Nun, was mag dem jungen Mann in seinem schicken BMW Z3 so durch den Kopf gehen? Es ist sieben Uhr morgens, es regnet und die Sonne versucht schon ein klein wenig, die Oberhand zu gewinnen. Die Scheibenwischer verursachen dieses bekannte und wohlvertraute Klicken. Der Motor säuselt bei etwa 750 Umdrehungen vor sich hin. Stau. Wie immer um diese Zeit reiht sich ein Auto an das Andere und alle warten darauf, dass sich die beiden Fahrspuren der Bundesstrasse vereinen und diesen Strom an Fahrzeugen kanalisieren. „Das Venturi-Prinzip“ fährt es mir noch durch den Kopf. Je enger der Durchmesser eines Röhrchens, desto schneller bewegen sich die Teilchen durch dieses hindurch.
Neben mir auf der anderen Fahrspur steht er, sieht mich an und ich sehe ein kleines Zucken in seinen Mundwinkeln. Er ist etwa 30 Jahre alt, braungebrannt mit durchgestyltem Haar. Jung, dynamisch, „erfolgreich“, einer von der Sorte Gewinnertyp. Die roten Sportledersitze seines schwarz glänzenden Z3 lassen den Wald dahinter trotz des Regens so grün wie an einem sonnigen Spätsommernachmittag erscheinen. Immer wieder habe ich im Rückspiegel gesehen, wie er sich mein Auto ansah. Jetzt, da er nun neben sich die vollkommene russische Schönheit desselben hat, würdigt er diese natürlich keines Blickes. Nur ein kleiner Wink durch sein vielsagendes Grinsen für mich. Im Radio beginnt der Nachrichtensprecher erneut sein monotones Werk und ich schalte schnell ab, um nichts von den leidenden Menschen im Irak erfahren zu müssen. Ich atme tief ein und betrachte das Amaturenbrett meines Autos. „LADA NIVA 4x4“ steht da in Großbuchstaben. Meine Gedanken beginnen sich mit dem Takt der Scheibenwischer zu vermischen und in weiter Ferne sehe ein Montage-Fliessband. Ein Arbeiter steckt gerade ein Rad an einen Niva, während Lärm und Staub ihn umringt. Er ist etwa 50 Jahre alt, von kräftiger Statur, hat schwarze, glatt gelegte Haare und seine Wangen leuchten rot. Was mag er für ein Leben führen? Ist er froh, hier Arbeit gefunden zu haben? Kann er von seinem Lohn leben oder hat er wie viele Andere in diesem riesigen Land schon Monate keinen mehr bekommen? Nachdem er die Radmuttern mit lautem Knarren angezogen hat, dreht er sich um und ich kann ihm in die Augen sehen. Traurig und doch voller Stolz blickt er durch mich hindurch. Er geht zu einer Palette, um einen neuen Reifen zu holen. Wird er sich je eines dieser Allradfahrzeuge leisten können? Vermutlich nicht. Wahrscheinlich fährt er einen mühsam gepflegten 19 Jahre alten 1200er, der ihm weit mehr bedeutet als ein Ferrari dem Durchschnittsdeutschen. Und doch ist er stolz auf das was er tut, stolz auf dieses Werk und die Autos, welche sich zwar nicht mit einem westlichen Modell messen lassen können, die aber seit fast 30 Jahren jeden Winkel seines großen, schönen Vaterlandes erreichen und wo High-Tech einfach versagen muß. Dieses Auto kann Unmengen an Geschichten erzählen. Vom einsamen Soldaten hoch oben im Dach Sibiriens bis zum engagierten Parteifunktionär. Leise flucht er vor sich hin. Verflucht diesen Putin, Gorbatschow und all die Verbrecher, die sein Land an die Kapitalisten verkaufen.
Im vergangenen Sommer durfte er genau so einen Lada Niva für ein Wochenende mit nach Hause nehmen. Er hatte drei Monate hintereinander im Rekord gearbeitet. Zwölf Stunden jeden Tag mit je fünfzehn Minuten Pause. Freilich, mehr Geld können Sie ihm nicht geben. Sie haben ja selber nichts. Aber sein Stolz war ihm Lohn genug, als er damit bei seiner Familie auf den Hof fuhr.
Hinter mir hupte es. Viel zu tief war ich in Gedanken versunken. Der Z3 ist längst nicht mehr neben mir. Stattdessen steht da ein Audi.
Nein, sie werden es nie verstehen.
Neben mir auf der anderen Fahrspur steht er, sieht mich an und ich sehe ein kleines Zucken in seinen Mundwinkeln. Er ist etwa 30 Jahre alt, braungebrannt mit durchgestyltem Haar. Jung, dynamisch, „erfolgreich“, einer von der Sorte Gewinnertyp. Die roten Sportledersitze seines schwarz glänzenden Z3 lassen den Wald dahinter trotz des Regens so grün wie an einem sonnigen Spätsommernachmittag erscheinen. Immer wieder habe ich im Rückspiegel gesehen, wie er sich mein Auto ansah. Jetzt, da er nun neben sich die vollkommene russische Schönheit desselben hat, würdigt er diese natürlich keines Blickes. Nur ein kleiner Wink durch sein vielsagendes Grinsen für mich. Im Radio beginnt der Nachrichtensprecher erneut sein monotones Werk und ich schalte schnell ab, um nichts von den leidenden Menschen im Irak erfahren zu müssen. Ich atme tief ein und betrachte das Amaturenbrett meines Autos. „LADA NIVA 4x4“ steht da in Großbuchstaben. Meine Gedanken beginnen sich mit dem Takt der Scheibenwischer zu vermischen und in weiter Ferne sehe ein Montage-Fliessband. Ein Arbeiter steckt gerade ein Rad an einen Niva, während Lärm und Staub ihn umringt. Er ist etwa 50 Jahre alt, von kräftiger Statur, hat schwarze, glatt gelegte Haare und seine Wangen leuchten rot. Was mag er für ein Leben führen? Ist er froh, hier Arbeit gefunden zu haben? Kann er von seinem Lohn leben oder hat er wie viele Andere in diesem riesigen Land schon Monate keinen mehr bekommen? Nachdem er die Radmuttern mit lautem Knarren angezogen hat, dreht er sich um und ich kann ihm in die Augen sehen. Traurig und doch voller Stolz blickt er durch mich hindurch. Er geht zu einer Palette, um einen neuen Reifen zu holen. Wird er sich je eines dieser Allradfahrzeuge leisten können? Vermutlich nicht. Wahrscheinlich fährt er einen mühsam gepflegten 19 Jahre alten 1200er, der ihm weit mehr bedeutet als ein Ferrari dem Durchschnittsdeutschen. Und doch ist er stolz auf das was er tut, stolz auf dieses Werk und die Autos, welche sich zwar nicht mit einem westlichen Modell messen lassen können, die aber seit fast 30 Jahren jeden Winkel seines großen, schönen Vaterlandes erreichen und wo High-Tech einfach versagen muß. Dieses Auto kann Unmengen an Geschichten erzählen. Vom einsamen Soldaten hoch oben im Dach Sibiriens bis zum engagierten Parteifunktionär. Leise flucht er vor sich hin. Verflucht diesen Putin, Gorbatschow und all die Verbrecher, die sein Land an die Kapitalisten verkaufen.
Im vergangenen Sommer durfte er genau so einen Lada Niva für ein Wochenende mit nach Hause nehmen. Er hatte drei Monate hintereinander im Rekord gearbeitet. Zwölf Stunden jeden Tag mit je fünfzehn Minuten Pause. Freilich, mehr Geld können Sie ihm nicht geben. Sie haben ja selber nichts. Aber sein Stolz war ihm Lohn genug, als er damit bei seiner Familie auf den Hof fuhr.
Hinter mir hupte es. Viel zu tief war ich in Gedanken versunken. Der Z3 ist längst nicht mehr neben mir. Stattdessen steht da ein Audi.
Nein, sie werden es nie verstehen.