"Cathy"

Cat Moon

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Diese Geschichte habe ich damals für einen Freund von mir geschrieben. Er wollte einen Comic dazu zeichnen, aber wir haben uns irgendwie auseinander gelebt und daher hat er den Comic niemals fertig gemacht...

Daher hat die Story eigentlich keine Überschrift, da ich diese mit ihm zusammen finden wollte. Ich hab sie hier einfach mal \"Cathy\" genannt.

Die Absätze sind entstanden, weil ich die Story auf meiner HP hatte und einfach rüberkopiert hab, hat also nix zu bedeuten.

Viel Spaß beim lesen ;)



Cathy sitzt allein auf der Wiese, am Teich, als sie wieder diese Stimme hört: „Komm zu uns, Cathy! Komm schon!“ Sie blickt sich um, doch sie kann niemanden sehen. Kein Spiegel weit und breit. Sie steht auf und bemerkt, wie ein kalter Wind aufkommt. Die Oberfläche des kleinen Teiches kräuselt sich leicht.

Plötzlich ist da dieses Gesicht im Wasser: Dieses kleine, bläuliche Gesicht mit roten, schmalen Augen und dem breiten Grinsen, das die kleinen spitzen Zähne freigibt.

Cathy schrickt zurück.

„Komm schon“, sagt die Stimme wieder und zu ihr bewegt sich der kleine, blaue Mund. Als Cathy sich umdrehen will, um fortzulaufen, schnellt eine Hand aus dem Teich und greift nach ihrem Knöchel. Sie schreit, doch niemand kann sie höre. Sie ist allein im Garten. Sie versucht, sich zu befreien, doch sie stürzt und die Hand zieht sie mit einer solchen Kraft in den Teich. Sie krallt ihre Hände in den feuchten Boden, doch die Hand zieht unaufhörlich weiter, bis sie Cathy fast im Teich hat.

Doch Cathy spürt das Wasser nicht...

-

Christian löffelt sein Müsli und greift nach der Zeitung, als sein Vater reinkommt und sie ihm wegnehmen will.

„Hey, ich hatte sie zuerst!“

-„Ist ja schon gut! Aber wenn du mir wenigstens den Sportteil überlassen würdest?“

Ohne ein Wort zu sagen reicht Chris ihm die Hälfte der Zeitung, als sein Blick auf einer Überschrift hängen bleibt:

Catharina M. seit zwei Tagen vermisst
Ja, jetzt fällt es ihm auch auf: Cathy war weder gestern noch vorgestern in der Schule. Doch er hat sich nichts dabei gedacht, davon abgesehen, dass es ihm kaum aufgefallen ist...

Da taucht seine Mutter verschlafen in der Küche auf: „Es wird zeit, Chris. Du kommst zu spät zur Schule.“

Chris sieht auf die Uhr. Schon so spät...

Er nimmt auf dem Weg zur Garderobe noch einige Löffel Müsli zu sich und verschwindet dann mit einem eiligen „Tschüss“.

Draußen verlangsamt er seinen Schritt. Was könnte hinter Cathys Verschwinden stecken? Es wundert ihn selbst, warum es ihn so sehr beschäftigt, schließlich hat er nie viel mit ihr zu tun gehabt.

Ist sie vielleicht abgehauen?

Plötzlich dreht er sich um. Es war ihm, als würde man ihn beobachten... Doch da ist nur dieses Schaufenster, aus dem ihm blaue Augen entgegenblicken...

Blaue Augen? Er dreht sich wieder zu dem Schaufenster um und sieht die bleiche Gestalt Cathys. Sie steht nicht hinter dem Schaufenster, sie scheint sich vielmehr nur darin zu spiegeln.

Er schaut über seine Schulter, doch hinter ihm steht sie nicht. Als sein Blick wieder auf das Schaufenster fällt, ist sie verschwunden.

Er reibt sich die Augen, doch sie ist nicht mehr da.

Langsam setzt er seinen Weg zur Schule fort. Er wird wohl nur geträumt haben. Schließlich ist es ja noch früh am Morgen.

-

In der Schule ist das Verschwinden Cathys Thema Nummer eins. Niemand weiß genau was mit ihr passiert ist, denn sie hatte nicht viele Freunde. Und die, mit denen sie dann manchmal zusammen war, ließ sie nicht wirklich an sich heran. Sie war immer still und in sich gekehrt.

Chris setzt sich auf seinen Platz, gerade als es zur Stunde schellt.

„Hast du es auch gehört?“, fragt Sandra und setzt sich neben ihn.

-„Das von Cathy?“

„Ja.“

-„Ich hab davon in der Zeitung gelesen.“

„Also weißt du auch nichts genaues?“

Doch bevor Chris antworten kann, kommt auch schon ein Lehrer in die Klasse und teilt die Arbeitshefte aus.

-

Die Zeit vergeht nur langsam und Chris kann sich kaum auf die Aufgaben konzentrieren.

Der Vorfall auf dem Schulweg lässt ich nicht los. Er kann Cathy nicht gesehen haben. Aber was, wenn es doch so war? Nur wie konnte sie sich dann in der Scheibe spiegeln? Vielleicht stand sie ja doch im Geschäft?

Vielleicht sollte er mit jemandem darüber reden? Man wird ihm nicht glauben. Wie auch?
Plötzlich durchbricht das schrille Läuten der Pausenglocke seine Gedanken. Die Hefte werden eingesammelt und das Gemurmel in der Klasse steigt an.

Chris ist durcheinander. Er geht auf den Gang, kollidiert fast mit der Putzfrau, die zu so früher Stunde schon (oder noch) arbeitet, strebt die Toiletten an, stellt sich ans Waschbecken und dreht das kalte Wasser auf. Er beugt sich über das Becken und lässt sich das Wasser ins Gesicht spritzen. Als er sich wieder aufrichtet blicken ihm blaue Augen aus dem Spiegel vor ihm entgegen. Er fährt herum, doch außer ihm ist niemand hier. Nur das Gesicht im Spiegel: Cathy.

Ihre Lippen bewegen sich, als wolle sie ihm etwas sagen, doch kein Ton erreicht ihn.

„Was willst du von mir?“, fragt Chris und geht näher an den Spiegel heran.

Wieder bewegen sich ihre Lippen und er sieht die Angst in ihren Augen, doch er kann sie nicht hören.

Um sich zu vergewissern dass auch wirklich außer ihm niemand hier ist, dreht er sich noch einmal kurz um, doch als er wieder in den Spiegel schaut, sieht er nur sich selbst.

Er fährt sich mit der Hand über die Augen. Was ist bloß los mit ihm? Wird er verrückt? Langsam geht er zurück in die Klasse.

Geistesabwesend setzt er sich auf seinen Platz und sieht aus dem Fenster. Er sieht sein Gesicht, das sich in der Scheibe spiegelt. Schnell schaut er weg, aus Angst, Cathys Gesicht könne wieder auftauchen. Da öffnet sich die Tür und der Direx tritt ein. Mit einem Mal verstummt das Gemurmel in der Klasse und mit lauter, tiefer Stimme verkündet er: „Wie ihr vielleicht schon aus der Zeitung erfahren habt, ist Catharina Manzaneque seit einiger Zeit vermisst. Ich will nicht, dass ihr jetzt nervös werdet, aber Kommissar Parrish möchte mit einigen von euch sprechen. Die anderen können nach hause gehen. Kommen sie doch herein, Kommissar!“

Alle Blicke in der Klasse richten sich zur Tür. Und wider Erwarten tritt eine Frau ein. Man schätzt sie vielleicht auf 25 Jahre. Aus den hinteren Reihen pfeifen die Jungs durch die Zähne. Mit einem Lächeln wie aus einer Zahnpastareklame erklärt sie: „Alle, die sich gut mit Catharina verstanden haben, melden sich bitte bei meinem Kollegen“ –einem großen, schüchtern wirkenden Beamten neben ihr- „oder mir. Aber auch wenn ihr nicht oder kaum mit ihr befreundet seid und trotzdem etwas über ihr Verschwinden wisst oder zu wissen glaubt, oder sonst etwas Mitteilungswertes zu erzählen habt, wären wir euch dankbar, wenn ihr uns einige Minuten eurer kostbaren Zeit widmen würdet.“

Niemand in der Klasse rührt sich. Das Thema war heute zwar gefragter als jedes andere, doch zur Realität ist es erst jetzt geworden.

„Okay, keine Freiwilligen“, fährt die Kommissarin fort. „Dann nehmen wir schnell alle durch. Sie sieht den Direktor fragend an. Der nickt: „Ja, wir haben eine Namensliste. Ich hoffe, ihr benehmt euch anständig. Wenn euer Name aufgerufen wird, nehmt ihr eure Sachen und geht in die Nachbarklasse. Danach könnt ihr gleich nach Hause gehen.“

Getuschel wird in der Klasse laut, während die Polizisten das Klassenzimmer verlassen. Der Direx scheint fertig mit den Nerven zu sein. Er schlägt das Klassenbuch auf und ruft den ersten Namen auf.

Langsam wird es leer in der Klasse. Einer nach dem anderen geht, doch Chris kann sich nicht vorstellen, dass sie der Polizei weiterhelfen könnten.

Schließlich ist er an der Reihe. Er packt seine Sachen zusammen und begibt sich schlendernd auf den Flur, als eine Stimme ihn zusammenzucken lässt: „Chris, warte!“

Er dreht sich um, doch er ist allein auf dem Gang. Bis ihm der frisch geputzte Boden auffällt. Doch statt seines Spiegelbilds sieht er das Cathys.

„Chris, du musst mir helfen!“

Dieses Mal verkneift er es sich, sich umzudrehen und nach dem Menschen zu suchen, zu dem dieses Spiegelbild gehört. Er will sie ignorieren, doch er kann nicht: „Was willst du von mir?“

-„Ich brauche deine Hilfe, Chris!“

„Warum gerade ich?“

Sie druckst herum, doch bevor sie antwortet öffnet sich die Tür der Nachbarklasse und Chris hört, wie eine andere, menschlicher wirkende Stimme seinen Namen ausspricht: „Christian? Ich darf dich doch duzen? Komm nur herein!“

Er macht sich auf den Weg. Als er die Tür hinter sich schließt hört er Cathy nochmal seinen Namen rufen und ein Gefühl von Schuld durchzuckt ihn.

Er dreht sich um und sieht der Kommissarin direkt in die bebrillten Augen. Sie lächelt noch immer so nett, während sie am Pult sitzt und ihm den Stuhl davor zuweist: „Setz dich doch!“

Chris sieht sich um: Ihr Kollege sitzt ihm genau im Rücken. Chris fühlt sich unwohl, doch er weiß nicht wieso.

„Kannst du uns etwas über Catharinas Verschwinden erzählen?“, fragt die Frau.

-„Nein. Ich hatte eigentlich keinen Kontakt zu ihr.“

„Und du hast nichts an ihr bemerkt?“

-„Nein. Wie gesagt hatte ich wenig mit ihr zu tun. Sie war auch sonst sehr ruhig und fiel nie auf. Daher habe ich auch nie so auf sie geachtet.“

Ein Schreck durchzuckt ihn, als er Cathys Augen in den Brillengläsern der Kommissarin sieht. Sie scheint verletzt, traurig zu sein. Doch als die Kommissarin ihn ansieht, ist Cathy verschwunden.

„Ja, das haben wir auch schon von anderen gehört. Gut, du kannst gehen.“ Die Frau Kommissarin fährt sich durch die Haare und lehnt sich zurück.

-„Danke.“ Doch bevor Chris aus der Tür tritt, dreht er sich nochmal um und fragt: „Werden sie sie finden?“

Sie setzt wieder ein Lächeln auf, doch diesmal ist es anders: „Bestimmt.“

Unsicher tritt Chris auf den Flur hinaus. Er wagt es nicht, auf den Boden zu sehen. Seine Schritte hallen unheimlich laut auf dem Gang. Nie ist er ihm so lang erschienen.

Draußen angekommen atmet er auf. Langsam streicht er sich die Haare aus dem Gesicht, steckt dann die Hände tief in die Taschen und geht, stur auf den Boden blickend, nach Hause. Nur keine Glasscheiben, Spiegel oder sonstiges dieser Art.

Zu Hause ist er allein. Seine Eltern sind arbeiten. Er rennt die Treppe hoch, schmeißt seinen Rucksack in eine Ecke seines Zimmers, lässt sich auf sein Bett fallen und schaltet von dort aus die Anlage an.

Er schließt seine Augen, als er plötzlich Cathy sieht.

„Chris, es tut mir echt leid.“

-„Was?“

„Dass ich gerade zu dir komme.“

-„Warum bist du überhaupt weg. Was ist los?“

„Also das ist eine lange Geschichte.“

-„Aber wenn ich dir helfen soll...“

Plötzlich greift jemand seine Schultern und schüttelt ihn. Als er seine Augen öffnet, sieht er seine Mutter: „hey du Träumer. Geht’s dir gut?“

-„Mama?“

„Ja, wer sonst? Hast du Fieber?“ Sie legt ihre Hand auf seine Stirn. Sie fühlt sich kalt an.

-„Nein. Ich war nur geschafft.“

„Trotzdem. Du scheinst dir etwas eingefangen zu haben. Und das mitten im Sommer.“

Chris wirft einen Blick aus dem Fenster. Es wird langsam dunkel.

„Wieviel Uhr haben wir?“

-„Schon neun.“

Chris schreckt auf: „Neun Uhr Abends?“ Er kann es kaum fassen: Er hat den ganzen Tag verschlafen...

-„Genau. Ich gehe jetzt in die Küche und koche dir einen Tee. Wenn du morgen noch Fieber hast, bleibst du Zuhause!“ Mit diesen Worten rauscht seine Mutter aus dem Zimmer.

Chris hört sie unten in der Küche werken und beschließt dann, auch runter zu gehen. Sein Schädel fühlt sich schwer an. Vielleicht hat er ja von vorn herein nur geträumt, Cathy zu sehen, schießt es ihm durch den Kopf.

„Du solltest im Bett bleiben“, sagt seine Mutter, als er die Küche betritt.

-„Wo ist Papa?“ Er setzt sich an den Küchentisch und versucht seine Haare irgendwie wieder in Ordnung zu bringen.

„Der sitzt im Arbeitszimmer.“

Auf einmal fällt Chris eine Bewegung am Fenster auf. Aber als er hinsieht, ist das nichts.

„Chris, ich habe von einem Mädchen gehört, das verschwunden ist. Sie war doch in deiner Klasse, oder?“

Wieder nimmt Chris aus den Augenwinkeln eine Bewegung am Fenster wahr. Er sieht wieder hin. Dieses Mal verschlägt es ihm fast den Atem: Hat er vielleicht doch nicht geträumt? Er sieht Cathys durchscheinende Gestalt.

„Mama, glaubst du an Gespenster?“

Besorgt sieht seine Mutter ihn an. Sie folgt seinem Blick zum Fenster. Er beobachtet sie, doch sie reagiert nicht auf das Mädchen. Statt dessen sagt sie: „Dein Fieber scheint doch höher zu sein, als ich dachte. Chris, geh doch lieber wieder zurück ins Bett. Wenn es nicht besser wird, rufe ich vielleicht doch besser den Arzt.“

Chris will widersprechen und sieht wieder zum Fenster. „Aber es geht mir gut. Siehst du denn nicht...“

Cathy gibt ihm durch eine Geste zu verstehen, zu schweigen.

Wieder schaut seine Mutter zum Fenster, doch sie sagt nur: „Chris, mach schon, dass du nach oben kommst!“

Ohne erneut zu widersprechen verschwindet er aus der Küche und trollt sich in sein Zimmer.

Er legt sich auf sein Bett und starrt an die Decke. Er muss seine Gedanken ordnen. Also ist Cathy doch da. Aber wenn es stimmt, dass er Fieber hat, kann es auch nur... Aber mal davon ausgegangen, dass sie wirklich da war: Warum hat sie gerade ihn ausgesucht? Und warum konnte seine Mutter sie nicht sehen? Er gibt sich einen Ruck und öffnet eine Schranktür. An ihrer Innenseite verbirgt sich ein Spiegel, der die ganze Fläche einnimmt. Chris setzt sich davor und wartet. Noch sieht er nur sich selbst im Spiegel.

Plötzlich hört er Schritte auf der Treppe. Schnell steht er auf und legt sich ins Bett. Seine Mutter kommt herein: „Dein Tee ist fertig.“ Verdutzt blickt sie auf die Schranktür: „Warum ist dein Kleiderschrank offen?“

-„Ich... Ich wollte nur... Ich wollte mich gleich umziehen.“

„Aha.“ Misstrauisch stellt seine Mutter den Tee auf seinen Nachttisch und befühlt nochmal seine Stirn. „Also ich weiß nicht, aber so hoch fühlt es sich gar nicht an. Verdammt, dass sich dein Vater gerade letzte Woche aus Versehen auf das Thermometer setzen musste... Ich werde wohl morgen ein neues besorgen müssen.“ Sie verlässt sein Zimmer, lässt jedoch die Tür einen Spalt offen.

Kaum dass Chris sie auf der Treppe nicht mehr hören kann, steht er auf, schließt die Tür und setzt sich wieder vor den Spiegel. Cathy ist da.

„Hi“, sagt er mit einem kleinen Lächeln.

-„Hi.“ Sie wirkt ernst.

„Erzählst du mir jetzt was los ist?“

-„Du hast mir das letzte Mal ja nicht mehr zugehört.“

„Ja, tut mir leid. Aber warum können die anderen dich nicht sehen?“

-„Das hat alles miteinander zu tun. Ich muss es dir von Anfang an erzählen.“

„Schieß los!“

-„Hast du genug Zeit?“

„Klar, ich hör dir zu!“

-„Erinnerst du dich noch an Alexa Smith?“

„Klar. Sie war in unserer Klasse. Sie ist doch vor einigen Jahren verschwunden. Niemand hat sie gefunden.“

-„Ja. Wir kannten uns seit dem Kindergarten. Du hast der Polizei erzählt, dass ich still und ruhig bin. Wie war ich damals?“

„Du...“ Er erinnert sich wirklich noch an eine ganz andere Cathy: „Du warst ganz anders. Du und Alexa, ihr wart unzertrennlich. Du warst aufgekratzter als viele der anderen.“

-„Ja, genau. Sagt dir Gläserrücken etwas?“

„Ansatzweise.“

-„Das reicht auch. Alexa hatte ein Buch, in dem lauter solche Dinge drin standen. Es war schon Ewigkeiten in ihrem Familienbesitz und unheimlich alt. Wir kamen damals auf die Idee, etwas daraus auszuprobieren. Wir taten es als Schwachsinn ab und hatten damit ziemliches Unrecht. Es war das erste Jahr an der weiterführenden Schule. Wir waren allein, ich wollte bei ihr übernachten, und wir haben uns vorher einige Videos reingezogen.“ Cathy versinkt zunehmend in der Vergangenheit. „Dann haben wir also das Buch rausgekramt und irgend etwas aufgeschlagen. Ich will dir nicht alles beschreiben, das würde zu lange dauern, aber nachdem wir die Formeln ausgesprochen haben, die das Buch uns vorgab, passierte nichts. Wir waren enttäuscht, obwohl wir genau das erwartet hatten. Also legten wir uns hin um zu schlafen. Doch mitten in der nacht hörten wir auf einmal irgend welche Geräusche. Wir wurden beide wach und wussten nicht, was es war. Also machten wir das licht an und ich erinnere mich noch genau an den mannshohen Spiegel, den Alexa damals in ihrem Zimmer hatte.“ Sie unterbricht sich und sieht ihm in die Augen: „Kennst du Alice im Wunderland?“

Er nickt.

Sie sieht wieder an ihm vorbei. „Wir kannten es auch. Aber dass es einmal so wirklich werden könnte hätten wir nicht gedacht.

Zuerst war da nur diese mechanisch klingende Stimme. Hallo, rief sie. Ich kann euch sehen.

Wir bekamen Angst und wollten zum Telefon um Alexas Eltern anzurufen, doch da tauchte diese Gestalt im Spiegel auf: Ekelhaft blau, mit einem schäbigen Grinsen. Wir konnten uns kaum bewegen vor Angst. Die Gestalt zeigte mit dem Finger auf uns und bedeutete uns dann, zu ihr in den Spiegel zu kommen. Alexa war wie gebannt und wollte zu ihr gehen, doch ich hielt sie fest. Allerdings wehrte sie sich gegen meinen Griff und riss sich los. Ganz langsam ging sie auf den Spiegel zu, bis eine blaugrüne, klauenähnliche Hand herausschnellte und sie am Handgelenk festhielt. Erst da fing Alexa an zu schreien und wehrte sich. Doch ich habe ihr nicht geholfen. Ich hatte solche Angst. Sie hat mich angesehen wie eine Ertrinkende, die um Hilfe schreit, doch ich habe ihr nicht geholfen.“ Chris sieht die Tränen, die in Cathys Augen aufblitzen und sie senkt den Blick. „Ich stand nur da und sah zu, wie sie immer weiter in den Spiegel gezogen wurde, bis ich nur noch mich selbst darin gesehen habe. Ihre Mutter ist durchgedreht, wie du vielleicht in den Nachrichten gehört hast, und ihr Vater hat daraufhin beschlossen, nach Afrika auszuwandern. Ich habe seitdem immer wieder dieses blaue Wesen aus dem Spiegel gesehen: Überall, wo ein Spiegel, eine Glasscheibe, eine ruhige Wasserfläche war. Immer erst diese Stimme, dann die Angst vor dem, was in oder hinter dem Spiegel ist und dann, wenn ich nicht schnell genug weglaufen konnte, die Gestalt mit ihrem Grinsen, so wie das letzte Mal. Denn da war ich nicht schnell genug.“ Cathy sieht Chris erwartungsvoll an: „Glaubst du mir?“

Er nickt, doch dann sagt er: „Aber warum kommst du gerade zu mir?“

Cathy sieht auf den Boden: „Wir haben nicht irgendeine Seite in dem Buch damals aufgeschlagen. Sie hatte etwas mit Liebe zu tun.“ Sie sieht auf: „Ich war ich dich verliebt und wir haben dich in den Spruch miteinfließen lassen. Daher kannst nur du mich sehen. Bitte verzeih mir!“

Chris sieht die Ehrlichkeit in ihrem Gesicht und nickt: „Okay, aber wie kann ich dir helfen? Ist Alexa auch dort?“

Cathy seufzt: „Ja, aber sie ist langsam, im Laufe der Jahre, auch zu einem dieser Wesen geworden. Zuerst hat sie mich manchmal durch den Spiegel besucht. Erst nur optisch, dann hat sie auch gesprochen. Doch sie fing an sich zu verändern, sie bekam zuerst so unheimlich rote Augen, dann die blaue Haut und das schiefe Grinsen. Sie fing an, mich zu beschimpfen, warum ich ihr damals nicht geholfen habe und wurde immer bösartiger. Ich weiß nicht, wieviel zeit mir bleibt, bis auch ich so mich verändere. Ich weiß auch noch nicht, wie du mir helfen kannst. Aber du musst das Buch finden.“

-„Dieses Hexenbuch?“

„Ja. Darin soll die Antwort sein.“

-„Woher weißt du das?“

„Keine Ahnung. Ich kam hierher und wusste, das nur das Buch mir helfen kann, so wie man weiß, wer seine Mutter ist, wenn man geboren wird.“

-„Und Alexa, wusste sie es nicht?“

„Sie hat nie darüber gesprochen.“

-„Und wo finde ich das Buch?“

„Nachdem wir... Alexa hat gesagt, ich solle das Buch vernichten oder verstecken. Ich wollte er verbrennen, doch es funktionierte nicht. Also habe ich es im Wald neben dem Friedhof vergraben.“

-„Im Wald?“

„Ja. Es ist an einer Stelle direkt neben einem alten, großen Baum. Ich weiß nicht, was es für ein Baum war, aber man konnte sich gut dahinter verstecken und er war so dick, dass ich ihn unmöglich umarmen konnte.“

-„Solche Bäume gibt es viele im Wald.“

„Das kann ja sein, aber nur einen mit einem Busch von wilden Rosen um den Stamm.“

-„Kannst du dich noch ein wenig an den Standort erinnern?“

„Die kleine Kapelle auf der Lichtung wirft im Juli gegen elf ihren Schatten in die Richtung.“

Chris seufzt: „Okay, ich werd versuchen, ihn zu finden.“

„Gut. Dann schlaf jetzt! Du sollst doch nicht krank werden!“ Ein kleines Lächeln huscht über Cathys Gesicht, bevor sie verschwindet.

Chris steht auf, schließt den Schrank, legt sich ins Bett und schläft schnell ein.

-

Als Chris am nächsten Morgen aufwacht, scheint er allein zu sein.

Als er einen Blick auf seinen Nachttisch wirft, fällt ihm der Zettel mit der Handschrift seiner Mutter auf: Guten Morgen, du Langschläfer! Ich dachte, du bleibst heute besser Zuhause. Also mach dir einen schönen Tag und erhol dich gut. Wir kommen heute erst spät nach Hause. Essen steht in der Mikrowelle. Gute Besserung Mama.

P.S.: Wenn etwas los ist, ruf mich an!

Chris steht auf und begibt sich ins Bad. Er fühlt sich, als würde eine ganze Fußballmannschaft in seinem Schädel nach Gold suchen.

Er geht in die Küche und sucht sich eine Kopfschmerztablette aus der Schublade.

Die Sonne steht schon hoch am Himmel und Chris fragt sich, ob Cathy heute noch auftaucht. Doch dann geht er wieder in sein Zimmer, zieht sich an und steckt seine Schlüssel und einen kleinen Taschenspiegel seiner Mutter ein, bevor er das Haus verlässt.

Im Wald ist es schön kühl. Die kleine, alte Kapelle auf der Lichtung, umrahmt von den Büschen und Bäumen, sieht aus wie aus einer anderen Zeit, wie aus dem Märchen.

Chris kramt nach dem Spiegel. Doch Cathy ist nicht da.

„Cathy?“

Doch sie erscheint nicht.

„Cathy, komm schon!“

Nichts. Nur sein eigenes Spiegelbild.

Er ist froh, dass außer ihm niemand hier ist. Als er den Spiegel wieder einstecken will, hört er Cathys Stimme: „Sorry, konnte nicht schneller kommen.“

Er holt den Spiegel wieder hervor, und wirklich: Sie ist da.

„Also, wo ist der Baum?“

-„Haben wir schon so spät? Es ist noch so hell.“

„Ja, ich weiß, aber ich wollte nicht warten.“

-„Und womit willst du graben, wenn du die Frage zulässt?“

Chris sieht sich um. Mist, jetzt hat er das doch wirklich vergessen...

„Okay, okay, ich werd wieder zurückgehen, aber ich würd mir die Stelle trotzdem gern ansehen.“

-„Gut, kannst du die Rosen sehen?“

Chris sieht sich um, doch er kann keine Rosen entdecken.

„Nein.“

-„Dann... Ich kann mich nicht mehr erinnern... Ich glaube... Ach, ich weiß es einfach nicht mehr.“

„Na gut. Dann versuche ich es heute abend nochmal.“

-„Ist gut. Aber sei vorsichtig!“

„Was meinst du damit?“

Doch sie ist schon wieder weg. Chris tritt gegen einen abgebrochenen Ast: „Verdammt!“

Dann verstaut er den Spiegel wieder und begibt sich auf den Weg zurück nach Hause.

Er geht über den Friedhof.

Die Grabsteine sind schon alt und die Namen und Daten so verwittert, dass sie kaum noch zu erkennen sind. Auf den Gräbern wachsen wilde Pflanzen, die manche Grabsteine schon fast bedecken, und einige alte, hohe Bäume spenden ein wenig Schatten. Plötzlich fällt Chris ein weniger verwitterter Grabstein auf. „Alexa Smith“, steht in kleinen, verschnörkelten Buchstaben darauf, kein Datum, kein Spruch, nur der Name. Der Stein ist von wilden Rosen umrahmt, ansonsten passt sich die Bepflanzung der der anderen, alten Gräber an.

Chris holt aufgebracht den Spiegel hervor und sagt: „Cathy, Cathy, komm sofort her!“

Er wartet in der Hoffnung, Cathy würde vielleicht wieder nur etwas länger brauchen um zu erscheinen.

Doch er wartet vergeblich. Das Einzige, was er im Spiegel erblickt, ist sein eigenes Gesicht.

„Cathy!“

Nichts.

Wütend steckt er den Spiegel wieder weg und schaut erneut auf das Grab. Er hat sich nicht getäuscht: Der Stein ist noch nicht so alt und es ist ihr Name! Dann hat Cathy also gelogen... Alexa ist nicht im oder hinter dem Spiegel. Sie hat sich zu keinem blauhäutigen, rotäugigen Wesen verwandelt.

Mit schnellen Schritten geht Chris nach Hause. Wie erwartet ist er allein. Es ist schon Mittag und Chris schaut in die Mikrowelle: Kartoffelpüree mit Erbsen und Möhren. Er schließt die Mikrowellentür wieder, ohne seinen Teller angerührt zu haben, kramt sich einen Teelöffel heraus und holt sich einen Joghurt aus dem Kühlschrank. Löffelnd geht er in sein Zimmer, öffnet die Schranktür und setzt sich vor dem Spiegel auf den Boden.

Langsam wird es Abend. Chris hat sich ein Buch besorgt, um sich zu beschäftigen, doch er kann sich nicht auf den Inhalt konzentrieren, denn er wartet auf Cathy, doch sie kommt nicht.

Er sieht auf die Uhr: Schon neun. Er beschließt, heute nicht mehr in den Wald zu gehen, um nach dem Buch zu suchen. Erst will er wissen, was das mit Alexas Grab zu bedeuten hat. Warum, verdammt, lässt Cathy sich nicht blicken?

Unten hört Chris, wie sich der Schlüssel im Schloss dreht. Kurz darauf steckt seine Mutter ihren Kopf durch die Tür: „Hallo, wie geht’s dir heute?“

-„Ganz gut.“ Chris steht auf um ihr in die Küche zu folgen.

„Hast du gegessen?“

Chris verzieht das Gesicht: „Nee, ich hatte keinen Hunger.“

„Dann bist du doch noch krank?“

-„Ach was, ich hatte nur keinen Hunger auf...“

„Jaja.“ Seine Mutter verlässt die Küche um ins Wohnzimmer zu gehen: „Also darf ich daraus schließen, dass du morgen wieder zur Schule gehen willst?“

Kurz muss Chris nachdenken, doch er kommt zu dem Schluss, dass alles besser ist, als noch einen Tag vor dem Spiegel wartend zu vertrödeln. Also nickt er, bevor er sich wieder in sein Zimmer begibt.

-

Chris ist auf dem Weg zur Schule.

Vergeblich sucht er in den Schaufenstern, an denen er vorbei kommt, nach ihrem Spiegelbild.

Am vergangenen Tag hat sie sich nicht mehr gemeldet.

Chris ist wütend.

Wie kann er ihr helfen, wenn sie nicht ehrlich zu ihm ist?

Als er die Klasse betritt, beachtet ihn kaum jemand. Er setzt sich auf seinen Platz. Die Stunde beginnt: Mathe. Die Arbeit wird besprochen.

Aber Chris folgt dem Gespräch kaum. Er sieht aus dem Fenster und fragt sich, warum Cathy ihn belogen hat. Oder hat sie das gar nicht?

Nachdem es zur Pause geschellt hat, geht Chris auf den Flur. Der Boden ist matt vom Schmutz. In der Hoffnung, Cathy würde im Spiegel auf den Toiletten erscheinen, begibt er sich dorthin. Doch vergeblich: Sie kommt nicht. Er sieht nur sein Gesicht, das erwartungsvoll und doch enttäuscht in den Spiegel sieht. Er beginnt an den Dingen zu zweifeln, die ihm begegnet sind.

Zurück in der Klasse wird Chris von den anderen abgelenkt. Das Thema Cathy ist schon fast vergessen. Das Wochenende ist interessanter.

Der Tag in der Schule vergeht langsam, doch er ist schließlich zu ende.

Zuhause wird Chris schon von seiner Mutter erwartet. Er setzt sich zu ihr.

„Hast du Hunger?“, fragt seine Mutter.

-„Etwas.“

„Das Essen ist gleich fertig. Ach was ich dich letztens noch fragen wollte: Ich habe da von einem Mädchen gehört.“

-„Cathy?“

„Catharina hieß sie, glaube ich.“

-„Ja, das war Cathy. Sie ist verschwunden.“

„Ja, davon habe ich gelesen. Sie war doch in deiner Klasse?“

Chris nickt.

„Hast du sie gut gekannt?“

-„Weniger.“

Plötzlich ertönt ein Zischen aus der Küche und Chris‘ Mutter springt auf: „Oh Gott, das Essen kocht über.“ Und schon eilt sie den Geräuschen entgegen.

„Sag mal, Chris“, ruft sie aus der Küche. „Hast du am Wochenende schon etwas vor?“

Er zögert. Auf einmal sieht er Cathy, die sich in Fernseher spiegelt.

-„Ja“, ruft er dann zurück. „Ich bleibe heute nacht bei Sebastian, warum?“

„Nur so.“

Schließlich geht er in sein Zimmer und setzt sich vor den Schrankspiegel.

Cathy ist schon dort.

„Tut mir leid“, sagt sie.

-„Warum hast du mir das nicht gesagt?“ Chris ist aufgebracht.

„Was?“

-„Warum hast du mir den Quatsch mit Alexa erzählt?“

„Was meinst du?“ Cathy scheint durcheinander zu sein.

-„Ich habe ihr Grab auf dem alten Friedhof entdeckt.“

Sie versteht noch immer nicht: „Ja und?“

-„Warum die Geschichte, Alexa sei in den Spiegel gezogen worden?“

„Ach das...“ Sie lächelt ihn erleichtert an, bevor sie wieder ernst wird:“ Also ich habe dir doch erzählt, dass Alexas Mutter durchgedreht ist, erinnerst du dich?“

Er nickt und sie fährt fort: „Sie hat auf einmal davon geredet, Alexa wäre wieder da. Sie hat darauf bestanden, dass sie Alexa beerdigen müsse, um ihre Seele zu befreien, wie sie es ausdrückte. Als ein Psychologer versuchte, ihr klar zu machen, dass man ohne Leiche keine Beerdigung machen kann, hat sie behauptet, die Leiche läge doch bei ihnen im Wohnzimmer. Jedenfalls hat Alexas Vater dann eine Beerdigung veranstaltet, um seiner Frau ihren Willen zu lassen. Allerdings gab es keine Leiche. Der Sarg war leer, nur Alexas Lieblingskleid, ein blaues Samtkleid, lag darin.“

-„Stimmt das wirklich?“ Chris ist skeptisch.

„Öffne das Grab, wenn du mir nicht glaubst!“

-„Ist okay, ich glaube dir. Aber wieso gerade der alte Friedhof?“

Cathy zuckt mit den Schultern: „Keine Ahnung.“

-„Gut, dann suchen wir heute abend das Buch.“ Chris seufzt.

„Aber du hast doch gerade zu deiner Mutter gesagt, du würdest...“

-„Ja, aber ich kann ihr doch wohl kaum erzählen, dass ich im Wald ein altes Hexenbuch suchen will, oder? Sie wird doch dann erst recht glauben, dass ich noch ins Bett gehöre oder sie macht mir gleich einen Termin beim nächstbesten Seelenklempner.“

„Stimmt.“

-„Also, wirst du heute Abend da sein?“

„Ja. Und vergiss die Schaufel nicht!“

-

Der Tag vergeht schneller als erwartet.

Am Abend schnappt sich Chris den kleinen Spiegel.

„Hast du die Schaufel?“, fragt Cathy.

Chris nickt.

„Und nimm noch eine Heckenschere und dicke Handschuhe mit!“

-„Wozu?“

„Wirst du sehen. Mach einfach!“

Er sucht nach der Heckenschere und den Gartenhandschuhen und steckt sie in einen Rucksack.

„Bis morgen“, ruft er noch ins Haus und begibt sich dann auf den Weg zum Wald. Plötzlich fallen ihm Cathys Worte ein, die sie gesagt hat, als er das letzte Mal im Wald war: „Abei sei vorsichtig!“

Er holt den Spiegel hervor und sieht hinein. Nach einigen Sekunden blickt er in Cathys Augen.

„Cathy, könnte es Schwierigkeiten geben?“

-„Ich weiß nicht. Vielleicht.“

„Was meinst du mit vielleicht?“

-„Ich weiß nicht, wie weit ihre Macht reicht. Vielleicht merken sie ja, dass du ihnen gefährlich werden könntest.“

„Und dann?“

-„Das weiß ich nicht.“ Sie schüttelt langsam den Kopf.

Chris seufzt, steckt den Spiegel wieder ein und geht weiter.

Als er das Tor zum Friedhof erreicht, erschaudert er ganz leicht. Er passiert Alexas Grab, begibt sich in den Wald und beginnt nach den Rosen zu suchen. Er will nicht auf Einbruch der Dunkelheit warten. Plötzlich entdeckt er einen Baum, dessen dicker Stamm von Dornbüschen mit Rosenblüten umrankt ist. Er holt den Spiegel aus der Tasche. Cathy ist schon da.

„Ist das der Baum?“, fragt er sie.

-„Wenn ich mich recht erinnere müsste er es sein.“

„Soll ich um den ganzen Stamm herumgraben?“

-„Nein. Versuch es in Richtung Kapelle, direkt da, wo der Busch gepflanzt worden ist. Weißt du nun, wozu die Heckenschere und die Handschuhe gut sind?“

Sie grinst und er grinst zurück.

Er zieht die Handschuhe über, die nach Erde und Garage riechen und umfasst den Dornbusch. Vorsichtig schneidet Chris den Busch mir Hilfe der Heckenschere weg, um dann ungestört nach dem Buch graben zu können.

Er gräbt und gräbt, doch das Buch kommt nicht zum Vorschein.

„Nein“, sagt Cathy dann. „So tief habe ich es nicht vergraben.“

-„Sicher?“ Chris schaut aus der Grube heraus. Sie Sonne steht schon tief.

„Ja, ganz sicher.“

-„Und das hier ist auch der richtige Baum? Die richtige Stelle?“

„Ja. Der Schatten der Kapelle fällt genau auf die Grube.“

Einige Zeit gräbt Chris noch ein Stück um den Baum herum, doch das Buch ist unauffindbar.

„Vielleicht ist es ja schon vermodert“, witzelt er, doch Cathy bleibt ernst: „Nein, das ist es nicht. Es war in Plastiktüten eingepackt. Außerdem war es auch nicht verbrennbar, daher habe ich es ja vergraben. Und wenn Feuer ihm nichts anhaben kann wird es ja dies ganz bestimmt überleben.“

-„Es konnte nicht verbrannt werden?“

„Nein.“

-„Und du bist dir wirklich ganz sicher, dass du es hier vergraben hast? Es ist schließlich schon eine Weile her.“

„Ich weiß, dass es hier war!“

Sie geben es auf. Nachdem Chris die Grube wieder zugeschüttet hat, ist es schon recht dunkel.

Den Spiegel in der Hand geht er über den Friedhof: „Cathy, du musste es woanders versteckt haben.“

-„Nein, es war ganz sicher dort.“

Schlagartig bleibt Chris stehen. Es war ihm, als würde er beobachtet.

„Was ist los?“, fragt Cathy.

-„Ich weiß nicht.“ Er blickt sich um, doch da ist nichts. „Mir war als ob...“

Schon wieder. Chris fährt herum, doch da ist nur ein kleiner Bach...

„Cathy, kannst du dich an einen kleinen Fluss auf dem alten Friedhof erinnern?“

-„Nicht, dass ich wüsste, wieso?“

„Geht mit genauso. Aber jetzt ist da einer, der gestern bestimmt noch nicht da war.“

-„Sicher?“

„Ganz bestimmt.“

-„Komm, geht besser nach Hause!“

„Wieso?“

-„Ich glaube, sie wissen was wir vorhaben.“

„Sie?“

-„Ja, sie.“

„Aber woher?“

-„Keine Ahnung.“

„Vielleicht ist ja das Buch hier ganz in der Nähe?“

-„Kann schon sein.“

„Können sie es in den Spiegel holen?“

-„Nein, das können sie nicht.“

„Dann muss es hier irgendwo sein. Sind sie in der Lage, es an andere Orte zu bringen?“

-„Vielleicht. Angenommen, sie haben den Fluss hergeholt... Wieso nicht?“

Chris blickt sich um: Der Fluss trennt ihn von den Grab Alexas.

„Ich glaube ich weiß, wo wir suchen müssen.“

-„Wo?“

„Kann es in Alexas Grab sein?“

-„Ja, das könnte gut möglich sein.“

Chris will auf das Grab zugehen, doch er schreckt zurück: Aus dem Bach heraus spiegelt ihm eine blaue Fratze mit roten Augen und einem breiten Mund entgegen.

„Chris, sie sind hier“; sagt Cathy, doch Chris ist so gebannt von dem Bild im Fluss, dass er den Spiegel fallen lässt.

„Chris“, ruft Cathy, doch er reagiert nicht. „Chris, das Buch muss in Alexas Grab sein! Grab es aus, beeil dich, bitte!“

Doch er sieht nur dieses kleine, blaue Gesicht, die rotglühenden Augen, die ihn anstarren...

„Hallo Chris“, der blaue Mund bewegt sich, so dass Chris kleine, spitze Zähnchen erkennen kann, und eine verzerrte Stimme ertönt. „Kommst du auch zu uns? Ich bin sicher, dass wir viel Spaß haben können.“

Er reiß sich los von dem Anblick, greift nach der Schaufel und will auf das Grab zugehen, doch bevor er auch nur zwei Schritte getan hat, verschmilzt seine Umwelt zu einem einzigen nichts, indem er nur endlose Tunnel und sich selbst sehen kann: Ein einziger Irrgarten aus Spiegeln umgibt ihn. Auch seine Schaufel ist nicht mehr in seiner Hand. Alles ist ruhig. Da ist nur diese Stimme... Sie schallt von allen Seiten auf Chris ein: „Du bist hier in meiner Welt! Du kannst mich nicht zerstören! Oder denkst du, du wärst mächtiger als ich?“

Chris irrt durch die Spiegelgänge, doch von einem Ausgang ist nichts zu sehen. Als er erneut ein Spiegeltor betritt, taucht die Figur auf, zu der die Stimme gehört: Sie ist etwa so groß wie Chris selbst, vielleicht etwas kleiner, der Körper ist mager und blau, Arme und Beine ähneln einer Spinne und auf dem dürren Hals sitzt der Kopf mit dem irren Grinsen. Dieses Etwas ist überall: in jedem Spiegel, von überallher schaut es Chris mit seinen rotflackernden Augen an. Und Chris versucht sich vorzustellen, dass dieses Geschöpf Alexa sein könnte und sucht in der blauen Gestalt irgendetwas, was an das Mädchen erinnern könnte, doch er findet nichts.

Ein gellendes lachen tönt aus dem aufgerissenen Mund.

„Wo ist das Buch?“, fragt Chris.

-„Du wirst es nie finden!“

Unverhofft hört Chris Cathys Stimme:

„Sieh es nicht an!“, ruft sie. Und kurz darauf erscheint ihr Bild in nur einem der Spiegel. „Es ist nur eine Illusion. Du darfst einfach nur nicht daran glauben!“

Chris ist verwirrt. Was meint sie damit?

„Greif nach der Schaufel! Dies hier ist nicht wirklich wahr!“

Das Blaue Geschöpf kommt auf Chris zu und schaut ihn an, als wolle es mit seinem Blick Löcher in Chris‘ Stirn brennen.

„Vertrau mir!“, ruft Cathy.

Aus den Augenwinkeln nimmt Chris ihre Gestalt wahr.

Mit zusammengekniffenen Augen greift er neben sich. Als wer die Augen wieder öffnet, hält er die Schaufel in seiner Hand und steht auf Alexas Grab. Die Spiegel sind fort. Auch das Flüsschen ist nicht mehr da.

Ohne nach dem Taschenspiegel zu suchen, um mit Cathy zu sprechen, schaufelt Chris das Grab auf. Als er etwas tiefer gekommen ist, stößt die Schaufel auf etwas hartes. Er hat den Sarg erreicht.

Im Nacken stellen sich seine Haare auf, als er ein Käuzchen schreien hört.

Langsam öffnet er den schweren Sargdeckel und der erwartete Gestank bleibt aus. Es ist so, wie Cathy es gesagt hat: Nicht die Spur einer Leiche. Nur ein blaues Kleid.

Dort, wo das Herz Alexas gesessen hätte, liegt ein eisernes Kreuz. Chris nimmt es in die Hand. Es ist schwer. Unter dem Kreuz ist das Kleid in rechteckiger Form angehoben: Das Buch! Chris holt es heraus. Es ist schwer und riecht nach Erde. Das muss es sein. Ein schwarzer, lederner Einband ohne jegliche Aufschrift. Er öffnet es und das Papier fühlt sich alt an. In der Dunkelheit erkennt Chriss, dass die Schrift sehr alt und teils verblichen, allerdings noch lesbar ist. Chris streicht das Kleid wieder glatt und legt das Kreuz zurück, genau dorthin, wo es auch vorher lag. Leise schließt er den Sarg. Sorgfältig gräbt er das Grab wieder zu und hat die ganze Zeit ein unbestimmtes, schuldiges Gefühl in sich.

Nachdem er das Gefühl hat, das Grab sei wieder in Ordnung, pflückt er eine Blume aus dem Gebüsch, das den Gräbern gegenüber sind, und legt sie auf die frische Erde vor den Grabstein. Erst dann macht er sich im Schein des Mondes auf den Weg nach Hause.

Niemand kommt ihm auf der Straße entgegen. Sie ist wie leer gefegt, nicht mal eine Katze ist zu sehen.

Als er Zuhause ankommt, öffnet er leise die Tür. Kein Laut dringt aus dem Haus und es erscheint Chris fremd. Er bringt die Schaufel, die Handschuhe und die Heckenschere in die Garage und geht dann mit dem Buch in sein Zimmer. Er hat es bisher nicht gewagt, Licht zu machen, doch hier hält er es nicht anders aus. Er öffnet wieder seinen Schrank und setzt sich vor den Spiegel. Cathy erscheint nur langsam, doch Chris traut sich nicht, das Buch allein durchzublättern. Wie ein Heiligtum liegt es vor ihm auf dem Boden.

„Schlag es auf!“, sagt sie.

Zögernd blättert er die ersten Seiten durch. Die Schrift ist schwer zu lesen, da sie so verschnörkelt ist, doch mit etwas Konzentration schnappt Chris einige Wörter auf, während er die Seiten überfliegt. Es ist alphabetisch geordnet.

„Warte!“

Chris hält inne. Wie gebannt schaut Cathy auf das Buch.

„Das ist die Seite“, sagt sie dann leise. „Das ist der richtige Spruch.“

-„Und wie macht man ihn rückgängig?“

Chris versucht zu verstehen, was dort steht, doch es ist unheimlich kompliziert geschrieben.

„Halt es mir hin, damit ich es lesen kann!“

Es dreht das Buch und Cathys Augen fliegen darüber hinweg wie Schatten über das Meer.

Als sie aufblickt sieht Chris sie neugierig an: „Also?“

-„Erst muss ich dir etwas sagen.“

„Sag!“

-„Wenn du das tust, wenn du mich hier raus holst, dann musst du etwas eingehen.“

„Und zwar?“

Sie holt tief Luft, bevor sie fortfährt: „Dein Leben würde sich schlagartig ändern.“

„Inwiefern?“

-„Du müsstest sowas wie ein Wächter sein. Du müsstest auf dieses Spiegel aufpassen, denn jedesmal, wenn der Mond die Form hat, die er in der Nacht hat, in der du den Spruch anwendest...“

„Also in unserem Fall bei Vollmond?“

-„Genau. Jede Nacht bei Vollmond öffnet sich das Tor aus dem Spiegel in unsere Welt und du musst verhindern, dass sie hinüber kommen können. Das wäre eine Katastrophe und würde den Untergang der Menschheit bedeuten.“

„Steht etwas über sie in dem Buch?“

-„Ja.“

„Lies es mir vor!“

-„Sie, die auf der anderen Seite ihr totes Leben fristen, sie sind ausgeschlossene des Lebens. Eine höhere Macht erschuf Licht und Schatten, Erde und All, Tiere und Pflanzen, Gut und Böse, sowie auch die Menschen und die Unwesen. Die Unwesen wollten die Welt für sich haben. Die Unwesen bekamen daraufhin ihre eigene Welt. Ihre Welt aus Schatten, All und Bösem. Doch sie wollen zurück um zu zerstören, was uns gehört. Sie wollen den Menschen besiegen. Sie wollen ihn in ihre Welt holen um in seine Welt zu siedeln und sie ihrer gleich zu machen.“ Cathy stockt. „Das Gericht über sie bereitet sich seit langem vor, und ihr Verderben schläft nicht. Denn Gott hat selbst die Engel, die gesündigt haben, nicht verschont, sondern hat sie mit Ketten der Finsternis in die Hölle gestoßen und übergeben, damit sie für das Gericht festgehalten werden;...“ Cathy blickt nachdenklich in die Ferne.

„Was ist los?“, fragt Chris.

-„Der zweite Teil... Ich kenne ihn.“

„Woher?“

-„Aus der Bibel. Das ist der zweite Brief des Petrus. Bevor Alexa sich... Wir haben jeden Abend einen Teil aus der Bibel miteinander gelesen. Sie meinte, es mache ihr Hoffnung, dass es im Spiegel nicht so schlimm wäre. Dieser Teil hat sie traurig gemacht und trotzdem wollte sie ihn wieder und wieder lesen. Sie sagte, sie wäre jetzt auch damit gemeint. Sie wäre nun ein Engel, der gesündigt hatte.“ Cathy wirkt so unheimlich traurig.

Chris weiß nicht, was er tun soll. Also dreht er das Buch so, dass er es lesen kann und studiert, wie er Cathy zurückholen kann.

Alles was er braucht ist ein Spiegel, das Buch und klares Wasser. Schnell geht er in die Küche. Dauernd hat er das Gefühl, beobachtet zu werden, doch da ist nichts. Als er den Wasserhahn aufdreht, kommt ihm nur brauner Schlamm entgegen. Er versucht es im Bad, doch es ist dasselbe.

‚Sie sind es‘, denkt er. Dann erinnert er sich an das Spiegelirrgarten. Cathy sagte, es wäre alles nur Illusion. Also füllt er ein Glas mit dem Schlamm und kaum dass er das Wasser wieder abgedreht hat, wird es klar im Glas. Er geht zurück zur Treppe und steigt hinauf. Er steigt und steigt doch es kommt ihm vor, als käme er nicht voran. Als sänken seine Beine immer weiter in die Treppe ein und je weiter er steigt, umso weiter nach unten kommt er. Das Glas Wasser fest in seiner Hand schließt er die Augen und greift mit der freien Hand nach dem Geländer. Stück für Stück zieht er sich hoch, bis er vor sich keine Stufe mehr ertasten kann. Er öffnet die Augen und sieht, dass er oben ist, doch das Glas mit dem Wasser ist fort. Er blickt zurück und sieht es unten, am Treppenansatz. Als er sich umdrehen und zurückgehen will, um es zu holen, sieht er Cathy im blankgeputzten Geländer: „Nein, geh nicht wieder runter und öffne deine Hand nicht! Es ist nur Illusion! Vertrau deinem Gefühl, nicht deinen Augen!“ Er sieht auf seine Hand. Ja, er hat sie nicht geöffnet. Es sieht aus, als trage er ein unsichtbares Glas. Er geht auf sein Zimmer zu und wirklich: das Glas ist wieder da. Allerdings ist seine Zimmertür geschlossen. Er greift nach der Klinke und sie ist höllisch heiß. Es verbrennt ihm fast die Hand. Er weicht zurück. Als er wieder einen Schritt auf sie zu tut, fließt Blut aus den Ritzen. Zäh und langsam fließt es das weiße Holz hinau bis auf den Boden. Es tropft in das Glas und das Wasser färbt sich rot. Chris flucht: Er braucht klares Wasser!

Doch dann richtet er sich auf und geht auf die blutige Tür zu, immer näher, bis er den Blutgeruch und die Wärme wahrnehmen kann, bis das Blut sein Gesicht berührt und ihn am atmen hindert... Doch bevor er die Härte der Tür spürt, steht er in seinem Zimmer, hinter ihm die geöffnete Tür. Er atmet auf und setzt sich vor den Spiegel, doch das Buch ist fort. Weder Cathy noch das Buch sind da.

Chris schließt die Augen. Wo lag das Buch bevor er gegangen ist, um Wasser zu holen? Wo verdammt lag es? Er tastet vor sich den Boden ab und fühlt das Leder. Der schlägt es auf und es erscheint, doch die Wörter scheinen nun schwieriger zu entziffern zu sein als zuvor. Er konzentriert sich darauf, doch wo ist Cathy? Als er wieder in den Spiegel sieht, blickt er einem der blauen Wesen in die Augen. Chris springt auf und verschüttet dabei fast das Wasser.

„Keine Angst“, sagt das Ding mit seiner unecht wirkenden Stimme. „Ich bin es, Cathy.“

Chris zögert. Was, wenn sie es doch nicht ist?

-„Woher weiß ich das?“, fragt er.

„Frag mich etwas, was nur ich wissen kann!“

-„Wir hatten nie etwas miteinander zu tun. Was sollten wir schon an gemeinsamen Geheimnissen haben?“

„Dann glaub an mich!“

Chris ist verwirrt. Was soll er tun?

Plötzlich nimmt er hinter sich im Fenster eine Bewegung wahr. Er dreht sich um: Es ist Cathy.

„Komm schon, hol mich hier raus, bevor es zu spät ist!“

Chris blickt wieder auf den Spiegel. Das Wesen dort nimmt Cathys Gestalt an: „Nein, Chris, mach keinen Fehler! Ich bin Cathy!“

Chris zieht wieder zum Fenster.

„Wenn du sie rausholst, ist die Menschheit verloren“, ruft die Cathy im Fenster.

„Lass dir zeit“, ertönt es aus dem Spiegel. „Konzentriere dich auf dein Gefühl!“

Chris schließt die Augen. Er spürt, wie sein Herz in seiner Brust pocht, als wolle es hinaus.

Langsam öffnet er die Augen und sieht in die Cathys. Er wirft das Glas mit dem Wasser an den Spiegel, so dass es klirrend zerschellt und sich die Flüssigkeit über die Scheibe und Glassplitter ergießt. Dann sieht er ins Buch und liest, während ein Sturm ihm aus dem Spiegel entgegenkommt, ihm das Buch fast entreißt und das Atmen schwer macht:

„Wie nun durch die Sünde des Einen die Verdammnis über alle anderen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des Einen für alle Anderen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt.“

Mit einem Mal fängt es an, so laut zu donnern wie Chris es noch nie erlebt hat. Feuer sprüht aus dem Spiegel und Chris weicht zurück, bedeckt seine Augen mit der Hand vor dem grellen Licht.

Dann ist alles still. Jäh haben Sturm und Feuer abgebrochen, ebenso wie das Donnergrollen. Es ist dunkel und nur der Vollmond erhellt die Bäume vor Chris‘ Fenster.

Das Buch liegt auf dem Boden und nichts, kein einziger laut ist zu hören.

‚Ich habe es nicht geschafft‘, denkt er.

Niedergeschlagen setzt er sich auf sein Bett.

Doch plötzlich scheint es, als würde das Licht des Mondes heller werden. Chris blickt auf: der Spiegel fängt an, von innen heraus zu leuchten und etwas wie ein Tunnel aus Licht tut sich darin auf. Es sieht wunderschön aus und trotz der Helligkeit, die in seinen Augen schmerzt, kann Chris den Blick nicht abwenden.

Ein Tunnel aus Licht und Wasser, so einzigartig, wie er noch nie etwas gesehen hat. Und dann erkennt er auch die Gestalt, die langsam durch den Tunnel auf ihn zukommt: Es ist Cathy. Auch sie strahlt aus ihrem tiefsten Innern heraus. Wie gebannt steht Chris auf und geht an den Spiegel heran, als sie aus ihm heraustritt wie aus einem Nebel.

Sie fällt ihm um den Hals und er umarmt sie.

„Danke“, flüstert sie in sein Ohr und sieht über seine Schulter den Mond.

Chris lässt sie noch immer nicht los und sie kann spüren, wie sein Herz klopft, während nur der Vollmond sehen kann, dass ihre Augen in einem unheimlich tiefen rot aufflackern.

Dina
 



 
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