Anfang mai

Elisabeth
Es stimmte nichts mehr, die Zigarrendosen unordentlich übereinander gestapelt, halbleere, geöffnete Schnapsflaschen auf dem Thekenbereich. Volle Aschenbecher und eine geöffnete Kasse. Max musste in der Nähe sein, Elisabeth hörte aus einer Ecke, Radiomusik. Ein kleiner Flur führte auf den Hof, als Elisabeth dort hinschaute, verstand sie.
Max an die offene Tür gelehnt, das Gesicht der Sonne zu gewandt, mit einem Lächeln auf stark geschminkten Lippen. Die längeren Haare gelockt, fingen die Sonnenstrahlen auf und umspielten sein wunderschönes melancholisches Gesicht. Max im lachsfarbenen Unterkleid, Seidenstrümpfe und Stöckelschuhe. Das Radio hatte er auf den Boden gestellt, die Melodie summte er leise mit. Eine Hand lag auf der Brust, in der anderen hielt er den Brief.
„Was machst du da?“ Max drehte kurz den Kopf lächelte noch mehr und schwenkte rhythmisch den Brief.
„Freue dich mit mir, er lebt, er liegt in einem Lazarett und kommt bald nach Hause. Nach Hause hat er geschrieben, nicht zu dir oder zu mir. Was denkst du, wo wird er bleiben?“
Der erwartete oder verdrängte Augenblick war gekommen. Elisabeth fühlte die Knie zittern, das Herz klopfen und Schweißperlen auf der Stirn. Erhobenen Hauptes schritt sie zu Max, sah ihm geradewegs in die Augen.
„Er gehört dir, werde mit ihm glücklich.“

Wie sie zu Adele kam, wusste sie nicht mehr. Sie spürte sich mit einem Mal gehalten von starken Armen und fühlte ein tränenfeuchtes Gesicht an ihren Wangen.
Alleine war sie nicht, das zu wissen, gab für den Moment eine ungeheure Sicherheit. Die schwere Last trugen sie gemeinsam, befreit von jedem Schuldgefühl.
Sie bemerkten die leisen Schritte Max` nicht. Er wartete, bis die Frauen sich aus der Umarmung lösten.
Hilflos, nicht wissend ob er seine Freude zeigen durfte. Schuldbeladen und doch glücklich, stand er in dieser lächerlich wirkenden Aufmachung, die Hände an beiden Seiten des nicht erwünschten Körpers, schlaff herunter hängend. Er zuckte mit den Achseln, beugte sich vor, nahm die Hände der Frauen und küsste sie.
 



 
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