Antiheldensagen - Der truthahnfischende Kalabastanier

Kaiser Nero

Mitglied
Hört, hört!!! Wir alle kennen die zahlreichen Sagen über den Schönling Prinz Eisenherz & Co. aber oftmals wird vergessen, dass es neben den silberschwertschwingenden Helden auch noch Menschen gab, die nie in einer einzigen Geschichte erwähnt werden, aber ebenso einen Platz in unserem Herz verdient hätten.
Vor vielen Hunderten von Jahren war der mittelgroße, langhaarige Aaron Asbest König von Kalabastanien, einem kleinen, friedlichen aber von Un- und Inzucht schwerst geschädigten Reich. Aaron Asbest war nicht schön und auch nicht besonders sportlich, aber er war ein weiser und freundlicher Mann, der seit seinem 18. Lebensjahr, als sein Vater Frederik der Flatulenzler tragisch ums Leben kam, voller Stolz auf dem Königsthron saß.
Schon damals wusste man, dass Truthahnfischen wohl war keine königliche Sache ist. Er jedoch, König Aaron Asbest von Kalabastanien konnte nicht anders.
Er war süchtig danach, mit seinen aus Jungfernhand vergoldeten Angeln aus Zedernholz und mit in Vollmondnächten aus Adlerdarm angefertigten Fangnetzen gemeinsam mit seiner Mannschaft sämtliche in seinem Reich befindliche Bäche und Flüsse anzusteuern um nach fetten, braunen Truthähnen zu fischen. In ganz Kalabastanien war es noch niemandem gelungen einen Truthan an Land zu ziehen, ja wahrscheinlich hat noch kein Mensch auf dieser Welt einen Truthahn gefischt. Er jedoch, König Aaron Asbest von Kalabastanien konnte nicht anders.
Aus heiterem Himmel zog mitten im Sommer während eines großen festlichen Ritterturnieres, bei welchem man um die Gunst von Aarons Schwester Agnes der Läufigen werben konnte, eine riesige bis an die Zähne bewaffnete, hunnisch brutale Heuschreckenbande über das Land einher und fraß sämtliche Nahrungsvorräte und unbewachte Kleinkinder auf. Es herrschte Staatstrauer und alle, ja Bauern, Prostituierte, Gaukler, Lehrer und sogar Gefangene halfen bei der Nahrungsbeschaffung und gingen nächtelang in die von Möchtegernhexen und Pestkranken bewohnten Wälder, um meist erfolglos, zu jagen. Alle? Nein, Asbest nicht, er saß seelenruhig und mit knurrendem Magen am Flußufer, ließ seine Füße im Wasser baumeln und warf fröhlich pfeifend seine Angel aus, um nach Truthähnen zu fischen. Seine Berater meinten es schicke sich nicht für einen König, sein Volk nicht zu unterstützen. Er jedoch, König Aaron Asbest von Kalabastanien konnte nicht anders.
Nach 3 Tagen packte er etwas enttäuscht ob der abermaligen Leere seines aus Oberschenkelknochen von Kriegsgefangenen gefertigen Truthahnkäfiges seine Sachen, zog seinen samtroten, mit Truthahnköpfen bestickten Königsmantel über und ging freundlich grüßend an seinen verhungernden Mitmenschen vorbei zurück ins Schloss. Aaron wusste, dass sein Volk am verhungern war, und wenn sie nicht zu schwach zum Kämpfen gewesen wären, hätten sie wahrscheinlich seine Burg gestürmt. Doch was sollte er tun? Die gesamte Ernte wurde von den diabolischen Heuschrecken zerfressen und Wild gab es auch keines zu essen, denn die Tiere hatten den Wald längst verlassen um in den Süden zu ziehen, einfach so, niemand wusste warum. Er jedoch, Aaron, wusste, dass es wohl war wichtigere Dinge gibt, als Nahrung. Er rief sämtliche Hofdiener herbei und ritt 2 Tagesmärsche auf seinem gefleckten abgemagerten Schimmel aus, um mit seiner gesamten Belegschaft nach Truthähnen zu fischen. Karpfen, Hechte und allerlei Fischiges wurden an Land gezogen. Asbest jedoch gab den Befehl sämtliche Tiere wieder ins Wasser zu werfen. Es sei nicht seines Volkes Würde, so Aaron Asbest, Fische zu verspeisen. Sein Land bräuchte wohlschmeckendere Mahlzeiten; lieber lasse er sein Volk und sich selbst verhungern, als Fische zu fressen, so Aaron wörtlich.
Und so zogen die Truthahnfischer nach tagelanger, natürlich erfolgloser Jagd wieder zurück in die Stadt, wo nur noch Leichen vorzufinden wahren. Pestübertragende Ratten nagten an den leblosen Körpern, jedoch war nicht einmal mehr genug Nahrung für das Rattenvolk übrig, und die Pest interessierte nun auch niemanden mehr, denn Tote Menschen bekommen keine Pest. Schließlich starb auch noch das gesamte Burgpersonal und nur noch er, Aaron Asbest, König von Kalabastanien hatte etwas Nahrung übrig. Er war nun König eines toten Volkes. Nichtsdestotrotz, schnürte er fröhlich pfeifend seine Lederschuhe, schnappte sich seine Angel und zog freundlich die Leichen grüßend an den leblosen Straßen entlang gen Fluß. Er wusste, dass wenn er nun bald nichts zu essen bekommen würde auch er sterben würde, der letzte Einwohner von Kalabastanien. Nach einigen Minuten am Fluß fischte er einen riesengroßen Karpfen.
Die Versuchung ihn zu verspeisen war groß. Aaron warf ihn jedoch ins Wasser. Jeder andere hätte den Karpfen verschlungen und nicht nach Truthähnen weiter gefischt. Er jedoch, Aaron Asbest, König von Kalabastanien konnte nicht anders.
Und so geschah es, dass Aaron Asbest, König von Kalabastanien nur wenige Stunden später total übermüdet zusammenbrach und regungslos liegen blieb.
Wenige Kilometer weiter bemerkte ein Grenzdiener des benachbarten Reiches, dass ein Mann mit einer Angel in der Hand tot ans Ufer geschwemmt wurde. Am Angelhaken hing der größte Truthahn der je gesehen wurde. Der Truthahn musste sich verfangen und den toten König mitgezerrt haben. Dieser Truthahn war Nahrungsspender für die ganze Welt und niemand brauchte mehr zu hungern. Aaron Asbest, König von Kalabastanien musste sterben, um sich seinen Traum vom gefischten Truthahn zu erfüllen. Aber was noch viel wichtiger war, er rettete die gesamte Menscheit. Auch wenn sein Volk starb, so sollte es nie vergessen werden, und auch die Tradition des kalabastanischen Truthahnfischens ist heute zu Unrecht längst vergessen. Viele halten das Truthahnfischen für Unnötig oder veraltet. Er jedoch, Aaron Asbest, König von Kalabastanien, konnte nicht anders.
 



 
Oben Unten