Als ich 6 war...

Kiara

Mitglied
Als ich 6 war


Als ich sechs war passierte es,
ich wachte auf aus einem tiefen Loch.
Tiefe Stille im Krankenhausflur
und ich lauschte der Stille noch und noch.

Die Schwester kam und lächelte.
*Da sind wir ja wieder, kleine Maus*.
Doch ich schaute sie nur stumm und ängstlich an,
brachte keinen Ton aus mir heraus.

Im Zimmer stand ein Radio,
mein Bettnachbar machte es an.
Ich sagte, he, mach lauter du,
damit ich auch was hören kann.

Die Erkenntnis nichts zu hören, traf mich wie ein Blitz,
ich wollte schreien, doch ich konnte es nicht.
Ich fing an zu weinen, was ist nur mit mir?
Ich kam mir gefangen vor, wie ein Tier.

Die Schwester kam wieder und tröstete mich.
Sie sagt, es ist schlimm und traurig für dich.
Doch darfst du jetzt nicht mutlos sein,
du hast ein Kämpferherz und ist es auch noch klein.

Ganz heftig stürzte eine Welt für mich ein,
ich wollte ganz stark sein und hab doch geweint.
Nie wieder hören, ich konnte es nicht verstehen,
wie sollte mein Leben nur weiter gehen?

Und wieder zu Hause, so allein war ich dann,
doch meine Freunde besuchten mich, ab und an.
Sie lachten und scherzten, doch ich verstand sie nicht.
Verkroch mich lieber in die Ecke und beachtete sie nicht.

Sie fragten, was ist den los mit dir,
ich gab keine Antwort, sondern verkroch mich in mir.
Traurig gingen sie nach und nach alle nach Haus,
ich schaute ihnen nach zum Fenster hinaus.

In eine neue Schule musste ich,
alles war mir so fremd, es war fürchterlich.
Mit den Händen sprechende Kinder hab ich da geseh`n
Und dachte, wie soll ich den Tag übersteh`n.

Der Lehrer kam, er nahm meine Hand
und sagte, Mädel komm, setz dich auf diese Bank.
Der Unterricht ging los, doch ich verstand einfach nichts.
Ganz verzweifelt schaute ich dem Lehrer ins Gesicht.

Seine Lippen formten Wort für Wort,
und ich verstand nichts, ich wollte nur fort.
Doch langsam fing ich zu begreifen an,
dass ich mir Mühe geben muss und kämpfen kann.

Es dauerte nicht lange, dann klappte das Lippenlesen gut,
und das gab mir immer mehr neuen Mut.
Die Gebärdensprache lernen wollt ich auch,
und übte das Finger-Alphabet zu Haus.

Dann kamen auch meine Freunde wieder,
das Leben machte mir wieder Spaß.
Gemeinsam sangen wir unsere Kinderlieder
Und übten Absehen und Gebärdensprache, bis es richtig saß.

Der Weg war schwer, der Weg war steinig,
doch habe ich es nun geschafft.
Ich stehe wieder mitten im Leben
Und das gibt mir neue Kraft!
 
S

Silvi Degree

Gast
Guten Morgen,liebe Simone ,ich wünsche dir einen schönen Frühlingsanfangtag.Hier zeigt sich der Himmel regengrau und -in den nächsten Tagen wird er wohl auch nicht blau.

Bewundernswert,wie du dir damals den Weg in dein neues Lebensgefühl bahntest!

Liebe Simone, nur kleine Tipps:
1.Str:überhaupt das "ICH" ganz weg lassen -ergibt mehr Spannung.

6.Str: "GANZ" ganz weg lassen - 1.Zeile durch "plötzlich" ersetzen.
Wie vermerkt -nur Tipps -bin ja auch noch Neuling hier unter den Autoren.

Ich freue mich,dass wir uns im gestrigen LL -chat begegneten -ich fand den chat überaus interessant und sehe jetzt alles mit anderen Augen.
Habe einen angenehmen Tag
Silvi
 

Kiara

Mitglied
Liebe Silvi,

auch dir einen schönen Guten Morgen. Auch hier ist alles Grau in Grau,aber angenehm mild,so daß einem grösseren Spaziergang mit den Hunden nichts im Wege steht.

Danke für deinen Tipp,den ich mir gern zu Herzen nehme,ich habe gestern schon sehr an diesem Gedicht gefeilt,den seit ich hier bei LL bin,bin ich doch sehr kritischer gegenüber meiner und anderer Gedichte geworden.

Einen schönen Tag und liebe Grüsse von.....
 
W

willow

Gast
Hallo liebe Kiara,

über Technisches möchte ich gar nicht sprechen, denn der Inhalt ist es, der hier zählt.
Fasziniert hat mich die klare Sprache, mit der du, trotz Reim (ich hätte vermutlich eine Erzählung daraus gemacht) deine anfängliche Angst und Verzweiflung zum Ausdruck bringst, gleichzeitig aber auch den Weg hinaus aufzeigst. Das Leben geht eben weiter und wie -abgedroschen der Spruch auch klingen mag- irgendwie ist es genau das, was uns in schweren Situationen über Wasser hält. Die Gewissheit, dass sich, unabhängig von dem, was passiert, die Welt morgen auch noch drehen wird. Gerade in einem solchen Fall wird das wieder überdeutlich.
Ich habe versucht, mich einzufühlen in deine Welt und dabei ist mir durch dein Gedicht klar geworden, welche Angst du gehabt haben musst und wie viel es dich gekostet haben wird, dein Leben quasi von vorne zu beginnen - neu sprechen zu lernen...und das machst du in deinem Gedicht für andere fühlbar, das macht dein Gedicht für mich wertvoll.

Lieber Gruß,

willow
 



 
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