13 Gedichte

Bartleby

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Am Ufer Traum Tot Schlaf
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13 Gedichte von Mirko Stauch


1.)
In allen Träumen blutet der Mond,
will ich ihn stillen.
Warum werde ich deine Augen nie
nach dem Traum sehen?
Gegen dein Leben
wirkt alles wie von Kälte berührt,
besonders meine Träume.
Der Mond blutet von deinen Lippen
herab.

2.)
Was könnte ich, letzter Narr,
deinen Augen sagen?
Unvollkommen, die Worte, starr
und nur ein Klagen
bleibt mir.


Kein Wort, nicht diese heilige Stille
will ich brechen,
die zwischen uns in Liebe besteht.

3.)
Geh' und schau in die Nacht:
Die Ahnung einer anderen Welt,
der Geruch einer vergessenen Geliebten,
gib' den Kuß ihr in den Nachtwind.

Weißt Du noch? die Götter leben.

Das war dein Traum,
in der Nacht vor dem Frühljahrstod.
Weint es nicht in den Bäumen?
Fragen dich nicht die Sterne?

Erinnere dich der Nacht.


4.)
Halt mich fest,
der Kälte zum Trotz,
eine Hölle, genommen von der Seele,
bricht durch deine Arme
weg. Vom Leben der Tränen,
ins Leben da jenseits,
geschnitten und erfroren.
Nur zum Lieben bist du da,
einen Stern in den Himmel
zu tragen,
als Widersacher gegen das Blau.

5.)
Zwischen den Buchseiten
steht eine Hoffnung.
Jetzt kennst Du ein anderes Leiden.
Zu schade selbst
in der Angst vor dem Wohnort deiner Seele.
Liegst Du neben der Lüge, nachts,
denkst an sie den Tag über,
weil sie Dich besser wärmt




6.)
Leben zerrinnt, die Hände verraten es.
Dagegen nimm den Schluck
aus dem Feuerkelch.
Seelenversiegelt bleibt
die Unendlichkeit
in die Erde gepreßt,
den Lehmboden, darin Wurmfraß und Erde selbst,
ein Fragezeichen, geschrieben,
in die Schichten.
Im Baum darüber,
das Gesicht eines Menschen.



7.)
Nachdenken über das Dasein,
es reicht tausend Bücher weit.
Darin schläft vor sich hin,
eine Anzahl von Bedeutungslosigkeit.
Ich werde mich einreihen
in die Kette derer,
die mit sich selbst reden.
Die allein durch die Straßen gehen,
in der einen Hand den billigen Schnaps,
in der anderen Hand tausend Zettel.
Dann endlich das Leben vergessen,
vor den Geräuschen keine Angst mehr haben,
endlich in eigene Welten die Welt verlassen und
durch den Schleier auf die Hände blicken.
Endlich verloren.
8.)

I.
Unter der Haut brennt das Verlangen
an die Oberfläche
und Kälte;
sie wandert durch mich
zu deinen Augen,
darin sehe ich
mein Verlangen

II.
aus deinem Bannkreis
bin ich verstoßen,
dazwischen gleißt es
unsichtbar;
die Mauern reißen ein
ich zu dir
in dein Salz

III.
Weil du bist,
sei es der Sturm,
sei es das Meer voll Sonne.
In deinen Augen will ich
ruhen.
Sie sehen die Ferne.
Dein Mund trinkt
das Wasser
meiner Seele.

IV.
Rauhreif zerschneidet die Hände
Sehnengetrennt vertreiben sie
die Gespenster nicht mehr.
Auf den Boden zeichnet
der Atem einen Namen.

V.
Verbrennt die Sonne das Land?
Die Tage des Sommers haben den Mond vergessen.
Stehst du nicht vor mir?
Es küßt ein Mund die Wunden,
bitter schmeckt ihr Blut.






9.)
Es bedrückt der Schlaf,
denn ein Drache liegt neben
dem Körper
Atem von Haß wälzt
sich in den Traum
Pesthauch von Blutfluß
Schlaf finden jenseits der Schuppen
und sei's nur auf dem kalten Feld

Erschlägt ein Zahn,
tränenscharf,
auf immer das Leben.
Frißt die Augen unter der Haut.


10.)
Das Wesen
schleicht durch die Räume,
wartet in den Winkeln, behutsam
sehend in den Schächten lauernd.

Grau gegen den Wind.
Draußen,
umhergetrieben
sieht es die Fenster in den
Häusern der Stadt.



11.)
Sehnsucht nach Schlaf und blutleerer Mauer
zum Leben.
Mit Splittern aus dem Spiegel
in den Augen.

ZEITZONE: Morgens

Rauhreif zerschneidet die Hände.
Sehnengetrennt vertreiben sie
die Gespenster nicht mehr.

Auf den Boden zeichnet
der Atem einen Namen.
Deinen.





12.)
Der Gedanke blieb haften an dem Tag,
an dem die Hoffnung sich zersetzte,
weil Du ein Gedicht aufsagtest.
Vom Frühling, der mit blauen Bändern grüßt.
Es waren Deine Augen.

Alte Männer steigen in die Bahn,
der eine, auf Kinder deutend: „Die zählen
die Jahre bis zur Volljährigkeit.
Wir zählen unsere Tage."
Auf der Straße einige Möbel,
darunter ein Bücherregal, das mein Chaos
aufnehmen könnte, der Versuch zur Verwaltung,
zur Ordnung.
Daneben fegt ein Mann die Tankstelle.
Vor mir sitzt eine junge Frau, sehr weibliche,
vielleicht sogar erotische Formen.
Ich kann ihr Gesicht nicht sehen.
Die Kinder, die jetzt nicht zählen, schreien.
Der eine Alte blickt den anderen Alten an und
schüttelt den Kopf, in Richtung der Kinder nickt dann der erste.
Ich sitze daneben und schreibe alles auf.
Alles ist stereotyp und billig.
Auch das Gefühl von schleichender Angst.
Es nervt. Lesen nervt nicht, schreiben auch nicht.
Der Hunger nervt. Das Atmen nervt.
Denken ist entnervend. Wo steht der Satz,
in dem ein Schüler fragt, wer den Flug der Vögel kontrolliert.
Eine alte Frau schiebt ihren Rollstuhl vor sich hin, ihren eigenen.
Mit dabei ist der haltungsgebende Versuch,
Würde zu bewahren in der Hinfälligkeit.
Ich bin froh um jede Nachricht,
die mich nicht erreicht.
Im Stillen bleibt der Traum von der
Überwindung aller Klischees und das letzte Déjà vu.


13.)
Die Frage nach unserer Wirklichkeit,
nach dem, was wir wirklich sind,
wird auf dem Grabstein ausreichend beantwortet werden.
Ein Name, zwei Jahreszahlen, vielleicht ein Spruch.
Dann kommen Wetter und Jahre
und legen sich gemeinsam auf den Stein.
Verschwommen ist unser Rest an Erinnerungsmöglichkeit.
Der Stein ist nicht ewig,
Erinnerung läuft leer.
Ein Hohn jede Urkunde.
 



 
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