An ein anderes Du

Joh

Mitglied
Ich bin am rätseln, kann die Verbindung zwischen deiden Versen nicht so richtig fassen.

ein Sonntagsgruß, Johanna
 
H

Hakan Tezkan

Gast
ich tippe auf eine scheiternde beziehung, dessen endgültiger schluss aber noch auf sich warten lässt. die liebe, sie lebt nämlich weiter, obwohl es nicht recht funktionieren möchte.
weit hergeholt von,
hakan
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Herbert,

jeder Mensch stirbt "den kleinen Tod", wenn er des nachts schläft.

Ich könnte meine Interpretation festmachen am Wort "gleichen".
Wieso stirbt der/die Andere immer im [blue]gleichen[/blue] Bett?

Damit müsste es eine Bewandtnis haben. Ist es ein Bett, was sich das lyrische Du so zugrechtgeschneidert hat, dass alle Veränderungen, die es geben könnte, unmöglich gemacht sind?
Ist es ein Bett, in das allabendlich die immerselben Gedanken mit hineingenommen werden? Ist es ein Bett, das allabendlich eingezäunt wird, damit Vieles draußen bleibt? Selbst der Fluss verändert sein Bett.Und das Bett eines Menschen müsste sich auch verändern durch das lebendige Wesen, das sich dort mindestens 6 Stunden von 24 Stunden aufhält.

Die zweite Strophe ist eindeutig, hat aber durch den Ausruf [blue]ach,Liebe![/blue] etwas Klagendes.

Verbindet man beide Strophen, so handelt es sich, nach meinem Empfinden, um eine nicht erhörte Liebe.

So entschlüsselt sich mir dieser Text.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Johanna, lieber Hakan, liebe Vera-Lena,

das Gedicht beschreibt einen immerwiederkehrenden Traum, in dem das Bild eines geliebten Menschen im Totenbett erscheint und dieses Bild die Liebe des Träumers zu dem geliebten Menschen manifestiert und lebendig hält.

Subjektive Lyrik ist leider immer enigmatisch.

Ich habe versucht, dieses Gedicht so kurz und so intensiv wie möglich zu schreiben.

Vielleicht ist es zu kurz geworden.

Liebe Grüße

Herbert
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Herbert,

mir gefällt es schon, dass Du den Text so stark komprimiert hast. Um ihn verständlicher zu machen hätte ich einen Vorschlag.

[blue]Du stirbst deinen Tod
jede Nacht
immer wieder.[/blue]

Dann weiß man, dass es sich um etwas Unwirkliches handeln muss.

Wenn Dir das Totenbett im Traum tatsächlich erscheint, versteht es sich, dass Du es auch im Text haben willst.

Mir ist das auch schon oft so gegangen, dass ich mich von einem geliebten Wort nicht trennen wollte, weil es so tief in meiner Seele verankert war. Nach längerer Zeit habe ich dann sehen können, dass es für den Text aber nicht günstig war.

Jetzt, da Du den Inhalt erläutert hast, mag ich den Text sehr. Ich würde mir nur noch wünschen, dass er verständlich ist aus sich heraus.

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

zu

Du stirbst den gleichen Tod
jede Nacht
immer wieder.

Und Du, ach Liebe, lebst
jede Nacht
in mir weiter.
könnte ich mich vielleicht durchringen :).

Allerdings überrascht es mich immer noch, dass

[blue]Du stirbst im gleichen Bett[/blue]
nicht die Assoziation eines [red]Totenbetts[/red] ausgelöst hat.

Um es aber ganz deutlich zu machen, könnte ich auch mit der Version

Du stirbst im gleichen Totenbett
jede Nacht
immer wieder.

Und Du, ach Liebe, lebst daher
jede Nacht
in mir weiter.
leben, die ich allerdings nicht so prägnant finde.

Auf jeden Fall aber: Ganz lieben Dank für die Anteilnahme an meinem Gedicht!

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Nachtbilder

Du stirbst im gleichen Todesbett
jede Nacht
immer wieder.

Und Du, ach Liebe, lebst daher
jede Nacht
in mir weiter.
 

HerbertH

Mitglied
Feedback wär super

Eine neue Version, die hoffentlich die richtigen Bilder und Assoziationen auslöst...
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Herbert,

vorweg erst einmal eine grammatikalische Angelegenheit, die mir erst gestern aufgefallen ist, als ich an Deinem Text noch einmal herumgeknabbert habe. Im gleichen Bett ist etwas Anderes, als im selben Bett. Das wirst Du sicher wissen. Ich schreib es trotzdem hier hin. Dasselbe Bett ist immer ein und dasselbe Bett. Das gleiche Bett ist ein ähnliches Bett, aber niemals dasselbe.

Da Dem Lyri das Bett im Traum erscheint, (wie man es aus dem Text aber nicht erfährt) ist es vielleicht besser wirklich das "gleiche" Bett zu schreiben, denn jeder Traum ist wieder ein neuer Traum, auch wenn er haargenau so abläuft, wie in der Nacht zuvor. Insofern ist auch das Bett eigentlich wiederum erneut ein Bett; für den Traum passt also nach meinem Empfinden das "gleiche" Bett.

Dass Du den Titel in den Plural gesetzt hast, finde ich auch gut.

Den eigentlichen Titel: " An ein anderes Du" übersieht man immer, weil er ja ein wenig abseits vom Text geschrieben steht.

Aber auf die "beiden Du" hast Du ja deinen Text aufgebaut. Sie sind das Fundament. Da ist zuerst die Person (Von der man auch rein gar nichts erfährt)
Und dann ist da die Liebe (von der man zunächst nichts erfahten muss, weil man ja immer schon glaubt, alles zu wissen)

Das eine Du (Liebe) lebt vom anderen Du(Person)

[red]Mir gefällt das sehr gut, dass Du hier alles auf eine fast mathematische Formel reduziert hast.
[/red]
Das Lyri schlägt sich also mit den beiden Du herum. Die Person ist ihm entrückt, aber die Liebe wird beständig weiter genährt. Das kann man jetzt gut verstehen.

Aber nun habe ich doch noch etwas zu "meckern", ist aber nur eine Kleinigkeit.

"daher" finde ich etwas unlyrisch. Ich würde für diese Textstelle das Wort "dorther" bevorzugen. Dann steht die zweite Strophe nicht so als Erklärung im Raum, sondern es ist ein Bezug geschaffen zur ersten Strophe, der dann keine Erklärung mehr braucht.

Vielleicht ist Dir das Wort nicht so vertraut. "Von dorther kam mir eine Erkenntnis....usw." Von dorther kommen immer die bedeutenden, tiefen Dinge.

Ich hoffe, dass ich Dir noch ein wenig weiterhelfen konnte, denn um den Text wäre es wirklich schade, wenn er unterginge, obgleich er doch mit ein paar Kleinigkeiten transparent zu machen ist.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Vera-Lena,

für mich ist hier eindeutig gleich besser. Wie Du ja auch schriebst, kommt so der repetitive Charakter besser heraus.

Das daher kam hinein, um nach der Ergänzung der ersten Zeile
die zweite mit der ersten Strophe rhythmisch im Gleichgewicht zu halten.
Über Deinen Vorschlag dorther werde ich nachdenken. Ich hatte auch schon mal deshalb erwogen.

Deine Deutung des Titels An ein anderes Du ist in sich sehr schlüssig. Ich wäre stolz, wenn ich das bewusst so getitelt hätte. Dass es in diesem Gedicht um zwei Du geht, habe ich natürlich so gewollt. Ich gebe allerdings zu, dass der Titel aus einem anderen Grund gewählt war, um es von einem Du in einem fast zeitgleichen Gedicht zu unterscheiden, in dem zufälligerweise auch ein Bett vorkam, und von dem ich es - mehr für mich wohl - abgrenzen wollte.

Danke für Deine Sorgfalt und die gedankenreiche Stellungnahme.

Liebe Grüße

Herbert
 

HerbertH

Mitglied
Nachtbilder

Du stirbst im gleichen Todesbett
jede Nacht
immer wieder.

Und Du, ach Liebe, lebst dorther
jede Nacht
in mir weiter.
 



 
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