Als ein Sandkorn

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Walther

Mitglied
Als ein Sandkorn


Ich steh am Ufer unverrückt
Steine wären zu bewegen
Will das Leben widerlegen
Dass endlich wieder mal was glückt

Tropfen aus dem wilden Regen
Sie fließen Quell in Bach in Fluss
In See ins Meer ich steh und muss
Widerspiegeln mich entgegen

Allen Fließens Richtung weiter
Warten werde nicht gescheiter
Denn der sich gegen Mächte stemmt

Und der das Wasser dämmt und hemmt
Wird geschliffen und zerklüftet
Als ein Sandkorn abgedriftet
 
S

Spaetschreiber

Gast
Kürzer

Klasse! Klasse! Klasse!

Die ersten beiden Strofen sind so unglaublich, dass sich der Rest erübrigt. (für mich, als jemanden der sich seine Bilder malt). Billy Wilder sagte mal: "gib den Leuten Zeit". In diesem Falle auch. Gib ihnen Zeit, zum zurücktreten, denn erst dann sieht man das ganze Bild.

Wirklich schön Walther, wirklich.

LG
Tom
 

Walther

Mitglied
Hallo Spaetschreiber,

das ist mir so "rausgerutscht". Es gehört zu den Orchideensonetten (das erste kam gar nicht an). Es sind schon weitere geschrieben, die vielleicht noch den Weg in die Lupe finden.

Mal sehen, was sich noch tut, wenn sichs tut. :D

Danke für die lobende Erwähnung. Immer wenn man sich an eine neue Form wagt, ist gerade solch ein kleines (!) Lob unglaublich wichtig. :)

Lieber Gruß und schöne Woche

der W.
 

Walther

Mitglied
Achso, lb. Spaetschreiber,
ne kleine Bewertung wäre auch nicht schlecht. :) In letzter Zeit bin ich ein wenig auf "Entzug". Ich hab's wohl übertrieben.
Dank + Gruß W.
 
Hallo Walter,
ich kann die Begeisterung von Spätschreiber nicht teilen , einfach deswegen, weil ich dein Gedicht nicht so recht verstehe.
Verstehen kann ich auch nicht, dass du auf alle Satzzeichen verzichtest.
Der Satz ''Sie fließen Quell in Bach in Fluss'' erscheint mir sehr seltsam.
Doch vielleicht habe ich ja auch ein Brett vor dem Kopf.
Es grüßt dich
Marie-Luise
 
S

Spaetschreiber

Gast
@ Marie

So sehe ich das:
Ich steh am Ufer unverrückt
---zweifelnd und mit dem Blick auf Weite...
Steine wären zu bewegen
---Zögerlich ob der Entscheidungen....
Will das Leben widerlegen
---Nachdenklich ob jeder Schritt denn auch geglückt...
Dass endlich wieder mal was glückt
---Und voller Hoffnung auf bessere Zeiten



Tropfen aus dem wilden Regen
---und es mehren sich Teichen für Teilchen zu einem Großen
Sie fließen Quell in Bach in Fluss
---und erobern erwartungsvoll, ständig wachsend, alles mitreißend eine neue Welt
In See ins Meer ich steh und muss
---und ich darin mich wehre, nur vorwärts liegen bess’re Zeiten
Widerspiegeln mich entgegen
---und wieder sehe ich mich selbst in tausend Spiegelbildern der vergangenen Tage




Mehr Tiefsinn braucht dieses Gedicht nicht. Nicht für mich. Aber ich bin wie Walther nur ein Sandkorn. *zwinker

LG
Tom
 
Hallo Spaetschreiber,
trotz deiner Erklärungen, die ich gut finde, bleibt mir Walters Gedicht ein Rätsel.
Habe deine Erklärungen mal ein bisschen ''verreimt''
Viele Grüße,
Marie-Luise


Ich steh am Ufer unverrückt
zweifelnd und mit dem Blick in Weiten.
Nachdenklich, ob jeder Schritt mir glückt..
Bin voller Hoffnung und erwartungsvoll auf gute Zeiten.
Es reiht sich Stück für Stück, bis man Großes bald in Händen hält.
Ich möcht erobern erwartungsvoll die neue, schöne Welt
Vorwärtsblickend seh' ich bess're Zeiten.
Lass mich von tausend Spiegelbildern vergangner Zeiten leiten.
 

Walther

Mitglied
Hallo Marie-Louise,

wie ich sagte, spiele ich ein wenig mit der Form. Daher kann das eine oder andere durchaus diskutiert und moniert werden.

(1) Warum keine Satzzeichen

Zum Einen, weil sich dadurch zusätzliche Bedeutungen ergeben. Das ist insbesondere bei Enjambements zu beobachten. Zum Zweiten, weil der Text dadurch - ebenso wie er Geschwindigkeit verliert zugleich - Geschwindigkeit gewinnt, wenn man sich dem Rhythmus überläßt.

(2) Bedeutung

Letztlich ist es das alte Bild des Scheiterns dessen, der sich gegen die Wasser (welche auch immer) stemmt. Er wird zermahlen.

Auf den konkreten Punkt eingehend: Regen(wasser) fließt in den Quell, der in den Bach, der in den Fluß, der in den See oder oder das Meer. Eigentlich denkbar einfach, so aber wird das Kataraktartige des Fließens betont, man sieht das Wasser regelrecht.

(3) Herangehensweise an diese Texte

Man sollte sich einfach dem Flow (= dem Fließen) der Sprache überlassen und erst bei zweiten Lesen den Sinn in seinen Teilen zu erschließen versuchen. Wie sagt unser aller Herbie? Kopf aus - tanzen!

Lieber Gruß W.
 
Hallo Walter,
ich habe dein Gedicht mehrmals gelesen, doch mit ''sie fließen Quell in Bach und Fluss'' kann ich mich nicht anfreunden..Hieß es ''Fließen [blue]in[/blue] Quell, in Bach, in Fluß'' wäre das für mich okay.
Ebenfalls gefällt mir das Weglassen der Satzzeichen nicht . Nicht nur die Metrik, sondern auch die Satzzeichen bestimmen den Rhythmus eines Gedichts. Sagt man von einem Menschen:
[blue]Er redet ohne Punkt und Komma[/blue], so meint man, dass er etwas herunterleiert.
Doch das ist ja nur meine Meinung. Wie ich gelesen habe, finden es Spätschreiber und Gerd Geiser ganz toll.
Weil ich es nicht so recht verstehe, würde ich es auch nicht schlecht benoten. Ich wollte einfach nur meine Meinung dazu sagen.
Es grüßt dich
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Hallo Marie-Louise,
für Deine Hinweise bin ich wirklich sehr dankbar. Das ist ein Versuch, also sei es mir gestattet, mich und meine Überlegungen auch "zu verteidigen". Ich habe aber die Weisheit nicht gepachtet, und ich lasse es auch, auf andere Lyriker zu verweisen, "die ohne Punkt und Komma reden". Das bringt nichts und würde Schlechtes nicht besser machen.
Letztlich kann man mit solchen "Spielen" nicht alle überzeugen und einfangen. Dessen bin ich mir bewußt.
Lieben Dank und eine schöne Woche!
Beste Grüße vom W.
 
Hallo Walther,
nur noch eine Kleinigkeit - nicht das Sandkorn betreffend -:
Sagt unser aller Herbie nicht Kopf [blue]hoch [/blue]- tanzen?
Dir auch eine schöne Woche.
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Hallo Marie-Louise,
ich hatte "aus" verstanden und gelesen. Da Herbie aber ziemlich nuschelt, kann (und wird, Du kommst aus der Gegend) Deine Version wohl die richtige sein! :)
Gruß W.
 
S

Spaetschreiber

Gast
Herbie?

Wer zum Geier ist "Herbie". Herbie Hancock?
Ich kenne nur Schrödi, der wohnt hier gleich umme Ecke ...

Klärt mich mal auf..
 

Gerd Geiser

Mitglied
Hallo Walther,

ein sehr schönes Gedicht, weil es eine tiefe Wahrheit quasi fließend transportiert. Und gerade die "Quell in Bach" Stelle finde ich besonders gelungen, hier beginnt das Fließen bzw. das Leben. Allein die Vokabel "abgedriftet" stört für mein Empfinden ein bischen den Sprachductus.

wird geschliffen nach Belieben
und als Sandkorn aufgerieben

wird geschliffen und gerieben
und als Sandkorn fortgetrieben

Ich nehme mal an, dass ein weiblicher Reim am Ende garnicht zulässig ist.

Oder lass es, wie es ist, es ist gut.

LG,
Gerd
 
Tropfen aus dem wilden Regen
Sie fließen Quell in Bach in Fluss

Hallo Walther,
es ist schon seltsam, dass Gerd die Stelle, die mir nicht so gefiel, besonders hervorgehoben hat.
Habe ich denn gar nichts verstanden?


Können denn Tropfen Quell fließen?

Viele Grüße
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
Hallo Gerd,

Deine Formulierungen lösen in der Tat eine Problemstellung, die mich umgetrieben hat. Als Alternativversion eine richtig gute Idee.

Irgendwann habe ich dann gesagt, laß das Kantige doch einfach stehen. Es baut auch sprachlich diesen starren Widerspruch zwischen dem Fließen, das gewinnt, gegen das Störrische, das da steht, als ob es gewinnen könnte, auf.

Danke für den Tip, den ich sicherlich noch eine Weile in mir hin- und herbewegen werde.

Lieber Gruß W.
 
Hallo Walther,
er fließt aus dem Quell in ...

Stünde es so in deinem Gedicht, hätte ich kein Wort darüber verloren.
Viele Grüße
Marie-Luise.
Ps. Ich habe den Sinn wohl verstanden!!!!
 

Walther

Mitglied
Liebe Marie-Louise,
Du hast natürlich recht, und es ist Haarspalterei. :) Was machen wir nun? ;)
Lieber Gruß W.
PS.: Vorschlag: Wir stellen zwei Versionen ein!
 



 
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