Ausbruchsversuche

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Bereits in der Schule meinten die meisten seiner Lehrerinnen und Lehrer: Der Junge muss mehr aus sich heraus. Aber es gab auch Schulpädagogen, die froh waren, dass er in sich blieb und ihren Unterricht nicht störte. Allerdings beschwerten sich alle regelmäßig darüber, dass er viel zu leise sprach.
Mit dreiundsechzig nahm Christian Schwab schließlich an einem Senioren-Theaterprojekt teil. Wild gestikulierend flehte ihn Frau Labrecht, Theaterpädagogin und heilpraktische Psychotherapeutin mit tizianroter Kurzhaarfrisur an: „Reden Sie laut und deutlich und kommen Sie endlich richtig aus sich raus!“
Genau. Richtig will er, genau richtig aus sich rauskommen.
Der Theaterkurs brachte Schwab nicht den ersehnten Ausbruch. Im Gegenteil. Als Lichtregieassistent blieb er in dem Stück „Die Ausbrecher“ ein Unsichtbarer, der ausbrechenden Seniorinnen und Senioren ins rechte Licht rückte. Und je mehr die alten Ausbrecher ihre Theatertalente offenbarten, desto mehr Applaus ernteten sie. Schwabs Licht wurde als selbstverständlich hingenommen und nicht einmal beklatscht. Einen Teil des Schlussapplauses konnte er vielleicht für sich verbuchen. Ansonsten ging der Beifall mit drei Vorhängen an alle Akteure und brandete besonders auf, als sich die Hauptdarsteller verneigten oder jene an die Rampe traten, die besonders viel zum Lachen geboten hatten.
„Sie haben Hemmungen, nichts als Hemmungen!“ behauptete Frau Labrecht. „In Ihrem Alter können sie doch vollkommen schamlos werden. Welche unangenehmen Folgen Ihres Verhaltens fürchten Sie? Irgendwann werden Sie auf dem Sterbebett grollen, weil Sie nichts ausprobiert haben. Gehen Sie volles Risiko. Mehr als tot schämen geht sowieso nicht.“
Von wegen. Laut Lichtregieanweisung hatte Schwab eine mutige Seniorin beim angedeuteten Striptease dezent rot zu beleuchten. Er präsentierte sie in grellweißem Licht, das jede ihrer zahlreichen Hautfalten gnadenlos mit Schattenwurf hervorhob. Nach der Vorstellung brachte ihm das eine kräftige Ohrfeige der Faltenreichen ein. Und Frau Labrecht degradierte ihn zum Eintrittskartenverkäufer. Natürlich stimmte die Kasse bei der Endabrechnung nicht. Um sich weitere Peinlichkeiten zu ersparen, steuerte er die fehlenden 41 Euro 72 aus eigener Tasche bei. Bei den nächsten drei Vorstellungen hatte er Kosten in ähnlicher Höhe. Am Ende brachte ihm der misslungene Ausbruchsversuch Kosten von 200 Euro für die Senioren-Theaterkurs-Teilnahme sowie insgesamt 335 Euro 27 ein und darüber hinaus die Verachtung der gesamten alternden Theatertruppe.
Frau Labrecht jedoch verabschiedete ihn lächelnd mit pädagogisch wertvollen Ermunterungen: „Geben Sie nicht auf! Denken Sie immer daran, allzu viel Lebenszeit wird Ihnen nicht bleiben. Nur Mut zum Risiko und zur Blamage, mein Lieber! Also, werden Sie etwas unternehmen?“
Schwab räusperte sich. „Ja, Frau Labrecht.“
„Lauter, mein Lieber!“
Er holte tief Luft. „Ja, Frau Labrecht.“

Nicht von ungefähr rühren ihn Filme und Theaterstücke, deren Darsteller zunächst verkannt und am Ende doch noch anerkannt werden, unweigerlich zu Tränen. Selbst bei noch so rührseligen Schmachtwerken.
Obwohl er schon unter seniler Bettflucht litt, flüchtete Schwab in den folgenden Wochen selten aus der Federbetthöhle. Er blieb liegen und grübelte.
Wenn seine Frau am Nachmittag von ihrer Büroarbeit nach Hause kam, scheuchte sie ihn aus dem Bett und bei ihren Unterhaltungen, die sie ohnehin beinahe ausnahmslos allein bestritt, beschwerte sie sich über seine leisen undeutlichen Antworten. Er verstieg sich zu dem Verdacht, sie würde inzwischen zur Schwerhörigkeit neigen. Doch seinen Verdacht äußerte er nicht.
Heute Morgen wäre wenigstens einer von ihm am liebsten liegen geblieben. Ein Bein wollte laufen. Das andere versuchte hinterlistig, das eine über sich stolpern zu lassen. Obwohl statistisch die meisten Unfälle in der eigenen Wohnung passieren, kam er unbeschadet ins Bad und von dort an den Frühstückstisch.
Er wollte viel und herzhaft essen, bekam aber nicht mehr als ein Brötchen herunter und schlug schließlich die Zeitung auf.
Das stand es: Die Stadtverwaltung brauchte Geld und hatte, hinterhältig wie Bürokraten sein können, eine Verordnung gegen Wildpinkler erlassen, die sich von Mitarbeitern eines extra dafür eingerichteten Ordnungsdienstes erwischen ließen. An die war dann ein Bußgeld von mindestens 20 Euro zu entrichten. Und die Kommunalpolitiker ließen sich noch dafür feiern, mit dem Ordnungsdienst zusätzliche Arbeitsstellen geschaffen zu haben.
Nun ist Schwab altersbedingter Wildpinkler. Sein Harndrang lässt ihn immer häufiger die nächste öffentliche Toilette nicht mehr rechtzeitig erreichen. Zudem sind öffentliche Toiletten in der Regel in wahrlich beschissenem Zustand. Und für das Tragen von Seniorenwindeln konnte er sich noch nicht erwärmen.
So ist er in der Stadt ständig auf der Suche nach versteckten Ecken, in denen es ohnehin schon nach Ausflüssen anderer Wildpinkler stinkt. Vermutlich wird genau dieser Geruch die Mitarbeiter des Urinierverhinderungsdienstes anlocken.
Entschlossen stand er vom Frühstückstisch auf und verließ, ohne vorher zur Toilette zu gehen, seine Wohnung. Nach wenigen Metern stellte sich bereits unterhalb seines Bauches jener Druck ein, der erfahrungsgemäß nach wenigen Minuten zum Überdruck wird.
Da er manches Mal auf dem Weg nach Hause es nicht bis zur wohnungseigenen Toilette schaffte, suchte Schwab nicht selten gut hundert Meter vor dem Haus einen Park auf. Dort hinter einem kleinen Gebäude, das den Elektrizitätswerken für die Stromversorgung irgendeinen Dienst erweist, erleichterte er sich.
Zielstrebig ging er auf den Park zu, öffnete bereits vor dem Elektrizitätshäuschen den Reißverschluss und begann auszupacken, bevor er die Rückwand des Häuschens erreichte.
Beinahe hätte Schwab ihn umgerannt. Wie von Männertoiletten gewohnt, stellte Schwab sich neben ihn und pinkelte gegen die Backsteinwand. Sein Mitpinkler begann gerade mit dem Einpacken, ging aber nicht sondern blieb neben Schwab stehen.
Nachdem der seinen Hahn geschüttelt und eingepackt hatte, stellte der Mann sich Schwab in den Weg.
„Wissen Sie eigentlich, neben wem Sie wild gepinkelt haben?“ Er holte aus der Innentasche seiner Jacke einen Quittungsblock sowie einen Ausweis, räusperte sich und versuchte, seine Stimme amtlich klingen zu lassen. „Ich muss Ihnen zwanzig Euro abnehmen!“
„Aber Sie haben doch gerade auch hier gepinkelt!“
„Noch nie etwas von einem verdeckten Ermittler gehört?“
Schwab holte tief Luft. Der scharfe Uringeruch stach ihm in die Nase. „Sie als Geschlechtsgenosse verraten mich bei einem unserer männlichsten Bedürfnisse. Und das mit einer Hinterhältigkeit… !“
„Nun brüllen Sie mal nicht gleich so.“ Der Mann schlug die Augen nieder und begann kleinlauter zu fragen: „Sind Sie mit zwanzig Euro einverstanden?“
„Nein!“
„Dann muss ich Sie anzeigen!“
„Zuhause darf ich nicht im Stehen pinkeln. Das verbietet mir meine Frau. Aber mein Sohn und ich, wir haben öfter heimlich im Stehen gepinkelt. Und ging was neben das Becken, hat derjenige, der die Tropfen entdeckte, sie klaglos weggewischt. Das war Ehrensache.“
„Nun brüllen Sie doch nicht so!“
„Ich brülle, wenn ich brüllen will.“
Erst jetzt sah Schwab, dass der Mann eine uniformähnliche Jacke trug. An der Brusttasche prankte ein Messingschild mit seinem Namen. Labrecht.
Schwab begann zu lachen. „Christian Schwab ist mein Name. Erzählen Sie bitte Ihrer Frau, dass ich Sie laut angebrüllt habe, sehr laut.“
Labrecht grinste verlegen. „Meine Frau meinte vor drei Jahren, aus unserer Ehe ausbrechen zu müssen. Sie will mich nicht mehr sehen. “
 
B

bluefin

Gast
genial überzeichnet, @kalli. wirklich genial!
Nach wenigen Metern stellte sich bereits unterhalb seines Bauches jener Druck ein, der erfahrungsgemäß nach wenigen Minuten zum Überdruck [blue]wurde[/blue].
solltest du ausbessern.

nicht ganz so dolle ist der schluss geworden, finde ich. alle charaktere in deiner geschichte sind wunderbar überspitzt auf den punkt gebracht, nur beim aufseher schwächelst du: der soll trotz seiner uniform ein leisetreter sein, der am ende gar zu gibt, dass ihn die frau nicht mehr sehen will. welcher mann, sintemal ein uniformierter, gibt sowas einem fremden gegenüber zu? und wer brüllt öffentlich, dass er heimlich im stehen pinkelt und dann die tröpfchen aufwischen muss? das passt nicht, das ist mir eine spur zu kalauerig.

den schluss solltest du ändern. dir fällt bestimmt was viel besseres ein. entweder was profanes oder was ganz dolles. ich plädiere für ein richtiges shoot out, ohne gegenseitige, wehleidige geständnisse...

liebe grüße aus münchen

bluefin

p. s.: ich seh gerade, dass eine acht von mir zu einer vier komma degradiert wird, weil ich für das system zu wenig schlechte noten verteile. sorry...
 
Hallo bluefin,
deine Kritik ist für mich sehr überlegenswert, zumal ich mich mit dem Schluss auch am meisten gequält habe...
Danke dir und herzlichen Gruß
Karl
 
Bereits in der Schule meinten die meisten seiner Lehrerinnen und Lehrer: Der Junge muss mehr aus sich heraus. Aber es gab Schulpädagogen, die froh waren, dass Christian in sich blieb und ihren Unterricht nicht störte. Allerdings beschwerten sich alle regelmäßig über seine viel zu leise Stimme.
Im Grunde war er Rebell. Ein heimlicher, der den Untergrund nicht verlassen wollte.
Mit dreiundsechzig nahm Christian Schwab schließlich an einem Senioren-Theaterprojekt teil. Frau Labrecht, Theaterpädagogin und heilpraktische Psychotherapeutin, die sich ständig ihre tizianrote Kurzhaarfrisur raufte, flehte ihn an: „Reden Sie laut und deutlich und kommen Sie endlich aus sich raus!“
Der Ausbruchsversuch scheiterte. Als Lichtregieassistent blieb er in dem Dreiakter „Die Ausbrecher“ ein Unsichtbarer, der ausbrechenden Seniorinnen und Senioren ins rechte Licht rückte. Und je mehr die greisen Ausbrecher ihre Theatertalente offenbarten, desto mehr Applaus ernteten sie. Schwabs Licht, als selbstverständlich hingenommen, wurde nicht beklatscht. Gut, einen geringen Teil des Schlussapplauses konnte er vielleicht für sich verbuchen. Ansonsten ging der Beifall mit drei Vorhängen an alle Akteure vor, hinter und natürlich auf der Bühne. Und er brandete auf, als sich die Hauptdarsteller verneigten oder jene an die Rampe traten, die besonders viel Anlass zum Gelächter geboten hatten.
„Hemmungen haben Sie, nichts als Hemmungen!“ Frau Labrecht raufte sich ihre roten Haare. „In Ihrem Alter können sie doch vollkommen ohne Scham loslegen. Aber Sie, Sie werden erst auf dem Sterbebett grollen, weil Sie nichts ausprobiert haben. Mehr als tot schämen geht nicht.“
Von wegen. Laut Lichtregieanweisung sollte Schwab eine mutige Seniorin beim angedeuteten Striptease mit allmählich verlöschendem dezent rotem Licht begleiten. Er übergoss sie mit grellweißem Licht, das jede ihrer zahlreichen Hautfalten gnadenlos mit Schattenwurf hervorhob. Nach der Vorstellung brachte ihm das eine kräftige Ohrfeige der Faltenreichen ein.
Frau Labrecht degradierte ihn zum Eintrittskartenverkäufer. Natürlich stimmte die Kasse bei der Endabrechnung nicht. Um sich weitere Peinlichkeiten zu ersparen, steuerte er die fehlenden 41 Euro 72 aus eigener Tasche bei. Bei den nächsten drei Vorstellungen hatte er Zusatzkosten in ähnlicher Höhe. So brachte ihm der misslungene Ausbruchsversuch am Ende Kosten von 200 Euro für die Senioren-Theaterkurs-Teilnahme sowie insgesamt 335 Euro 27 ein und darüber hinaus die Verachtung der gesamten alternden Theatertruppe.
Frau Labrecht verabschiedete ihn lächelnd, Schulter tätschelnd mit pädagogisch wertvollen Ermunterungen: „Geben Sie nicht auf! Denken Sie daran, allzu viel Lebenszeit bleibt Ihnen nicht. Nur Mut zum Risiko und zur Blamage, mein Lieber! Also, werden Sie etwas unternehmen?“
Schwab räusperte sich. „Ja, Frau Labrecht.“
„Lauter, mein Lieber!“
Er holte tief Luft. „Ja, Frau Labrecht.“ Seine Stimme schnappte über Er verschluckte sich.
Nicht von ungefähr rührten ihn Filme und Theaterstücke, deren Darsteller zunächst verkannt und am Ende doch noch anerkannt werden, unweigerlich zu Tränen. Selbst bei noch so rührseligen Schmachtwerken.
Obwohl er unter seniler Bettflucht litt, flüchtete Schwab in den folgenden Wochen selten aus der Federbetthöhle. Er blieb liegen, grübelte und wartete.
Wenn seine Frau nachmittags von der Büroarbeit kam, scheuchte sie ihn aus dem Bett und bei ihren Unterhaltungen, die sie ohnehin beinahe ausnahmslos allein bestritt, beschwerte sie sich über seine leisen undeutlichen Antworten. Er verstieg sich zu dem Verdacht, sie neige inzwischen zur Schwerhörigkeit, äußerte den Verdacht jedoch er nicht.
Heute Morgen wollte eines seiner Beine laufen. Das andere versuchte hinterlistig, das eine über sich stolpern zu lassen. Statistisch passieren bekanntlich die meisten Unfälle in der eigenen Wohnung. Dennoch kam er unbeschadet ins Bad und von dort an den Frühstückstisch. Er wertet das als Wunder und glaubte an Glück, wollte viel und herzhaft essen, bekam kaum mehr als ein Brötchen herunter und schlug schließlich die Zeitung auf.
Das stand es: Die Stadtverwaltung brauchte Geld und erließ eine Verordnung gegen Wildpinkler, die sich von Mitarbeitern eines extra dafür eingerichteten Ordnungsdienstes erwischen ließen. An die war ein Bußgeld von mindestens 20 Euro zu entrichten. Die Kommunalpolitiker ließen sich in einem Extra-Kommentar noch dafür feiern, mit dem Ordnungsdienst zusätzliche Arbeitsstellen geschaffen zu haben.
Nun ist Schwab altersbedingt Wildpinkler. Sein Harndrang lässt ihn immer häufiger die nächste öffentliche Toilette nicht mehr rechtzeitig erreichen. Zudem sind öffentliche Toiletten in der Regel in wahrlich beschissenem Zustand. Für das und mit dem Tragen von Seniorenwindeln mochte er sich noch nicht erwärmen.
In der Stadt suchte er ständig nach versteckten Ecken, in denen es ohnehin schon nach Ausflüssen anderer Wildpinkler stinkt, die dort ihr Revier markierten. Vermutlich wird genau dieser Geruch die Mitarbeiter des Urinierverhinderungsdienstes anlocken.
Entschlossen stand er vom Frühstückstisch auf und verließ, ohne vorher zur Toilette zu gehen, seine Wohnung. Nach wenigen Metern stellte sich unterhalb seines Bauches jener Druck ein, der sich erfahrungsgemäß umgehend zu Überdruck wandelt.
Da er es manches Mal auf dem Weg nach Hause nicht zur wohnungseigenen Toilette schaffte, suchte Schwab zumeist gut hundert Meter vor dem Haus einen leicht verwilderten Park auf. Dort hinter einem kleinen Gebäude, das den Elektrizitätswerken für die Stromversorgung irgendeinen Dienst erweist, erleichterte er sich.
Bereits vor dem Elektrizitätshäuschen öffnete er den Reißverschluss und begann auszupacken, bevor er die Rückwand des Häuschens erreichte.
Beinahe hätte Schwab ihn umgerannt. Wie von Männertoiletten gewohnt, stellte Schwab sich neben ihn und pinkelte gegen die Backsteinwand. Sein Mitpinkler begann gerade mit dem Einpacken, ging aber nicht sondern blieb neben Schwab stehen.
Nachdem der seinen Hahn geschüttelt und verpackt hatte, stellte der Mann sich Schwab in den Weg, holte aus der Jacken-Innentasche einen Quittungsblock sowie einen Ausweis, räusperte sich und versuchte, seine Stimme amtlich klingen zu lassen. „Ich muss Ihnen zwanzig Euro abnehmen!“
„Aber Sie haben doch gerade auch hier gepinkelt!“
„Noch nie was von nem verdeckten Ermittler gehört?“
Schwab holte Luft. Der scharfe Uringeruch stach ihm in die Nase. „Als Geschlechtsgenosse verraten Sie mich bei einem unserer männlichsten Bedürfnisse. Und das mit einer Hinterhältigkeit… !“
„Nun brüllen Sie mal nicht gleich so.“ Der Mann schlug die Augen nieder und begann kleinlauter zu fragen: „Sind Sie mit zwanzig Euro einverstanden?“
„Nein!“
„Sie brüllen noch immer!“
„Na und! Ich zahl nix!“
„Dann muss ich Sie anzeigen!“

Nun muss noch erwähnt werden, dass Christian Schwab zu Hause nicht im Stehen pinkeln darf. Seine Frau ist dagegen. Als sein Sohn noch zu Hause lebte, haben er und Schwab heimlich im Stehen gepinkelt. Ging was daneben, wischte derjenige, der die Tropfen entdeckte, sie klaglos weg. War Ehrensache.
Erst jetzt sah Schwab, dass sein Mitpinkler eine uniformähnliche Jacke trug. An der Brusttasche prankte ein Namensschild.
„Sie heißen Labrecht?“
Der Mann wischte sich mit der Hand über den kurzgeschorenen Schädel und nickte.
Schwab begann zu lachen. „Ich heiße Christian Schwab. Erzählen Sie Ihrer Frau, dass ich Sie laut angebrüllt habe, sehr laut.“
Labrecht grinste verlegen, steckte Ausweis und Quittungsblock ein und murmelte: „Meine Frau meinte, aus unserer Ehe ausbrechen zu müssen. Ich weiß nicht, wo sie steckt.“
„Oh, dann melde ich mich zu ihrem nächsten Theaterkurs an. Soll ich sie von Ihnen grüßen?““
 



 
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