Anglizismen

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Anglizismen verbreiten sich in der deutschen Sprache, ähnlich wie anno dunnemals französische Wörter.

Sind sie nun gut oder schlecht?

Sprache dient der Kommunikation, der identifikation und der Ausgrenzung.

Kommunikation:

Anglizismen können unter Umständen eine Bedeutung klarer zum Ausdruck bringen, als das entsprechende deutsche Wort. Manche sind als Anglizismen nicht zu erkennen.

Kekse folgen bereits der deutschen Schreibweise und der deutschen Pluralbildung ("Keks" wäre englisch bereits Plural.).
Sie unterscheiden sich aber von kleinen Kuchen oder Plätzchen. Sie belegen eine Sprachnische und sind einheimisch geworden.

Das Team, das das Kollektiv abgelöst hat, zeigt ebenfalls einen Unterschied; während das Kollektiv eine Einheit bildet, die sowohl Arbeit als auch gesellschaftliche Aspekte der Freizeitgestaltung betrifft, ist das Team auf die Arbeit, zum Teil auf eine spezielle Aufgabe beschränkt.

Travel Point - hier wird nicht mehr verstanden, was gemeint ist. Man muss es lernen.

Bad Shop - dieser Pseudoanglizismus ist hässlich. In Dresden ging der Bad Shop bald pleite.

Handy - ein gutes Beispiel für einen gelungenen Pseudoanglizismus.

Identifikation und Ausgrenzung:

Anglizismen sind oft Teil einer Gruppensprache. Indem man sie verwendet, zeigt man sich der Gruppe zugehörig. Zugleich grenzt man andere damit aus.
Viele Anglizismen sind unverständlich und auch Englisch falsch.
Bei der Bundesbahn wurden überaus viele eingeführt.

Wir haben jetzt "Points" und "Centers" und "Songcontest".
Diese wirken ausgrenzend.
Es gibt auch Erscheinungen, die heute Anglizismen sind, obgleich sie es früher nicht waren: Der Genitiv-Deppen-Apostroph ist ein Anglizismus, der durch die Rechtschreibreform als korrekt eingestuft wird. Ihn gab es aber auch schon vereinzelt vor 1900, vor der ersten Rechtschreibreform.
Heute grenzt er aus oder ab. Wer ihn verwendet, identifiziert sich entweder mit modischen Strömungen, oder sagt aus, dass er modern sein will.
Oft aber tritt er auf, wenn die Kenntnisse der deutschen Sprache gering sind.

Anglizismen spielen heute eine sehr große Rolle. Ein Teil wird sicher in der deutschen Sprache bleiben.
Der Eingang in die deutsche Sprache ist deutlich an den Konjugationsformen:
Beispiele: photoshoppen, gesurft,
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Anglizismen sind an sich weder positiv noch negativ. Aber sie werden so empfunden. Abhängig ist das sowohl vom Alter als auch von der Region.

Deutsch ist eine Sprache, die sich weiterentwickelt. Sie ist nicht tot. Sie hat natürlich auch Modewellen.

Die deutsche Sprache vor Anglizismen schützen? Selbst wenn einige das wollen - es geht nicht.

Englisch hat auf vielen Gebieten einen sehr hohen Stand.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Auch "Back Shop" ist so ein skurriles Denglish. Als Modesprache beherrscht Englisch gerade die Jugend ja schon seit Jahrzehnten. Dadurch das immer wieder etwas hängenbleibt und zum Wortschatz hinzugefügt wird, vermehren sich diese Wörter. Cool und chillen etwa oder Freak. Während andere Wörter noch gruppenbezogen sind und der breiten Bevölkerung nichts sagt, wie "dissen" oder "Noob/noobig".

Zwei Sprachvarianten sollte man auch erwähnen. Zum einen die große Welt des Netzjargons mit SMS-Sprache (txt spk), Leetspeak und Gamersprache (wtf, Happy B-Day 2U, rofl).

Und das Bullshit Bingo Wortreich von Managern und Politikern.
(Exceptions im Consulting Portfolio diffundieren zu Showstoppern mit Breakdownpotential.)

Während die erste eine Verkürzung und Konzentration der Sprache zum Ziel hat, dient die zweite zur Verschleierung von Inhaltsleere und zur Streckung des Gesagten.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein Wort, welches schwer als Anglizismus zu erkennen ist, ist "Marmelade". Es ist erst seit der entsprechenden Verordnung ein Anglizismus, bei der der traditionelle Begriff für die Industrie verboten wurde. Außer auf Wochenmärkten darf nur noch Zitrusmarmelade als Marmelade bezeichnet werden, bei Verstoß auf dem Etikett gibt es hohe Strafen.

Dazu wurden extra neue Vorschriften erlassen, bei denen die traditionellen Bezeichnungen ignoriert wurden.

Der Grund sei, dass eine Vergleichbarkeit erreicht werden könne.

Zugleich wurde auch "Konfitüre" umgedeutet. Während es früher klar war, dass Konfitüre Fruchtstückchen oder ganze Früchte enthielt, ist das nicht mehr der Fall.

Siehe auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Marmelade (Wikipedia und dort angegebene Literatur)

„Fruchtaufstrich“ ist die heute angeordnete Bezeichnung auf Etiketten für viele Arten traditioneller Marmelade.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
unglaublich.
Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Liegt wohl daran, dass ich bei Marmelade nur auf die Früchte schaue und nicht, wie die Firmen ihr Produkt benamsen.
Aber unter Konfitüre verstehe ich tatsächlich etwas mit Stücken. Hab schon oft auf die Hersteller geschimpft, wenn sie fehlten.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Das war ein "vorgeschriebener Sprachwandel". Die Hersteller konnten wenig dafür, wollten sie keine Strafe zahlen.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo zusammen,
wie siehts mit französisch aus?!

Zu Napoleons Zeiten war dies sehr modern und alle Welt versuchte sich an dieser Sprache:

Man hatte keine Geldbörse mehr sondern ein "Portemonnai"
Herzöge bauten sich "Orangerien"
Ein Spitzbube war ein "Filou"
Wer bis dato geistreich war hatte nun "esprit".
Das zeugte wohl von seinem " Niveau". Wer vornehm war, wurde "nobel".Der war dann wohl auch von einer libenswerten Unbekümmertheit, so " nonchalance".
Das machte dann den feinen Unterschied - eben die "Nuance" - aus.

Die Menschen liefen nicht auf dem Bürgersteig sondern auf dem "Trottoir"
Ängstliche Mütter belehrten ihre Töchter keine Fisematenten zu machen. ( franz. verballhornt für "visiter ma tente")
Schauspieler waren Akteure. DAs Zirkusrund verwandelte sich in eine "Manege".
Eine unangenehme Angelegenheit wurde eine "Affaire".
Hörnchen wurden Croissants.( hat übrigens ein Wiener Bäcker erfunden nach dem Sieg über die Türken. heisst soviel wie Halbmond).


Zum Abschied sage ich dann wohl
"Adieu" und gehe mit Gott.

O tempora o mores
lg ralf
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Mit Französisch sieht es so aus, dass es die gleichen Diskussionen wie heute mit Englisch gab.

Es gab sogar Wörterbücher mit Vorschlägen, die Wörter durch deutsche zu ersetzen.
Ich hatte zwei solche Bücher aus den 1920er Jahren.

"Sprachpuristen" gab es aber auch schon früher.

Bei einem Teil gelang das auch, andere blieben und bereichern die Sprache der Gegenwart.

Zu den heute veralteten gehören: Gendarm, Trottoir, Chaisselongue ...

Zu den veraltenden zählt "Büro".
 
Ja, die ungeliebten Anglizismen. Manchmal furchtbar peinlich, wenn sie von Angehörigen sogenannter "bildungsferner" Schichten oder von Jugendlichen verwendet werden, die offensichtlich nicht wissen, wovon sie sprechen.

Ich versuche Anglizismen zu vermeiden und doch schaffe ich es nicht ganz. Es gibt eben einfach zu viele, die schon eingebürgert sind und wo die deutsche Variante entweder nie existiert hat oder sogar noch peinlicher klingt als der Anglizismus.

Mit Anglizismen ist es ein wenig wie mit deutschen Redewendungen: Die Leute benutzen sie oft, ohne sich damit auszukennen, was bei den Redewendungen dann zu so merkwürdigen Auswüchsen führt wie "entgleisenden Gesichtern" (weil der Sprecher oder Schreiber einmal etwas von "Gesichtszügen, die entgleisen" gelesen oder gehört, es aber nicht verstanden hat).

Wenn man Unterhaltungsromane schreibt wie ich, Gegenwartsromane, die ja auch die Gegenwart widerspiegeln sollen, ist es unvermeidlich, auch einmal Anglizismen zu verwenden, aber ich verwende sie äußerst sparsam und meist nur, um eine Figur zu charakterisieren. Wer viele Anglizismen falsch benutzt, weist sich als zumindest nicht sonderlich gebildet aus.
 



 
Oben Unten