Augenblick

5,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Rhea_Gift

Mitglied
Augenblick

Gegen deinen hellen Blick
dunkelt sich mir mein Geschick,
gegen deine Sonnenstrahlen
leiden Schatten Seelenqualen –

Doch waren nicht auch deine Augen
einst von Tränen feucht verschleiert?
Haben nicht die meinen auch
Feuerwerke einst gefeiert?

Wird dein Blick nicht manchmal trübe,
ängstlich in der dunklen Nacht?
Hat nicht meiner hier und da
vor lauter Freude auch gelacht?

Hat dein Blick nicht auch einmal
Unmögliches begehrt?
Sich wie der meine hier und da
in Liebe heiß verzehrt?

Hat dein Blick nicht auch einmal
wütend Pfeile wüst verschossen?
Wird er nicht auch wie der meine
einst ganz starr und still verschlossen?

Waren wir nicht beide auch
einsichtig in uns gekehrt?
Haben wir nicht beide gleich
mit Blicken eine Welt beschwert?

Sind wir wirklich so verschieden?
Nein, daß glaube ich dir nicht.
Jeder Augenblick im Leben
eint doch die geteilte Sicht.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Rhea_Gift,

verstehe gar nicht, warum Du so oft unkommentiert bist.

Mir gefällt das Gedicht. Es liest sich flüssig - wenn man es laut spricht.

Die letzten drei Zeilen, quasi das Kredo, passen nicht recht.
Das ganze vorher Gefragte kam ja vom Erzähler, das der Andere nun plötzlich auch eine Frage hat, fand ich zu weit hergeholt.
Du bindest hier ja auch den Titel ein, der mir auch nicht gefällt.

Hier geht ja um Gemeinsamkeiten, die der eine beim anderen sucht.

cu
lap
 

Rhea_Gift

Mitglied
Hi Lap,

wohl ein Mißverständnis:
Es antwortet nicht der andere in den letzten drei Zeilen, sondern der Erzähler zieht für sich selbst das Resümee...

LG, Rhea
 

Regenzauber

Mitglied
Liebe Rhea,

da hast Du einen guten Trick gefunden, um die Mottenkiste zu öffnen, und ich mache Dir diesen "Gefallen".

Der erste Eindruck ist der, dass es sich hier um einen recht braven Text handelt, dessen Gehalt eher ein wenig dünn ist und vielleicht sogar eine Reaktion, wie "nein, so ist es nicht, kann es nicht sein" hervorrufen könnte.

Da ist auch die Form, deren Regelmäßigkeit sich darin erschöpft, dass alle Strophen vierzeilig sind. Dass die Reimstruktur von einem AABB zu XCXC XEXE etc übergeht, stört nur mäßig, wenn auch der Übergang von der ersten zur zweiten Strophe durch den Auftakt aufstößt, der die meist eingehaltene Trochäusstruktur verunstaltet. Dann kommt ein Vers in Strophe 4 "Unmögliches begehrt?" , der sich jambisch gibt und dreihebig, wie auch die dazugehörige vierte Verszeile.

In der sechsten Strophe verwendest plötzlich im zweiten Vers Daktylen!

Trotzdem findet sich ein galanter Lapismont, der das Wunder vollbracht haben will, Deinen Text "flüssig" gelesen zu haben.

Bei der poetischen Jugend wurde (und wird?) der Begriff "abgelutscht" modisch, wenn man Reime , die durch übermäßigen Gebrauch sozusagen poetischer Kitsch geworden sind, kritisieren wollte, und ich bin fast versucht, einige der von Dir gebrauchten Bilder dieser Kategorie zuzuordnen, wenn du z.B. schreibst "Blicke... wütend Pfeile" oder "in Liebe heiß verzehrt"

Wie meinte doch Ringelnatz? "...denn man soll die Toten ruhen lassen"

Jetzt frage ich mich, ob ich Dir mit diesem Kommentar einen Dienst erwiesen habe, wünsche Dir aber einen schönen Sonntag.

Regenzauber
 

Rhea_Gift

Mitglied
@Regenzauber - dieses Gedicht war nicht gemeint, sondern, wie in Klammern angemerkt, das aktuellere, das den gleichen Titel trägt und vor Kurzem auch erst eingestellt wurde.

Zweitens: ein gleichmäßiges Reimschema ist mir meist zu glatt, würde die Emotionalität der Fragen in der Länge banalisieren - wenn du meine Gedichte öfter liest, wirst du sehen, dass ich sehr selten ein Reimschema durchziehe, da für mich das Metrum auch den Inhalt unterstreichen soll und daher durchaus Wechsel fordert.

Wenn du das Ganze laut liest, ohne es "runterzuleiern", sondern betont, wirst du vielleicht merken, dass es mit dem Inhalt harmonisiert. Ich verstehe dein Gefühl von "abgetragenen" Bildern - aber meiner Meining nach muss nicht alles immer neu neu neu neu sein - mir reichts, dass die Bilder, neu wie alt im Zusammenhang etwas Neues ergeben und in den Kontext auch reinpassen - sie wurden hier ja nicht grundlos gewählt...

Wenn du das aktuellere Augenblick findest, wirst du sehen, wenn du es mit dem von jws vergleichst, dass es kein "Trick" war, sondern begründet.

Kontrollverlust ist übrigens nur durch Estrella wieder aufgetaucht, die es zufällig gelesen hat und mich sogar noch nett gefragt hat, ob sie es hervorkramen darf, da sie es unberechtigt "versunken" empfindet - und wenn ein Leser das so sieht, sollte er es auch "hervorholen" dürfen.
Tricks hab ich echt nicht nötig ;)

@Estrella - lieben Dank, dass es dir gefällt - ich zähle es zwar nicht zu meinen besten, aber auch nicht zu den schlechtesten ;)

LG, Rhea
 
Jetzt wirft sich mir die Frage auf, ob ich überhaupt weiter "hervorkramen" darf. Ich bitte einen Verantwortlichen (Redaktion), mir diese Frage zu beantworten. Vielleicht blockiert es nur die neuen Beiträge?

Auf Antwort hoffend,
LG Estrella
 
L

label

Gast
Hallo Rhea_Gift

wer immer dein Gedicht wieder hervorgekramt hat, ich bin froh darum.
Mir persönlich liegen aufrichtige Reflexionen besonders am Herzen und finde darum an solchen Texten wie Deinen großen Gefallen.
Da ist es mir dann auch egal ob das metrisch genau abgezirkelt ist - hier wiegt für mich der Inhalt so schwer, dass er stärker ins Gewicht fällt, als handwerkliche Perfektion (und gar um jeden Preis!).
Mich hat Dein Gedicht Zeile für Zeile erfreut.

liebe Grüße
label
 

Walther

Mitglied
Gegen deinen hellen Blick
dunkelt sich mir mein Geschick,
gegen deine Sonnenstrahlen
leiden Schatten Seelenqualen –

[blue]Waren nicht auch deine Augen[/blue]
einst von Tränen feucht verschleiert?
Haben nicht die meinen auch
Feuerwerke einst gefeiert?

Wird dein Blick nicht manchmal trübe,
ängstlich in der dunklen Nacht?
Hat nicht meiner hier und da
[blue]laut voll Freude auch gelacht?[/blue]

Hat dein Blick nicht auch einmal
[blue]Ganz Unmögliches begehrt?[/blue]
[blue]Wie der meine hier und da
in der Liebe sich verzehrt?[/blue]

Hat dein Blick nicht auch einmal
wütend Pfeile wüst verschossen?
Wird er nicht auch wie der meine
[blue]einmal starr und still verschlossen?[/blue]

Waren wir nicht beide auch
einsichtig in uns gekehrt?
Haben wir nicht beide gleich
[blue]mit unserm Blick die Welt beschwert?[/blue]

Sind wir wirklich so verschieden?
Nein, daß glaube ich dir nicht.
Jeder Augenblick im Leben
eint doch die geteilte Sicht.
Lb. Rhea_Gift,

ich habe oben die ganzen metrischen Unebenheiten einmal für Dich ausgebaut. Schau es Dir einfach an. Du siehst meine Veränderungen blau markiert.

Das ist ein schönes nachdenkliches Gedicht, das ich zu Deinen besten zähle. Davon würde ich gerne mehr lesen.

Wenn Du es so absetzt, werden Dir übrigens Deine Metrenprobleme eher bewußt. Du kannst nachher den Satzspiegel ja immer noch verändern.

Lieber Gruß W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Danke dir Label -

und ein PS an Regenzauber:

du hast auch den Inhalt nicht verstanden, das Spiel mit dem doppeldeutigen Augenblick - sonst könntest du nicht mit "so kann es nicht sein" urteilen - ich fürchte, zumindest das Ende hast du nicht richtig verstanden... als Hinweis: nicht ohne Grund steht vorher etwas davon, dass die Blicke eine Welt beschweren, darauf bezieht sich der Schluss in der Umkehr - gmeinsam ist der Augenblick, verschieden die Welten, was man in diesem Augenblick sieht... einen tut eben nur dieser gemeinsame Augenblick und die objektiv geeinte Welt, subjektiv siehts anders aus - umgekehrt eint auch, dass man zu anderen Augenblicken zumindest vielleicht ähnliche Welterfahrungen gemacht hat - gleich sind sie ja nunmal nie. Hinter dem "braven" Text steckt eben doch etwas mehr - auch wenns bei dir leider nicht ankam ;)
 

Rhea_Gift

Mitglied
Augenblick

Gegen deinen hellen Blick
dunkelt sich mir mein Geschick,
gegen deine Sonnenstrahlen
leiden Schatten Seelenqualen –

Doch waren nicht auch deine Augen
einst von Tränen feucht verschleiert?
Haben nicht die meinen auch
Feuerwerke einst gefeiert?

Wird dein Blick nicht manchmal trübe,
ängstlich in der dunklen Nacht?
Hat nicht meiner hier und da
vor lauter Freude auch gelacht?

Hat dein Blick nicht auch einmal
Unmögliches begehrt?
Sich wie der meine hier und da
in Liebe heiß verzehrt?

Hat dein Blick nicht auch einmal
wütend Pfeile wüst verschossen?
Wird er nicht auch wie der meine
einmal starr und still verschlossen?

Waren wir nicht beide auch
einsichtig in uns gekehrt?
Haben wir nicht beide gleich
mit Blicken eine Welt beschwert?

Sind wir wirklich so verschieden?
Nein, daß glaube ich dir nicht.
Jeder Augenblick im Leben
eint doch die geteilte Sicht.
 

Rhea_Gift

Mitglied
@Walther

Lieben Dank dir für den gelobten Inhalt - verzeih, wenn ich formal nur eine Änderung vorgenommen habe, die auch mir zusagt - die anderen verändern mir zu sehr den Inhalt. Da mag ichs mit metrischer Glättung nicht so übergenau nehmen... mir reichts, wenns beim betont lesen passt (ich lese immer laut) - und gewisse Brüche sind gewollt...

Die Strophe um Unmögliches und Liebe bekommt z.B. eine Hervorhebung durch das geänderte Metrum, das möchte ich nicht ändern. Und das "heiß verzehrt" auch nicht - es ist eben genau die Unmögliches wollende Jugendliebe gmeint, die eben noch heiß und ungestüm für die Gereiften inzwischen daher kommt... und genauso darf es daher auch klingen in der Wortwahl ;)

LG, Rhea
 

Rhea_Gift

Mitglied
PS

PS an Walther - sowas schreibe ich öfter und gern - kram mal rum bei mir - aber hol bloß nix hervor, sonst ernte ich wieder Vorwürfe... ;) Oder erwähne bitte, dass ich dich nur zum Lesen, nicht zum Hervorholen animiert habe... ich nenn daher jetzt lieber auch mal keine Titel...

LG, Rhea
 

Walther

Mitglied
Lb. Rhea_Gift,

schau, ich bin seit Jahren in Internetforen unterwegs, und daher kenne ich so gut wie alle Argumente, warum man die Form nicht verbessern kann und warum das alles genau so dastehen muß, wie es steht. Glaube mir, keines dieser Argumente zieht; sie sind meist nichts als Ausflüchte, die nur verhindern, einen liebgewonnenen Text weiterzubringen. Man muß irgendwann einfach loslassen können, wenn man nach vorne kommen möchte mit seiner Dichtung.

Mir sagt man so etwas im Übrigen daher auch sehr oft vor allem, wenn es andere Hinweise in die gleiche Richtung gibt. Zu vielen weiteren Anmerkungen solcher Art lasse ich es dann aus gutem Grund nicht kommen. Denn wer sich nicht helfen lassen möchte, dem wird nicht geholfen.

Daher werde ich auch nicht weiter stöbern, sondern den Dingen ihr holpernden Lauf lassen.

LG W.
 

Rhea_Gift

Mitglied
Lieber Walther,

das mag dir so erscheinen - aber

[blue]laut voll Freude[/blue] hat eine andere Bedeutung als "vor lauter Freude"

und "unserm Blick" eint mir zu früh zu sehr - ein uns gehört da einfach nicht rein.

Wenn du an diesen beiden Stellen passendere Vorschläge hättest, würd ich das auch ändern - aber so passts nicht. Daher geht mir hier (wie im Zweifel auch sonst, wie du sicher des öfteren schon gemerkt hast) der Inhalt vor der Form.
Wie du ja gesehen hast, ändere ich durchaus, wenn es passt, heisst, den Inhalt nicht unpassend verändert.

Und ob du Erklärungen für diese nimmst oder für Ausflüchte, ist dir überlassen. Wie gesagt - gerechtfertigt habe ich nur, was auch als dieses zu rechtfertigen ist in meinen Augen - ansonsten bin ich gern zur Änderung bereit ;)

LG, Rhea
 

Rhea_Gift

Mitglied
Lyrik besteht aber nicht nur aus Form. Sondern m.E. aus geformtem Inhalt. Das optimal zu erreichen ist schon so ne Sache - und im Zweifel... weißt schon - und das ja nur meine Meinung, du kannst das gern anders halten. Wie gesagt, wenn du ne Formulierung weisst, die metrisch säubert und inhaltlich passt... bis dahin bleibt's wie es ist. Ich habe ja nicht behauptet, es sei perfekt. ;)

LG, Rhea
 
H

Heidrun D.

Gast
Liebe Rhea,

da kann ich Walther nur von Herzen zustimmen.

Ich bin dieser Diskussionen so müde; du kannst dir gar nicht vorstellen wie! Und immer sind es diejenigen, die selber keine sauberen Reime zustande bringen (auch nicht nach 50 Jahren verzweifelter Dichterei), die sich lauthals dafür einsetzen, dieses Regelwerk abzuschaffen, das sich in Jahrhunderten entwickelt hat.

Ich mag`s nimmer hören.

Ein Regelbruch sollte nur vorgenomen werden, wenn deutlich wird, dass dieser gewollt und sinnvoll ist; alles andere dünkt mich Quark.

Inhaltlich ist das ein schönes Gedicht, formal leider nicht.

Nix für ungut
Heidrun
 

Rhea_Gift

Mitglied
Jedem seine Meinung... wie gesagt, ich halte es nicht für perfekt. Und so langs keinen besser passenden Änderungsvorschlag gibt... bzw. mir selbst nix formal Passenderes und inhaltlich nicht Veränderndes einfällt - reicht mir das so. Weiter oben steht nicht ohne Grund mein Kommentar: ich halte es nicht für eins meiner besten, aber auch nicht der schlechtesten...
Bis auf meine hervorgehoben Strophe bin ich gern zu Änderungen bereit - sonst hätte ich nicht auch was von Walther übernommen, was mir passend erschien. Die formale Veränderung darf eben den Inhalt nicht zu sehr verändern, der sollte bei aller Form nicht vergessen werden... ;)

LG, Rhea
 



 
Oben Unten