»Hotel September«

sailor

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September

Auf uns’rer langen Reise durch die Jahreszeiten
haben wir viele schöne Orte schon geseh’n.
Neugierig sind wir stets auf die Besonderheiten.
Hier ist ein neuer Ort, wir bleiben einmal steh’n.

Hotel »September« heißt das beste Haus am Platze,
doch sein Empfangschef ist ein wundersamer Mann.
Strohblonde Stoppeln wachsen spärlich auf der Glatze,
lacht uns im himmelblauem Smoking freundlich an.

Der Weg in das Foyer führt durch ‘nen Regenbogen,
zehntausend Sonnenblumen geben warmes Licht.
Die Halle ist ein Wald, ein Meer aus grünen Wogen,
aus Moos der Teppichboden, herrlich weich und dicht.

Die Haare wild zerzaust und große Segelohren,
der junge Liftboy ist ein windiger Gesell’.
Ein Luftikus ist er, lächelt ganz unverfroren.
Im weißen Aufzug fährt er rasch durch das Hotel.

Die Präsidentensuite mit dem Balkon nach Süden,
im weichen Bett aus Heu verbringen wir die Nacht.
Das nette Zimmermädchen stimmt uns sehr zufrieden,
die dralle Jungfrau, die der Waage Sorgen macht.

Goldene Äpfel, Birnen und die ersten Trauben,
der stets gefüllte Obstkorb auf dem Tisch ist groß.
Das Obst ist kostenlos, und es ist kaum zu glauben,
wie im Schlaraffenland: es fällt uns in den Schoß!

Den Speisesaal des Hauses braucht man nicht zu suchen,
immer der Nase nach, dann findet man ihn auch.
Es riecht nach Bauernbrot und frischem Pflaumenkuchen,
wenn wir so weiteressen schwillt uns noch der Bauch.

In der Hotelbar hör’n wir Sommersonnenklänge,
der Pianist beherrscht das Instrument perfekt.
Die Violine zieht die Töne in die Länge,
in ihrem Lied hat sich ein Hauch aus Moll versteckt.

Zugvögel, die wir sind, zieht es uns immer weiter,
doch reservieren wir direkt für’s nächste Jahr.
Den Wind nehmen wir mit, als neuen Wegbegleiter.
Hotel »September«, du bist einfach wunderbar!
 

Elli K.

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Schön!

Schöne Bilder und Vergleiche hast du gefunden! Dein Gedicht gefällt mir sehr.
Stilistisch erinnert es mich ein wenig an Erich Kästner (den ich, wie unschwer zu erkennen ist, sehr mag).
Einzig die letzte Zeile ist mir etwas zu plakativ und unterscheidet sich vom Grundton des Gedichts - so, als hättest du unbedingt noch einen Reim auf "Jahr" finden wollen.
Wie wäre es damit:
Den Wind nehmen wir mit, als neuen Begleiter,
auf unserem Weg in die Oktober-Bar.
(hm, passt auch nicht so richtig, die Bar hast du weiter oben schon beschreiben. Hab jetzt ein Weilchen gegrübelt und mir ist auch noch nix besseres eingefallen ;) ).

Ach ja, wäre schön gewesen, hätten wir uns in diesem Jahr im "Hotel September" einquartieren können! Doch leider haben es sowohl die meteorologische als auch die politische Großwetterlage nicht zugelassen.
Da bleibt uns nur, auf das nächste Jahr zu hoffen.

Beste Grüße
Elli
 



 
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