Australien, Teil 1

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Melanie

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Australien, Teil 1

Ich saß auf einem großen Stein. Tief atmete ich die frische Abendluft ein. Ein Kookaburra markierte sein Territorium mit einem Ruf, der wie das Lachen eines Menschen klang. Nie würde ich dieses Land verlassen können. Das Land war mein Leben. Hier gehörte mein Herz hin.
Eine warme Hand legte sich auf meine Schulter, es war mein Vater.
„Komm herein. Es gibt Essen“, sagte er und drehte sich herum, um in die Küche zu gehen. Missmutig wendete ich meinen Blick ab vom roten Sonnenuntergang und folgte meinen Vater.
Meine Mutter lächelte mich an als ich die Tür zur Küche aufschlug: „Ich habe mir immer ein Kind gewünscht das in die Natur dieses Landes genauso sehr verliebt ist wie ich. Bei Mike hatten wir nicht so viel Glück, nicht wahr Joe?“
„Ja, aber Mike hat es gut in England. Er hat dort einen Job, ein Haus und eine Frau. Was will man mehr?“, das war typisch Papa. Für ihn waren ein Job, ein Haus und eine Frau alles im Leben. Ich aber wollte mehr. Es musste doch noch mehr geben im Leben als diese drei Dinge.

Am nächsten Tag stand ich früh auf um mich auf der Farm nützlich zu machen. Ich ritt mit meinem Pferd Sunlight zu den Wassergräben, um ihre tiefe zu messen. Von weitem sah ich schon einen Reiter, der direkt auf die Farm zusteuerte. Ich stellte mich ihm in den Weg. Als er nah an mich heran gekommen war hob er seinen Cowboyhut zur Begrüßung hoch. Ich grüßte freundlich zurück. Da hielt der Reiter abrupt an. Ich grinste, ich war es bereits gewöhnt von fremden Männern so angestarrt zu werden. Der Grund war mein männliches Benehmen. Ich war nicht zimperlich, wie die Frauen in der Stadt. Ich gab mich nicht mit Hausarbeit zu frieden. Ich arbeitete in Männerhosen, in einem richtigen Cowboysattel und konnte genauso anpacken wie die Männer auf unserer Farm auch.
„Was führt Sie denn in diese abgelegene Gegend?“, fragte ich mit einem frechen Grinsen.
„Guten Tag meine Dame, ich bin hier um Ihren Vater zu sprechen“, er musterte mich skeptisch, „sind Sie zufällig Mrs. Blackwell?“
„Ja, und wer sind Sie?“
„Ich bin Mr. Pritchard. Freut mich Sie kennen zu lernen. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden, die Nachricht, die ich ihrem Vater überbringen muss, ist sehr wichtig.“
Und mit diesen Worten ritt er davon. Ich lächelte ihm nach. Er war kein erfahrener Reiter, er hopste im Sattel von einer Seite auf die Andere. Nun konnte ich mich nicht mehr halten, ich lachte lauthals und konnte mich kaum im Sattel halten. Ich war froh, dass er außer Hörweite war. Doch nachher fragte ich mich, was er denn meinem Vater sagen würde. Mit Menschen aus der Stadt hatte mein Vater wenig am Hut.

Ich sattelte Sunlight ab und führte ihn zu den anderen Pferden auf der Weide. Die Wassergräben waren voll und dies beruhigte mich sehr. In dieser Zeit kam es nicht selten vor, dass die Gräben austrockneten und die Weiden nur trockenes Gras trugen.
Ich öffnete die Tür zum Wohnhaus. Es roch nach Rinderfleisch. Erst jetzt bemerkte ich meinen Hunger. Ich hatte mir nur ein paar Sandwiches mitgenommen, die ich in der Mittagspause gegessen hatte. Ich wollte ins Wohnzimmer gehen, doch meine Mutter stellte sich mir in den Weg.
„Geh sofort nach oben und zieh dir dein blaues Kleid an. Wir haben einen wichtigen Gast!“
„Ich weiß, ich hatte schon die Ehre ihn kennenzulernen. Und weißt du was, Mutter? Er ist ein hervorragender Reiter,“ ich kicherte doch meine Mutter verzog keine Miene.
„Hör auf damit, sei ihm gegenüber höflich. Ich bitte dich darum, er ist eine wichtige Person. Und jetzt beeile dich!“
Ich flitzte die Treppe hoch. Meine Neugier über den Mann war gewachsen. Schnell wusch ich mich und zog mir mein blaues Seidenkleid an. Ich mochte es nicht gerne Kleider anzuziehen. Es war selten, dass ich eines anzog.

Graziös schritt ich die Treppe hinab. Da sah ich den fein hergerichteten Mr. Pritchard unten an der Treppe stehen. Und schon wieder starrte er mich an. Doch diesmal hielt er auch noch seinen Mund so weit offen, sodass man seine Goldplombe hinten links sehen konnte. Süß lächelte ich ihn an. Endlich hatte er sich gefasst und bot mir die Hand an um mich ins Esszimmer zu führen. Ich gab ihm meine Hand und zusammen gingen wir zu dem gedeckten Tisch. Meine Eltern kamen dazu und Isi, unsere Köchin, die eine Aborigine ist, schenkte Rotwein ein. Dann begann das Essen. Zuerst fragte Mutter ihn über sein Heimatland, England, aus, was mich ziemlich langweilte.
„Was arbeiten Sie denn in England?“
„Ich bin Archäologe. Seit zehn Jahren arbeite ich schon als Archäologe, wissen Sie, und es macht mir immer noch Spaß. Ich habe schon viele Auszeichnungen bekommen. Ich habe in London ein Haus. Es ist viel kleiner als dieses hier. Aber in London ist auch alles viel kleiner. Wir haben dort nicht so viel Land wie hier, also ich bin wirklich begeistert von...“
„Und was wollen Sie hier?“, fragte ich, mitten in seinem Satz. Meine Mutter blickte mich strafend an. Mr. Pritchard riß kurz seine Augen auf. Eine kleine Pause entstand, ehe er fortfuhr: „Wie schon gesagt bin ich Archäologe aus England. Ich bin hier um dieses Land nach Edelsteinen zu untersuchen. Ich interessiere mich besonders für die Opale. Ich werde für längere Zeit hier bleiben, denn die Untersuchungen werden viel Zeit in Anspruch nehmen.“
„Mr. Pritchard wird in unserem Gästehaus wohnen. Ach, und du könntest ja vielleicht ein Mal Mr. Pritchard unsere Farm zeigen, sodass er sich Notizen über Gegenden machen kann, wo Opalfelder liegen könnten“, meinte meine Mutter freudestrahlend.
Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Doch dann sagte ich einfach: „Ja.“
Er konnte doch, noch nicht einmal im Schritt richtig auf dem Pferd sitzen. Es konnte Tage dauern in dieser Gangart unser Land zu durchqueren. Und unter einem Baum schlafend, konnte ich mir den Herrn Pritchard wirklich nicht vorstellen.
Doch es war zu spät. Ich hatte ja gesagt ohne darüber nachzudenken. Und meine Mutter freute sich prächtig über meine Antwort: „Sehr gut! Dann kannst du ja gleich morgen früh mit Mr. Pritchard aufbrechen. Ich sag Isi Bescheid, dass sie euch Essen und Trinken einpacken soll.“
Stumm nickte ich. Doch gleich darauf kam ich auf andere Gedanken. Meine Beste Freundin Amy wollte heute abend kommen! Dieser Gedanke versetzte mich in guter Stimmung. Das Essen mit Mr. Pritchard und die langweiligen Gespräche über England waren schnell überstanden.

Es klopfte an meiner Zimmertür. Ich öffnete die Tür. Gwen, die Haushälterin, stand vor mir und sagte: „Missus, Mrs. Benson ist angekommen.“
Sofort raste ich an Gwen vorbei, die mir lächelnd nachblickte. Ich riss die Tür zum Hof auf und stürmte der blauen Kutsche entgegen.
„Amy!“, rief ich im Laufen so laut ich konnte.
„Jill!“, kreischte Amy, die gerade die Kutsche herab sprang.
Wir liefen uns die letzten 500m entgegen und sprangen uns in die Arme. Amy und ich lachten und wir gingen gemeinsam zum Haus.
„Sag, wie ist er?“
„Wie ist wer?“, fragte Amy mit gespieltem Unwissen.
„Na, dein neuer Freund, du weißt schon.“
„Ach, du meinst Jack?“
„Natürlich mein ich den!“
„Er ist einfach süß!“
„Komm, erzähl mir mehr über ihn.“
„Er hat eine eigene Ranch in der Nähe von Charleville. Ich sag‘s dir, die ist wunderschön! Und der Garten, ein Paradies! Jack ist einfach ein Traummann, er ist wie die Sonne! Er ist fröhlich, er ist charmant, er ist einfach... unbeschreiblich! Du musst ihn einfach mal kennen lernen. Du könntest ja morgen mit mir mitfahren.“
Im ersten Moment erhellte sich mein Gesicht, doch in der nächsten Sekunde musste ich gleich an Pritchard denken. Meine Freundin bemerkte dies: „Jill, was ist?“
„Ach, es ist einfach so ungerecht! Ich muss die nächsten Tage lang mit einem todlangweiligen Archäologen, der kaum reiten kann, durch unsere Farm reisen. Er heißt Mr. Pritchard und will unser Land nach Opalen durchsuchen. Er kommt aus England. Wahrscheinlich hat er meinen Vater mit einem Haufen Geld gelockt.“
„Jill, du tust mir richtig leid. Ich hätte dir so gerne meinen Jack gezeigt. Aber ich verspreche dir, dass du ihn schon bald kennen lernen wirst. Wie sieht es eigentlich bei dir mit einem Freund aus?“
„Ich tappe völlig im Dunkeln!“
„Aber die Zeit wird kommen. Da bin ich mir ganz sicher!“, sagte Amy zuversichtlich. Und ich hoffte das sie recht hatte.

Fortsetzung folgt...
 
F

Fitzberry

Gast
Liebe Melanie,

das Genre deiner Erzählung, die sie so aussieht, als könnte ein Roman daraus werden, also die Kategorie: Abenteuer- oder Liebesroman (oder eine Kombination daraus) ist nun nicht gerade my cup of tea. Trotzdem bin ich durch die ersten beiden Kapitel erstaunlich schnell durchgerutscht. Ein Zeichen dafür, dass du sehr flüssig und kohärent schreiben kannst. Ich glaube, dass du durchaus Talent hast und dass du weiterschreiben solltest. So ungefähr 50 Kommata fehlen. Ansonsten sind mir nur ein paar orthographische Fehler aufgefallen, die du mit Sicherheit selbst findest.

Schönes Wochenende und viel Spaß beim Schreiben

Robert
 

annaps

Mitglied
Hallo Melanie,
ich war einmal in Australien. Ich denke, Du triffst den richtigen Ton. Wenn ich das lese, dann bekomme ich Fernweh. Vor allen Dingen die Hilfsbreitschaft und Freundlichkeit der Menschen ist mir damals angenehm aufgefallen. Und die Weite! Wo genau spielt denn die Geschichte? Im Westen, vermute ich. Wegen der Opalfelder. Solltest Du vielleicht etwas mehr ausführen, für Neugierige wie mich. Mach einen Roman draus, die Geschichte klingt echt spannend.
Schönes Wochenende und liebe Gruesse,
Anna
 



 
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