Abgang

anbas

Mitglied
Abgang

Urlaub. Gesprächsfetzen schwirren an meinen schattigwarmen Straßencafetisch.

"... leider bin ich ja wieder Single ..."
"... das kommt vom Älterwerden ..."
"... ist schon wieder fast die halbe Abteilung krank ..."
"... musste ich trotz Termin über eine Stunde warten ..."

... und in der Zeitung zählen sie die Kriegstoten dieser Welt.

Ich zahle und gehe.
 

Haremsdame

Mitglied
Eine gut beobachtete Szene aus dem Alltag: viel zu oft hängt jeder seinen Gedanken nach und ist nicht fähig, sich auf den anderen einzulassen...

Lasst es uns besser machen...

Haremsdame
 

maerchenhexe

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hallo anbas,

sitze vor deinem Text seit mehr als zehn Minuten und meine heraus zu hören: hallo Ihr da, es gibt mehr als eure Probleme auf der Welt. Werdet wach und interessiert euch endlich dafür! Und weil dein Protagonist sich so weit entfernt fühlt von diesen Menschen, steht er auf und geht. Wer zählt schon die Toten dieser Welt? Sie liegen ja nicht auf unserer Türschwelle, oder? Deswegen kann man sie auch prima ausblenden, es trifft einen ja nicht persönlich.

Wenn ich deinen Text richtig verstanden habe, dann liegt ihm ein sehr wichtiges Thema zu Grunde, das uns alle angehen sollte. Aber dann ist er in meinen Augen zu kurz geraten, um all diese wichtigen Dinge zu transportieren. Könntest du daraus nicht einen etwas ausführlicheren Text gestalten? Ich würde ihn dann gerne noch einmal lesen und mir meine Gedanken dazu machen. Du weißt ja, dass meine Kritik stets hilfreich gemeint ist, und der Autor sowieso immer das Sagen hat.

mit einem smile
und lieben Gruß
maerchenhexe
 

anbas

Mitglied
Hallo Haremsdame, hallo Märchenhexe!

Danke für Eure Kommentare und die Auseinandersetzung mit diesem kleinen Text. Mir geht es so, dass ich immer mehr Facetten entdecke, je öfters ich ihn mir durchlese. Ich überrasche mich also selber damit , was da alles in diesen wenigen Sätzen enthalten ist :D.

Aber so ist das doch oft im Alltag. Man erlebt etwas, hat einen ersten Eindruck und entdeckt dann, was diese Situation noch alles beinhaltet hat. Daher möchte ich ihn auch nicht weiter ausbauen, auch auf die Gefahr hin, dass einige dieser Facetten nicht so deutlich werden. Ich finde es reizvoll, wenn viel Platz für eigene Interpretationen und innere Bilder bleibt.

Neben dem, was Ihr beiden beschrieben habt, also der häufigen Unfähigkeit, auf einander einzugehen, und dass es mehr Probleme auf dieser Welt gibt, für die man/frau sich interessieren sollte, sehe ich noch mindestens einen weiteren Aspekt: Der Protagonist hat Urlaub, sitzt gemütlich im Cafe, will es sich gut gehen lassen und wird von den Problemen des Alltags und der Welt eingeholt. Es versaut ihm die Entspannung, er geht. Für mich hat das schon fast etwas von Situationskomik (zumal ich Sozialarbeiter von Beruf bin, und mir hin und wieder wirklich eine Auszeit von der 'Pflicht' wünsche, mich mit Problemen auseinandersetzen zu müssen :D).

Gerade wird mir deutlich, dass anhand dieser kleinen Szene auch gezeigt wird, wie unterschiedlich man eine Situation erleben und interpretieren kann. Alle Sichtweisen haben ihre Berechtigung, es gibt kein 'Richtig' oder 'Falsch'.

Echt spannend - daher nochmals vielen Dank für Eure Rückmeldungen.

Liebe Grüße

Andreas
 
N

no-name

Gast
Lieber Andreas,

im Philosophieunterricht - ja, bei mir hieß das damals in der Schule noch "Philosophie", heute nennt man dieses Fach, soweit ich weiß, "Ethik", - habe ich mal gelernt, dass diese Form der Schuld, die man empfindet, wenn z.B. irgendwo in einem anderen Land Menschen im Krieg ihr Leben lassen, als "metaphysische Schuld" bezeichnet. Ich wollte jetzt nicht "dozieren", mir fiel das nur beim Lesen deines kleinen, aber feinen Textes als allererstes ein. ;-)

Das Verhalten deines Protagonisten ist sowas von authentisch, dass es fast schmerzt. Die eigenen Sorgen und Probleme sind uns eben näher, als das, was irgendwo anders in der Welt Schlimmes passiert. Dies ist ein zutiefst menschliches Verhalten, womit ich jetzt keine Wertung ausgesprochen haben will.

Auch ich würde dir raten, deinen Text nicht weiter auszuformulieren. Dene Zeilen sind gut und in sich geschlossen, so wie sie hier stehen, weil sie zum Nachdenken anregen - mich jedefalls.

Liebe Grüße von Hamburgerin zu Hamburger! :)

no-name.
 



 
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