt glänzte in der Sonne und man konnte sehen, das es frisch geschärft worden war. Und dann schlug der Förster mit voller Wucht gegen den Stamm des kleinen Baumes. Doch so, als wäre der Stamm aus Stein, so prallte die Axt ab und hätte ihn fast erschlagen. Und er ließ die Axt fallen und ihr Stiel, der war gebrochen. „Das gibt’s doch nicht, was soll das!“ schrie der Förster und brüllte dann die Leute an, die noch bei ihm waren: „Los Männer, fällt den Stamm!“

Doch der kleine Baum wurde jetzt auch zornig und er knackte mit seinen riesigen Ästen und es war so laut wie zehn Donner auf einmal und er rauschte mit seiner Krone und es war wie ein Orkan und hallte durch den Wald und der Boden zitterte. Da bekam der Förster zum ersten Mal so richtig Angst und er lief weg und seine Männer flohen mit ihm und warfen ihre Äxte weg und sie alle rannten um ihr Leben. Irgendwann erreichten sie den Waldrand und der Schatten des großen Baumes war nicht mehr über ihnen. Und der Förster sprach, ganz außer Atem: „Das ist nicht mehr mein Wald, diesen Wald will ich nicht mehr haben, da geh‘ ich nie wieder zurück. Dieser Wald gehört jetzt dem GROßEN BAUM, den können nicht einmal tausend Äxte fällen." Und seine Männer sahen ihm hinterher als er von dannen zog. Und er drehte sich nicht um und ward nie wieder gesehen. Die Begleiter des Försters aber machten sich gemeinsam auf den Weg zurück. Und als sie wieder zu Hause waren, da stand ihnen das Erlebte ins Gesicht geschrieben. Und sie erzählten es ihren Familien und Freunden und diese erzählten es weiter. Und die Jahre vergingen und die Geschichte wurde erzählt mal so, mal so, aber immer blieb ihr Kern gleich, mit dem kleinen Baum und seinen Freunden und dem bösen Förster. Und irgendwann glaubten die Menschen nicht mehr, dass es so geschehen war, für sie war es nur eine Geschichte, ein Märchen."

Der Alte Mann drehte sich ächzend ein wenig auf die Seite:
"Tja, mein Junge, so ging also die Geschichte mit dem kleinen Baum.“

„Ja, aber was ist denn mit dem Baum geschehen und mit dem Wald der so geweint hat?“

„Mit dem Wald? Also das war so:“ Der alte Mann nahm noch einen Schluck aus der Weinflasche. „Als der Förster und seine Leute gegangen waren, da herrschte Stille im Wald, kein Ton war zu hören. Die Vögel zwitscherten nicht und nicht einmal das Rascheln der Blätter war zu hören. Er herrschte absolute Stille. Alle hatten noch diesen ungeheuren Donnerschlag in Erinnerung, der im ganzen Wald zu hören gewesen war und ihn erstarren ließ. Was für ein riesiger, mächtiger Baum war aus dem kleinen Bäumchen geworden! Majestätisch stand er da, wie ein Berg so groß und irgendwie auch furchterregend anzusehen und seine Krone verdeckte den ganzen Wald.

Der Baum jedoch lächelte, er war stolz auf sich selbst und er wusste, dass ihm jetzt kein Mensch jemals wieder etwas antun könnte. Und auch keine Axt, und möge sie noch so in der Sonne funkeln, würde ihn je fällen können. Er freute sich also sehr und sah alle seine Freunde um ihn herum an und sprach: „Seht her, was dank eurer Hilfe aus mir geworden ist!“ „Ja“, riefen sie ihm zu, "du bist ja auch kaum zu übersehen!“ Und der Wind kam herbei und sprach: „Oh, oh, was nicht alles passieren kann, wenn man so richtig Angst bekommt und was der Zorn auf den Förster so alles bewirken kann. Aber, mein Freund, so muss ich dir trotzdem sagen, dass du in deinem Tun jetzt doch ein bisschen zu weit gegangen bist. Findest du nicht?“ Der Baum aber sah sich an und sagte: „Nein, das finde ich überhaupt nicht, ich finde es gerade recht so.“ Der Wind aber fand das gar nicht gut und fragte den Baum: „Ja, wie stellst du dir das vor, wie soll ich denn die Luft in den Wald pusten, wenn du ihn ganz verdeckst?“

Das leuchtete dem Baum ein und er sprach: „Ich weiß nicht, ich werde mir wohl etwas einfallen lassen müssen.“ „Ja, tue das!“ rief ihm der Regen aus den Wolken zu "Oder wie stellst du dir vor, wie ich denn das Wasser durch dich hindurch tropfen lassen kann, damit der Wald unter dir nicht verdurstet?“ Der Baum schüttelte die Krone und sprach: „Ach, das weiß ich doch nicht, da werde ich mir wohl auch etwas einfallen lassen müssen.“ „Ja, aber schnell!“ rief die Sonne am Horizont, oder wie stellst du es dir vor, dass ich auf den Wald scheinen soll, wenn du den Weg versperrst?!“ Und der Wind und der Regen und auch die Sonne waren verärgert auf den kleinen Baum und so verging der Tag und der Wald litt sehr. Und die Nacht breitete sich wieder aus und sie würde für alle sehr lang werden.

Der kleine Baum überlegte: „Das kann es doch nicht sein! Zuerst muss ich um mein Leben bangen und nun habe ich Angst um das Leben meiner Freunde, die rings um mich herum stehen. Ach, was soll ich nur tun?“ Mittlerweile trauten sich auch die Tiere des Waldes wieder aus ihren Verstecken heraus, die sie den ganzen Tag nicht verlassen hatten. Und sie bewunderten zuerst den kleinen Baum, aber schnell wurden sie ärgerlich und sie riefen ihm zu: „Hallo, Baum! Du hast hier etwas Großes vollbracht, aber wie stellst du dir vor, wie das weitergehen soll? Es ist jetzt so dunkel hier unten im Wald, eine so finstere Nacht haben wir noch nie gesehen. Wird es am Tage denn genauso sein?“ Der kleine Baum aber schwieg, denn er wusste darauf keine Antwort. Und ein Vogel flog zu ihm herauf und sprach zu ihm: „Wir können nicht den ganzen Tag im Dunkeln hocken und wir brauchen Licht und Luft. Wir werden den Wald wohl verlassen müssen, wenn du nichts unternimmst. Dann wird das der erste Wald sein, in dem keine Tiere wohnen. Du warst auch einmal klein und hast wegen den anderen kaum die Sterne gesehen, aber du konntest leben. Jetzt aber bist du viel, viel größer als sie, so groß, dass sie nicht überleben werden, falls du nichts tust. Der Förster ist zwar fort und das ist gut, aber er hat nur einige Bäume gefällt, wegen dir werden sie aber alle eingehen und wir Tiere auch.“

Und der Vogel flog davon und lange noch hallte sein „Lass‘ dir ‘was einfallen, schnell, schnell!“ durch den Wald. Und der kleine Baum schickte sich an, zu überlegen, was zu tun sei. Doch auf einmal hörte er: „Hee, mein Freund, was sehe ich denn da, du bist ja ein kräftiges Kerlchen geworden und ehrlich gesagt, ich war mir nicht ganz sicher, ob du es auch schaffen würdest, dem Förster den Spaß zu verderben.“ Das war der Mond. Und der Mond sprach weiter: „Huii! Was für eine gewaltige Krone du hast, wie mächtig groß du bist. Und ich dachte schon, wenn ich wiederkomme, dann wird der ganze Wald traurig sein, wegen dir.“ „Das ist er auch,“ sagte der kleine Baum, „denn ich bin so gewachsen, dass ich für sie alle eine Gefahr darstelle.“ Und der kleine Baum erzählte dem Mond, was geschehen war. Und der Mond platzte heraus: „Ach was, jetzt jammern sie alle! Ha! Zu wenig Luft, zu wenig Licht, zu wenig Wasser! Was soll das denn? Uns geht es nicht immer gut, seht nur mich an, mich fragt auch keiner, wie es mir geht, wenn ich immer im Dunkeln hocken muss und ganz allein. Die Sterne reden auch nicht immer mit mir, weißt du?“ Und der Mond redete noch einige Zeit weiter und beschwerte sich und zeterte. Und alle gesellten sich dazu, der Wind und der Regen und die Nacht. Nur die Sonne fehlte. Und plötzlich fingen sie alle an zu sich zu beschweren und der Wind schrie: „Dass ich nicht lache, seht euch den närrischen Mond an, was dem so einfällt! Ihm fehlt was? Was er nicht so sagt! Mich fragt auch keiner, ob ich den ganzen Tag pusten will!“ Und der Regen schrie Mond und Wind an, dass sie still sein sollten, denn er hatte es auch nicht leicht, immer nur allen zu trinken zu geben! Und so ging es hin und her und der eine beschimpfte den anderen. Und der Wind war außer sich vor Zorn und stürmte gegen den Regen und der wiederum ließ einen gewaltigen Wolkenbruch auf den Wind los und es donnerte und krachte und blitzte taghell am Himmel wie noch nie zuvor. Und der Mond der heizte allen auch noch kräftig ein.

Der ganze Wald war in Aufruhr, das war ein Theater!

Und der kleine Baum mochte das nicht, dass sich alle so verhielten und alles nur wegen ihm! Und er erhob seine Stimme und schrie „Ruhe!“ so laut er konnte. Und das war lauter als alle zusammen. Und plötzlich wurde es still und der kleine Baum sprach: „So, jetzt seid alle still! Es kann doch nicht angehen, dass wir uns hier alle so streiten, das bringt nichts. Was soll ich nur tun? Ich mache dies, es ist nicht gut, ich mache das, es ist auch nicht gut. Aber herumschreien, das macht das auch nicht wieder gut. Was dem einen hilft, das schadet dem anderen, das weiß ich jetzt. Lasst uns nun überlegen, was wir tun können.“ Und alle dachten nach. Nur der Mond, der fing auf einmal an zu lachen und alle schauten ihn böse an. Er lachte und lachte und irgendwann sagte er: „Ui! Das ist gut, ha, das ist köstlich, das ist aber ein Ding!“ Und keiner wusste, was er denn meinte und er zog weiter und beantwortete ihre Fragen nicht. „Ihr werdet schon sehen, ja ja, ihr werdet schon sehen!“ das war das Einzige, was er noch sagte. Und dann graute der Morgen. Die Sonne ging auf und was sie sah, das erstaunte sie sehr. Und sie sprach: „Das habt ihr aber gut gemacht, meine Freunde! So ist es recht!“ Und alle blickten sich um und waren überaus erstaunt: Wie sich nun alle so gestritten hatten und es fürchterlich stürmen und regnen ließen, da warden alle anderen Bäume gezwungen zu wachsen, so wie einige Zeit davor der kleine Baum auch. Und sie waren gewachsen und gewachsen, bis sie genauso groß waren, wie der kleine Baum. Und keiner hatte es gemerkt, nicht einmal sie selbst. Nur der Mond, der weiter oben war, als alle anderen, der hatte es mitgekriegt, aber es keinem gesagt. Und alle hatten jetzt ihren Platz und bekamen genug Licht und Luft und ihren Anteil am Regen. Und die Sonne lobte sie, dass sie gemeinsam eine so gute Lösung gefunden hatten. Und sie schämten sich alle, dass sie so gemein zueinander gewesen waren und sie entschuldigten sich und versöhnten sich wieder. Und der kleine Baum war froh, dass alles so gut gegangen war."

"Weißt du, der Wald, den gibt es heute noch und mittendrin, da gibt es einen Baum, der ist ein ganz klein wenig größer als die anderen um ihn herum.“

Der alte Mann schwieg und sein Blick war irgendwo in der Ferne. Ich habe nichts gesagt, weil ich dachte, das war jetzt besser so. Nach einer Weile hat er dann seinen Beutel und den Stock und das Essen genommen und ist aufgestanden. Die Flasche verschwand in seiner Manteltasche. Er hat mir dann nur noch zugenickt und ist einfach so fortgegangen. Ich habe ihm noch nachgewunken, aber er hat nicht zurückgesehen. Ich bin an diesem Tag erst spät nach Hause gegangen, weil ich so lange über die Geschichte nachgedacht habe. Auch heute erinnere ich mich noch gerne daran und manchmal frage ich mich, ob sich der alte Mann die Geschichte nicht einfach nur ausgedacht hat, um etwas zu Essen zu kriegen. Aber vielleicht war er damals ja auch dabei gewesen, wer weiß?
 



 
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