Apathie

Galaxy

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Apathie

Apathy, the chosen way to be
[Staind - Price To Pay]


Als es mir schlecht ging und ich noch larmoyant genug gewesen bin, es nicht hinter der vertrauten Maske der Albernheit zu verbergen, habe ich recht oft zu hören bekommen, ich dächte zu viel nach.

„Denk einfach nicht dran! Es ist unnötig. Du kannst das Leben nicht überlisten und wenn du weiterhin daran rumgrübelst, statt dich vom Boden zu erheben und es zu vergessen, bist du selber schuld, dass du leidest.“

Das sagten sie.

Okay, denken war also schlecht. Sich unglücklich zu fühlen auch. Das verstand ich. Aber wie entkommt man dem Denken, wenn man sich doch jeden Abend ins Bett legt und die leere Zeit vor dem Verfallen ins Land der Träume mit nichts anderem zu füllen weiß? Wie hört man auf, sich schlecht zu fühlen, wenn die eigenen Gefühle kleine Monster sind, die prinzipiell gegen den Willen der Ratio handeln?

Lösung: Man geht in Urlaub und lernt eine sehr genehme Dame namens Apathie kennen.

Den Urlaub von mir selbst nahm ich mir lustigerweise zeitgleich mit meinem buchstäblichen Urlaub. Ich war allein, hatte mehr Zeit zum Nachdenken und zum Leiden, aber weder die Lust zum einem, noch zum anderem. Aber hey, wieso musste ich immer reflektieren und verarbeiten? Wieso nicht dem Rat der anderen folgen und einfach vergessen, und dabei ebenfalls vergessen, dass so eine Art von Vergessen eigentlich Verdrängen bedeutete?

Ja, warum nicht?

Ich tat es. Zensierte mich. Blendete mich aus. Es war weder gut, noch schlecht, aber nachdem es so lange nur schlecht gewesen ist, war eine gleichgültige Haltung ein erfreulicher Fortschritt. Es lief prima, ich lebte befriedigt vor mich hin. Zeitweise.

Denn Apathie ist eine kleine perfide Heuchlerin. Sie beschützt dich großherzig vor negativen Gefühlen, nur damit sie dich später eigenhändig und um einiges langsamer erlegen und hinrichten kann. Denn sie beschützt dich, indem sie einfach alle Gefühle abschirmt. Und dann stirbst du mental. An Gefühlsmangel. So, als würdest du völlig aufhören zu essen, nur um nicht die Gefahr einzugehen, etwas Vergiftetes zu erwischen.

Bei mir ist es so weit. Ich bin innerlich tot, nur noch eine Hülle aus humanoidem Fleisch. Die nicht in der Lage ist Faszination oder Verbundenheit zu erleben. Ich hab keine Lust mehr auf euch alle. Ihr seid mir egal. Ihr seid anstrengend. Und doof. Überaus doof. Wie geil....

Aber nun gut, denken wir mal rational: Warum sollte ich für euch leben? Seht ihr, da fällt auch euch nichts ein. Also lasse ich es.

Oh, und noch ein kleiner Tipp an diejenigen, die meinen, sie hätten es nötig wegen dem, was ich gleich tun werde, zu wimmern und zu leiden: Denkt nicht dran! Es ist unnötig. Wenn es euch weh tut und ihr es zulasst, seid ihr selber schuld. So einfach ist das.
 

sohalt

Mitglied
Selbstironisch. Gefällt mir.

Einzig der Knalleffekt am Schluss scheint mir nicht recht zur lethargischen Grundstimmung zu passen. Für einen, der das mit der Apathie so richtig verinnerlicht hat, wäre Selbstmord wohl eine viel zu melodramatische Aktion. Allein, die Tatsache, dass es überhaupt eine Aktion ist, disqualifiziert es eigentlich schon für den Apathischen. Es gibt ja de facto keine größere Energieverschwendung als Selbstmord, denn den Tod kriegt jeder gratis bald genug. Wer so richtig schön apathisch ist, der modert stattdessen einfach friedlich vor sich hin. Das ist das Sterben der Apathischen und das hast du ja eigentlich auch vorher recht hübsch so herausgebracht.

lg
sohalt
 

Galaxy

Mitglied
Stimmt, wenn die klassische reine Apathie gemeint wäre, wäre der Suizid überflüssig.

Ich hatte es eher auf einen Verlust aller positiver und vieler negativer Gefühle abgesehen. Also keine absolute Apathie. Der Protagonist ist noch in der Lage sich unglücklich zu fühlen, dass ihn sonst nichts berührt. Ein Leben fast ohne Gefühlsregungen erscheint nicht so wertvoll, um sich anzustregen und es zu leben. Also warum fortführen?
 



 
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