7 deftige Gründe, warum man nicht mit Brot über die Ampel gehen sollte

Janosch

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1. Das Nebenbuhler-Syndrom

Da frisch gebackenes Brot über ein für den menschlichen Geruchssinn besonders attraktives Aroma verfügt, kann es bei angrenzenden Passanten zu Verirrungen in ihrer aktuell schreitenden Tätigkeit kommen. So sind sie bei allzu heftigem Wohlgeruch bisweilen dazu angehalten, den Brotträger auf offener Straße zu konfrontieren und des sowohl kalt als auch heißgeliebten Getreideprodukts streitig zu machen. In dem nicht ungewöhnlichen Fall, dass jene rechtswidrige Initiative des Broterwerbs auf Gegenwehr stößt, bildet sich im Zweifel ein Pulk ums Gebäck, was eine nachhaltige Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nach sich ziehen kann.

2. Das Stolper-Syndrom

Besonders knorriges Gebäck kann sich im Einzelfall als hartnäckige Stolperfalle herausstellen. Unbedacht im Handgepäck platziert, glotzt das geneigte Stück Krustenbrot etwa bei allzu hastigen Schritten eines unter Zeitdruck stehenden Straßenüberquerers aus dessen Tasche hervor und wagt bei der nächsten Unebenheit den Sprung auf blanken Asphalt. Ein zu dicht aufgerückter Passant könnte dies auf der Straße liegende Brot nun zum Anlass nehmen, darüber zu stolpern und, im Fallen nach Halt langend, seine Mitmenschen links und rechts wahllos mit sich niederzureißen.

3. Das Knüppel-Syndrom I

Eine hinsichtlich ihrer Stämmigkeit und vor allem Länge großzügig geknetete Baguette-Stange kann beim Ampelüberqueren unter Umständen zu zweierlei Missverständnissen führen.
Zum Einen kommt dies längliche Gebäck in seiner Form dem gemeinen Baseballschläger außerordentlich nahe. Dieser gilt nicht nur als „gemein“ im Sinne von prototypisch für alle anderen seiner Art, sondern obendrein auch als „hundsgemein“, sobald man ihn nämlich seines ursprünglichen Zwecks des Sporttreibens entfremdet und als Waffe benutzt. Sollte die Ampel nun auf Grün schalten und etwa ein kurzsichtiger Straßenteilnehmer eine solch zwielichtige Stange aus dem Einkaufsbeutel eines Gegenübers ragen sehen, so könnte er dies als Provokation auffassen und jenem Gegenüber beim Vorbeilaufen präventiv mit voller Wucht in die Kniekehle treten, um einer möglichen Eskalation auf offener Straße vorzubeugen.

4. Das Knüppel-Syndrom II

Zum anderen liegt bei einer langgezogenen Baguette-Stange der weitaus offensichtlichere Fall zugrunde, dass man mit einer solchen nämlich das primäre männliche Geschlechtsorgan zu simulieren weiß – wenn auch in seiner Länge satirisch überhöht. Nun kann es aber sein, dass sich am anderen Ende der Straßenseite ein sexuell unterstimuliertes weibliches Wesen befindet, das aufgrund seiner erotischen Abstinenz jeglichen Sinn für Realität zu verlieren im Begriffe ist. Wenn man nun als männliches Wesen diesen psychologischen Kniff erkennt und sein frisch erworbenes Baguette entsprechend senkrecht im oberen Bereich seiner Hose platzieren kann, wird dies bewusstseinsverändernd auf das weibliche Gegenüber einwirken, das nun möglicherweise auf offener Straße seiner Erregung – in welcher Form auch immer – beizukommen trachtet.

5. Das Animal-Syndrom

Da Brot nun, über kurz oder lang, immer noch hauptberuflich dem Verzehr dient und jenes edelmütige Engagement auch anderen Lebewesen zu Ohren gekommen sein soll, ist hier gerade beim Ampelüberqueren Vorsicht die Mutter der Porzellanbrotbüchse. Sobald man Brot nämlich recht unbeaufsichtigt aus seiner Tasche lunzen lässt, kann dies etwa von Vögeln, Hunden, Goldfischen, Hängebauchschweinen oder gar Zebrastreifen als Schlüsselreiz für Nahrungsaufnahme ausgemacht werden und führt unweigerlich zur Belagerung durch jenes gefräßige Geschmeiß. Da dieses nun bald seinen Anspruch auf den begehrten Brotlaib lautmalerisch zu untermauern suchen wird, dürfte sich das entstandene Gewirr des Quiekens, Wieherns, Blubberns, Bellens und Singens mit der um Aufmerksamkeit ringenden Autohupe vermischen, was dem Untergang jedweder Straßenordnung gleich kommen dürfte.

6. Das Aufschnitt-Syndrom

Wer dafür anfällig ist, im Supermarkt Vergesslichkeit walten zu lassen, dem kann es durchaus unterkommen, dass er zwar das Brot, jedoch nicht den dazugehörigen Aufschnitt in seinen Einkaufswagen plumpsen lässt. Sollte er jenes Missgeschick nun ausgerechnet beim Überqueren der Straße bemerken, so könnte der ungünstige Fall eintreten, dass er den Mangel an Aufschnitt just zu kompensieren versucht, indem er nämlich den Aufschnitt mit dem Messer am gerade erworbenen Brot vollzieht. Zwar fehlt ihm nun nach wie vor Käse, Wurst, Marmelade, jedoch konnte er auf diese Weise das fehlende Ding „Aufschnitt“ mit der praktizierten Tätigkeit „Aufschnitt“ ausgleichen und kommt also wieder bei plus minus null heraus. Dass jenes Aufschneiden egal wo – im Zweifel eben auch auf offener Straße – stattzufinden hat, kann einem geradezu neurotischen Drang nach Symmetrie und Ordnung zugeschrieben werden. Diesen Typ Mensch nennt man, je nach sonstigem Auftreten, wahlweise einen „Großen Aufschneider“ oder „Das tapfere Brotaufschneiderlein“.

7. Das Künstler-Syndrom

Sobald ein Mensch in unmissverständlicher Aufmachung eines Künstlers über die Straße geht, also etwa im Trenchcoat, mit Künstlerschal und Baskenmütze und gleichzeitig ein Brot in seinem Jutebeutel mit sich führt, so könnte ein weiterer Straßenüberquerer in aller Spitzfindigkeit bemerken, dass der Künstler ja augenscheinlich gar keine brotlose Kunst betreibt. Da nun allerdings jene Konstellation in der Gesellschaft als derart abwegig gilt, wird der Spitzfindige den vermeintlichen Künstler auffordern, ihn auf der Stelle von seiner ach so ertragreichen Kunst zu überzeugen. Da nun wiederum der Künstler in solch beträchtlicher Weise stolz ist, sich sein eigenes Brot leisten zu können, wird er tatsächlich auf der Stelle alles um sich herum vergessen und sich mitten auf dem Straßenübergang niederlassen, um dem Zweifler etwa ein Bild zu malen oder mit Kürbissen zu jonglieren. Darüber hinaus wird er die geballte Aufmerksamkeit hupender Autos und blökender Passanten nutzen können, um seinen Bekanntheitsgrad zu steigern und sie in kosmische Energie umzuwandeln.

Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass Brot beim Überqueren der Straße stets mit Vorsicht zu genießen ist. Achten sie bitte darauf, dass sie vorher stets nach links und rechts und nochmal nach links kauen und auch sonst im Straßenverkehr mit Brotlaib und Seele bei der Sache sind. Versuchen sie überdies bitte nicht Brot zu sehen, wenn sie sich genau in der Mitte eines Ampelübergangs befinden. In allen anderen Fällen lassen sie es sich bitte schmecken.
 



 
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