GrüßDich, Marker!
Ich will mal wieder mehr bei den Unreimern reinschauen, obwohl die meine Gedichte weder lesen noch kommentieren. Das hängt wahrscheinlich bei den meisten damit zusammen, daß sie glauben, es sei eine höhere Kunst, Stimittel zu vermeiden.
Bei Dir sehe ich Iamben, das ist schon mehr als die hier übliche Flatterrandprosa.
Im offnen Grab,
verblichner Zeiten,
Alarm: vom bildhaft konkreten (wenn auch ein wenig übernutzten) "Grab" springst Du in die abstrakten "Zeiten", mit dem Adjektivattribut "verblichen". Knochen verbleichen, etwa der hier im folgenden thematische Schädel. Zeiten eigentlich nicht. Metaphorisches "Verbleichen" ist flach.
ein Knochenhaupt
im Mondlicht glaenzt.
Kitschiges Schauerbild. Warum nicht der Oberschenkelknochen? Und warum nicht die Straßenlaterne? oder das Feuerzeug eines Rauchers? oder der Blick einer Katze?
Mein Schaedel ist's,
den ich einst trug,
Ja, jetzt bekommts Humor. Wirklich witzig.
Man trägt doch seinen Schädel nicht in der Gegend rum wie einen Schlüsselbund. Solange man lebt, wohnt man dadrinnen. Nur Schnecken tragen ihre Häuser. Wir Großhirnrindenbäume haben in dem Kopf das Zentrum der Perspektive, der Weltichzentrierung, des Hierundjetzseins.
Wie gut, daß Du ihn persönlich getragen hast und kein anderer. Wär ja auch blöd gewesen, wenn ein anderer Deinen Schädel getragen hätte. Gut, daran zu erinnern, ich hätte es fast vergessen.
als ich versank,
vergessen ward
Wer hat Dich vergessen?
Der Leser? Aber der hat Dich noch nicht gekannt.
Die Totengräber? Aber die haben noch ein erinnerungsbegabtes Hirn, im Unterschied zu Dir, dem Wurmmahl.
Oder hast Du Dich inzwischen vergessen? Aber das steht im Widerspruch dazu, daß Du hier schreibst. Oder läßt Du schreiben, per "seance in the dark"? Dann wirst Du evoziert, kommst also zu Bewußtsein. Und siehe da: Keiner hat Dich vergessen.
Und weiter? wie gehts weiter? Oder wars das schon?
Narziß ohne Echo.
grusz, hansz