Auf dem Weg

2,00 Stern(e) 1 Stimme

Walther

Mitglied
Auf dem Weg


An des Tales weiter Flanke
Rundet sich ein schmaler Weg.
Ist es, dass sich mein Gedanke
Den ich schon seit Tagen heg,

Hier verflüchtigt und enthebt?
Ich klag stumm, ich leide, schwanke:
Ist dies Leben schon gelebt?
Drüben steht sie, jene schlanke,

Buche: Zu ihr drängt mein Schritt.
Hier will ich für heute rasten.
Doch die Sorgen rasten mit.
Es muss aufhör’n, dieses Hasten.

Auszeit, um die ich so bitt’,
Sie soll helfen und entlasten.
Alles, was ich je erstritt,
Auch die Chancen, die verp.r.assten,

Stürzt ins Nichts, die Welt zerfällt.
Birgt der Blick über die Felder,
Der das Aug’ in Ruhe hält,
Und das Grün der hohen Wälder

Meine Rettung tief in sich?
Frühlingsboten, Glücksvermelder,
Zwitschern, freu’n sich königlich,
Pfeifen auf Verlust und Gelder,

Machen sich `nen schönen Lenz.
Ich hör zu, tief in Gedanken.
Wer es sehen will, erkennt’s:
Es nützt nichts, mit sich zu zanken.
 

MarenS

Mitglied
Fein! Wirklich fein. Der Hader mit sich selbst, Zweifel und dann die Erkenntnis.
Fragt sich nur, wie lange sie diesmal anhält.

Grüße von Maren
 
H

Heidrun D.

Gast
Da gebe ich den Ladys gern Recht. :) -

Mir gefällt der Anfang am besten:

An des Tales weiter Flanke
Rundet sich ein schmaler Weg.
Das klingt, als würdest du eine schöne Frau beschreiben. - Ein Eindruck, der sich während des ganzen Textes verstärkt, obwohl ja LyrI, quasi en passant, mit sich selber hadert.

Nur die "verp.r.assten" schmiegen sich mir nicht ins Bild.

Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Lb. Maren,

das ist ein Gedicht, das sich aus einem Spaziergang ergab und wenig die aktuelle Lage reflektiert. Alles geht den Bach runter. Da hadert man auch mit sich selbst.

Am Ende hilft das aber nicht weiter, und den Frühlingsgenuß sollte man sich nicht auch noch nehmen lassen.

LG W.

Hallo LeiseWege,

ich habe ein wenig die Lyrik des Biedermeiers reflektiert und persifliert. Man sieht an den Bewertungen, daß da wer tatsächlich drauf reingefallen ist. Du nicht, das freut mich.

Gedichtanfänge gehören meist zu den besseren Teilen des Werks. Sie fallen einem zuerst ein, mit ihnen spielt man zum Teil tagelang herum, bis der Ohrwurm aufs Papier muß. Der Rest entfaltet sich aus diesem Einfall und den Gedanken, die sich aus ihm entwickeln.

Schön, daß Dich der Text angesprochen hat.

Lieben Dank und Gruß

W.

Hallo Heidrun,

wenn alles koppheiste geht, dann gehen die verpaßten/verpraßten Möglichkeiten/Chancen mit. Das war der Sinn dieses Ausdrucks, und sie schmerzen dann besonders, weil man mit den damals verschwendeten Reserven in der Not hätte was anfangen können.

Erscheint dieser Hinweis logisch?

Bester Dank und schöne Grüße

W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Das hatte ich schon vor dem Hinweis verstanden ;), nur kann ich es einfach nicht so gut leiden, wenn ein experimenteller Baustein (unverhofft) mitten in einem eher traditionell gefärbten Gedicht auftaucht ... :D

Ist aber vielleicht Geschmackssache.

Liebe Grüße
Heidrun
 

Walther

Mitglied
Hallo Heidrun,

damit muß man bei mir immer rechnen. Ich bin eben kein traditioneller Dichter. :)

Gruß W.
 

MarenS

Mitglied
Ich sehe den Stil nicht als Persiflage an sondern als eine Möglichkeit der dichterischen Freiheit sich auszudrücken. Manchmal passt eben auch dieser Stil und warum nicht, in drei Teufels Namen?

Noch hoffe ich, Walther, dass nicht alles den Bach runter geht.

Grüße von Maren
 

Walther

Mitglied
Liebe Maren,

es geht alles den Bach runter und wir mit. Und die nächsten werden das Gleiche sagen und recht haben.

Eines aber ist schon erschreckend: Die immer weniger Wissenden krakeelen immer lauter.

Gruß W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Da möchte ich dir von ganzem Herzen Recht geben, lieber Walther. Das kann man auch vor Ort täglich auf`s Neue bewundern ... :D
 



 
Oben Unten