Angst
Vor vier Jahren war’s, in einer Sommernacht. Wir rannten über dunkle Wiesen, sprangen und rauften, scherzten und lachten leise, unsere Stimmen halb verschluckt vom warmen Wind, der durch die Gräser ging. Ich war ein Stück voran und stürmte den Hügel hinauf durch Felder von rauschendem Grau, den Blick warf ich zurück zu meinen Freunden, die mir eifrig folgten. Ich schluckte zwischen erschöpften Atemzügen und ersticktem Kichern, es juckte im verschwitzten Nacken, und als ich stehenblieb und nach vorne sah, lag vor mir der Wald in finstrem, tiefem Schwarz. Der Wind war kaum noch zu spüren, der Klang der Zikaden blieb hinter mir zurück. Ich sah hinauf zu den Wipfeln, die erstarrt gegen den wolkenlosen Himmel standen, und als mein Atem sich beruhigte, umgab mich eine beeindruckende Stille. Nicht einmal meine Begleiter hatte ich bemerkt, die inzwischen links neben mir standen, den Blick nach oben gerichtet, fast staunend, mit offenen Mündern.
Als ich sie sah, kehrte mein ausgelassener Übermut zurück. Ich stieß den Einen mit dem Ellenbogen an, grinste und spielte verschwörerisch mit den Augenbrauen. Mit einem Ruck stürmte ich los, arbeitete mich durchs knackende Unterholz zum Waldrand und wollte schon endgültig durch’s Geäst, als mich der Griff eines meiner Kumpanen zurückhielt. Ich wandte mich um und sah ihn an. Seine Augen waren weit aufgerissen, sie blickten auf einen Punkt hinter mir. Der Mund war nach unten verzerrt, seine Stirn in wilden Falten, eine solche Panik war in seinem Gesicht, dass sie mich gleich an der Kehle packte, so schnell und ansteckend wie ein Lachen. Wie von fern vernahm ich einen erstickten Schrei, es war der Andere, der nach hinten umgefallen war. Er rollte ein Stück den Hügel hinab, stand stolpernd auf und rannte los durch die Nacht, ohne sich noch einmal umzublicken.
Jetzt hörte ich es. Es war hinter mir, kam aus dem Dunkeln des Waldes auf uns zu, mit unmenschlicher Geschwindigkeit. Und dann schrie es. Oh, wie grauenvoll es schrie! Aus tiefsten Tiefen und schrillsten Höhen zugleich! Ich löste mich aus meiner Starre, stieß meinen Freund voller Panik zur Seite und lief nach vorne die Wiese hinunter. Mein Herzschlag betäubte mir die Ohren, die Beine trieben mit aller Kraft Schritt um Schritt nach vorne, gleichzeitig ließ die Furcht mich taumeln, dass ich fast gefallen wäre. Es kam näher, mit mächtigen Schritten. Ich fasste rennend in die Gräser, als könnte ich mich vorwärts ziehen, mein Hemd klebte Nass an meiner Brust. Bald war ich den Hügel hinab, doch mein orpheusscher Trieb drängte mich nach einem Blick zurück. Ich warf den Kopf herum. Was ich sah ist unaussprechlich, ist unbeschreibbar. In diesem Moment ergriff mich die Furcht ganz und gar, das Bild vor mir ging durch meine Augen, durch mein Herz, und stieß mit aller Gewalt einen blutenden Spalt in meine Seele.
In jener Nacht sah ich ES zum ersten Mal. Und ES kehrt zurück, immer wieder. Jedes mal nimmt ES ein bisschen mehr mit von meinem Verstand.
Bald wird sie das einzige sein, was mir noch bleibt. Bald werde ich nie wieder ohne sie sein.
Vor vier Jahren war’s, in einer Sommernacht. Wir rannten über dunkle Wiesen, sprangen und rauften, scherzten und lachten leise, unsere Stimmen halb verschluckt vom warmen Wind, der durch die Gräser ging. Ich war ein Stück voran und stürmte den Hügel hinauf durch Felder von rauschendem Grau, den Blick warf ich zurück zu meinen Freunden, die mir eifrig folgten. Ich schluckte zwischen erschöpften Atemzügen und ersticktem Kichern, es juckte im verschwitzten Nacken, und als ich stehenblieb und nach vorne sah, lag vor mir der Wald in finstrem, tiefem Schwarz. Der Wind war kaum noch zu spüren, der Klang der Zikaden blieb hinter mir zurück. Ich sah hinauf zu den Wipfeln, die erstarrt gegen den wolkenlosen Himmel standen, und als mein Atem sich beruhigte, umgab mich eine beeindruckende Stille. Nicht einmal meine Begleiter hatte ich bemerkt, die inzwischen links neben mir standen, den Blick nach oben gerichtet, fast staunend, mit offenen Mündern.
Als ich sie sah, kehrte mein ausgelassener Übermut zurück. Ich stieß den Einen mit dem Ellenbogen an, grinste und spielte verschwörerisch mit den Augenbrauen. Mit einem Ruck stürmte ich los, arbeitete mich durchs knackende Unterholz zum Waldrand und wollte schon endgültig durch’s Geäst, als mich der Griff eines meiner Kumpanen zurückhielt. Ich wandte mich um und sah ihn an. Seine Augen waren weit aufgerissen, sie blickten auf einen Punkt hinter mir. Der Mund war nach unten verzerrt, seine Stirn in wilden Falten, eine solche Panik war in seinem Gesicht, dass sie mich gleich an der Kehle packte, so schnell und ansteckend wie ein Lachen. Wie von fern vernahm ich einen erstickten Schrei, es war der Andere, der nach hinten umgefallen war. Er rollte ein Stück den Hügel hinab, stand stolpernd auf und rannte los durch die Nacht, ohne sich noch einmal umzublicken.
Jetzt hörte ich es. Es war hinter mir, kam aus dem Dunkeln des Waldes auf uns zu, mit unmenschlicher Geschwindigkeit. Und dann schrie es. Oh, wie grauenvoll es schrie! Aus tiefsten Tiefen und schrillsten Höhen zugleich! Ich löste mich aus meiner Starre, stieß meinen Freund voller Panik zur Seite und lief nach vorne die Wiese hinunter. Mein Herzschlag betäubte mir die Ohren, die Beine trieben mit aller Kraft Schritt um Schritt nach vorne, gleichzeitig ließ die Furcht mich taumeln, dass ich fast gefallen wäre. Es kam näher, mit mächtigen Schritten. Ich fasste rennend in die Gräser, als könnte ich mich vorwärts ziehen, mein Hemd klebte Nass an meiner Brust. Bald war ich den Hügel hinab, doch mein orpheusscher Trieb drängte mich nach einem Blick zurück. Ich warf den Kopf herum. Was ich sah ist unaussprechlich, ist unbeschreibbar. In diesem Moment ergriff mich die Furcht ganz und gar, das Bild vor mir ging durch meine Augen, durch mein Herz, und stieß mit aller Gewalt einen blutenden Spalt in meine Seele.
In jener Nacht sah ich ES zum ersten Mal. Und ES kehrt zurück, immer wieder. Jedes mal nimmt ES ein bisschen mehr mit von meinem Verstand.
Bald wird sie das einzige sein, was mir noch bleibt. Bald werde ich nie wieder ohne sie sein.