Als sie die gelben Blüten stahl

spectacle

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Als sie die gelben Blüten stahl

Als sie die gelben Blüten stahl und so in ihrer Hand hielt, wurde sie traurig.
Aus einer Lust heraus hatte sie es getan. Nun hielt sie zwei Blüten in der Hand.
Blüten, die in ihrer Hand sterben würden, ab dem Moment, als sie diese aus einer Laune heraus gepflückt hatte.
Sterbende Nachtkerze.

Sie hatte sie getötet. Traurig starrte sie die Blüten an, die sinnlos vor sich hin leuchteten.
Blütenmörderin. Hatte sie nicht gewollt. Blüten töten. Verärgert warf sie diese auf den Boden.
Es traf sie tief, wieder das Gefühl, dieses Gefühl, dass ihr nichts gelang. Alles falsch, immer machte sie alles falsch.
Genauso hatte sie ihre Liebe getötet.

Schüttelte den Kopf, wollte den Gedanken an ihn herausschütteln. Ihn wollte sie haben, ganz haben.
Die Blume ihres Lebens, schoss es ihr durch den Kopf, das war er gewesen.
Sie wollte ihn pflücken und hätte dadurch die Liebe getötet.
Sie wollte mehr als ihn nur betrachten, umgarnen, sich in seinem Blütenlicht sonnen, sie wollte alles.
Und hatte alles verloren.

Er hat sich nicht pflücken lassen, dachte sie. Und ich hab ihn weggejagt aus meinem Leben. Nur deshalb.
Alles falsch. Verloren habe ich ihn. So oder so.

Mein Schönauge, mein Schildkrötengemahl, meine Lust, mein Koch, mein Lachen, das ich in ihm wiedergefunden hatte.
Weggeworfen, weil er sich nicht pflücken lassen wollte.

Sie starrte wütend auf die Blüten, die immer noch auf dem Boden leuchteten, vielleicht noch ein paar Stunden, dann würden sie anfangen zu welken, ganz langsam erst, sie würden verdursten, harte Linien würden sich in die Blütenblätter einzeichnen, sie würden faltiger werden und ganz austrocknen.
Das wollte ich meiner Liebe antun, dachte sie enttäuscht von sich selbt.

Als sie nach oben schaute, blickte sie in die Sonne und wandte schmerzhaft ihre Augen ab.
Licht tut weh. Sie wollte kein Licht mehr. Nicht mehr ihn und nicht mehr Licht.

Es tat ihr weh, das Licht, das Verlorenfühlen, die weggeworfenen Nachkerzenblüten.

Hinlegen befahl sie sich, hinlegen in das weiche Gras, es hat sich doch nichts verändert. Die Natur nicht, alles um mich herum wächst und vergeht gefühllos weiter. Nur ich liege hier und heule. Alles hat keine Bedeutung oder doch.
Der Sinn in allem ist nicht vorhanden. Nur der Moment.
Der Moment, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein.
Und trotzdem fühlt es sich richtig an.

So war es immer gewesen, immer nie richtig in dieser Welt angekommen, eine Lücke zu spüren zwischen sich und der Welt. Keine Brücke gefunden, keinen Weg dahin.
Manchmal war sie so wütend darüber. Doch ihr Sturm tobte innerlich.
Immer dieses Andersseingefühl. Sie hatte es sich nicht ausgewählt.

Es gab Menschen, die waren sehr anders, sehr einzigartig. Und stolz darauf.
Sie war es ohne ihr Zutun, wirkte merkwürdig auf andere Menschen. Immer wieder abgelehnt, es verletzte sie. Dabei wollte sie dazugehören. Dazugehören.

Die Sonne wärmte sie. So lag ein Mensch im Gras, müde wegen der vergossenen Tränen, müdegewärmt durch die Sonne, einschlafend aus Trauer. Ewiger Trauer bis zum Tod.

Warum nicht hier sterben, gleich jetzt hier, wo es warm und gemütlich ist? Hier auf der Wiese, lieber tot und gefressen von Tieren, als beweint und verscharrt auf dem Friedhof?
Niemand hatte sie an diesem sonnigen Tag davon abgehalten, getrocknete Hortensie zu rauchen. Tödliche Hortensie. Sie kannte sich aus, Hortensien, voll mit Blausäure. Sie lag auf dem Rücken und hielt die Blütenblätter der Nachtkerze in ihrer Hand, rauchend, vergessend. Sterbend.

So fand sie ein Jäger zwei Wochen später mit einem Abschiedsbrief, den sie sorgsam mit einem Stein beschwert neben sich gelegt hatte. Doch der Regen hatte ihre Worte gelöscht. Es war nur noch weißes Papier, unbeschrieben, wie einst ihre Seele, die beschlossen hatte, anders zu sein, ohne sie zu fragen.

Hätte der Regen ein Einsehen gehabt, hätte man lesen können., Man hätte Zeilen der Sehnsucht, Zeilen der Enttäuschung, Zeilen der Einsamkeit gefunden. Der Regen war gefühllos, der Regen war Natur. Nichts hatte sie gerettet.
 

Sebahoma

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Hallo spectacle,

so ganz kann ich den Text nicht nachvollziehen. Jemand ist anders als die meistenn und leidet darunter. Das Grundmotiv finde ich schon verständlich. Aber manche Stellenn passen für mich nicht ganz oder vielleicht habe ich es auch nur nicht verstanden.

Alles hat keine Bedeutung oder doch.
Ich würde vielleicht das "oder doch" weglassen, denn sie scheint sich eher so zu fühlen, dass für sie nichts mehr eine Bedeutung hat.

Und trotzdem fühlt es sich richtig an.
Aber warum fühlt es sich für sie dann doch richtig an?

Das sollen nur Denkanstöße sein. Wenn sie dir helfen, freut es mich, wenn nicht, ignoriere sie.

Viele Grüße und viel Spaß weiterhin,
Sebahoma
 



 
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