"I can't get no"

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Neulich traf ich einen Freund. Ich sagte: „Hey Joe, wie läuft‘s denn bei dir?“ Und da erzählte er mir seinen Frust.


Ich hole mir eine neue CD, weil ich einen Titel davon im Radio gehört habe, und den fand ich genial. Denke, da werden sicher viele gute Songs auf der CD sein – aber es gibt nur einen einzigen, der mir gefällt, eben den aus dem Radio. Fehlkauf:mal wieder Geld verschwendet.

I can’t get no!

Kürzlich kaufte ich mir ein schickes, teures Designerhemd. Zu Hause stellte ich fest, dass das Hemd einen fiesen Tintenfleck hat. Ich brachte das Hemd zurück ins Geschäft, aber der Verkäufer sagte: „Hemden mit Flecken nehmen wir nicht zurück.“

I can’t get no!

Ich rufe beim Augenarzt an und frage nach einem Termin. Sie haben einen für mich, in 5 ! Monaten. Komisch, die Nachbarin, die Privatpatientin ist, hat beim gleichen Arzt in 2 Wochen einen Termin bekommen. So viel zur Gerechtigkeit im Gesundheitswesen.

I can’t get no!

Auf der Landstraße hängen sie einem am Auspuff, die Drängler. Ich könnte denen fast allen mit meinem schnellen Auto davonfahren, aber ich halte mich weitgehend an die Geschwindigkeitsbegrenzungen. So kleben diese Raudis an mir und nerven! Fuck off!

I can’t get no!

Ich höre die Nachrichten. Die EU verlangt: Griechenland soll weiter sparen, obwohl das rigorose Sparen doch schon die Wirtschaft da ruiniert und vielen Menschen in die Armut gestürzt hat. Dabei sollen letztlich nur die Banken gerettet werden. Heuchler!

I can’t get no!

Gestern habe ich mein Auto gründlich in der Selbstwaschanlage saubergemacht. Als ich endlich fertig bin, ist der Himmel mit Wolken verhangen und ich komme auf der Rückfahrt in einen Platzregen. Der Wagen ist total verspritzt, dreckiger als vor der Wäsche.

I can’t get no!

Habe einen neuen Drucker, der ist wirklich gut, aber die Originalpatronen kosten ein Vermögen, fast mehr als der ganze Drucker. Bestelle mir recycelte Patronen, aber der Drucker verweigert sich. Muss also doch Original-Patronen bestellen = doppelte Kosten.

I can’t get no!

Ich kaufe mir eine neuen Tee, Brombeer-Tee, mit großen Brombeeren auf der Packung. Zu Hause lese ich, was da drin ist: 40% Apfel, 30% Hibiskus, 20% Hagebutte, 10% Brombeere. Und so schmeckt er auch, nichts von Brombeer. Dass so ein Schmuh erlaubt ist.

I can’t get no!

Sitze mal wieder hier und warte auf meine Freundin. Um 9 Uhr wollten wir wegfahren, jetzt ist es 10,30 Uhr, aber sie ist noch nicht aus dem Bad herausgekommen. Ich versuche, ruhig zu bleiben, aber denke frustriert: Wir werden bestimmt in den Stau kommen.

I can’t get no!

Hab ich’s doch gesagt, wir landen voll im Autobahn-Stau. Und ich hasse Staus. Also fahre ich ab auf die Landstraße. Nur die ist auch verstopft. Während wir über die Landstraße zuckeln, höre ich im Verkehrsfunk, dass sich der Stau auf der Autobahn aufgelöst hat. Nein!

I can’t get no!

Bekam vom Online-Versandhändler ein neues Headset geschickt. Das Ding war total verschweißt, so zu wie ein Hochsicherheitsgefängnis: Eine Schere brach ab, kratzte mich an dem spitzen Plastik, schnitt aus Versehen in den Schaumstoff. Muss denn das sein?!

I can’t get no!

Neulich klingelte das Telefon, während ich einen Krimi sah. Es war die redelustige Tante Elvira, und die quasselte und quasselte. So dass ich das Ende des Krimis verpasste. Wer war der Täter? Merke: schaue immer erst auf das Display, ehe du ans Telefon gehst!

I can’t get no!

Letzten Sommer buchte ich eine Ferienwohnung im Internet: Die Wohnung war super, komfortable Ausstattung, schöner Meerblick, günstiger Preis – sie hatte nur einen kleinen Fehler: es gab sie gar nicht. Kurz, der Urlaub ist ins (Meer-)Wasser gefallen …

I CAN'T GET NO SATISFACTION !


Ich sagte: “Okay Joe, läuft bei dir.” Und er nickte: „Läuft normal.“
 

Wipfel

Mitglied
nö Stefan, der Text gefällt mir nicht. Selbst unter Trivial-Literatur hätte er keinen vorderen Platz verdient. Ich will Geschichten lesen. Meinen Alltag kenne ich selbst. Das Ganze wirkt noch nicht mal im Ansatz lustig - und eine Kurzgeschichte ist das auch nicht... Nö.

Grüße von wipfel
 

Sebahoma

Mitglied
Hallo Stefan,

als Grundlage finde ich den Text aber durchaus brauchbar. Die Episoden an sich könnte man ja verwenden und zu einer Geschichte zusammensetzen. Die Sache mit der Waschanlage, der Freundin, der Ferienwohnung, das passt doch schon ganz gut als Handlung zusammen und manch andere könnte man nebenbei erzählen. Dann könnte man den Protagonisten so durch den Tag stolpern und diese Dinge erleben lassen.

Viele Grüße,
Sebastian
 
S

steky

Gast
Das ist Kurzprosa. Der Text und seine Wirkung erinnert mich an etwas, das ich nicht in Worte fassen kann. Ich weiß nicht, ob gut oder schlecht. Fühle mich wie die junge Dame beim Ende von "The Hitcher" :D LG
 
Hallo Wipfel,

okay, ich stimme dir wie den beiden anderen Rezensenten zu: Der Text ist keine typische Kurzgeschichte, ich hätte ihn besser bei Kurzprosa eingestellt (also falls die zuständige Redakteurin ihn umsiedeln will…)

Deine Gegenüberstellung von Alltag und Geschichten als Gegensätzen kann ich allerdings nicht nachvollziehen: Geschichten handeln doch sehr häufig vom Alltag.

Lustig sollte es auch gar nicht sein, es geht doch mehr um Frust als um Lust(ig).

Ich versuche, immer mal wieder mit Inhalt und Form von Texten zu experimentieren. Und mir gefiel dieser Aneinanderreihung von kleinsten Alltagssituationen und dem „I can’t get no“ eben gut. Schade, dass es dir nicht gefällt, aber daran kann ich nichts ändern.

Gruß Stefan
 
Hallo Sebastian,

du hast recht, man könnte aus dem Text auch eine richtige Geschichte machen, das wäre auch eine gute Idee.
Aber wie ich schon an Wipfel schrieb: Es ging mir eigentlich um ein Experiment. Angelehnt an den berühmten Song, den wir alle kennen (und wahrscheinlich fast alle lieben), wollte ich eben die Anhäufung verschiedener ärgerlicher Alltagssituationen durch das „I can’t get no“ strukturieren. Im Song wird auch keine fortlaufende Geschichte erzählt.
Aber ich hätte den Text eben nicht bei Kurzgeschichten einstellen und so falsche Erwartungen wecken sollen – ehrlich gesagt habe ich das einfach sehr spontan entschieden, ohne mir viel Gedanken darüber zu machen.

Viele Grüße
Stefan
 
Hallo steky,

danke für deinen Kommentar. Allerdings macht er mich ehrlich gesagt etwas ratlos, du legst dich nicht fest. Und du verweist auf den Film „Der Hitcher“. Aber soweit mir der Film bekannt ist, sehe ich gar keine Berührungspunkte mit meinem kleinen Text. Oder willst du mich absichtlich ratlos machen? weil du mir einmal angekreidet hast, einen Text von mir würde dich ratlos machen … Wenn du Lust und Zeit hast, kommentiere deinen Kommentar doch noch einmal.

Viele Grüße
Stefan
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Stefan Sternau,

ich wollte eigentlich eine spannende/abwechlungsreiche/lustige Kurzgeschichte lesen. Der Titel klang verheißungsvoll.

Doch ich fand nur eine Aneinanderreihung von Alltagsklischees. Schade!

I can't get no ...

LG DS
 
Hallo DocSchneider,

Tja, ich weiß nicht recht, warum du unter “I can’t get no” eine „spannende / abwechslungsreiche / lustige Kurzgeschichte“ erwartet hast.
Offensichtlich ist die Geschichte ja an den Song der Stones angelehnt. Hast du dir den Text des Songs einmal angesehen? Das sind kleine, lakonisch erzählte Episoden, die aber kaum besonders spannend sind und schon gar nicht lustig sein sollen.
Der Sänger hört einen Mann im Autoradio, und der nervt ihn durch irgendwelche sinnlosen Informationen. Oder er sitzt vor dem Fernsehen und hört sich gelangweilt an, dass ein Verkäufer erzählt, wie weiß seine Hemden sein könnten. Oder er fährt um die ganze Welt, will ein „Girl aufreißen“. Aber die sagt ihm: „Baby, komm besser Ende nächster Woche wieder.“
Da finde ich meine Mini-Erzählungen sogar noch abwechslungsreicher.
Und ich verstehe auch nicht, warum die Szenen Alltagsklischees sein sollen: Der Freund bekommt beim Augenarzt erst in 5 Monaten einen Termin, die privatversicherte Nachbarin in 2 Monaten. Das ist leider kein Klischee, sondern die ärgerliche, ungerechte Realität in Deutschland. Oder warum soll es ein Alltagsklischee sein, dass man bei der Buchung einer Ferienwohnung im Internet an eine Fake-Wohnung geraten kann? Ich könnte auch noch andere Beispiele nennen.
Aber jeder lebt halt in seiner Welt, und in deiner sind meine Episoden offensichtlich Klischees. Schade.

LG Stefan Sternau
 

Wipfel

Mitglied
@stefan, ich sagte ja schon: wie es ist, will keiner lesen, ich jedenfalls nicht. Jeder von uns könnte unendlich viele solcher kleinen Geschichten erzählen. Und viele tun es ja auch - und langweilen damit den Rest der Welt.
Gute Geschichten erzählen, wie es sein könnte. Ich will (mit-)fliegen, durch das Schlüsselloch schauen, in andere Leben eintauchen. Dass ich beim Arzt bevorzugt werde - oder eben nicht - ist Alltag. Schreib ein Leserbrief für die Zeitung, da gehört soetwas rein. Oder aber schreib die Geschichte, wie du den Drachen an der Rezeption bändigst und sofort zum Chefarzt durchgewunken wirst...


Grüße von wipfel
 
S

steky

Gast
Am Ende von "The Hitcher" wird ein Mädchen an ein Seil gebunden und mithilfe eines Lkws ... Naja, damit wollte ich sagen, dass ich hin - und hergerisen bin. Ich weiß nicht, was ich von Deinem Text halten soll. Einerseits hat er etwas Musikalisches, andererseits hat er etwas Monotones. Das ist meine Ansicht. Lg Steky
 



 
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