Als die Lichter erloschen

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Mit dieser letzten Geschichte aus Menschenhand endet alles. Die finalen Worte des einzig übrig gebliebenen Menschen in diesem Universum:
Überall ist Feuer, überall ist Flut. Menschen ertrinken in der Glut und zerschmelzen im Wasser. Sturm reißt Felsen und Steine fort und zertrümmert damit Landschaften und Häuser. Städte lodern in Feuersbrünsten, Vulkangestein rafft Inseln und umliegende Gebiete dahin und Erdbeben vernichten große Brücken und hohe Gebäude.
Die Naturkräfte haben sich gegen diesen Planeten und damit gegen sich selbst verschworen. Die Welt begeht Selbstmord und wir Menschen stecken da mit drinnen. Nun sind alle tot, bis auf mich einsame Seele. Doch auch ich werde bald von einem glühenden Felsbrocken oder von einer Flutwelle überlistet werden. Dabei wehre ich mich nicht einmal. Ich sitze einfach nur da und sehe den brennenden Überresten von Häusern, Autos und Menschen zu, wie sie tot und unbrauchbar an ihrer Stelle in dunklem Rauch zum roten Himmel aufsteigen. Ich habe keine Angst und keine Sorgen, bin nur erschöpft. Erschöpft von den Gedanken die mich noch vor einigen Stunden überrannten, ehe der Weltuntergang so überraschend losbrach. Ich mußte mir Sorgen machen um meine Arbeit, meine Beziehungen zu Menschen, um die soziale Situation unserer Wirtschaft, um den Schmerz den so viele Menschen täglich verbreiten und verursachen, um die Zukunft, um die Vergangenheit, ...
Jetzt ist es vorbei und ich bin erleichtert als ich daran denke. Im Hintergrund höre ich das zischen des Windes der zwischen meinem Schutzwall aus Autoreifen und einer zerstörten Mauer hindurchdringt. Meine Kleidung ist verrissen und dreckig von der Asche die sich auf dem Asphalt verteilt hat. Mein Sweatshirt und die Hose flattern mit den Flammen im Hintergrund synchron zu einem steifen Windstoß.
Wir Menschen haben viel falsch gemacht. Doch wir waren selbst daran schuld. Bevor sich die Weltmächte mit Atomwaffen vernichten konnten hat der Planet selbst die Initiative ergriffen. Er hat rebelliert gegen die unerträglichen Menschen. Dabei hätte er uns sicher noch viele Jahre erdulden können. Die Natur war immer mächtiger als der Fremdkörper Mensch. Zu jeder Zeit. Ich denke der Planet hatte einfach Lust auf einen Neuanfang. Ihm hat der Hintern gejuckt und nimmt darum jetzt eine komplette Dusche. Er lässt sich eine neue Frisur schneiden. Sein Gesicht gefiel ihm nicht mehr und lässt sich gerade chirurgisch ein neues zurechtbasteln. Darum lässt die Natur gerade die Hölle los. Wir Menschen haben einfach ausgedient. Wir sind nicht mehr interessant oder nützlich. Wir haben schon alles gesehen und ertragen müssen. Wer hatte eigentlich noch Angst vor der Apokalypse?
Ich lehne mich immer noch an meine Autoreifen und frage mich warum ich keine Furcht vor meinem bevorstehenden Ableben habe. Dann kommt mir die Antwort: Weil mir jetzt niemand mehr etwas anhaben kann. Ich bin auf mich alleine gestellt und muß mich vor niemandem mehr rechtfertigen. Ich habe mich selbst überwunden. Ich bin frei!
Ich sehe senkrecht hinauf und sehe das große rauchende Gebäude hinter mir wanken und erkenne wie es den Gesetzen der Schwerkraft nicht mehr wiederstehen kann, sich über mich beugt und dann beginnt zu fallen. Ich lächle nochmals anhaltend weil ich das Gefühl bekommen habe, das ich in meinem Leben bis zu diesem Zeitpunkt immer vermisst habe.
Und das Licht der Welt erlischt.
 



 
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