Abschied
"Aber, aber, wer wird denn gleich weinen?" brummte er mir ins Ohr. Ich zog die Nase hoch und löste meinen Kopf von der kleinen Kuhle auf seiner Schulter. Die Frage erinnerte mich an meinen Opa. "Wer wird denn gleich weinen" hatte er jedes Mal gesagt, wenn er mich nach vier Wochen Ferien auf dem Lande in den Zug Richtung Heimat setzte. Ich zog die Mundwinkel nach oben und schob die Unterlippe vor. Damals hatte ich darauf immer "Ich bin doch schon groß" gesagt – heute, Jahre später, war ich wirklich groß und fühlte mich doch so klein wie selten zuvor.
Er trat einen Schritt zurück und nahm meine Hände in seine. Am liebsten hätte ich mich an ihn gekettet oder mich in seinen Armen vergraben. Ich öffnete den Mund, um genau dies zu sagen, aber eine blecherne Lautsprecherstimme schnitt mir das Wort ab: "Achtung an Gleis 9, bitte steigen Sie ein, der Zug fährt in wenigen Minuten ab! Zurücktreten bitte – Vorsicht an der Bahnsteigkante!"
Er bückte sich wie ein alter Mann, griff nach seiner Reisetasche und hängte sie sich über die Schulter, an der eben noch mein Gesicht gelegen hatte. "Ich ruf dich an, sobald ich da bin", er strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Ich nickte, schluckte, nickte.
Noch einmal drückte er meine Hand, dann drehte er sich um und stieg in den Zug. Die Tür schloss sich fast lautlos hinter ihm und durch das verspiegelte Glas konnte ich ihn nur undeutlich erkennen. Der Zug setzte sich in Bewegung und fuhr zögernd aus dem Bahnhof heraus, als ob er wusste, was er mir damit antat.
"Aber, aber, wer wird denn gleich weinen?" brummte er mir ins Ohr. Ich zog die Nase hoch und löste meinen Kopf von der kleinen Kuhle auf seiner Schulter. Die Frage erinnerte mich an meinen Opa. "Wer wird denn gleich weinen" hatte er jedes Mal gesagt, wenn er mich nach vier Wochen Ferien auf dem Lande in den Zug Richtung Heimat setzte. Ich zog die Mundwinkel nach oben und schob die Unterlippe vor. Damals hatte ich darauf immer "Ich bin doch schon groß" gesagt – heute, Jahre später, war ich wirklich groß und fühlte mich doch so klein wie selten zuvor.
Er trat einen Schritt zurück und nahm meine Hände in seine. Am liebsten hätte ich mich an ihn gekettet oder mich in seinen Armen vergraben. Ich öffnete den Mund, um genau dies zu sagen, aber eine blecherne Lautsprecherstimme schnitt mir das Wort ab: "Achtung an Gleis 9, bitte steigen Sie ein, der Zug fährt in wenigen Minuten ab! Zurücktreten bitte – Vorsicht an der Bahnsteigkante!"
Er bückte sich wie ein alter Mann, griff nach seiner Reisetasche und hängte sie sich über die Schulter, an der eben noch mein Gesicht gelegen hatte. "Ich ruf dich an, sobald ich da bin", er strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn. Ich nickte, schluckte, nickte.
Noch einmal drückte er meine Hand, dann drehte er sich um und stieg in den Zug. Die Tür schloss sich fast lautlos hinter ihm und durch das verspiegelte Glas konnte ich ihn nur undeutlich erkennen. Der Zug setzte sich in Bewegung und fuhr zögernd aus dem Bahnhof heraus, als ob er wusste, was er mir damit antat.