Auf den Leim gegangen

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Herr Müller

Mitglied

Auf den Leim gegangen

Wo renoviert wird, lass dich nieder,
wo tapeziert wird, dort nie wieder.
Das Leben ist heut ohne Kleben,
ein wirklich angenehm´ res Leben.

Wir zogen damals uns´ re Bahnen,
das böse End konnt keiner ahnen,
sie lösten sich nach all den Stunden,
die Frau und ich umsonst geschunden.

Ich sprang in voller Zornesröte,
ganz wütend an die Flurtapete
und hab mich dann in ihr verfangen,
ich war ihr auf den Leim gegangen.

Der Kopf verdeckt mit feuchtem Kleister,
der weckte in mir böse Geister,
ich schlug und sprang ganz wild im Kreise,
wie werd ich los die Kleister... leise

glitsch, sank mein Fuß wohl in die Schüssel,
geleimt das Bein, nicht nur der Rüssel,
so rutschte ich nach hinten weiter,
es hielt mich fest, die Malerleiter.

Die Frau sie schrie mit kurzem Quaken,
doch fand sie Halt am Lampenhaken,
ich stand ganz gut dank ihrer Backen,
dann saß sie auf und mir im Nacken.

Der Turm von Pisa hängt nur schiefer,
ein Schritt nach vorn, dann ging es tiefer,
wir schlugen auf, mit lautem Krachen,
den Tapeziertisch voller Lachen.

Der Schopf befreit von der Tapete,
nahm ich den Kopf von meiner Käte,
ihr Kleid so fein hab ich zerrissen
und tapezierte sie mit Küssen.​
 

Alexus

Mitglied
Tach Herr Müller,

*lachweg

wenn man das liest könnte man aber trotzdem Lust zum Tapezieren kriegen *grins...

Oder man holt sich einen Profi und nützt die gewonne Zeit für andre Dinge...

LG
Alex
 

Inge Anna

Mitglied
"wie werd ich los die Kleister..."

Hallo Herr Müller,
war mir ein Lesevergnügen! Steht uns nächstes Jahr ins Haus, die Renoviererei. Ich hoffe sehr, dass ich die letzte Zeile Deines Gedichts in die Öhrchen meines Göttergatten hauchen kann.
Liebe Grüße aus dem winterlich-kalten Saarland
Inge Anna
 

Herr Müller

Mitglied
Die Kleister die ich rief, werd ich nie wieder los

Es scheinen doch alle die letzte Zeile zu mögen. Dann hauch mal Deinen Gatten ordentlich an und geh mit ihm auf den Leim ;)

Herr Müller wünscht wohl geklebt zu haben
 
W

winni

Gast
Hallo Herr Müller ...

Ja, es ist schon sehr gewagt,
gerade heute, in der Zeit -
wenn auch im Gedicht gesagt,
lobst du hier die `Schwarzarbeit´ ...!! (?)

Trotzdem, ein gelungener Arbeitsbericht !

Frohes Schaffen !

winni
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo winni,

Die heimische Renovierung als Schwarzarbeit?
Erst wenn ich die Arbeit nicht machen will und mir jemanden bestelle, der die Arbeit auch nicht machen will, so daß ich mich dann selbst beauftrage und mich dann selbst bezahle, und dem Fiskus nichts abgebe, dann ist es Schwarzarbeit, dann habe ich aber einen Schatten an der Mütze, ich würde mich nämlich erst gar nicht bezahlen, dann passiert mir auch nichts. :D

Danke für Deinen positiven Kommentar.
Herr Müller
 
K

Klopfstock

Gast
Lieber Herr Müller,
ein gelungenes Werk - humorvolle Story, sehr gute Ausführung
und trotzdem, zwei klitzekleine Häkchen, an denen ich mich jetzt aufhänge, habe ich gefunden :D
Müßte es nicht "feuchtem Kleister" heißen???
Und, wenn Sie "das böse Ende" in ein "das böse End'"
umwandeln, wäre der Rhythmus des Gedichtes perfekt;)

Ansonsten ein ausgezeichnetes Werk und ich habe
nicht mehr zu meckern;)

In diesem Sinne
ganz liebe Grüße
von Klopfstock :)
 

Herr Müller

Mitglied
Danke

liebe Klopfstock für das Lob und die 1A Textarbeit. :)
Ist schon eingearbeitet. Da hatte ich wohl Kleister auf den Augen :D

Herr Müller
 
W

winni

Gast
Hallo Herr Müller

... so viele Gedanken hatte ich mir allerdings bei meinem
Kommentar nicht gemacht ........

Liebe Grüsse,

winni
 

Udogi-Sela

Mitglied
Turbulent,

Herr Müller, geht’s bei Ihren handwerklichen Bemühungen zu. Da habe ich gleich wieder Wilhelm Busch-Bilder vor meinem geistigen Auge.

Übrigens, ein Tapezier-Gedicht habe ich auch geschrieben:

Es klebt der Leim.
Fertig ist der Reim.

Zugegeben, etwas kurz und ohne ein so schönes Ende wie in Ihrem Werk.

Herzlichst
Udo
 

Schakim

Mitglied
Guten Morgen, Herr Müller!


Auf einmal fehlt die Zeit der Uhr,
denn Kleben tut hier nichts die Spur.
Anstatt die Wand frisch zu bekleben,
will Herr Müller Liebe leben.
Und er macht das ganz begeistert,
ohne dass er etwas kleistert!
Ach! Herr Müller ist im Schuss,
liebt seine Käte mit Genuss!
Da braucht er niemehr Leimtapeten,
nur weiche Formen schön zum Kneten.


Ich wünsche Dir einen "formenreichen" Tag!
Schakim
 

Wittgenstein

Mitglied
Guten Morgen Herr Müller,

und gleich eine Gratulation.

Das Werk hat Pfiff und ist mit einem feinen Einführungssatz versehen, der den Boden für das Gedicht wunderbar bereitet, ja sogar ganz für sich genommen in aller Kürze tiefste Wahrheiten auf den Punkt bringt.

Dies analysiert, mit besten Grüßen,
Wittgenstein
 

Herr Müller

Mitglied
Re: Turbulent,

Ursprünglich veröffentlicht von Udogi-Sela

Es klebt der Leim.
Fertig ist der Reim.
Es lebe der Leim! Es klebe die Revolution!
Wie sagte das Stuhlbein zum Stuhl: Eines Tages gehen wir aus...,... aus dem Leim. :D

Freue mich, wenn es Dir gefallen hat. Endlich konnte ich mal wieder ein vernünftiges Gedicht mit meinen Hirnzellen zusammenkitten.

Herzlichst
Herr Müller
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Schakim

Auch Du findest gefallen an der letzten Zeile.
Ich hab aber selber meine Zweifel, ob man sich mit dem ganzen Leim am Körper nicht zu fest aneinander bindet? ;)

Herr Müller dankt und grüßt herzlich
 
L

Lotte Werther

Gast
Herr Müller, Herr Müller

Muss mich ja fast schämen, so weit hinten zu stehen.
Und dich nicht früher entdeckt zu haben.
Mein Pech, denn gestern gings mir schlecht. Hätte ich das hier gelesen, wäre meine Stimmung bestimmt besser geworden.

Bei dieser hohen Leserquote,
Gibt's auch von mir die beste Note.

Lotte Werther
 

Herr Müller

Mitglied
Hallo Lotte

Die Hauptsache ist doch, daß Du mir auch auf den Leim gegangen bist. Kaum schreibt man mal eine klebrige Geschichte, schwupp... gefangen. :)
Freut mich sehr, dass Dir die Geschichte gefällt.

Herzlichst Herr Müller
 

Talarmar

Mitglied
Hallo Herr Müller,

über den armen Tapeziertisch macht sich keiner hier Gedanken. Der muß ja bei dieser Aktion zu Bruch gegangen sein. So etwas hält der beste seiner Art nicht aus.
Ich weiß schon warum ich meine Gemütlichkeit nicht weg tapeziere.

Bis bald,
Talarmar
 



 
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