Aufgewacht

Asche

Mitglied
Es gibt Geschichten die erzählt werden wollen. Sie sind anders – zumindest für den der sie schreibt. Sie drängen mit der Unverschämtheit eines besoffenen Punkers und der Hartnäckigkeit eines GEZ-Mitarbeiters aus dem Unterbewusstsein nach außen, krallen sich an der Hirnrinde fest und drohen mit erhobener Faust sich erst wieder ein Stück zurück zwingen zu lassen, wenn sie auf Papier gebracht wurden. Sie schleichen sich mit der Gerissenheit einer hungrigen Ratte in nächtliche Träume und stören den Tagesablauf durch lästige Zwischenrufe. Von einer dieser Geschichten handelt mein kleiner... nennen wir es: Erfahrungsbericht.

Nach der Geburt meiner Tochter wurde Schlaf erst einmal zur Mangelware. Und wer wenig schläft träumt in Folge dessen auch wenig. Als ihre Schlafphasen nach etlichen Monaten endlich begannen länger zu werden kehrten auch die Träume zurück. Leider war einer der ersten an die ich mich seit langem erinnern konnte ein verdammt langer Alptraum, aus dem ich ruckartig und schweißgebadet im schäbigen Licht eines grauen Wintermorgens erwachte. Man sollte dazu erwähnen: Ich bin langjähriger Horrorfilmfan! Wenn mein Unterbewusstsein also die Absicht hegt mich ernsthaft schockieren zu wollen, muss es schwere Geschütze auffahren. In diesem Fall hatte es meine Schaltzentrale verdammt ernst gemeint und der Traum hallte, scheinbar unfähig dahin zurück zu kriechen wo er hergekommen war, in meinem Kopf noch lange nach. Er begleitete mich ins Badezimmer, auf den Balkon um kurz mit mir eine Zigarette zu rauchen, ins Auto, in die Arbeit… die Geschichte hatte längst Eigendynamik entwickelt und begonnen sich wie ein Schimmelpilz in meinem Schädel auszubreiten. Die Inhalte des ursprünglichen Traums hatten sich inzwischen untrennbar mit meinen fortspinnenden Gedanken vermischt. Doch immer noch war der Name präsent. Der Name dieser verfluchten kleinen Stadt, die mich so angezogen und gleichzeitig abgestoßen hatte.
Ich hackte diesen Namen in Google Maps. Warum? Keine Ahnung, einfach nur weil ich es konnte. Und natürlich weil ich wissen wollte ob es dieses Kaff vielleicht wirklich irgendwo gibt.
Ich wäre das klassische Horrorfilmopfer. Der Idiot, der aus purer Neugier in diese Stadt fährt, der Typ im Dunkeln, der mit seiner Handytaschenlampe bewaffnet dahin geht wo die komischen Geräusche herkommen.
Das Ergebnis überraschte mich – ich bekam auf der Maps-Seite einen Namen und eine Adresse angezeigt. Die an die Adresse gekoppelte Website führte mich in ein Kunst- und Literaturforum. Der nochmals in die dortige Suchmaschine geklopfte Titel führte jedoch zu keinerlei weiteren Ergebnis.
Auch beschäftigte sich der Inhaber der Webseite mit allem anderen als Horrorliteratur.
Ich habe nie herausgefunden, warum mir ausgerechnet diese Seite angezeigt wurde. Jedoch stand in diesem Augenblick für mich fest, dass ich diese Geschichte festhalten werde, festhalten muss - was der geneigte Leser gerade hier in Händen hält ist also sozusagen lediglich die Wurzel des Übels...
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Asche, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Und das meine ich, Elke Nachtigall, fast genau so, wie es da steht; ICH bin gespannt. Und das passiert mir nicht so oft bei einem Einstiegstext.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von ENachtigall

Redakteur in diesem Forum
 



 
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