Am Strand

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Hilga

Mitglied
Am Strand

"Ping" Der Aufzug war endlich da und die silbernen Türen glitten zur Seite. Für die Größe des Gebäudes erschien er relativ klein, aber so früh am Morgen war er Gott sei Dank noch leer. Er nahm einen tiefen Atemzug, verfluchte zum x-ten Mal, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte und machte einen Schritt hinein. Fast hatten sich die Türen schon geschlossen, als eine Frau noch schnell hinein schlüpfte. Er sah sie nicht an und drückte sich in eine Ecke, die Augen starr auf die Tür gerichtet.

"Guten Morgen", grüßte sie freundlich, mit einer angenehmen und erstaunlich warmen, vollen Stimme. Überrascht sah er hoch. Sein Blick glitt über die ausgeblichene Jeans, das sandfarbene T-Shirt und die helle Sommerjacke zu ihren dunkelbraunen Locken und fing sich dann in ihren eisblauen Augen. Sie lächelte ihn freundlich an, doch er war schon zu sehr mit der Enge des Aufzugs beschäftigt, um noch einen Gruß heraus zu bringen. Schnell lenkte er seinen Blick wieder auf den Boden. Sie drückte den Knopf der achten Etage und lehnte sich entspannt an die Wand. Seine Hände wurden feucht, doch er zwang sich still zu stehen und die Schultern zu entspannen. Es schien, als wollte der Aufzug ohne einen weiteren Zwischenhalt bis zum siebten Stock durch fahren, als ein hartes Rucken und ein kurzes Zittern die Fahrt unterbrachen. Die Bewegung hatte aufgehört, aber die Türen öffneten sich nicht. Seine Fäuste verkrampften sich, aber er versuchte noch nicht darüber nachzudenken, was das jetzt bedeutete. Sie seufzte und drückte noch einmal auf den Knopf für die Achte. Es tat sich nichts.

"Mist, sieht aus, als wenn wir hier festhängen", stellte sie mit einem Seufzen fest. Inzwischen hatte sich sein Herzschlag schon erheblich beschleunigt und ihm war unangenehm heiß. Noch wollte er die Anzugjacke nicht ausziehen, aber mit zitternden Fingern lockerte er die Krawatte und öffnete den oberen Hemdknopf. Starr hielt er seinen Blick auf den Boden gerichtet und sah nur aus dem Augenwinkel, dass sie den Alarmknopf drückte. Der Kloß in seinem Hals wuchs in unschluckbare Dimensionen und er versuchte verzweifelt sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich eine Stimme über den internen Lautsprecher. Die Frau unterhielt sich mit der körperlosen Stimme, aber er musste sich so sehr auf das Atmen konzentrieren, dass er nicht verstand, was sie besprachen. Inzwischen standen Schweißperlen auf seiner Stirn und er hatte das Gefühl seine Beine wären aus Gummi. Plötzlich stand sie vor ihm, sagte irgendetwas und legte beide Hände auf seine Schultern. Dadurch fühlte er sich noch mehr eingeengt und mit einer schnellen Bewegung wischte er ihre Hände zur Seite.

"Setzen Sie sich!" Der Befehlston drang zu ihm durch. Er hätte sich ohnehin nicht mehr viel länger auf den Beinen halten können. Langsam ließ er sich mit dem Rücken an der Wand herabgleiten. Inzwischen lief ihm der Schweiß in die Augen und sein Atem ging keuchend. Gleich würde in diesem kleinen, engen Raum nicht mehr genug Luft sein und die Wände würden über ihm zusammenstürzen. Fahrig wischte er mit den Händen durch sein Gesicht und versuchte verzweifelt genug Luft in seine Lungen zu bekommen. Wie durch einen Nebel sah er, dass sie sich neben ihn setzte und ihr Handy vor ihm auf den Boden legte. Ein seltsames Geräusch wie Meeresrauschen hörte er aus Richtung des Telefons und plötzlich spürte er, dass sie seine Hand nahm. Sie öffnete seine verkrampfte Faust und flocht ihre Finger in seine.

"Machen Sie die Augen zu." Ihre Stimme war kräftig genug, um über sein verkrampftes Keuchen hinweg zu ihm durch zu dringen. Er schloss die Lider und knetete verkrampft ihre Finger zwischen seinen beiden Händen.
"Wir sind am Meer und sitzen am Strand, ganz vorne am Wasser, wo der Sand fest ist. Rutschen Sie ein wenig nach vorn, nicht anlehnen." Er schob sich etwas vor und löste widerstrebend seinen Rücken von der Wand.
"Die kleinen Wellen direkt vor unseren Füßen ziehen sich immer weiter zurück. Es ist Ebbe, das Wasser geht langsam zurück, wir haben immer mehr freien, feuchten Sand vor uns. Die Möwen segeln hoch oben und man kann ihre Rufe kaum hören. Sie müssen genau hinhören." Ihre Stimme wurde etwas leiser und er musste sich anstrengen, sie zu verstehen. Erstaunt stellte er fest, dass er nicht mehr so laut keuchte.
"Die Luft riecht nach Meer, salzig und auch nach Seetang. Riechen Sie das?" Er schüttelte den Kopf.
"Sie müssen tiefer einatmen, viel tiefer. Versuchen Sie es noch einmal. Die salzige Luft riecht wunderbar." Zittrig versuchte er tiefer zu atmen. Es klappte. Tief sog er die Luft ein, aber es war ihr Parfüm, das ihm in die Nase stieg.
"Wie ist das Wetter?" Mit der Frage hatte sie ihn überrumpelt.
"Stürmisch", keuchte er, immer noch zu sehr mit Atmen beschäftigt, für eine längere Antwort. Sie verstärkte den Griff ihrer Hand und lachte.

"Halten Sie sich gut fest, nicht dass Sie noch weggeweht werden. Die Wellen werden heftig vom Wind gepeitscht und feine Gischt sprüht herüber. Es ist ganz ordentlich kalt." Plötzlich hatte sich sein Arm um ihre Schulter gelegt, ohne dass er darüber irgendwie nachgedacht hätte. Er hielt inne und erwartete, dass sie den Arm weg schieben würde, aber sie ließ ihn dort.
"Danke, jetzt ist mir etwas wärmer." Ein Lächeln war in ihrer Stimme zu hören.
"Hinten am Horizont wird es heller. Vielleicht hört der Wind bald auf und die Sonne kommt später noch heraus." Ihm wurde bereits warm, eine angenehme Wärme, die von ihrem Körper ausging, der jetzt so nah bei seinem war.

"Wenn die Sonne später den Strand etwas aufwärmt, könnten wir noch ein wenig am Wasser entlanggehen, Was meinen Sie?" Tief holte er Luft und ihr Duft machte ihn fast schwindelig. Er nickte wortlos und wünschte sich, er könnte sie fester in seine Arme ziehen. Das würde sie sicherlich nicht zulassen. So zog er es vor, einfach sitzen zu bleiben und über den Strandspaziergang nachzudenken. Plötzlich ging ein Beben durch den ganzen Aufzug und er hatte das Gefühl, er würde sich nach oben bewegen. Bereits wenige Sekunden später öffneten sich die Türen und zwei Techniker sowie einige Leute vom Hotelpersonal starrten sie an.

"Geht es Ihnen gut? Was machen Sie da, auf dem Boden, haben Sie meditiert?" Die Frau lachte.
"Wir waren inzwischen am Strand, da war es schöner als in Ihrem Aufzug." Gemeinsam standen sie auf und traten aus dem Aufzug ohne die Hände von einander zu lösen. Der Hotelchef und sein Stellvertreter wuselten um sie herum und entschuldigten sich wortreich.
"Es tut uns sehr leid, das das passiert ist. Wir hoffen sehr, dass es Ihnen keine zu großen Unannehmlichkeiten bereitet hat. Das Hotel würde Sie gern als Entschuldigung heute Abend in unser Restaurant einladen. Ein Abendessen à la carte inklusive der Getränke. Wären Sie damit einverstanden?" Hoffnungsvoll ließ der Hotelchef seine Blicke zwischen ihnen hin und her gleiten. Er sah sie fragend an und sofort hing sein Blick wieder in ihren strahlenden Augen fest. Sie sah in seine Seele, bis in die allerletzte Tiefe hinunter und das kleine Teufelchen in seinem Kopf wunderte sich, dass sie sich nicht abwandte, vor der Schwärze. Sie war noch da, und sie nickte, wozu noch gleich? Ach ja, ein Abendessen. Mit einem Sprung hüpfte sei Herz in den Hals und er konnte nichts mehr sagen.

"Um acht?" Sie sah ihn fragend an und er nickte wieder nur wortlos. Der Hotelmanager schien hocherfreut und ließ sie endlich allein. Immer noch standen sie so da, die Finger ineinander geflochten und sahen sich an. Er schluckte heftig, damit sein Herz endlich wieder in die Brust zurückrutschte, wohin es gehörte. Dann trat sie einen Schritt zurück.
"Ich muss noch eine Etage höher, aber ich denke, ich werde die Treppe nehmen." Ihr fröhliches Lachen ließ ihm das Blut in den Kopf steigen und er war sicher, dass er in diesem Moment krebsrot angelaufen war.
"Bis heute Abend dann." Damit drehte sie sich herum und verschwand hinter der Tür zum Treppenhaus.

Sprachlos stand er immer noch da und sah die Tür an, hinter der sie verschwunden war. Es war ihm gleich, dass er sich durch die Aufzugpanne jetzt deutlich verspätete. Er hatte sich nicht bei ihr bedankt und er wusste noch nicht einmal ihren Namen. Langsam drehte er sich um und ging um die Ecke, den langen Gang herunter. Vor dem Saal schritt jemand ungeduldig auf und ab und verschwand bei seinem Anblick mit einem erleichterten Seufzen durch den schmalen Spalt zwischen der Doppeltür. Dann hörte er eine Ankündigung mit seinen Namen und aufbrandenden Applaus. Hoffentlich würde sie heute Abend kommen. Sich bei ihr zu bedanken, war ihm auf einmal furchtbar wichtig. Vielleicht, wenn er sehr viel Glück hatte, dürfte er sie später noch einmal zu einem Essen einladen. Er verdankte ihr so viel mehr, als sie sich vorstellen konnte. Wäre er allein im Aufzug gewesen, wäre er jetzt ein zitterndes, nervliches Wrack, völlig unfähig, diese wichtige Rede zu halten. Ein letztes Mal holte er tief Luft, dachte an den Strand und mit einem Lächeln betrat er den Saal.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Hilga, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Schöne Geschichte!


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 

Ord

Mitglied
Hallo Hilga,

ich habe versucht, einen Kommentar zu Deiner Geschichte "Am Strand" zu schreiben und dabei festgestellt, dass ich erst einmal lernen muss, wie man einen Text richtig analysiert.
Du hast mir ein gutes Beispiel geliefert, wie solch ein Kommentar auszusehen hat, aber ich benötige etwas mehr Zeit. Ich muss erst einmal herausfinden, was dort hineingehört.
Ich schreibe Dir, weil ich gesehen habe, dass Du für die Geschichte noch keine Rückmeldung erhalten hast, obwohl sie schon vor einiger Zeit eingestellt und so oft aufgerufen wurde.
Ich bin so nett von der Leselupe empfangen worden, habe durch die Kommentare dazugelernt und wünsche mir, dass es Dir auch so ergehen soll.

Vorweg: Deine Geschichte gefällt mir, ich steckte mit im Fahrstuhl fest und konnte die Angst des Protagonisten gut nachvollziehen.

Ich versuche, einen brauchbaren Kommentar zu verfassen; außerhalb des Wochenendes hat mich das Alltagsleben allerdings fest im Griff.

Du könntest mit einigen Wortwiederholungen arbeiten, die mir aufgefallen sind, unter anderem:

Sie öffnete seine verkrampfte Faust und flocht ihre Finger in seine.

"Machen Sie die Augen zu." Ihre Stimme war kräftig genug, um über sein verkrampftes Keuchen hinweg zu ihm durch zu dringen. Er schloss die Lider und knetete verkrampft ihre Finger zwischen seinen beiden Händen.

Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit!

Viele Grüße

Ord
 

Hilga

Mitglied
Danke

Hallo Ord,
vielen Dank für deine Zeit, die du in meinen kleinen Text investiert hast und vielen Dank für dein Feedback.
Es hat mich auch gewundert, das bei mehr als 1500 Aufrufen bisher noch niemand eine Meinung zum Text hatte (oder Lust hatte sie zu äußern).

Oh Wortwiederholungen, ja meine Dauerbaustelle. Werde daran arbeiten. :)
Liebe Grüße
Hilga
 

Ord

Mitglied
Hallo Hilga,

schön, dass Du ebenfalls den Weg zur Leselupe gefunden hast.

Wie ich schon geschrieben habe, gefällt mir Deine Geschichte, ich steckte mit im Fahrstuhl fest und konnte die Angst des Protagonisten gut nachvollziehen.
Hier ist nun der versprochene ausführliche Kommentar:

Von der Überschrift ausgehend erwartete ich eine Geschichte, die am Strand spielen würde, fand mich jedoch überraschend vor einem Fahrstuhl wieder.
Wie komme ich nun von hier aus an den Strand? Meine Neugier war geweckt.

In der Einleitung wird gezeigt, dass es dem Protagonisten Unwohlsein bereitet, einen Aufzug zu benutzen und er diese Situation gerne alleine bewältigen würde.

Im weiteren Verlauf beschreibst Du die Stress-Symptome sehr gut, die Menschen zeigen, die an Klaustrophobie leiden: feuchte Hände, verkrampfte Haltung, beschleunigter Herzschlag, Schweißausbruch, gefühlt "Beine aus Gummi", erschwertes Atmen.
Oft stellen sie sich die Frage: "Was denken die anderen, wenn sie mich so sehen?"

Du verstärkst diese Verunsicherung noch, indem Du den Mann zusammenbrechen lässt.
In einer angespannten Situationen bewahrt normalerweise der männliche Part den kühlen Kopf, beschützt und beruhigt die Frau.
Meiner Meinung nach hat der Protagonist dadurch das Gefühl, versagt zu haben, weil er seiner "Beschützerrolle" nicht gerecht werden kann. Deshalb glaubt er nicht, dass diese Frau im Aufzug Interesse an ihm zeigen könnte, nachdem er sich derart vor ihr "entblößt" hat.

Auf die Protagonistin wirkt das Verlieren der Fassung des Leidenden nicht abstoßend.
Sie hilft ihm, indem sie ihn auffordert, bewusst tief ein- und auszuatmen und sorgt durch eine Gedankenreise an einen Strand für Ablenkung.

Die Kernfrage lautet: Ist der Mensch trotz seiner Eigenheiten und Probleme liebenswert?
Selbst dann noch, wenn er – wie in diesem Fall – seine Beherrschung verliert und zu einem zitternden Nervenbündel wird?
Du beantwortest diese Fragen positiv.
Die Gedanken des Lesers werden über das Ende der Geschichte hinaus auf die Frage gelenkt, ob sich daraus wohl eine engere Beziehung entwickeln könnte, es bleibt jedoch offen. Das gefällt mir.

An einigen Stellen bin ich beim Lesen etwas ins Stocken geraten. Die Geschichte könnte meiner Meinung nach noch an folgenden Stellen abgerundet werden:

[strike]Der Kloß in seinem Hals wuchs in unschluckbare Dimensionen[/strike] und er versuchte verzweifelt sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren.
Der Ausdruck "unschluckbare Dimensionen" klingt etwas holprig.
Möglich wäre z.B.: [blue]Der Druck in seiner Brust verstärkte sich[/blue] und er versuchte verzweifelt[red],[/red] sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren.

Die Wellen werden heftig vom Wind gepeitscht und feine Gischt sprüht herüber. Es ist ganz ordentlich kalt." Plötzlich hatte sich sein Arm um ihre Schulter gelegt, ohne dass er darüber irgendwie nachgedacht hätte.
Die Wellen werden heftig vom Wind gepeitscht und feine Gischt sprüht herüber.
[blue]Mir ist so kalt![/blue]" Diese Aussage würde den Protagonisten überzeugender dazu bewegen, seinen Arm schützend um sie zu legen)
[blue]Plötzlich legte er seinen Arm um ihre Schultern, ohne dass er darüber nachgedacht hätte.[/blue]

"Geht es Ihnen gut? Was machen Sie da, auf dem Boden, haben Sie meditiert?" Die Frau lachte.
"Wir waren inzwischen am Strand, da war es schöner als in Ihrem Aufzug." Gemeinsam standen sie auf ...
Wie kommt die Frau darauf, dass die beiden Protagonisten meditiert haben? Mögliche Lösung:
[blue]"Wir waren inzwischen am Strand, da war es schöner als in Ihrem Aufzug", erwiderte sie und schaltete das Handy aus. Das leise Meeresrauschen verstummte.[/blue]


Meiner Meinung nach hast Du die Themen "Liebenswert?" und "Klaustrophobie" gut miteinander verbunden und interessant dargestellt.

Sollte ein Leser mit einer ähnlichen Situation konfrontiert werden, könnte auch er Hilfe leisten, wenn er sich an Deine kleine Strand-Geschichte erinnert.

Den Titel "Am Strand" und den Zeitpunkt der Veröffentlichung hast Du im Hinblick auf die aktuelle Jahreszeit geschickt gewählt.
Momentan ist es kalt, regnerisch und ungemütlich. Ich sehne mich am Ende des Winters nach dem Gefühl von warmem Sand unter meinen Füßen und Sonnenstrahlen auf meiner Haut.

Dankeschön für Deine Geschichte.

Viele Grüße

Ord
 

Hilga

Mitglied
Oh, ein langer Kommentar :-D

Hallo Ord,
es freut mich sehr, das du dir so viel Zeit für meine kleine Geschichte genommen hast.
Die Frage, wie es mit den Beiden weitergeht, war auch auf FB eine der ersten Reaktionen. Vielleicht muss ich mit dazu noch etwas überlegen. ;-) Allerdings hat ein anders Projekt momentan Vorrang.
Die klassische "starker Mann beschützt schwache Frau" Sache wird man in meinen Texten wohl nie finden, die Frage "ist unperfekt auch liebenswert?" dagegen fast immer. Ich versuche dabei Klischees zu vermeiden. Leider mogelt sich hin und wieder doch eins ein.

Deine Ideen zur Verbesserung und Entholperung des Textes gefallen mir gut. Ich werde sie einbauen (heute nicht mehr).
Wenn ich dann ganz mutig bin, gibt es morgen einen neuen kleinen Text :)

Liebe Grüße
Hilga
 
A

aligaga

Gast
Auch in Fantasy-G'schichterln wie diesem hier gilt, dass die Gesetze der Mechanik, des Genders und der Logik nur dann außer Kraft gesetzt werden sollten, wenn dies hinreichend zu begründen ist. Bleibt's in der Luft hängen wie die hier suggerierte Anziehungskraft eines schlappen Klaustrophobikers (nota bene zu unfit, um ein paar Treppen zu steigen!) auf ein taffes Frauenzimmer, findet man sich rasch in einem gesellschaftlichen Absurdistan, wo keiner weiß, wo's eigentlich langgeht und warum gestoffwechselt wird.

Wenn an der hier vorgestellten Zitterpappel nicht wirklich etwas Anziehendes zu entdecken wäre, lässt sich die kühn zusammenfabulierte "ad-hoc"-Zweisamkeit schlecht verkaufen. Vielleicht leidet die T-Shirt-Trägerin mit der angenehmen Altstimme ja an einem krankhaften Helfersyndrom und ist gerade dabei, ihr Leben an einen Nullinger zu verschwenden? Oder sucht sie vielleicht ein Opfer, das sie später aufzufressen gedenkt wie die Hexe den doofen Hänsel, der sein Überleben nur dem Gritli verdankte? Oder weiß die Fahrstuhl-Lady, dass da Kohle im Hintergrund sitzt? Ein höhenängstlicher Chief Executive Officer wie weiland Richard Gere in "Pretty Woman" etwa?

Instinkte sind keine Klischees, sondern mehr oder minder notwendige Übel, die Mensch und Tier das Überleben sichern. Sie lassen sich nicht so ohne weiteres außer Kraft setzen, und wenn, dann erforderte das erheblichen (erzählerischen) Einsatz. Den gibt's hier aber leider nicht.

TTip: Die Nummer plausibilisieren!

Heiter immer weiter

aligaga
 

Hilga

Mitglied
Kurz!geschichten können sich nicht toterklären

Hallo Aligaga,
Schön, das du dir auch Zeit genommen hast für meine kleine Geschichte.

Interessante Schlüsse ziehst du da.
Z.B. das es sich um einen Schlappi handelt, weil er vor der wichtigen Rede nicht mal eben 7 Stockwerke hoch hechtet (rennt, weil ist spät dran), sondern trotz Phobie den Aufzug nimmt (vielleicht ist das ja auch eher ein Zeichen von Stärke, wer weiß ;-) ).

Ob das Frauenzimmer überhaupt an der Zitterpappel etwas Anziehendes findet, kann man nicht wissen, da er hier nicht weiter beschrieben wird. Die ganze Geschichte entfaltet sich ja nur aus seiner Sicht. Wir halten ihr zugute, das sie vielleicht nicht so oberflächlich ist, ihn in eine Nullinger- Hänsel- oder Geldsackschublade zu stecken, ohne ihn zu kennen. Zunächst ist nur offensichtlich, das er sie wiedersehen will (wieder aufgrund der Perspektive) Was sie zu dem Thema denkt bleibt besust offen. Na ja, sie wird das Angebot des Hoteldirektors: ein kostenloses Abendessen als Entschädigung für die im Aufzug verlorene Zeit, annehmen. Wird sie deshalb ihr Leben verschwenden? Hoffentlich nicht :)

Das mit den Instinkten, in deinem letzten Absatz, versteh ich nicht. Du meinst, das eine gelenkte Fantasiereise, wie sie hier vorgestellt wird, die Phobie nicht positiv beeinflussen kann? Sorry, das weiß ich aus eigener Erfahrung besser.

Liebe Grüße
Hilga
 
A

aligaga

Gast
Wer schreibt:
Er nahm einen tiefen Atemzug, verfluchte zum x-ten Mal, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte,
bringt nicht zum Ausdruck, dass da jemand zu spät dran ist, sondern entweder zu schlapp oder zu faul ist für die Treppe - und zwar nicht nur am fraglichen Tag, sondern immer.

Ob das Frauenzimmer überhaupt an der Zitterpappel etwas Anziehendes findet, kann man nicht wissen, da er hier nicht weiter beschrieben wird.
Stimmt. Und das ist einer der Mängel der Nummer. Warum sollte sie?

Was der Schlaffi möchte, kann jeder nachvollziehen - wer will denn nicht eine blauaugblitzendes Süpergörl im Betterl haben?

Das ja auch nicht das Geheimnis dieser Nummer. In der bleibt schleierhaft, warum die Frau Doktor den Psychosomatiker nicht nur während der Therapie künstlich beatmet, sondern sich auch danach noch hinzugeben bereit ist. Sorry, aber das ist denn doch ein Spürchen zu dick und zu plump. Es mag ja vorkommen, dass ÄrztInnen mit ihren männlichen Blinddärmen später noch ausgehen und ihr Glück finden - aber der Leser möchte erfahren, warum sie das tun.

Hier hängt alles leider nur am berühmten Siemens-Lufthaken, und der ist nun mal zu dünn. Von einer "gelenkten" Fantasiereise liest @ali in dem Text nichts - nur etwas von einer ganz und gar ungelenk(t)en.

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Hilga

Mitglied
ich sachs nich :-D

Haha, Ali, ich werde dir nicht verraten, was sie an ihm so anziehend findet. Und überhaupt, wer behauptet, das sie nicht nur das kostenlose Abendmahl abgreifen will?
Etwas Fantasie darf der Leser selbst haben. (Klappt bei dir ja offensichtlich schon gut, das mit dem selber weiterspinnen.)

Gelenkte Fantasiereise nennt man das eben, wenn sie ihm sagt, was er denken soll und wo es hin geht. OK, es könnte fast als halboffen durchgehen, da sie ihn ja nach dem Wetter fragt, und seine Antwort in den weiteren Verlauf einbindet. Das hat aber jetzt alles nicht mehr wirklich was mit der Geschichte zu tun.

(Wenn du noch was um Zerfleischen suchst, nimm doch die Neue, die ist länger, noch surrealer und die Typen sind noch kaputter. Da hast du richtig was von ;-) *flücht*)

Liebe Grüße
Hilga
 
A

aligaga

Gast
Haha, Ali, ich werde dir nicht verraten, was sie an ihm so anziehend findet.
Das interessiert @ali, ehrlich gestanden, nicht. Es gehört in den Text, sonst bleibt er unverständlich, ne?

Zum Verhältnis Ärztin-Patient hat @ali schon alles gesagt und braucht sich nicht zu wiederholen.

Amüsiert

aligaga
 

Hilga

Mitglied
Am Strand

"Ping" Der Aufzug war endlich da und die silbernen Türen glitten zur Seite. Für die Größe des Gebäudes erschien er relativ klein, aber so früh am Morgen war er Gott sei Dank noch leer. Er nahm einen tiefen Atemzug, verfluchte zum x-ten Mal, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte und machte einen Schritt hinein. Fast hatten sich die Türen schon geschlossen, als eine Frau noch schnell hinein schlüpfte. Er sah sie nicht an und drückte sich in eine Ecke, die Augen starr auf die Tür gerichtet.

"Guten Morgen", grüßte sie freundlich, mit einer angenehmen und erstaunlich warmen, vollen Stimme. Überrascht sah er hoch. Sein Blick glitt über die ausgeblichene Jeans, das sandfarbene T-Shirt und die helle Sommerjacke zu ihren dunkelbraunen Locken und fing sich dann in ihren eisblauen Augen. Sie lächelte ihn freundlich an, doch er war schon zu sehr mit der Enge des Aufzugs beschäftigt, um noch einen Gruß heraus zu bringen. Schnell lenkte er seinen Blick wieder auf den Boden. Sie drückte den Knopf der achten Etage und lehnte sich entspannt an die Wand. Seine Hände wurden feucht, doch er zwang sich still zu stehen und die Schultern zu entspannen. Es schien, als wollte der Aufzug ohne einen weiteren Zwischenhalt bis zum siebten Stock durch fahren, als ein hartes Rucken und ein kurzes Zittern die Fahrt unterbrachen. Die Bewegung hatte aufgehört, aber die Türen öffneten sich nicht. Seine Fäuste verkrampften sich, aber er versuchte noch nicht darüber nachzudenken, was das jetzt bedeutete. Sie seufzte und drückte noch einmal auf den Knopf für die Achte. Es tat sich nichts.

"Mist, sieht aus, als wenn wir hier festhängen", stellte sie mit einem Seufzen fest. Inzwischen hatte sich sein Herzschlag schon erheblich beschleunigt und ihm war unangenehm heiß. Noch wollte er die Anzugjacke nicht ausziehen, aber mit zitternden Fingern lockerte er die Krawatte und öffnete den oberen Hemdknopf. Starr hielt er seinen Blick auf den Boden gerichtet und sah nur aus dem Augenwinkel, dass sie den Alarmknopf drückte. Der Kloß in seinem Hals wuchs und er versuchte verzweifelt sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich eine Stimme über den internen Lautsprecher. Die Frau unterhielt sich mit der körperlosen Stimme, aber er musste sich so sehr auf das Atmen konzentrieren, dass er nicht verstand, was sie besprachen. Inzwischen standen Schweißperlen auf seiner Stirn und er hatte das Gefühl seine Beine wären aus Gummi. Plötzlich stand sie vor ihm, sagte irgendetwas und legte beide Hände auf seine Schultern. Dadurch fühlte er sich noch mehr eingeengt und mit einer schnellen Bewegung wischte er ihre Hände zur Seite.

"Setzen Sie sich!" Der Befehlston drang zu ihm durch. Er hätte sich ohnehin nicht mehr viel länger auf den Beinen halten können. Langsam ließ er sich mit dem Rücken an der Wand herabgleiten. Inzwischen lief ihm der Schweiß in die Augen und sein Atem ging keuchend. Gleich würde in diesem kleinen, engen Raum nicht mehr genug Luft sein und die Wände würden über ihm zusammenstürzen. Fahrig wischte er mit den Händen durch sein Gesicht und versuchte verzweifelt genug Luft in seine Lungen zu bekommen. Wie durch einen Nebel sah er, dass sie sich neben ihn setzte und ihr Handy vor ihm auf den Boden legte. Ein seltsames Geräusch wie Meeresrauschen hörte er aus Richtung des Telefons und plötzlich spürte er, dass sie seine Hand nahm. Sie öffnete seine verkrampfte Faust und flocht ihre Finger in seine.

"Machen Sie die Augen zu." Ihre Stimme war kräftig genug, um über sein hektisches Keuchen hinweg zu ihm durch zu dringen. Er schloss die Lider und knetete ihre Finger zwischen seinen beiden Händen.
"Wir sind am Meer und sitzen am Strand, ganz vorne am Wasser, wo der Sand fest ist. Rutschen Sie ein wenig nach vorn, nicht anlehnen." Er schob sich etwas vor und löste widerstrebend seinen Rücken von der Wand.
"Die kleinen Wellen direkt vor unseren Füßen ziehen sich immer weiter zurück. Es ist Ebbe, das Wasser geht langsam zurück, wir haben immer mehr freien, feuchten Sand vor uns. Die Möwen segeln hoch oben und man kann ihre Rufe kaum hören. Sie müssen genau hinhören." Ihre Stimme wurde etwas leiser und er musste sich anstrengen, sie zu verstehen. Erstaunt stellte er fest, dass er nicht mehr so laut keuchte.
"Die Luft riecht nach Meer, salzig und auch nach Seetang. Riechen Sie das?" Er schüttelte den Kopf.
"Sie müssen tiefer einatmen, viel tiefer. Versuchen Sie es noch einmal. Die salzige Luft riecht wunderbar." Zittrig versuchte er tiefer zu atmen. Es klappte. Tief sog er die Luft ein, aber es war ihr Parfüm, das ihm in die Nase stieg.
"Wie ist das Wetter?" Mit der Frage hatte sie ihn überrumpelt.
"Stürmisch", keuchte er, immer noch zu sehr mit Atmen beschäftigt, für eine längere Antwort. Sie verstärkte den Griff ihrer Hand und lachte.

"Halten Sie sich gut fest, nicht dass Sie noch weggeweht werden. Die Wellen werden heftig vom Wind gepeitscht und feine Gischt sprüht herüber. Mir ist ziemlich kalt." Plötzlich hatte sich sein Arm um ihre Schulter gelegt, ohne dass er darüber nachgedacht hätte. Er hielt inne und erwartete, dass sie den Arm weg schieben würde, aber sie ließ ihn dort.
"Danke, jetzt ist mir etwas wärmer." Ein Lächeln war in ihrer Stimme zu hören.
"Hinten am Horizont wird es heller. Vielleicht hört der Wind bald auf und die Sonne kommt später noch heraus." Ihm wurde bereits warm, eine angenehme Wärme, die von ihrem Körper ausging, der jetzt so nah bei seinem war.

"Wenn die Sonne später den Strand etwas aufwärmt, könnten wir noch ein wenig am Wasser entlanggehen, Was meinen Sie?" Tief holte er Luft und ihr Duft machte ihn fast schwindelig. Er nickte wortlos und wünschte sich, er könnte sie fester in seine Arme ziehen. Das würde sie sicherlich nicht zulassen. So zog er es vor, einfach sitzen zu bleiben und über den Strandspaziergang nachzudenken. Plötzlich ging ein Beben durch den ganzen Aufzug und er hatte das Gefühl, er würde sich nach oben bewegen. Bereits wenige Sekunden später öffneten sich die Türen und zwei Techniker sowie einige Leute vom Hotelpersonal starrten sie an.

"Geht es Ihnen gut? Was machen Sie da, auf dem Boden, haben Sie meditiert?" Die Frau lachte.
"Wir waren inzwischen am Strand, da war es schöner als in Ihrem Aufzug", erwiderte sie und schaltete das Handy aus. Das leise Meeresrauschen verstummte. Gemeinsam standen sie auf und traten aus dem Aufzug ohne die Hände von einander zu lösen. Der Hotelchef und sein Stellvertreter wuselten um sie herum und entschuldigten sich wortreich.
"Es tut uns sehr leid, das das passiert ist. Wir hoffen sehr, dass es Ihnen keine zu großen Unannehmlichkeiten bereitet hat. Das Hotel würde Sie gern als Entschuldigung heute Abend in unser Restaurant einladen. Ein Abendessen à la carte inklusive der Getränke. Wären Sie damit einverstanden?" Hoffnungsvoll ließ der Hotelchef seine Blicke zwischen ihnen hin und her gleiten. Er sah sie fragend an und sofort hing sein Blick wieder in ihren strahlenden Augen fest. Sie sah in seine Seele, bis in die allerletzte Tiefe hinunter und das kleine Teufelchen in seinem Kopf wunderte sich, dass sie sich nicht abwandte, vor der Schwärze. Sie war noch da, und sie nickte, wozu noch gleich? Ach ja, ein Abendessen. Mit einem Sprung hüpfte sei Herz in den Hals und er konnte nichts mehr sagen.

"Um acht?" Sie sah ihn fragend an und er nickte wieder nur wortlos. Der Hotelmanager schien hocherfreut und ließ sie endlich allein. Immer noch standen sie so da, die Finger ineinander geflochten und sahen sich an. Er schluckte heftig, damit sein Herz endlich wieder in die Brust zurückrutschte, wohin es gehörte. Dann trat sie einen Schritt zurück.
"Ich muss noch eine Etage höher, aber ich denke, ich werde die Treppe nehmen." Ihr fröhliches Lachen ließ ihm das Blut in den Kopf steigen und er war sicher, dass er in diesem Moment krebsrot angelaufen war.
"Bis heute Abend dann." Damit drehte sie sich herum und verschwand hinter der Tür zum Treppenhaus.

Sprachlos stand er immer noch da und sah die Tür an, hinter der sie verschwunden war. Es war ihm gleich, dass er sich durch die Aufzugpanne jetzt deutlich verspätete. Er hatte sich nicht bei ihr bedankt und er wusste noch nicht einmal ihren Namen. Langsam drehte er sich um und ging um die Ecke, den langen Gang herunter. Vor dem Saal schritt jemand ungeduldig auf und ab und verschwand bei seinem Anblick mit einem erleichterten Seufzen durch den schmalen Spalt zwischen der Doppeltür. Dann hörte er eine Ankündigung mit seinen Namen und aufbrandenden Applaus. Hoffentlich würde sie heute Abend kommen. Sich bei ihr zu bedanken, war ihm auf einmal furchtbar wichtig. Vielleicht, wenn er sehr viel Glück hatte, dürfte er sie später noch einmal zu einem Essen einladen. Er verdankte ihr so viel mehr, als sie sich vorstellen konnte. Wäre er allein im Aufzug gewesen, wäre er jetzt ein zitterndes, nervliches Wrack, völlig unfähig, diese wichtige Rede zu halten. Ein letztes Mal holte er tief Luft, dachte an den Strand und mit einem Lächeln betrat er den Saal.
 

Ord

Mitglied
Hallo Hilga,

ich habe erst gestern gesehen, dass Du Deinen Text geändert hast und ich meine, dass Deine Arbeit sich gelohnt hat.

Beim nochmaligen Lesen ist mir zusätzlich Folgendes aufgefallen:

"Ping" Der Aufzug war endlich da und die silbernen Türen glitten zur Seite. Für die Größe des Gebäudes erschien er relativ klein, aber so früh am Morgen war er Gott sei Dank noch leer. Er nahm einen tiefen Atemzug, verfluchte zum x-ten Mal, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte und machte einen Schritt hinein. Fast hatten sich die Türen schon geschlossen, als eine Frau noch schnell hinein schlüpfte. Er sah sie nicht an und drückte sich in eine Ecke, die Augen starr auf die Tür gerichtet.
- Hinter dem Lautwort fehlt das Satzzeichen: "Ping!"
- Im zweiten Satz bezieht sich das "er" auf den Aufzug. Der dritte Satz beginnt auch mit dem Wort "er", nur dass es sich dieses Mal um eine Person handelt.
Um den dritten Satz vom Aufzug zu trennen, empfehle ich, eine neue Zeile zu beginnen und den Satz umzustellen, z.B. so:
[blue]Zum x-ten Mal verfluchte er, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte, nahm einen tiefen Atemzug, und machte einen Schritt hinein.[/blue]

Eine Wiederholung:
Der Kloß in seinem Hals wuchs und er versuchte verzweifelt sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich eine Stimme über den internen Lautsprecher. Die Frau unterhielt sich mit der körperlosen Stimme, aber er musste sich so sehr auf das Atmen konzentrieren, dass er nicht verstand, was sie besprachen.
Es tut uns sehr leid, das das passiert ist.
Es tut uns sehr leid, [red]dass[/red] das passiert ist.

Viel Freude bei der Arbeit wünscht Dir

Ord
 

Hilga

Mitglied
Am Strand

"Ping!" Der Aufzug war endlich da und die silbernen Türen glitten zur Seite. Für die Größe des Gebäudes erschien er relativ klein, aber so früh am Morgen war er Gott sei Dank noch leer. Zum x-ten Mal verfluchte er, dass er sieben Etagen zu Fuß nicht schaffte, nahm einen tiefen Atemzug, und machte einen Schritt hinein. Fast hatten sich die Türen schon geschlossen, als eine Frau noch schnell hinein schlüpfte. Er sah sie nicht an und drückte sich in eine Ecke, die Augen starr auf die Tür gerichtet.

"Guten Morgen", grüßte sie freundlich, mit einer angenehmen und erstaunlich warmen, vollen Stimme. Überrascht sah er hoch. Sein Blick glitt über die ausgeblichene Jeans, das sandfarbene T-Shirt und die helle Sommerjacke zu ihren dunkelbraunen Locken und fing sich dann in ihren eisblauen Augen. Sie lächelte ihn freundlich an, doch er war schon zu sehr mit der Enge des Aufzugs beschäftigt, um noch einen Gruß heraus zu bringen. Schnell lenkte er seinen Blick wieder auf den Boden. Sie drückte den Knopf der achten Etage und lehnte sich entspannt an die Wand. Seine Hände wurden feucht, doch er zwang sich still zu stehen und die Schultern zu entspannen. Es schien, als wollte der Aufzug ohne einen weiteren Zwischenhalt bis zum siebten Stock durch fahren, als ein hartes Rucken und ein kurzes Zittern die Fahrt unterbrachen. Die Bewegung hatte aufgehört, aber die Türen öffneten sich nicht. Seine Fäuste verkrampften sich, aber er versuchte noch nicht darüber nachzudenken, was das jetzt bedeutete. Sie seufzte und drückte noch einmal auf den Knopf für die Achte. Es tat sich nichts.

"Mist, sieht aus, als wenn wir hier festhängen", stellte sie mit einem Seufzen fest. Inzwischen hatte sich sein Herzschlag schon erheblich beschleunigt und ihm war unangenehm heiß. Noch wollte er die Anzugjacke nicht ausziehen, aber mit zitternden Fingern lockerte er die Krawatte und öffnete den oberen Hemdknopf. Starr hielt er seinen Blick auf den Boden gerichtet und sah nur aus dem Augenwinkel, dass sie den Alarmknopf drückte. Der Kloß in seinem Hals wuchs und er versuchte verzweifelt sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren. Nach einer gefühlten Ewigkeit meldete sich eine Stimme über den internen Lautsprecher. Die Frau unterhielt sich mit der körperlosen Stimme, aber er musste sich so sehr auf das Luftholen konzentrieren, dass er nicht verstand, was sie besprachen. Inzwischen standen Schweißperlen auf seiner Stirn und er hatte das Gefühl seine Beine wären aus Gummi. Plötzlich stand sie vor ihm, sagte irgendetwas und legte beide Hände auf seine Schultern. Dadurch fühlte er sich noch mehr eingeengt und mit einer schnellen Bewegung wischte er ihre Hände zur Seite.

"Setzen Sie sich!" Der Befehlston drang zu ihm durch. Er hätte sich ohnehin nicht mehr viel länger auf den Beinen halten können. Langsam ließ er sich mit dem Rücken an der Wand herabgleiten. Inzwischen lief ihm der Schweiß in die Augen und sein Atem ging keuchend. Gleich würde in diesem kleinen, engen Raum nicht mehr genug Luft sein und die Wände würden über ihm zusammenstürzen. Fahrig wischte er mit den Händen durch sein Gesicht und versuchte verzweifelt genug Luft in seine Lungen zu bekommen. Wie durch einen Nebel sah er, dass sie sich neben ihn setzte und ihr Handy vor ihm auf den Boden legte. Ein seltsames Geräusch wie Meeresrauschen hörte er aus Richtung des Telefons und plötzlich spürte er, dass sie seine Hand nahm. Sie öffnete seine verkrampfte Faust und flocht ihre Finger in seine.

"Machen Sie die Augen zu." Ihre Stimme war kräftig genug, um über sein hektisches Keuchen hinweg zu ihm durch zu dringen. Er schloss die Lider und knetete ihre Finger zwischen seinen beiden Händen.
"Wir sind am Meer und sitzen am Strand, ganz vorne am Wasser, wo der Sand fest ist. Rutschen Sie ein wenig nach vorn, nicht anlehnen." Er schob sich etwas vor und löste widerstrebend seinen Rücken von der Wand.
"Die kleinen Wellen direkt vor unseren Füßen ziehen sich immer weiter zurück. Es ist Ebbe, das Wasser geht langsam zurück, wir haben immer mehr freien, feuchten Sand vor uns. Die Möwen segeln hoch oben und man kann ihre Rufe kaum hören. Sie müssen genau hinhören." Ihre Stimme wurde etwas leiser und er musste sich anstrengen, sie zu verstehen. Erstaunt stellte er fest, dass er nicht mehr so laut keuchte.
"Die Luft riecht nach Meer, salzig und auch nach Seetang. Riechen Sie das?" Er schüttelte den Kopf.
"Sie müssen tiefer einatmen, viel tiefer. Versuchen Sie es noch einmal. Die salzige Luft riecht wunderbar." Zittrig versuchte er tiefer zu atmen. Es klappte. Tief sog er die Luft ein, aber es war ihr Parfüm, das ihm in die Nase stieg.
"Wie ist das Wetter?" Mit der Frage hatte sie ihn überrumpelt.
"Stürmisch", keuchte er, immer noch zu sehr mit Atmen beschäftigt, für eine längere Antwort. Sie verstärkte den Griff ihrer Hand und lachte.

"Halten Sie sich gut fest, nicht dass Sie noch weggeweht werden. Die Wellen werden heftig vom Wind gepeitscht und feine Gischt sprüht herüber. Mir ist ziemlich kalt." Plötzlich hatte sich sein Arm um ihre Schulter gelegt, ohne dass er darüber nachgedacht hätte. Er hielt inne und erwartete, dass sie den Arm weg schieben würde, aber sie ließ ihn dort.
"Danke, jetzt ist mir etwas wärmer." Ein Lächeln war in ihrer Stimme zu hören.
"Hinten am Horizont wird es heller. Vielleicht hört der Wind bald auf und die Sonne kommt später noch heraus." Ihm wurde bereits warm, eine angenehme Wärme, die von ihrem Körper ausging, der jetzt so nah bei seinem war.

"Wenn die Sonne später den Strand etwas aufwärmt, könnten wir noch ein wenig am Wasser entlanggehen, Was meinen Sie?" Tief holte er Luft und ihr Duft machte ihn fast schwindelig. Er nickte wortlos und wünschte sich, er könnte sie fester in seine Arme ziehen. Das würde sie sicherlich nicht zulassen. So zog er es vor, einfach sitzen zu bleiben und über den Strandspaziergang nachzudenken. Plötzlich ging ein Beben durch den ganzen Aufzug und er hatte das Gefühl, er würde sich nach oben bewegen. Bereits wenige Sekunden später öffneten sich die Türen und zwei Techniker sowie einige Leute vom Hotelpersonal starrten sie an.

"Geht es Ihnen gut? Was machen Sie da, auf dem Boden, haben Sie meditiert?" Die Frau lachte.
"Wir waren inzwischen am Strand, da war es schöner als in Ihrem Aufzug", erwiderte sie und schaltete das Handy aus. Das leise Meeresrauschen verstummte. Gemeinsam standen sie auf und traten aus dem Aufzug ohne die Hände von einander zu lösen. Der Hotelchef und sein Stellvertreter wuselten um sie herum und entschuldigten sich wortreich.
"Es tut uns sehr leid, dass das passiert ist. Wir hoffen sehr, dass es Ihnen keine zu großen Unannehmlichkeiten bereitet hat. Das Hotel würde Sie gern als Entschuldigung heute Abend in unser Restaurant einladen. Ein Abendessen à la carte inklusive der Getränke. Wären Sie damit einverstanden?" Hoffnungsvoll ließ der Hotelchef seine Blicke zwischen ihnen hin und her gleiten. Er sah sie fragend an und sofort hing sein Blick wieder in ihren strahlenden Augen fest. Sie sah in seine Seele, bis in die allerletzte Tiefe hinunter und das kleine Teufelchen in seinem Kopf wunderte sich, dass sie sich nicht abwandte, vor der Schwärze. Sie war noch da, und sie nickte, wozu noch gleich? Ach ja, ein Abendessen. Mit einem Sprung hüpfte sei Herz in den Hals und er konnte nichts mehr sagen.

"Um acht?" Sie sah ihn fragend an und er nickte wieder nur wortlos. Der Hotelmanager schien hocherfreut und ließ sie endlich allein. Immer noch standen sie so da, die Finger ineinander geflochten und sahen sich an. Er schluckte heftig, damit sein Herz endlich wieder in die Brust zurückrutschte, wohin es gehörte. Dann trat sie einen Schritt zurück.
"Ich muss noch eine Etage höher, aber ich denke, ich werde die Treppe nehmen." Ihr fröhliches Lachen ließ ihm das Blut in den Kopf steigen und er war sicher, dass er in diesem Moment krebsrot angelaufen war.
"Bis heute Abend dann." Damit drehte sie sich herum und verschwand hinter der Tür zum Treppenhaus.

Sprachlos stand er immer noch da und sah die Tür an, hinter der sie verschwunden war. Es war ihm gleich, dass er sich durch die Aufzugpanne jetzt deutlich verspätete. Er hatte sich nicht bei ihr bedankt und er wusste noch nicht einmal ihren Namen. Langsam drehte er sich um und ging um die Ecke, den langen Gang herunter. Vor dem Saal schritt jemand ungeduldig auf und ab und verschwand bei seinem Anblick mit einem erleichterten Seufzen durch den schmalen Spalt zwischen der Doppeltür. Dann hörte er eine Ankündigung mit seinen Namen und aufbrandenden Applaus. Hoffentlich würde sie heute Abend kommen. Sich bei ihr zu bedanken, war ihm auf einmal furchtbar wichtig. Vielleicht, wenn er sehr viel Glück hatte, dürfte er sie später noch einmal zu einem Essen einladen. Er verdankte ihr so viel mehr, als sie sich vorstellen konnte. Wäre er allein im Aufzug gewesen, wäre er jetzt ein zitterndes, nervliches Wrack, völlig unfähig, diese wichtige Rede zu halten. Ein letztes Mal holte er tief Luft, dachte an den Strand und mit einem Lächeln betrat er den Saal.
 



 
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