"Das Schachspiel"

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Sergey

Mitglied
Das Schachspiel

Betrachte man doch einmal einen Bauer während des Spiels.
Es ist ein Bauer, der bei einem Spiel die hintere Linie des Gegners mit Mühe und Not erreicht hat. Der Spieler entfernt ihn regelgemäß vom Spielfeld und tauscht ihn gegen eine Figur seiner Wahl ein, wie z. B. einen Turm. Ein Turm ist viel größer, als der Bauer; er kann weitere Strecken in einem Zug zurücklegen, er hat schon viele Bauern gesehen und auch viele geschlagen. Die Bauern mögen solche Türme nicht.

Die Schachuhr läuft...........

Den Bauern wird man schnell vergessen, und sobald man die neue Figur hat, wird man auch den langen mühseligen Weg vergessen, den man mit ihm zusammen gegangen ist. Man kann über ihn lachen, sich an seine Nichtigkeit und Wertlosigkeit erinnern, man wird sich ihn vielleicht ab und zu während des Spiels anschauen wie er alleine neben dem Schachbrett steht und sich von dem Spielfeld nicht abwenden kann. Man wird ihn vielleicht fragen, was er an dem Spiel so interessant findet. Und er wird antworten. Bauern antworten immer, man fragt sie nur so selten.

.....tick......tack......tick.....tack

Es gehen Gerüchte umher, dass Bauern keine Seele haben.
Der kleine Bauer neben dem Brett weiß nichts von diesen Gerüchten.
Er beobachtet das Spiel und fragt sich, ob der Turm gut zu den anderen Figuren sein wird. Es ist für den Verlauf des Spiels sehr wichtig, dass der Turm die anderen Figuren versteht.

...tick.....tack

Ein weiterer Bauer wird bewegt und steht nun auf der hinteren Linie des gegnerischen Feldes. Man erwartet schon gespannt die neue Figur.
Es wandern Gerüchte umher, dass eine Dame ins Feld bestellt wurde.
Der kleine Bauer neben dem Brett weiß nichts von diesen Gerüchten.

Und würde man ihm von all den Gerüchten erzählen, würde er für immer verstummen.
 

Zefira

Mitglied
Hallo Sergey,
tja... da fehlen fast die Worte.

Das ist so genial ausgedacht und umgesetzt, daß ich mich in den Hintern beißen könnte, weil ich nicht darauf gekommen bin, mal über die Gefühle eines ausgetauschten Bauern zu schreiben :(.

Drei winzige Kleinigkeiten (!!) hätte ich im ersten Absatz zu bemängeln:

Nicht "betrachtet man...", sondern "Betrachte man" als Aufforderung.

"Man entfernt ihn regelgemäß vom Spielfeld und tauscht ihn gegen eine Figur seiner Wahl ein..."
Hier ist nicht ganz klar, ob entsprechend der Wahl des Spielers oder des Bauern. Ich weiß natürlich, daß die Wahl des Spielers gemeint ist, aber restlos klar würde es, wenn Du schreibst: "Der Spieler entfernt ihn...."

"Solche Türme mögen die Bauern nicht."
Hier ist nicht ganz klar: mögen die Türme die Bauern nicht, oder mögen die Bauern die Türme nicht? Ich vermute letzteres, daher: "Die Bauern mögen solche Türme nicht."

Ich bin keine Schachspielerin. Aber wer Schach spielt, wird nach dem Lesen dieses Textes die kleinen Bauern neben dem Brett mit anderen Augen ansehen.

Wenn Du die 3 kleinen Dinger nacharbeitest - sonst habe ich keine Einwände - vergebe ich morgen die 10.

Spitze!
Da kann man beruhigt heia gehn :eek: (schon wieder halb eins, verdummigs!)
Zefira
 

Sergey

Mitglied
Herzlichen Dank !!!

Hallo Zefira !

Ich bedanke mich herzlich für die positive Kritik, die Du an der neuen Geschichte geübt hast. Wie Du siehst, war ich mit Deinen Einwänden einverstanden und habe die Stellen sogleich verbessert.

Ich freue mich, dass Dir diese Geschichte so gefallen hat. Ich werde versuchen demnächst mehrere interessante Themen zu finden, über die sich gute Kurzprosa schreiben lassen. Bin zur Zeit an einer Geschichte dran (Titel vermutlich "Die Grußkarte"); werde diese vielleicht schon morgen abtippen und morgen Abend hier veröffentlichen.

Ich hoffe darauf, Dein kritisches Auge unter den ersten, die die Geschichte lesen werden, zu sehen.

Gruß

Sergey
 

Zefira

Mitglied
Und ab mit der 10.
Fein, Dich hier zu haben :D
(ich freue mich ohnehin über jeden weiteren Tastenfreak - wir haben schon etliche von der Sorte hier, ich gehöre auch dazu ;) )
Zef (immer noch wach)
 

Wolfsbane

Mitglied
Schach-Zeitschrift

Hallo,


früher habe ich auch solche Geschichten über Schach verfaßt. Ich schickte sie dann immer an die ROCHADE EUROPA. Diese Zeitung hat einen großen Stamm von Abonnenten, denn sie ist für organisierte Spieler eine Pflichtlektüre, weil darin Pressemitteilungen und Berichte vom DSB und diversen Landesverbänden u.ä., sowie ein sehr guter Turnier-Terminkalender zu finden sind. Zwar erhalten nur feste Mitarbeiter Honorar, aber man kann seine Geschichte(n) einer vierstelligen Leserzahl vorstellen.
;)
 

Sergey

Mitglied
Danke für den Hinweis !

Hallo Wolfsbane !

Ich bedanke mich vorerst einmal für Deine Antwort.
Allerdings weiß ich nicht, was ich von Deinem Vorschlag halten soll. Denn ich denke, die Kurzgeschichte ist vielmehr eine literarische "Parabel", und keine bloße Beschreibung einer Schachfigur. Von daher weiß ich nicht, ob das etwas ist, was man einer sachlichen Schachzeitung zumuten kann.
Der Bauer ist eine metaphorische Erscheinung, genauso wie das Spielbrett und die Schachuhr......

Wie schon gesagt, eine "Parabel", deren Inhalte an dem tieferen Sinn der Geschichte reflektiert und auf das reale Leben übertragen werden können.

Gruß

Sergey
 

Wolfsbane

Mitglied
Super

Hallo Sergey,


gerade solche Geschichten, die das Schachspiel als Parabel nehmen, sind bei Schach-Fans sehr beliebt. Schließlich zeigt das doch, wie sehr Schach in unserer Kultur verankert und wieviel mehr als ein "Spiel" es ist.
:) :) :)
 

Zefira

Mitglied
Ich bin der gleichen Meinung.
Ich könnte mir sogar vorstellen, daß diese Geschichte in einer Schachzeitschrift sehr gut "ankommen" würde. Die Metaphorik erschließt sich ja ohne weiteres, wenn man mit etwas Gefühl und Phantasie an den Text herangeht.
Versuch es doch einfach mal. Wolfsbane ist sicherlich bereit, die Adresse der Redaktion rauszurücken.
*daumendrück*
Zef
 

Sergey

Mitglied
Super Idee !

Hallo Leute !

Ihr habt mich völlig überzeugt. Ich fände es echt klasse, wenn Wolfsbane mir die Adresse zuschicken könnte. Werde mich heute bemühen endlich "Die Grußkarte" rauszubringen. Fehlt nicht mehr viel. Na dann bin ich mal gespannt, was Ihr zu meiner neuen Story sagen werdet.

Vielen Dank nochmal für Eure Feedbacks

Gruß

Sergey
 

Wolfsbane

Mitglied
Adresse

Hier die Adresse:


Redaktion ROCHADE EUROPA
Herrn Carsten Köhler
Postfach 11 54
99601 Sömmerda


oder besser per Email:

ROCHADE@compuserve.com


Allerdings würde ich mir einen aussagekräftigeren Titel für die Geschichte ausdenken...
;)


Redaktionsschluß für Monatsausgabe Nr.11: 21.10.2002



Viel Erfolg



Gruß

Wolfsbane (Joachim)
 

Sergey

Mitglied
Brauche einen Tipp !

Hallo Wolfsbane !

Danke Dir für die Adresse. Ich bräuchte mal Hilfe bei der Wahl der Überschrift. Das fällt mir immer so schwer.

Wie könnte man denn die Geschichte sonst nennen?

Gruß

Sergey
 

Zefira

Mitglied
Gibt es nicht vielleicht einen Fachausdruck für der "Karriere" des Bauern, wenn er hinten angekommen ist?
*spiele leider nur Räuberschach - bin zum ernsthaften Spielen zu ungeduldig*

Wenn mir übrigens keine Überschrift einfallen will, dann nehme ich immer was ganz Einfaches. "Der Bauer" oder so :cool:

Zefira
@ Wolfsbane: thread "Fledermäuse"
http://www.leselupe.de/lw/showthread.php?threadid=20187
Man liest sich ;)
 

Wolfsbane

Mitglied
Überschrift

Hallo Sergey,


ich schlage vor, daß der Titel das Wort "Bauer(n)" enthält und ziemlich kurz bleibt,

Spontan tippe ich mal darauf, daß ein Titel wie
-Das Schicksal eines Bauern
-Die Natur eines Bauern
-Der Charakter eines Bauern
-Die Mission des Bauern (im Schach)
o.ä. Anklang finden könnte.

Aber das ist deine Entscheidung und deine Überschrift.
;)


Gruß


Wolf
 

Sergey

Mitglied
Ich bin Euch sehr verbunden....

Hallo !

Ich habe mir die Variationen notiert und werde ein wenig darüber nachdenken, bevor ich die Kurzgeschichte abschicke. Ich bedanke mich herzlich bei Zefira für Ihre Verbesserungsvorschläge und bei Wolfsbane sowohl für die geniale Idee mit der Zeitschrift, als auch für die Alternativen zur Überschrift.

Wünsche Euch noch alles Gute

Man liest sich.........

Gruß

Sergey
 
P

Parsifal

Gast
Schachspiel

Hallo Sergey,

Du könntest Deine Geschichte auch "Bauernlegen" nennen.
Das Bauernlegen war die übliche Praxis des Adels, den eigenen Grundbesitz z.B. um "adeliges" Weideland zu erweitern. Hierbei wurde ein Bauer ausbezahlt (meist wurde ihm dabei viel zu wenig gegeben) oder gleich vertrieben.

Herzlichst
Parsifal
 
Hallo Sergey,

ein interessanter Gedanke, die Welt aus der Sicht eines kleinen Bauern zu betrachten. Die Mehrheit der Figuren im Spiel sind nun einmal die bedeutungslosen Bauern, die von stärkeren Figuren "geschlagen" werden. Sehr schön auch die Anspielung darauf, dass sie (die Bauern) austauschbar sind, davor aber ihre Befürchtungen hegen. Ich fand auch die begleitende Uhr passend eingewoben, symbolisiert sie doch das Voranschreiten der Zeit in jenem großen Spiel des Lebens, in dem sehr viele Bauern eben nur "hin- und hergeschoben" werden.

Gefallen hat mir der Einschub "...und der kleine Bauern weiß nichts von den Gerüchten".

Mir haben Idee und Umsetzung zugesagt. Deshalb möchte ich es auch nicht als Kritik, sondern nur als Punkt einer Überlegung verstehen, ob die Geschichte vielleicht durch etwas tiefere Gedanken des "Bauern" zusätzlichen Raum für eigene Phantasien des Lesers bieten könnte. Eventuell wäre es auch ein Experiment, die Betrachtung einmal parallel aus der Sicht des Bauern ("Ich-Form") zu schreiben und gegenüber zu stellen.

Mit einem fröhlichen Gruß aus Münster
Hannes
 

Wolfsbane

Mitglied
Gruß nach Münster

Hallo Hannes!


Vielleicht könnte man auch mal die langlebige und vielgelobte Vereinszeitschrift des SK 32 durch solche Schach-Betrachtungen bereichern? Und vielleicht könntest Du vor Ort disbezüglich etwas erreichen, auch wenn Du (laut Wertungs-Spiegel) kein Mitglied bist?

Kennst Du den Namen der noch relativ jungen, auf "Schach & Kultur" fokussierten Zeitschrift, die am Münsterschen Bahnhof erhältlich ist?
Leider läßt mein Gedächtnis manchmal zu wünschen übrig...
:rolleyes:


Grüße aus dem Bezirk Steinfurt!
;)
 
Hallo Wolfsbane,

da hast Du mich auf dem falschen Fuß erwischt. Ich bin begeisterter "SchachAMATEUR" (und in der Ausprägung der Rechtschreibung liegt kein Fehler vor). Sorry, aber ich habe keine Kontakte zum SK 32; leider sagt mir auch die Zeitschrift nichts.

Ich kann aber gerne einmal bei einer Exkursion zum Bahnhof einen suchenden Blick nach diesem Medium schweifen lassen.

Mit einem Gruß zurück in die Nachbarschaft
Hannes
 



 
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