2. Roy Raperpotz und das Orakel Guckifix

tirasrapkeve

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2. Roy Raperpotz und das Orakel Guckifix

Am nächsten Morgen gab sich Roy weniger mühe seine Strähne glatt zu kämmen. Er wußte nun, daß es eine Ursache dafür gab, und er wußte nun auch, daß er ein Mitglied der königlichen Familie war. Nun ja. Aber welcher königlichen Familie eigentlich, und was für ein Königreich sollte das sein? Voller Ungeduld wartete er den ganzen Tag darauf, daß Racket sich bei ihm melden würde, doch er lies sich nicht blicken. Als ob gestern nichts geschehen war verlief der Tag wie all die anderen. Selbst Direktor Finlox schien sich an nichts mehr zu erinnern, denn er sprach ihn weder auf seine immer noch zerzausten Haare an, noch verlor er auch nur ein Wort über den gestrigen Abend im Pavillon hinter der Hecke. Roy wunderte sich sehr darüber, und langsam begann er schon daran zu zweifeln, den gestrigen Tag überhaupt erlebt zu haben.
Doch als es zu dämmern begann, und alle Kinder aus dem Garten ins Haus zurückkehrt waren, hörte er von der Seite ein leises Miauen, und er meinte zu hören wie jemand seinen Namen rief. Erschrocken blieb er stehen und drehte sich um. Außer ihm schien niemand weiter diese Stimme gehört zu haben, denn alle Kinder liefen weiter und verschwanden bald im Haus, so daß Roy ganz alleine im Garten stand.
„Racket? Bist du das?“, fragte er vorsichtig ins Dunkel.
Von der Seite kam Racket auf Roy zugesprungen. „Roy! Euer Majestät! Wir müssen uns beeilen.“ Dann schaute er Roy mit großen Augen an. „Weißt du die Lösung des Rätsels?“
Roy wußte nicht so recht was er erwidern sollte. „Ja, ich denke schon.“
„Ja, Ja. Du wirst es schon wissen. Schließlich bist du ein Mitglied der königlichen Familie. Du bist Roy Raperpotz.“, antwortete Racket, sich seiner Sache völlig sicher.
„Was ist das für eine Familie?“, fragte ihn Roy neugierig. „Sind es meine Eltern. Leben meine Eltern noch?“
„Hm. Naja. Das ist so eine Sache.“, antwortete Racket verlegen. Doch Roy wollte es nun endlich wissen. „Was ist das für ein Königreich? Du mußt das doch wissen.“
„Naja. Das ist so eine Sache. Ich weiß es nicht.“
„Wie meinst du das, du weißt es nicht. Du weißt doch auch, daß ich ein Mitglied der königlichen Familie bin.“
„Ja, das schon. Aber in dieser Welt hier ist alles ganz anders. Hier weiß man nur, was man wissen muß, nicht mehr.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Komm mit und du wirst es gleich verstehen. Wenn wir durch das Tor gehen wirst du alles verstehen.“
Racket verschwand wieder hinter dem großem Busch am Ende der Hecke, und Roy beeilte sich ihm zu folgten. In dem Pavillon legte er seine Pfote auf den Stein und schaute Roy mit erwartungsvollen Augen an. „Bist du bereit, Euer Majestät?“
„Ja.“, erwiderte Roy, fest entschlossen durch das Tor in diese geheimnisvolle Welt zu gehen.
Die tiefe Stimme des Wächters ertönte. „Wer stört die Ruhe des Wächters des verbotenen Tores?“
„Wir sind es. Racket und Roy Raperpotz.“
„Ach, ihr seid es schon wieder.“, antwortete der Wächter sichtlich verärgert, wieder in seiner Ruhe gestört zu werden. „Habt ihr das Rätsel gelöst?“
„Ich denke schon.“, erwiderte Roy, nun doch etwas unsicher.
„Nun gut.“, erhob der Wächter wieder seine Stimme.
„Nenn mir den Ort, zu dem die Menschen täglich ziehn.
Nenn mir das Land, in das sie jede Nacht entfliehn,
in dem sich jeder Wunsch erfüllt,
in dem man nur mit Phantasie umhüllt,
das bringt in alle Kinderaugen Sand.
Sag mir, was ist das für ein Land.“
Mit fester Stimme antwortete Roy dem Wächter des verbotenen Tores. „Ich weiß welches Land es ist. Es ist das Land der Träume.“
„Potz blitz!“, ertönte die tiefe Stimme des Wächters. „Ja, das ist es. Genau. Das Land der Träume.“
Racket schaute mit großen Augen zu dem Wächter. „Wie? Ist es so einfach? Das Land der Träume? Das hätte ich auch gewußt.“
„Ich habe nie gesagt, daß es schwierig ist. Doch nun hinweg mit euch. Ich habe noch andere Dinge zu tun. Doch denkt stets daran, wer das Land der Träume hier betrat, wird brauchen einst des Wächters Rat...“
Die Stimme des Wächters wurde immer leiser, so das Roy ihn kaum noch verstehen konnte.
„ ... denk stets an des Rätsels Lösung hier, das Hilfe bringen wird in Not zu dir...“
Doch mehr konnte Roy nicht mehr hören, denn die Fugen der Mauer begannen zu verschwimmen und wie durch einen Schleier hindurch sah Roy die Umrisse eines Weges auf den Racket schon hinein gesprungen war. Ohne auf die weiteren Worte des Wächters zu achten folgte er ihm, und es begann eine phantastische Reise in eine Welt, die Roy schon so oft in seinen Träumen gesehen, die er aber noch nie zuvor verstanden hatte.
Sofort nachdem sie durch das Tor gegangen waren verwandelte sich Racket in einen kleinen Jungen, etwas kleiner sogar noch als Roy, mit schwarzen Haaren und lustigen runden braunen Augen, die strahlten vor Freude endlich wieder zu Hause zu sein. Er sprang lauthals in die Luft und ruderte mit seinen Armen, als ob er gleich abheben und in die Wolken fliegen wollte.
Neugierig schaute sich Roy um. Sie standen auf einem steinernen Weg mit herrlichen großen Bäumen zu beiden Seiten und die Luft duftete nach Frühling und Sonne. Weite Wiesen mit wunderschönen Blumen, die lustig in einer sanften Brise hin und her schwankten und miteinander zu spielen schienen, erstreckten sich bis zum Horizont. Eine Kutsche, nun ja eigentlich war es eine Wolke, die die Gestalt einer Kutsche angenommen hatte, schwebte vor ihnen auf dem Weg und wartete nur darauf, sie durch dieses Meer der Phantasie, durch diese wunderbare Traumwelt zu tragen. Nur hinten, weit weg in der Ferne stand eine Wolke am Himmel, die anders als all die anderen war, die dunkel und finster erschien, jedoch so weit weg war, daß keiner der beiden Jungen sie bemerkte.
Racket sprang noch immer vor Freude in die Luft. „Roy, wir haben es geschafft. Wir sind wieder zu Hause. Jetzt wird alles gut.“
„Wo sind wir hier?“, fragte Roy verwirrt. „Irgendwie kommt es mir bekannt vor. Doch ich kann mich nicht erinnern.“
„Wie? Du weißt immer noch nicht wo wir sind?“, fragte Racket erstaunt.
„Nein.“, antwortete ihm Roy.
„Wie kann das sein? Wir sind zu Hause, Roy. Das ist dein zu Hause. Erkennst du es nicht?“
Roy schüttelte traurig mit dem Kopf. „Ich weiß es nicht mehr.“
Racket packte Roy am Ärmel und zog ihn zu der Kutsche die vor ihnen stand. „Es ist noch schlimmer geworden, als zuvor. Wir müssen sofort zu Guckifix.“
„Guckifix?“, fragte Roy erstaunt.
„Ja, unser Orakel Guckifix. Den kennst du auch nicht?“
„Nein.“, antwortete ihm Roy traurig.
„Aber den kennt doch jeder hier. Er ist das königliche Orakel. Du mußt ihn doch kennen.“, Racket konnte nicht glauben, daß Roy alles vergessen haben sollte.
„Tut mir leid, Racket. Ich kenne ihn nicht.“
Nachdenklich schüttelte Racket mit dem Kopf. „Also gut. Komm mit.“
Racket begann sich nun ernsthaft Sorgen zu machen. Roy hatte wirklich alles vergessen. Er konnte sich so gut wie an nichts mehr erinnern. Sie stiegen beide in die Kutsche und Racket befahl der Wolke sie zu Guckifix zu bringen. Sie flogen den steinigen Weg entlang, vorbei an den majestätischen Bäumen, über riesige wunderschöne Wiesen, mit Blumen, die Roy noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte, und die Blumen lächelten ihnen freundlich zu und wiegten sich in der Sonne, die ihre herrlichen Farben zum leuchten brachte, und Roy meinte zu hören wie sie tuschelten, als ihre Kutsche ab uns zu in ihre Nähe kam. „Sieh nur, das ist Roy Raperpotz. Siehst du diese schwarze Strähne. Ja, er ist es. Wirklich? Ja, er ist es wirklich. Ah. Roy Raperpotz. Er wird den Regen besiegen. Meinst du? Ob er es schaffen wird? Ja er wird es schaffen, ganz sicher.“
Doch Roy verstand nicht, was sie meinten, noch nicht. Und so sah er fasziniert dem Drachen zu, der plötzlich vor ihnen auf einer Insel inmitten eines riesigen Sees Feuer spie, obwohl weit und breit niemand zu sehen war. Und sie flogen weiter über das Wasser, bis sie ein großes dreimästiges Schiff erblickten, auf dessen Bug ein Mann stand und nachdenklich in die Ferne schaute.
„Wer ist das?“, fragte Roy neugierig.
„Das ist Kolumbus?“
Nur schwach konnte sich Roy an die Geschichtsstunden in St. Jones erinnern und an einen Mann namens Christopher Kolumbus. Doch wollte es ihm nun par du nicht einfallen. „Wer ist Kolumbus?“, fragte er deswegen Racket.
„Kolumbus ist ein Mann mit großen wunderbaren Träumen. Er fährt über das weite Meer einem unbekannten Ziel entgegen. Nur die besten Schüler dürfen ihm seine Träume bringen.“
Fasziniert schaute Roy dem Schiff und dem Mann darauf zu, bis er langsam am Horizont verschwand. Uns sie flogen weiter über einen Wald, der soeben noch grüne Blätter hatte und im nächsten Augenblick in den schillerndsten Farben des Herbstes erstrahlte, bis er alle seine Blätter abwarf, und wenige Augenblicke später wieder zu grünen begann. In mitten dieses Waldes lebte ein Riese, der zwar auf einem Stein saß, aber dennoch den Wald um Kopfeshöhe überragte. Er grüßte höflich als Racket ihm einen guten Tag wünschte, doch schien er irgendwie bedrückt zu sein, denn sein Gesicht war traurig und seine Augen müde.
„Warum ist dieser Riese so traurig?“, fragte Roy.
„Es ist der Regen. Er macht uns allen zu schaffen.“
Als Roy sich aus der Kutsche beugte sah er, daß der gesamte Wald unter Wasser stand, und das auch die Füße des Riesen von Wasser bedeckt waren.
„Was ist das für ein Regen?“, fragte Roy weiter.
Doch noch bevor Racket antworten konnte, flog die Kutsche mitten auf einen Berg zu. Roy glaubte schon sie würden an dieser felsigen Wand zerschellen, als sich die Wand vor ihnen öffnete und den Weg in einen langen Tunnel freigab. Roy spürte die Kälte des Felsen um ihn herum. Er konnte nichts mehr sehen. Es war stockfinster. Plötzlich erschien ein gleißendes Licht am Ende des Tunnels und die Kutsche schoß wieder aus dem Berg heraus auf eine Lichtung, die hoch oben auf dem Berg sein mußte. Doch da selbst hier noch ringsherum Gipfel in die Höhe schossen, war es ruhig und friedlich. Die Kutsche hielt auf einem Weg, der zu einem seltsamen Gebilde führte. Dann begann sie sich plötzlich in lauter kleine Wölkchen aufzulösen, so daß Roy und Racket schnell heraus springen mußten, um nicht auf den Hosenboden zu fallen.
Racket lief munter den Weg entlang. „Komm schon Roy! Wir müssen dort hinauf.“
Sie gingen mit vielen kleinen Wolken zwischen ihren Füßen zu jener seltsamen Gestalt, die, je näher sie kamen, wie eine riesige Uhr aussah. Doch konnte Roy keine Zeit ablesen, denn nirgendwo war ein Zeiger zu entdecken, und er wunderte sich sehr darüber.
„Was ist das für eine seltsame Uhr, an der man keine Zeit ablesen kann?“, fragte er Racket.
„Das ist die Uhr des Guckifix.“, antwortete dieser ihm. „Die einzige Uhr im ganzen Land der Träume. Sie zeigt keine Zeit, weil für jeden in seinen Träumen die Zeit anders verläuft. Für einen schneller, für den anderen langsamer. Hattest du noch nie dieses Gefühl, wenn du nachts träumst?“
„Doch, irgendwie schon.“, mußte Roy zugeben. „Aber wozu nützt eine Uhr, wenn man keine Zeit darauf ablesen kann.“
„Nur Guckifix kann an dieser Uhr die Zeit lesen. Er ist unser Orakel. Nur er weiß es.“, antwortete Racket nun ernst.
Sie waren schon fast an der großen Uhr angekommen, als plötzlich eine leise, quieksende Stimme ertönte. “Au! Du Tolpatsch! Paß doch auf wo du hintrittst!“
Roy machte vor Schreck einen Sprung zur Seite.
„Könnt ihr denn nicht aufpassen, wo ihr lang geht mit euren großen Füßen.“
Es war eine dieser kleinen Wölkchen, die sich über Roy beschwerte, als er nichtsahnend durch sie hindurch treten wollte.
„Entschuldige bitte, ich wußte nicht, daß ich dir weh tue.“
„Paperlapap, Entschuldigung. Ist das vielleicht ein Art durchs Leben zu gehen? Mach doch deine Augen auf! Was wollt ihr eigentlich hier?“
„Wir suchen Guckifix. Weißt du wo er ist?“
„Was wollt ihr denn von ihm? Ihr Dreikäsehoch.“
„Das geht dich gar nichts an.“, antwortete Racket frech dem seltsamen Wölkchen.
„Oh, ihr wollt mir nicht sagen, was ihr von ihm wollt. Bitte sehr. Ihr Geheimniskrämer. Dann könnt ihr lange suchen. Von mir jedenfalls werdet ihr nichts erfahren.“
Aus dem Inneren der Uhr ertönte eine freundliche jedoch auch strenge Stimme.
„Schluß jetzt, Schössel. Las die Jungen rein.“
Widerwillig öffnete das Wölkchen mit dem Namen Schössel die Tür zu der Uhr und babbelte dabei mißgelaunt vor sich hin. „Diese Lümmel wollen mir nicht sagen was sie wollen. Diese Dreikäsehoch. Denen werde ich’s noch zeigen.“
Als Roy die Uhr betrat wurde plötzlich der Innenraum größer und größer, so daß sie bald in einem gemütlichen und geräumigen Zimmer standen. An jeder Wand hingen Zahnräder, und überall waren tickende Instrumente zu sehen. An der Hinterwand befestigt hing eine Wage, vor der ein alter Mann mit einem weißen Bart, der fast bis auf den Boden reichte, eifrig damit beschäftigt war, glitzernde Sterne auf eine Seite der Wage zu schütten.
„Komm herein Roy Raperpotz.“, winkte er Roy zu, ohne sich dabei umzudrehen. „Ich habe schon auf dich gewartet. Morella sagte mir, daß du bald kommen würdest.“
„Sie kennen Morella?“, fragte Roy erstaunt.
„Oh, ja. Natürlich kenne ich sie. Und du wirst sie auch bald wieder sehen, aber setzt dich doch und dein Freund Racket auch.“
Racket wurde ganz verlegen. „Meister Guckifix. Ich habe ihn hier her geholt, zurück nach Traumania, so wie ihr es mir aufgetragen habt. Aber wir haben ein Problem. Er kann sich an nichts erinnern.“
„Ich weiß, mein Freund. Es ist nicht deine Schuld, daß er sich an nichts erinnern kann. Es ist dieser Regen.“
Guckifix hatte nun wohl genug Sterne auf die Wage gelegt, denn sie bewegte sich nicht mehr und zufrieden drehte er sich zu den beiden Jungen um.
„Weißt du wer du bist?“, fragte er Roy.
Traurig antworte Roy ihm. „Nein. Ich wohne im Waisenhaus St. Jones, weil meine Eltern tot sind. Ich weiß nicht wer sie waren. Ich weiß nicht wer ich bin.“
„Weißt du wo du bist?“, fragte ihn Guckifix weiter.
„Im Land der Träume?“, antwortete Roy vorsichtig.
„Ja, im Land der Träume.“, erwiderte ihm Guckifix. „In deinem Reich. Es ist dein zu Hause. Mit vielen Untertanen und fleißigen Helfern. Es ist das Land, wo alle Menschen sind des Nachts. Das ist dein Reich, und das Königreich deiner Familie.“
„Aber warum weiß ich dann nichts davon? Nichts von meiner Familie, nichts von meinen Eltern.“, fragte Roy sehr aufgeregt.
„Es begann vor einiger Zeit, da kam ein fürchterlicher Regen von den Grenzen unseres Reiches, und begann alle Träume hinweg zu wischen. Niemand wußte woher und niemand wußte warum. Dein Vater schickte seine besten Männer gegen diesen Regen, doch alle, die ihn erreichten, vergaßen warum man sie los schickte, vergaßen alles um sich herum, und vergaßen schließlich sogar sich selbst. Der Regen kam immer näher und stand kurz vor den Mauern der königlichen Stadt. Eines Tages kam er über die Mauern in den königlichen Garten und du, mein Junge, bist hinein geraten in diesen Regen und alle Erinnerungen begannen zu schwinden. Fast wärst du geworden wie all die anderen. Weißt du Roy,...“ Er berührte sanft sein Haar. „... diese Strähne in deinen Haaren hast du seit jenem Tag. Der Regen hat die Farbe und alle Erinnerungen heraus gewaschen. Doch deine Eltern haben dich gefunden bevor es zu spät war und haben dich in diese Welt dort draußen gebracht. Sie haben dich versteckt vor dem großen Regen bis die Zeit kommen wird, sich ihm entgegen zu stellen. Und diese Zeit ist jetzt gekommen, mein Junge.“
„Wo sind meine Eltern jetzt?“, fragte Roy, begierig mehr über seine Familie zu erfahren.
„Deine Eltern sind noch immer in der anderen Welt. Doch je länger sie weg sind aus unserem Land, um so mehr vergessen sie, und um so leichter hat es der Regen alle verbleibenden Erinnerungen zu verwischen. Du mußt dich beeilen, um sie zu retten.“
„Aber wie soll ich das tun?“
„Du mußt den heiligen Somnel finden. Nur dann kannst du den Regen besiegen. Nur dann kannst du deine Eltern retten.“
„Was ist den der heilige Somnel?“ Roy hatte noch nie davon gehört.
„Der heilige Somnel ist der glitzerndste und schillerndste Traum, den es gibt in unserem Land. Er ist es wonach sich alle Menschen sehnen. Seine Macht kann alles und jeden besiegen.“
„Aber wo finde ich denn diesen Somnel?“, fragte Roy unglaublich aufgeregt.
„Ich weiß es nicht, mein Junge. Sotalex ist der Hüter des heiligen Somnel. Zu ihm mußte du finden in deinen Träumen, ihn wirst du sehen, wenn dein Herz rein und dein Geist klar ist, wenn du den Menschen ihre Träume zurück bringen kannst, nur dann wirst du ihn finden.“
„Aber wie soll ich den Menschen ihre Träume bringen. Ich weiß nicht wie das geht.“
Guckifix schüttelte nachdenklich sein weißes Haupt. „Dann mußt du es lernen. Und du mußt dich beeilen, Roy.“
„Aber wie soll ich es lernen und wo? Ich verstehe doch nichts davon.“
„Es gibt noch eine Schule. Eine einzige, die noch verschont wurde. Wo der Regen noch nicht sein fürchterliches Werk vollbringen konnte. Es ist eine ganz besondere Schule. Es ist die Schule Raperpotz.“
„Aber das ist ja ...“, fiel Roy Guckifix ins Wort.
„Ja, Roy. Du trägst den gleichen Namen wie diese Schule. Dort mußt du hin und dort mußt du es lernen. Doch du mußt dich beeilen. Wir haben nicht mehr sehr viel Zeit.“
„Wie soll ich dorthin finden? Ich weiß doch nicht wo diese Schule ist.“
„Schössel wird euch begleiten. Sie wird euch zeigen wo sie ist, und sie wird euch helfen den Somnel zu finden.“
„Was ich? Wieso ich?“, empörte sich Schössel von der Seite. „Wieso muß ich denn mit, mit diesen zwei halben Portionen.“
„Sie werden deine Hilfe brauchen, Schössel. Also benimm dich.“
„Die werden es doch nie schaffen. Ich will nicht mit. Ich will lieber hier bleiben.“
„Du gehst mit. Keine Widerrede. Und jetzt legt euch hin und schlaft. Ihr habt morgen einen weiten Weg vor euch.“
Widerwillig flog Schössel hinter eines der großen Zahnräder und schloß die Augen. „Immer muß ich den Karren aus dem Dreck ziehen. Warum nur immer ich?“
Doch Roy hörte sich schon gar nicht mehr. Zu aufregend war dieser Tag und zu müde war er jetzt. Doch nun hatte er endlich etwas über seine Eltern, über sich selbst erfahren. Und voller Erwartungen an den nächsten Tag schlief Roy neben Racket in einem großen Himmelbett ein, das Guckifix auf dem Boden der Uhr aufgeschlagen hatte.
 



 
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