Aszites (Meiner Mutter gewidmet, ein Rubai)

4,00 Stern(e) 3 Bewertungen

Label

Mitglied
Lieber Bernd

Dein Gedicht brach über mich herein,
es gibt ein scharfes klares Bild, dem ich mich nicht entziehen konnte.
Auch ohne deine Widmung hat es bei mir eine besondere Wirkung, meine Mutter hat Zirrhose - Aszites ist nah.

der letzte Vers hinterlässt sehr sehr gemischte Gefühle
denn diese "Gesundheit" ist kurz

ein bisschen benommen
Label
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke. Im Moment gibt es Hoffnung, dass sie wieder gesund wird, aber die Ursache ist noch nicht richtig bekannt.
Sie ist 79 - und endlich im Krankenhaus. Der allgemeine Arzt hatte sie in 6 Wochen wiederbestellt, sie könne ja wieder laufen, also sei sie ja praktisch wieder gesund - so ungefähr, aber zum Glück war sie noch bei einem anderen.
 
H

Heidrun D.

Gast
Nicht böse sein, Bernd, aber durch den letzten Vers wird der Inhalt in meinen Augen ins Lächerliche gezogen. Diesen Effekt hast du dir bei deinem bewidmeten Text bestimmt nicht gewünscht. - Irgendwie erinnert mich die Mutter hier an ein clowneskes Stehaufmännchen; das hat sie mit Sicherheit nicht verdient.
Herzliche Grüße
Heidrun
 
Altersfrage

Die ersten drei Zeilen waren beeindruckend. Die letzte Zeile jedoch gefällt auch mir nicht. Ärzte können nicht zaubern und sie können schon gar nicht das Alter wegzaubern. Oft kann ihr Wissen helfen. Vielleicht wird das Gedicht besser, wenn du in der letzten Zeile eine Frage stellst?
 

Label

Mitglied
Lieber Bernd

den letzte Vers hatte ich als Sarkasmus oder Ironie aufgefasst.
Wissend dass eine Aszitesbehandlung immer nur eine Symptombehandlung ist und die zugrundeliegende Ursache angegangen werden muß - leider ist das fast immer eine nur verzögerbare und keine heilbare Krankheit.

Deshalb die gemischten Gefühle
Aszites zwar weg - ABER

immer noch gemischtgefühlig
Label
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Bernd,

dieses Gedicht wirkt auf mich etwas rätselhaft.
Offensichtlich ist der gewollte Gegensatz, den die Zeilen 1-3 einerseits und Zeile 4 andrerseits bilden.
Wo sich drei Zeilen lang alles schleppt und müht und dieser Eindruck durch Wiederholungen noch verstärkt wird, kommt es in Zeile 4 zur Wunderheilung. Sozusagen eine vom Autor bewusst gesetzte Deus ex Machina-Zeile.
Am ehesten spricht es mich in der Lesart an, dass die Wunderheilung - so wunderbar und klinisch rein sie hier erscheint - ihre eigene Unmöglichkeit bereits impliziert (vielleicht nur der fromme Wunsch des LyrI) und zurück bleiben: Hilflosigkeit, Ohnmacht, Trauer. Vielleicht eine Art namenlose Trauer, weil sich dort, wo die Trauer mutmaßlich zu erwarten wäre, eine Leerstelle in Form einer aufgeblasenen Wunderheilung auftut.

liebe Grüße wüstenrose
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die letzte Zeile soll eigentlich die Hoffnung verkörpern und das Vertrauen in die Ärzte, deren Wirken wie Zauberei anmutet.
Früher waren es die Schamanen.
Klar ist, dass man die Krankheit nur hinauszögern kann, völlige Gesundheit lässt sich nicht herstellen.
Ein wenig Sarkasmus ist wohl auch dabei. So hat der Hausarzt vier Tage bevor sie ins Krankenhas kam, sagte: "Sie können ja schon wieder laufen, ich bestelle Sie in sechs Wochen wieder."
Zum Glück war sie noch bei einem Spezialisten für Nierenkrankheiten bestellt. Der hat sie ins Krankenhaus eingewiesen, um wenigstens den Befund zu klären.
Am Anfang (vor vier Wochen) war sie schon mal in einem Krankenhaus, die haben dort nur festgestellt, dass es keine Thrombose ist und keine Lungenembolie, sondern eine Venenentzündung, und haben sie sofort wieder entlassen, noch am gleichen Tag. Das fand ich schon komisch.
Sie hat kein Gewicht verloren, (obwohl sie fast nichts gegessen hat). Das war für den Hausarzt anscheinend ein Grund für die Verharmlosung. Oder das nahende Quartalsende?
Vielleicht hat das alles unbewusst zu dem sarkastisch anmutenden Tonfall mit geführt.

Wie dem auch sei, jetzt bekommt sie eine richtige Diagnose und dann werden wir sehen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Nicht schlecht, aber es dreht den Sinn von einer (vielleicht irrationalen) Gewissheit zu einer Wahrscheinlichkeit, von "Du wirst wieder gesund" zu "wir hoffen, dass du wieder gesund wirst.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke, Marie-Luise,
das entspricht mehr meiner eigentlichen Intention.
Ich mag auch Haiku (hier ist es wohl ein Senryu).


Das Gedicht ist bisher eines meiner persönlichsten Gedichte, trotzdem liegt der Fokus auf "Gedicht". Es eröffnet sehr unterschiedliche Interpretationen. Die Rubai-Form erzeugt dabei eine besondere Stimmung, weil ein Rubai (bzw. das gewählte Reimschema) eher selten ist - und durch den dreifachen Reim eine "erhabene" Stimmung erzeugt wird, die in der letzten Zeile gebrochen wird. Die letzte Zeile, das fällt mir auf - zeigt auch, dass die Ärzte eigentlich noch nichts wissen.
(Bis heute ist die Diagnose noch nicht gesichert.)
 
Lieber Bernd,
dein Gedicht hat mich irgendwie aufgewühlt, doch diese Art Gedicht (Rubai) ist mir so fremd.
Ich hatte das Gefühl, dass so Trauriges nicht in diese Form passt.
Ein sehr lieber Freund litt an dieser Krankheit, und ich hatte ihn vor Augen, als ich das Gedicht las.
Dieser Rubai wirkt so kindlich. Doch ich ertappe mich dabei, dass er mir, je öfter ich ihn lese, immer mehr zusagt.
Durch die Wiederholung der Worte drückt sich m. E. die ganze Hilflosigkeit, die man dem Erkrankten gegenüber empfindet, aus.

Mitfühlende Grüße von
Marie-Luise
 

presque_rien

Mitglied
Hi Bernd,

Ich habe mich vor kurzem in die Rubai-Form verliebt!

Ich liebe die Wiederholungen in den ersten 3 Versen deines Gedichts, ich finde, sie unterstreichen den Charakter des Rubai und machen dein Gedicht sehr intensiv.. allerdings bin auch ich nicht vom letzten Vers überzeugt.

Meinem Gefühl nach ist der Rubai eine sehr "runde" Form, es sollten keine Brüche entstehen - der letzte Vers sollte die anderen drei abrunden und vervollständigen, anstatt ihnen zu widersprechen. Ist natürlich nur meine bescheidene Meinung.

Lg,
presque
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich freue mich, dass Dir die Form gefällt. Hier sind als Quelle einige von Omar Chajjam, dem persischen Dichter.
http://www.projektmaxstirner.de/rubajat.htm

In meinem Gedicht soll es eine gewisse Abrundung, aber keine weitere Wiederholung sein. Ich sehe aber, dass es sehr verschieden gelesen werden kann.
Diese Mehrdeutigkeit finde ich gut. Sie hinterlässt eine Verstörung.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Im vorliegenden Fall gab es doch ein kleines Wunder.
Sehr starke Verbesserung.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke.
Sie kommt morgen zur Reha, kann wieder laufen, ist in Gedanken wieder klar, das Essen schmeckt auch wieder (sie isst noch sehr wenig) und die Sprachstörungen sind weg. Sie löst auch wieder Kreuzworträtsel und liest.
Zeitweise war es sehr knapp. Ich sage nur Escherichia Coli (kein EPEC).
(Aber mit denen muss sie befreundet sein, sie hieß früher Eschrich.)
 



 
Oben Unten