(F/m) Die ewige Jagd

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Rems Florian

Mitglied
Die ewige Jagd


von Florian Rems


Wolf. Wie es klingt, dieses Wort in meinen Ohren. So beruhigend. So geheimnisvoll und mystisch. Ich bin ein Wolf und bin keiner. Ich bin mir nicht sicher was ich bin. Wie soll ich nur das 'ich' beschreiben?! In Wolfsgestalt trete ich in Erscheinung, das steht fest. Doch entsinne ich mich wie in fernem Traum an ein menschliches Wesen. Aber ob, wann und warum ich das war ist nun völlig verschwommen. Es ist nicht wichtig. Ich bin was ich bin. Und obgleich es keinen Namen dafür gibt fühle ich wer ich bin. Und es ist in Ordnung so.
Die Wölfe die ich besucht, zeigten mir ihre Reißzähne und knurrten mich an. Bei keinem Rudel habe ich bisher Verbundenheit gefunden. Und ich denke sie riechen es. Sie riechen, dass ich keiner der ihren bin. Aber auch wenn es mir erlaubt, ich könnte nicht in solch einem Rudel leben. Wenn ich Wölfen einst einen Besuch abstattete, dann nur um meiner Selbst willen. Nur weil es mir unbekannt ist was ich bin. Aber nun ist es nicht mehr wichtig. Es ist nicht wichtig eine Klasse oder Bezeichnung zu finden. Ich bin nicht Canis Lupus. Man braucht keine Namen um die Seele zu beschreiben. Ich weiß wer ich bin.
Und was ich tue. Was mir die Natur sagt. Was sie mir durch den einzigartigen, durch den meinen Instinkt gegeben. Gerade jetzt spüre ich wieder dieses Verlangen. Die Lust nach Blut und Sieg. Nach befriedigender Bestätigung meiner Macht.
Ich stehe hier auf meinen vier Pfoten in einem Wald. Es ist Nacht und kalt. Wieder diese Lust, das pochende Herz, dass mir die Richtigkeit meiner Existenz bestätigt. Wie soll das Lauern ich schildern? Die Sinne geschärft. Dort ein Laut, ein knickender Zweig. Dort ein sich im Wind wiegender Ast, der meine ewige Gefährtin Luna durch das Geäst blinzeln lässt. Ich sehe den Atem, der aus meinem Maul gen den Himmel zieht und meine Position zu verraten droht. Dann zieh' ich die nächtliche Luft durch die Nase und entdecke tausend Düfte. Der Eine so sinnlich und süß, der Andere so abstoßend und bitter. Aber ich sehe so, auch in die Vergangenheit. Da war er, und da auch. Dieser hier nahm einst diese Richtung und der da jene.
Ich sehe sie so lebendig, die Natur. Ein atmendes lebendes Wesen, das mich umgibt. Das mir Schutz und Versorgung bietet. Die Natur pulsiert und beobachtet mich und ich beobachte sie. Eine magische Verbindung. Es ist so natürlich und so normal. Ich fühle es. Ich fühle mich wohl, so.
Da ein Geräusch. Welch süßer klang in meinen Ohren. Ein Geräusch, dass mir alles verrät. Ein Tier. Ein Tier ist es, das da versucht sich zu verbergen. Meine Sinne nochmals geschärft. Ein Lufthauch bringt mir die erwartete Botschaft. Der Duft verrät mir alles. Da sitzt es und stellt sich still. Aber ich sehe. So deutlich ja fast schon unfair. Denn ich bin ihm überlegen. Die Jagd soll beginnen. Mein Herz beschleunigt den Rythmus, das Blut angereichert mit frischem Sauerstoff. Noch einmal die Luft durch die Nase. Ja da, da, ganz deutlich sitzt es hinter den Blättern. Die Jagd solle beginnen. Und ich schnelle voran. Mit einem großen Sprung. Aber es ist schnell. Die Lust ergreift die Gewalt meines Körpers. Ich jage hinterher. Zwischen den Büschen, Ästen, Bäumen, Sträuchern. Hin und her und hin und her. Immer weiter und weiter. Dem glorreichen Sieg entgegen. Wieder fange ich einen Duft auf. Diese Richtung da. Und im Mondlicht wieder, kann ich es erkennen wie es flüchtet. Ja - es flüchtet. Welch Genuss bereitet mir jener Gedanke. Welch Genuss bringt der Geruch der Angst. Ich bin überlegen. Wieder ein Richtungswechsel. Wieder in diese Richtung. Ich komme näher. Einem Baum ausweichen, einen Strauch durchqueren, wieder die Richtung einschlagen. Schneller, schneller. Ich verstehe dann was ich bin. Warum und wie.
Dann schwinden seine Kräfte, es kommt immer näher und näher. Die Erwartung bereitet mir solch göttliche Lust. Näher, näher. Jetzt nur noch der nächste Busch, da müsste ich es einholen. Nein. Falsch. Nach rechts der nächste Baum. Und da sehe ich es. Wie es in Panik versucht zu fliehen. Wie es alles gibt um sich zu retten. Um sein Leben in Sicherheit zu bringen. Aber so weit wird es nicht kommen. Wieder der Angstschweiß in der Luft. Er verrät mir alles. Ich bin überlegen. Ich werde siegen. Nur noch einen Augenblick und noch näher. Jetzt läuft es vor meiner Schnauze. Es begreift nicht wie nah es seinem Untergang ist. Und ich setze zum Sprung an. Spanne die Muskeln und stoße mich ab. Oh süßer Augenblick, du bist ein Leben wert! Ich reiße das Maul auf und in meinen Augen spiegelt sich die unendliche Ekstase des hernnahenden Sieges. Noch ein winzig kleiner Moment voll Genuss und dann - meine Zähne greifen in das warme Fleisch. Und nach einem kurzen Piepsen bewegt es sich nicht mehr. Es ist tot. Ich fühle wie das Warme Blut hervorquellt. Wie es aus meinem Maul fließt. Es ist tot. Ich habe es getötet. Voller Befriedigung weiß ich, dass der Sieg mein ist. Kein Gewissen, keine Reue. Nur Leben, mein Leben. Ich bin überlegen. Ich bin der Jäger. Und ich fühle, dass es richtig ist.
 

anemone

Mitglied
Wolf

Hier hast du deine Kritik:
Es könnte eher ein Raubtier sein, wie ein Löwe, Panther oder Jaguar nach deiner Beschreibung. (bis auf das Piepen des Opfers. )

liebe Grüße
anemone
 

Rems Florian

Mitglied
Merci,

ist auch kein Wolf. Ist aber auch kein Raubtier oder Mensch. Der Wolf ist hier Symbol für eine Kraft die sich in jedem Säugetier findet. (Oder warum jagen auch Hauskatzen die das nicht nötig hätten oder warum spielen Kinder fangen und verspüren dabei einen Adrenalinschub wenn sie das Opfer erwischen).
 

anemone

Mitglied
hallo Florian,

gut soweit, nur ist mir noch nicht ganz klar:
Der Adrenalinschub entsteht doch vor dem Jagen.
Die Beute ist nur eine Folge davon, sozusagen
die Befriedigung nach dem erregenden Adrenalin.

























Adrenalin setzt sich frei, bevor die Beute erlegt wird.
Frage, was ist die Beute ohne Adrenalin?

Wo der Hunger anfängt, hört der Verstand auf. Theodor Eschenburg
 

Rems Florian

Mitglied
Hi anemone,

es handelt sich nicht allein um das Adrenalin. Wenn er (wer oder was auch immer) jagt, dann muss er alle seine Sinne einsetzen um erfolgreich zu sein. Und gerade im jagenden Zustand steigert sich die Leistungsfähigkeit dieser Sinne, und das bringt das Adrenalin(eben zur allgemeinen Leistungssteigerung). Er muss sich seines Verstandes bedienen um die Beute zu erreichen. Die Beute gibt dem Jäger das Gefühl überlegen, Herr der Lage, zu sein.
Adrenalin ist nur die Folge des Jagdinstinkts.


Außerdem muss man beim Zitat auf die Interpretation achten:

Steht Hunger für größenwahnsinnige Habgier oder ist mit Verstand die moralischen Bedenken gemeint, dann mag Theodor Eschenburg durchaus Recht haben.

Allerdings ist der menschliche Verstand, wie wir ihn kennen, erst durch den biologischen Hunger entstanden. Genauso wie der symbolische Hunger, also das Verlangen nach irgendetwas, den Verstand fordert und reifen lässt. Vergessen wir nicht die grundlegendste Konstante im menschlichen Leben: Die Neugier, das Verlangen nach Wissen oder auch die Jagd nach Wissen. Erst das lässt den menschlichen Verstand reifen.
(Versucht der Schreibende, wie du und ich, nicht auch geistig zu reifen während er seine unzähligen Ideen, Gedanken und Visionen literarisch umsetzt? Wäre er dann nicht auch ein Jäger?)


Geht man von der gängigen Evolutionstheorie aus, so hat sich der menschliche Verstand durch das Jagen nach Nahrung entwickelt. Manche glauben auch, dass sich die Sprache durch den Wunsch, festzuhalten, welches Tier wo gut zu jagen ist, erst entwickeln konnte.



Die Jagd nach unserem Begehr ist, was uns treibt, was uns das tun lässt, was in unserer Natur liegt, was wir im Innersten tun wollen. Sie ist Werkzeug, Möglichkeit und Chance. - Rems Florian


Gruß Rems Florian
 

anemone

Mitglied
Verstand bei der ewigen Jagd

Da gibt es dann wieder schlaue Köpfe, die dem Tier den Verstand absprechen und behaupten, es bestünde nur ein Instinkt, aber lassen wir das; deine Geschichte steht unter Fantasy und dort steht sie genau richtig. (und so genau
wollte ich es nicht wissen -aber vielleicht der Leser?-)

Entschuldige, mit dem Posten vom letzten Beitrag war wohl etwas schief gelaufen.

liebe Grüße
anemone
 
Ich fand's gut geschrieben, aber unoriginell. Egal ob Werwolf oder nicht, es ist halt einfach eine Art Stimmungsschilderung, ohne Wendung oder Handlung, und deshalb wiederholt es sich mit der Zeit.

Trotzdem lg

Chris
 

Rems Florian

Mitglied
Hi Christian,

danke für deine Antwort und das Lob. Du hast recht, es ist eine Stimmungsschilderung (sollte gar nichts anderes sein)!!

Gruß Rems Florian
 

Lord Stark

Mitglied
hi,

für eine Stimmungsschilderung wirklich gelungen, wenn du die in eine Geschichte einbaust (vielleicht über Navajo-Indianer oder barbarische Krieger in einem fernen Königreich :) ) laß es mich wissen!

Lord Stark
 

Rems Florian

Mitglied
Hi Lord Stark,

danke für dein Lob. Vielleicht fällt mir noch was ein, in dem ich diesen Text integrieren kann. Ich lass es dich auf jeden Fall wissen.

Gruß Rems Florian
 

Paulin

Mitglied
Hallo Florian

Danke für Deine Jagdimpession.
Sie erinnert mich an den Film Wolfen.
Das mit dem oft wiederholten "überlegen" war für mich nicht passend und ich habe die Wildheit vermisst,die leicht wie Grausamkeit aussieht ,die Überwachheit der Sinne eines Raubtieres ...Deine Geschichte ist gut gelungen und ich bin seit zwei kleine Raubtiere bei mir wohnen ganz ihrem Zauber erlegen .Einen Zauber den Du in dieser Momentaufnahme aufgezeigt hast .
Grüße Paulin
 
P

Phantom

Gast
Du machst dich!

Hi Florian,
du machst dich, schöne Momentaufnahme, von einem Menschen/Wolf der eigentlich nicht in die Natur gehört...
Doch gerade, wo er auf dem Weg ist zu diesem Schluß zu gelangen, wird der Mensch vom Tier dominiert, und beginnt zu jagen... Gefällt mir...!!! Freu mich schon auf deine nächste Story :)

Gruß Phantom
 



 
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