Artenvielfalt

morgenklee

Mitglied
[ 4]Artenvielfalt
[ 4]
[ 4] Ein Hai tanzt elegant durchs Meer.
[ 4]Wie lange noch; wie lange?
[ 4]In China lebt der Panda-Bär.
[ 4]Wie lange noch; wie lange?
[ 4]
[ 4]Der Seeadler schwebt durch die Luft.
[ 4]Wie lange noch; wie lange?
[ 4]Der Tiger folgt des Tigers Duft.
[ 4]Wie lange noch; wie lange?
[ 4]
[ 4]Die Artenvielfalt fasziniert -
[ 4]doch ist Gefahr im Gange.
[ 4]Sie hat sich schon stark reduziert. -
[ 4]Wie lange noch; wie lange?
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Morgenklee, Du sprichst wichtige Probleme an. Aber ich will hier mehr auf die Form eingehen.

Die Wiederholung der Zeilen sehe ich als gelungen an: "Wie lange noch, wie lange?"

Durch die Wiederholung ändert sich die Wiederholung bis zum Schluss, hier ändert sich auch die Bedeutung.

Die ersten beiden Strophen verwenden konkrete Bilder/Beispiele für den Artenniedergang.

Die letzte wird dann abstrakt.

Es passt nicht gut zusammen, wegen des Prinzips der kurzen Bindung:

Die Artenvielfalt fasziniert -
doch ist Gefahr im Gange.
Sie hat sich schon stark reduziert. -
Wie lange noch; wie lange?


= Wann kann sich die Artenvielfalt nicht mehr reduzieren? Wenn es nur noch Null Arten gibt.

Die Rhythmikstruktur stößt immer wieder an Grenzen, löckt teilweise gegen den Stachel.

Es hat mich ein wenig an die schlesische Nachtigall erinnert, Friederike Kempner, die zum Teil einen ähnlichen Stil wählte.
 

morgenklee

Mitglied
Die andere Friederike (Artenvielfalt) - Gereimtes

Bernd

Danke für die aufbauende Exegese!

Die letzte Strophe soll in der Tat gleichsam wie ein Menetekel daherkommen: "Aufgepasst, Menschenskinder! Von den Indischen Königstigern gibt es nur noch ... Von den Pottwalen gibt es nur noch ... Von den Panda-Bären gibt es nur noch ... usw."

Pars pro toto.

Andererseits soll dieses Gedicht nicht "schwerer wirken" als es wirklich ist und auch ohne den erhobenen Zeigefinger (trotz der letzten Strophe) auskommen.

Gegen den Stachel löcken? Gegen den Strom schwimmen! Nur so erreicht man die Quelle ('tschuldigung wg. der Phrase).

"Irgendetwas" erinnert immer an "Irgendetwas" - bezogen auf Heinz Erhardt habe ich diesen Dialog schon einmal geführt. Das ist interessant, assoziativ wahrscheinlich sogar mutmachend. Es darf dann nur nicht am Ende das Resümmee stehen: "Aber so ganz getroffen hast du den Erhardt-Ton dann doch nicht. Ich versichere hier hoch und heilig: Ich möchte den morgenklee-Rhythmus optimieren. Nichts weiter.
Und deshalb nochmals: Danke für Deine - mir übermittelten -Überlegungen!

PS: Dann muss ich doch mal die "andere" Friederike aufsuchen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es ist nicht der Friederike-Kempner-Duktus, aber ein wenig die Poetik.
http://gutenberg.spiegel.de/buch/gedichte-2629/1

Friederike Kempner
Das Vöglein

Vöglein, Vöglein mit den Schwingen,
Mit den Äuglein schwarz und klein,
Laß uns mit einander singen,
Laß uns liebe Freunde sein!

Vöglein hüpfte auf den Bäumen,
Endlich es mit Sang begann:
Du kannst nur von Freiheit träumen,
Dich seh' ich als Fremdling an!

Mensch, auch Du hast Deine Schwingen,
Äuglein klar und hell und rein,
Könntest Freiheit dir erringen,
Dann erst laß uns Freunde sein!
 



 
Oben Unten