3 Tage im Oktober (letzter Tag)

Aquasculum

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Das Bild der jungen Frau mit der Feder in der Hand habt ihr hoffentlich noch gut in Erinnerung, denn es ist das letzte Mal, dass ihr sie so sehen werdet...
Heute jedoch ist etwas anders, sie schreibt zweimal an diesem Tag, und man kann nicht erfahren, was zwischen diesen Einträgen passierte...
Doch lest selbst......

-8-
Es ist wieder derselbe Ort, dieselbe Atmosphäre, dieselbe Feder,
dieselben Gedanken, dieselben Fragen und dieselben ungelösten
Rätsel...
Ich weiß nicht, mit der Feder zu schreiben, macht mich kreativ,
so denke ich, ich brauche nichts zu tun, nur ab und zu
die Feder in die Tinte zu tauchen...die Wörter schreiben
sich von alleine, so denke ich!
Es ist bewölkt, es regnet ein bisschen, aber mein Gemüt ist
längst nicht so düster, so grau, so vernebelt wie
an den vergangenen Tagen.
Heute komme ich mir vor, als würde die Sonne scheinen,
nicht für die Welt, sondern für mich und meine
Umgebung. Sie scheint in meinem Herzen! Und dort
scheint sie für alle, die sie sehen wollen, für alle,
denen ich das Licht und die Wärme bringen will!
Ich glaube, heute hab ich ein warmes Lächeln und
ein Glitzern in den Augen, ich fühle mich jeden-
falls so!
Die ganze Welt könnte ich umarmen, allein um allen
die Sonne in meinem Herzen zu bringen...
Hmmm, ich bin gespannt, ob mein sonniges Gemüt
heute auch etwas auf meine Protagonistin abfärbt,
ob auch ihr Herz erhellt wird, ich wünsche es
ihr...
Nachdem sie die Sterne um Rat gefragt hatte,
war sie wieder eingeschlafen...
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Doch ich weiß nicht, wie es weitergeht, ich weiß es
einfach nicht, kann mich nicht erinnern...
Ich glaube, sie hatte geträumt, ich bin mir sogar sicher.
Sie träumte von ihrem Herzallerliebsten, sie sah ihn,
ihre Freunde und sich selbst auf einer Feier. War,
wurde ihr ums Herz, so wie mir wohl im Moment.
Sie sah sein Lächeln, dieses Lächeln, dass sie von Anfang
an entwaffnet hatte...sie liebte dieses Lächeln...
Es war eine fröhliche Feier, warme Farben umgaben
sie, Gemurmel von fröhlichen Stimmen, glückliche Gesichter
überall, herzhaftes Lachen...Sie war so glücklich in
diesem Traum...
Doch das Glück konnte nicht von Bestand sein, sie musste
irgendwann einmal aufwachen. Und das
tat sie dann auch. Frierend vor Kälte wachte sie auf,
und der warme, schöne Traum rückte in den Hinter-
grund, doch als die Sonne aufstieg und ihr Gesicht
wärmte erinnerte sie sich an den Traum, musste
lächeln und weinen zugleich. Und die Sonne
machte ihre Tränen zu glitzernden Perlen...
Weiter kann ich nicht erzählen, es tut mir leid.
Till another time,
Erbaria 27. Oktober
Es ist immer noch derselbe Tag, doch meine Sonne ist unter-
gegangen, ist vor der Nacht zurückgewichen.
Der Himmel droht, düstere Wolken verdecken den Glanz
der Sterne, nur ab und zu trifft mein Auge auf
einen von ihnen, voller Sehnsucht...und wie immer
auch voller Fragen.
Die junge Frau aus meinem Traum, so erinnere ich mich
-10-
nun im Licht der Kerze, sie hatte den ganzen Tag im Wald
verbracht, ohne groß nachzudenken, ohne sich Sorgen und
Gedanken um irgendetwas zu machen.
Doch als gegen Nachmittag der Nebel wieder aufstieg,
alles bedeckte, wie ein Leichentuch, wurde ihr etwas
bang ums Herz. Sie setzte sich näher ans Feuer,
wollte in seinen Flammen Zuflucht finden, doch sie
entkam nicht...

Hmmm, hier endete der Eintrag, die letzten Zeilen mit zitternder Hand geschrieben, verwischt von einem kraftlos heruntersinkenden Arm...
Wie es weitergeht, wird wohl kein Mensch mehr erfahren, die Schreiberin verschwand spurlos, ohne irgendwelche Worte an ihre Freunde zu hinterlassen...
Das einzige, was man fand, waren diese 8 Seiten... Und keiner verstand, was damit gemeint war...
 



 
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