Ich weiß nicht, ob Seminare etwas bringen. Es gibt zu viele gute Auoren, die keine besucht haben und trotzdem - ooooder, vielleicht gerade deshalb (HIHIHI kleiner Ketzer!) Weltliteratur geschrieben haben. Bildung schadet bestimmt nicht, gutes Beherrschen sprachlicher Werkzeuge ist auch Pflicht, aber das Wesentliche ist, daß der Autor etwas zu erzählen hat, was außer ihm noch keiner überhaupt oder zumindest auf diese Weise gesehen hat. Wenn man dann noch in der Lage ist, seine Gedanken verständlich zu Papier oder zu Bildschirm zu bringen, dann hat man etwas geschaffen und geschafft.
Ich sehe immer wieder (Bei weitem nicht nur hier) uninspirierte Werke im Stil eines Pflichtaufsatzes, wie er als Hausaufgabe eines uninspirierten Leerers nach den Ferien aufgegeben wird. Einigen fehlt es an Übung und Sachkenntnis bei den sprachlichen Werkzeugen, fast allen an einer zentralen Idee, a. k. a. Inspiration. Schade um den Speicherplatz auf dem Server.
Diesen Mangel sehe ich auch bei der Mehrzahl der gedruckten Literatur. Es wird jede Menge Schrott gedruckt - und offensichtlich auch verkauft - der Anteil an wirlich guter Literatur ist erscheckend klein.
Was dem motivierten Schreiberling (auch mir!) sicherlich hilft ist, gute Autoren "anzuzapfen": zu untersuchen, wie die eine Situation schildern, welche Werkzeuge sie wie benutzen, wie sie erzählen und so weiter. Das soll nicht heißen, daß man bestehende Werke plagiieren soll, sondern, daß man von guten Autoren lernen kann, wie man etwas gut oder besser macht. Bestimmt ist es sinnvoll, andere Standpunkte einzunehmen und eine antithese zu einem allgemein akzeptierten Standpunkt einzunehmen. Wie würde ein Rosamunde Pilcher - Roman aussehen, wenn die beiden Heldinnen ihre edlen Ritter in die Wüste jagen und eine lesbische lebensgemeinschaft aufmachen?
Gute Studienobjekte:
Lothar Günther Buchheim, ein grandioser Erzähler, opulent aber sehr flüssig
Eric Frank Russell: sehr unkonventionelle Ideen, sehr durchdacht und konsequent erzählt
George Orwell: gerade die frühen Werke oft sehr gut recherchiert, eher berichtet als erzählt, Animal Farm und 1984 konsequent erzählt und durchdacht
Arthur Koestler, Sonnenfinsternis: sehr klar und konsequent erzählt
Ayn Rand: etwas voluminös, aber sehr klar strukturiert, sie schafft es in "Atlas Shrugged" einen Spannungsbogen über fast 1000 Seiten aufrechtzuerhalten. Auch in "The Fountainhead" bietet sie eine klar strukturierte und exakt gegliederte Story.
Dostojewski: Was für ein Geschwurbel! Gerade die neue Übersetzung von "Schuld und Sühne" ist empfehlenswert - zur Abschreckung.
Alfred Andersch: gut und flüssig erzählt, ein paar interesante Ideen
Albert Camus: Ein Erzählstil der keine Wünsche offen läßt. Nicht so opulent wie LG Buchheim, aber wenn man ein Wort streicht, fällt das gleich auf.
L. Neil Smith: Ideen, Witz und gute Erzählung kombiniert. Die deutschen Übersetzungen sind allerdings unter aller Sau.
Alfred Bester: gute Ideen, handwerklich sauber rübergebracht
Harry Harrison: dito, nur andere Ideen
Frederick Forsyth: sehr guter Erzähler, vesteht es, spannend zu erzählen ohne in billige Efekthascherei abzugleiten
Victor Hugo: exakte, klare Sprache, sehr klarer und perfekt realisierter Aufbau
Martin Walser: Geschwurbel auf Beamtendeutsch. Zur Abschreckung geeignet.
Kafka: Absoluter Meister der Sprache.
Hemingway: sehr guter Erzähler, dem man anmerkt, daß vieles selbst erlebt wurde
Viel Spaß beim Entdecken!