Aus einem Forscherleben
Mein Vater war schon immer ein verrücktes Huhn gewesen. Alles, was er tat, betrieb er mit geradezu enthusiastischer Rücksichtslosigkeit. In den ersten Jahren unserer Bekanntschaft widmete er sich der Idee einer fressbaren Plastikfolie, ein zugegeben reizvoller Gedanke. Auslöser war eine Indienreise. Indische Kühe fressen Plastik, zumindest versuchen sie es.
Aber irgendwie traf er nie die richtige Mischung. Mal zerfielen die Folien unter Sonnenlicht, hatten dafür jedoch einen gewissen Nährwert. Erfüllte die Plastik hingegen die herkömmlichen Kriterien, konnten die Tiere nichts damit anfangen, wurden krank oder verhungerten.
Unbeirrt und mit der ihm eigenen Zähigkeit experimentierte er weiter.
Schließlich ließ meine Mutter sich scheiden und entzog ihm damit die Mittel. Sie verließ die Stadt, nahm die Kinder mit, verheiratete sich neu, doch der Kontakt riss nie völlig ab. Mein Vater blieb quasi Familienmitglied, nur nicht mehr so präsent wie früher.
Merkwürdigerweise begann er jetzt, sich mit seiner Familie zu beschäftigen, freilich auf seine Art.
Genealogie hieß das neue Zauberwort.
Er vergrub sich in die Ahnenforschung und mit Hilfe entsprechender Datenbanken entwickelte er einen monströsen Stammbaum. Dessen feinste Verästelungen reichten weit über den Kontinent hinaus und auf mein Frage, was das denn solle, sagte er, es habe ihn schon immer interessiert, wie sich unser dominantes schwarzes Haar erklären lasse. -
Bei unserem letzten Familientreffen kam er mir seltsam verändert vor. Er hatte sich die Augenbrauen rasiert. Auf Nachfrage eröffnete er den erstaunten Zuhörern, dass er sich neu verliebt habe und demnächst heiraten werde. Großes Hallo, Schulterklopfen und wer die Glückliche denn sei ?
Mein Vater lächelte, diese kleinen Auftritte lagen ihm.
Seine genealogischen Forschungen hatten ihn in ein Bergdorf im Kaukasus geführt. Dort vermutete er den Stammvater unserer Sippe. Den Dörflern war das herzlich egal, doch sie nahmen ihn freundlich auf. Glücklicherweise fand man eine ledige Frau, die fließend Englisch sprach. Und wie der Zufall es will, die beiden verstanden sich dermaßen gut, dass die Dorfgemeinschaft alsbald auf eine Legalisierung der Beziehung drängte.
Und warum die rasierten Augenbrauen?
In jener Gegend, sagte mein Vater, stehe die Hauskatze in hohem Ansehen, wohl weil sie die Getreidespeicher vor den Mäusen schütze. Die seiner Verlobten sei kürzlich gestorben und als Zeichen der Trauer rasiere man sich die Augenbrauen. Eine Sitte, die schon im antiken Ägypten verbreitet war. Wie sie allerdings von dort in den Kakasus gelangte, sei noch unerforscht.
Egal, zur Hochzeit sind wir alle eingeladen. Ich glaube, ich fahre hin.
Wie gesagt, schon ein verrücktes Huhn, mein Alter ...
Mein Vater war schon immer ein verrücktes Huhn gewesen. Alles, was er tat, betrieb er mit geradezu enthusiastischer Rücksichtslosigkeit. In den ersten Jahren unserer Bekanntschaft widmete er sich der Idee einer fressbaren Plastikfolie, ein zugegeben reizvoller Gedanke. Auslöser war eine Indienreise. Indische Kühe fressen Plastik, zumindest versuchen sie es.
Aber irgendwie traf er nie die richtige Mischung. Mal zerfielen die Folien unter Sonnenlicht, hatten dafür jedoch einen gewissen Nährwert. Erfüllte die Plastik hingegen die herkömmlichen Kriterien, konnten die Tiere nichts damit anfangen, wurden krank oder verhungerten.
Unbeirrt und mit der ihm eigenen Zähigkeit experimentierte er weiter.
Schließlich ließ meine Mutter sich scheiden und entzog ihm damit die Mittel. Sie verließ die Stadt, nahm die Kinder mit, verheiratete sich neu, doch der Kontakt riss nie völlig ab. Mein Vater blieb quasi Familienmitglied, nur nicht mehr so präsent wie früher.
Merkwürdigerweise begann er jetzt, sich mit seiner Familie zu beschäftigen, freilich auf seine Art.
Genealogie hieß das neue Zauberwort.
Er vergrub sich in die Ahnenforschung und mit Hilfe entsprechender Datenbanken entwickelte er einen monströsen Stammbaum. Dessen feinste Verästelungen reichten weit über den Kontinent hinaus und auf mein Frage, was das denn solle, sagte er, es habe ihn schon immer interessiert, wie sich unser dominantes schwarzes Haar erklären lasse. -
Bei unserem letzten Familientreffen kam er mir seltsam verändert vor. Er hatte sich die Augenbrauen rasiert. Auf Nachfrage eröffnete er den erstaunten Zuhörern, dass er sich neu verliebt habe und demnächst heiraten werde. Großes Hallo, Schulterklopfen und wer die Glückliche denn sei ?
Mein Vater lächelte, diese kleinen Auftritte lagen ihm.
Seine genealogischen Forschungen hatten ihn in ein Bergdorf im Kaukasus geführt. Dort vermutete er den Stammvater unserer Sippe. Den Dörflern war das herzlich egal, doch sie nahmen ihn freundlich auf. Glücklicherweise fand man eine ledige Frau, die fließend Englisch sprach. Und wie der Zufall es will, die beiden verstanden sich dermaßen gut, dass die Dorfgemeinschaft alsbald auf eine Legalisierung der Beziehung drängte.
Und warum die rasierten Augenbrauen?
In jener Gegend, sagte mein Vater, stehe die Hauskatze in hohem Ansehen, wohl weil sie die Getreidespeicher vor den Mäusen schütze. Die seiner Verlobten sei kürzlich gestorben und als Zeichen der Trauer rasiere man sich die Augenbrauen. Eine Sitte, die schon im antiken Ägypten verbreitet war. Wie sie allerdings von dort in den Kakasus gelangte, sei noch unerforscht.
Egal, zur Hochzeit sind wir alle eingeladen. Ich glaube, ich fahre hin.
Wie gesagt, schon ein verrücktes Huhn, mein Alter ...