Begegnung der vierten Art

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Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hannes blinzelte.
„Sorry Alter.“ lispelte sie und fiel auf den Sitz ihm gegenüber, als der Bus anfuhr.
Diesmal traf ihre Stiefelspitze sein anderes Schienenbein. Hannes brummte indifferent und zog die Füße zurück. Sie hob die Schultern und grinste ihn schief an, ihre Zunge spielte nervös mit dem Unterlippenpiercing.
„'s okay.“ Er schloss die Augen und demonstrierte Gelassenheit. Nach einer kleinen Weile linste er unter halb geschlossenen Lidern vorsichtig zu ihr hinüber. Nicht schlecht die Braut. Bisschen ghosty für seinen Geschmack: schwarze Haare, unter den Augen dunkle Schatten in das bleiche Gesicht geschminkt, eine schwere Silberkette um den hochgeschlossenen Kragen, an der sich ein verschnörkeltes Amulett in den Schoß ihres kleinen Schwarzen legte. Zwischen dem Kleidsaum aus schwarzen Spitzenplissees und den silberbeschlagenen Schäften ihrer Overknees schimmerte weiße Haut durch die Maschen der Netzstrümpfe.

Sie hatte ihre Hände in den Schoß gelegt und betrachtete sie eingehend. Die Innenseiten, dann die Handrücken, ballte die Linke zur Faust, öffnete sie wieder und zog schließlich die Ringe ab, die sie achtlos in die Stoffmulde zwischen ihren Schenkeln fallen ließ. Plötzlich sah sie auf. Er blieb reglos und sie widmete sich beruhigt wieder ihrer Linken, die sie mit abgespreiztem Daumen an den Mund hob. Sie öffnete die Lippen und schob ihn hinein. Hannes bot seinen ganzen Stoizismus auf, um nicht los zu prusten. Die Kleine lutschte Daumen!
Mit einem hässlichen Krachen zersplitterte der Knochen zwischen ihren Zähnen. Hannes starrte sie an. Ungerührt kaute sie auf dem abgebissenen Daumen, zwischendurch das nur mäßig fließende Blut von der verstümmelten Daumenwurzel ablutschend. Ihm brach der Schweiß aus., Gebannt sah er ihren mahlenden Kiefer zu. Er würgte. Sie lächelte aufmunternd zu ihm herüber. „Ist dir nicht gut? Oops!“ Geschickt fing sie einen Blutstropfen mit der Zunge ab, der zu ihrer Handkante herab gerollt war und abzutropfen drohte.

Er wäre gern aufgestanden und fort gegangen. Aber er traute seinen Beinen nicht, also blieb er sitzen und sah zu, wie sie ihre Hand verspeiste. Mit ihrem makellosen Gebiss knackte sie nacheinander die Finger vom Handteller, beim Zeigefinger beginnend, zerkaute sie genüßlich und schluckte mit offensichtlichem Wohlbehagen.
Zuletzt den kleinen Finger.
Als sie in den Handteller biss, schüttelte es Hannes. Ächzend krallte er die schweißnassen Hände in den Jeansstoff seiner Hosenbeine. Eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn. Mit dem Handstummel deutete sie zu ihm herüber. „Ey Mann, mach' nich' so 'n Furzgesicht! Haste noch nie jemanden essen sehen? Da kann einem ja der Appetit vergehen!“ Ein Blutflöckchen sprühte zwischen ihren Lippen hervor und landete auf seinem Ärmel. „Sorry!“
Sie beugte sich herüber und tupfte das Bläschen mit dem rechten Zeigefinger auf. Langsam führte sie die Fingerspitze an die Lippen. Plötzlich neigte sie sich näher und hielt ihm den Finger unter die Nase. Hannes presste den Nacken gegen die Lehne. Krampfhaft schüttelte er den Kopf. Sie hob amüsiert einen Mundwinkel und sah ihm tief in die Augen, während sie lustvoll den Finger ablutschte. Ihr Atem erinnerte Hannes an den Mundgeruch seines Katers. Gewöhnungsbedürftig, aber nicht allzu unangenehm. Sie warf einen schnellen Blick auf den Finger, zwinkerte Hannes spitzbübisch an und biss das erste Glied ab.

„Sarah!“ Eine Altweiberstimme schrillte durch den Bus. „Sarah, was tust du hier? Ihr sollt doch zusammen bleiben!“
Sie fuhr zusammen und schluckte hastig. Der anfahrende Bus warf sie gerade noch rechtzeitig in ihren Sitz zurück, um dem gallig schmeckenden Schwall zu entgehen, der aus Hannes' Mund drängte. Er spreizte die Beine und ließ sich nach vorne fallen, um wenigstens Hose und Schuhe sauber zu halten. Es gelang ihm nicht ganz, aber der zweite Schub landete immerhin vollständig auf dem Boden.
„Shit,“ flüsterte sie, „die Kronweich hat mich entdeckt.“ Sie stieß mit der Stiefelspitze gegen seine Wade. „Du musst sagen, dass du das warst.“ Sie hielt ihm die angefressenen Hände hin. Er würgte nur noch wässrig.
„Sie kommt!“ zischte sie kaum hörbar.

Hannes spürte, wie sich eine massige Präsenz an der Lehne vorbei quetschte. Er blieb vornüber gebeugt, schielte mit gesenktem Kopf in den Gang. Ein Paar zierliche Pumps bewegten sich in sein Blickfeld, verharrten. Über den Knöcheln schwollen Waden zu Schenkeln, die wie helle Walleibern durch die meerblaue Gaze des Sarongs schimmerten. Weiter wagte er den Blick nicht zu heben.
„Sarah.“ Die zwei Silben trugen den gesammelten Kronweichschen Unmut in sich. „Die ganze Klasse wird wegen dir noch zu spät zur Veranstaltung kommen!“ Warm und weich legte sich der Busen auf Hannes' Rücken, als sich die Kronweich herab beugte. Sie zog Sarahs Hände hinter deren Rücken hervor. „Sarah! Kind! Wie siehst du aus!“
Hannes rang nach Luft.
„Der war's!“ Ihr Absatz hinterließ eine schleimige Spur auf seinem Hosenbein. Vergeblich stemmte er sich gegen die Last auf seinem Rücken.
„Lüg mich nicht an, Sarah!“ Die Kronweich senkte die Stimme. „Die hiesige Spezies beherrscht den vollkommenen Erhaltungssatz nicht einmal ansatzweise.“ Ihr tiefer Atemzug presste seine Lungen leer. „Selbstverspeisung ist hier ein Tabu!“
Seine Ohren klingelten. Endlich hob sich das Gewicht und er richtete sich auf.
Schweinsäuglein fixierten ihn über prallrote Bulldoggenbacken hinweg. Die Hutnadel, mit der die geblümte Melone auf den ungeheuren grauen Dutt gespießt war, wies bedrohlich in seine Richtung. „Geschweige, dass diese armseligen Geschöpfe auch nur eine Ahnung von paritätischem Kannibalismus hätten. Oder hat er dir vielleicht seinen Arm geboten?“
Sie stieß ihren Stockschirm in seine Wade. Schuldbewußt zog er das Bein unter den Sitz. Noch lieber wäre er vollständig darunter verschwunden.
Mit bebendem Busen wandte sie sich wieder Sarah zu. „Das ist jetzt meine einhundertundsiebte Klassenfahrt! Noch nie hatte ich solchen Ärger, wie mit dir! Habe ich euch nicht hundert Mal eingeschärft, dass wir uns an die örtlichen Regeln halten, wenn wir unter Menschen sind? Wie sollen wir dich so zu der Halloweenparty mitnehmen?“ Sie rang nach Luft.
„Rekonstruieren?“ fragte Sarah mit schüchterner Kleinmädchenstimme.
„Ha! Als wenn das hier so einfach wäre!“ Die Kronweich zog aus irgendeiner Falte eine Papierserviette und tupfte sich die Schweißperlen aus dem Gesicht. „Wir sind nicht zuhause.“ Ihre Backen arbeiteten, als kaute sie an einem Gedanken. „Der Erhaltungssatz gilt in diesem Universum nur eingeschränkt,“ murmelte sie. „Infotonen werden bei jeder Transformation vernichtet, nur die unstrukturierte Energie bleibt erhalten. Zudem auch noch fast immer auf niedrigerem entropischem Niveau.“ Sie warf einen mitleidigen Blick auf Hannes. „Die Strukturen hier sind einfach noch nicht genug vernetzt.“ Sie stieß einen Seufzer aus und sah auf die blauen Wogen ihrer Büste hinab. Sie zog die Nase kraus. „Also gut. ich leihe dir etwas von mir.“ Ihr Kopf ruckte hoch. „Aber ich warne dich, Sarah Wolpereit! Noch EIN klitzekleiner Vorfall und der Ausflug ist für dich zu Ende.“
Sarah lächelte artig zu ihr auf. Halbwegs besänftigt fasste ihre Lehrerin nach der Schulterspange ihres Gewandes. Sie wollte eben den Stoff fallen lassen, als ihr Blick auf Hannes fiel. Sie sah ihn mit wortloser Strenge an. Er räusperte sich verlegen und wandte sich zum Fenster um. Im Spiegel der Nacht erschien ihm die vollendete Fülle Kronweichscher Brüste.

Sarah streckte den Nacken und presste die violett geschminkten Lippen auf den Warzenhof der linken Mamma. Ihre Wange höhlte sich nach innen und ihr Kehlkopf ging rhythmisch auf und nieder.
„Halt! Jetzt die andere Seite.“ Die Brust schmatzte von ihren Lippen. Deutlich erschlafft, schlappte sie herab. Sarah schnappte nach der anderen Warze. Als auch diese Brust auf das Volumen ihrer Nachbarin geschrumpft war, richtete die Spenderin sich mit einem Ruck auf.
„Das genügt.“ Mit einem kleinen Stoßseufzer verstaute sie die schlaffen Überbleibsel ihrer Pracht in den Stoffweiten ihres Sarongs. Argwöhnisch sah sie auf Sarah herab. „Bekommst du die Restruktion alleine hin? Finger sind ziemlich komplizierte Körperteile...“
„Oh, bestimmt, Frau Kronweich!“ Sarah nickte eifrig. „Dann kann ich mir auch gleich andere Nägel stylen. Frenchlook. Sehen sie!“ Triumphierend streckte sie die linke Hand aus. Hannes traute dem Spiegelbild plötzlich nicht mehr. Er wandte sich um. Silberner Glimmer funkelte auf den zentimeterlangen Nägeln, als sie die weit gespreizten Finger leicht bewegt.
Die Kronweich nickte anerkennend. „Hast also doch etwas gelernt bei mir.“ Nach einem kontrollierenden Griff zu Dutt und Melone nahm sie ihren Schirm von der Haltestange. „Auf, Sarah Wolpereit! Wenn wir uns beeilen, holen wir die anderen noch vor der Festhalle ein.“ Sie schob sich durch den Gang zum Ausstieg und Sarah beeilte sich, ihr zu folgen. „Soooo sorry!“ flötete sie mit zuckersüßem Lächeln. Dann waren sie fort.

Den Blick in der Pfütze zu seinen Füßen versunken, rieb Hannes über die neue Prellung an seiner Wade. Leder streifte an seinem Gesicht entlang und plumpste in den frei gewordenen Sitz.
„Tach Alter.“
„Tach Kurt.“ Er blieb in seiner Haltung.
„Hannes?“
Die Lederhose knarrte protestierend, als Kurt sich zu ihm herab beugte.
„Mensch Kerle, du siehst aus, als hätte dich ein Alien gefressen und wieder ausgekotzt.“
Reglos, nur seine Handfläche strich in kleinen Kreisen über die verschmierte Hose, stierte Hannes auf sein halbverdautes Abendessen. Schließlich richtete Kurt sich wieder auf.
„Jo.“ Hannes lehnte sich zurück und ließ den Kopf gegen die Scheibe sinken. Er schloss die Augen. „So ähnlich.“
 
Hallo Rumpel,

saubere Geschichte. Der Schluss ist mir ein bisschen fade, aber ganz ehrlich, ich wüßte jetzt auch nicht, wie man aus der Geschichte rauskommt, ohne dass er am Ende versucht, sich einen Finger abzubeißen, um mal den Warzenvorhof von der Kronweich auszuschlappen.

Beste Grüsse,
Marcus
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke für die Blumen, Marcus!

Eigentlich ist mir der Schluss noch nicht lapidar genug. Er bringt die Antiklimax noch nicht so stark über, wie ich mir wünschte: Ein Nadelstich, der den ganzen Popanz in sich zusammen sinken lässt. Pffffffft.

Alternativ könnte ich mit dem Abgang der Damen aufhören. Wäre nicht mehr für sich allein standfest, aber gäbe ein tolles Intro für eine Novelle. Weiß noch nicht. Zur Zeit habe ich nach langer Pause einen Schreibschub; alles Mögliche spuckt mein Denkkasten zur Zeit aus. Ich laß' einfach spucken. Nur nicht daran rühren!

Von Gedanken geentert, ist er kopflastig gekentert
 
O

Orangekagebo

Gast
Hallo rumpel,

natürlich gut wie erwartet :)
Trotzdem kommt mir der Plot um Sarah und die Kronweich zu lang vor. So viel müsste die Kronweich nicht erklären.

Was mir noch auffiel:

Er spreizte die Beine und ließ sich nach vorne fallen, um wenigstens Hose und Schuhe sauber zu halten.
Mit dem nach vorne fallen, da würde ich deutlicher schreiben, dass er sich vorbeugt, um zu k... Ich hatte erst gedacht, er ist tatsächlich auf den Boden gestürzt.

Deutlich erschlafft, schlappte sie herab. Sarah schnappte nach der anderen Warze. Als auch diese Brust auf das Volumen ihrer Nachbarin geschrumpft war
Hieraus: Deutlich erschlafft, schlappte sie ...
Vielleicht besser: Sie sackte schlaff runter (oder so ähnlich) erschlafft sagt für mich dasselbe aus wie schlapp

Ist ein guter Genremix aus Horror, Humor und Science Fiction.

Gruß, Karsten
 

petrasmiles

Mitglied
Nein, nein, ich würde nicht nach dem 'Damenbesuch' aufhören, weil so ja seine Reaktion nicht erzählt werden könnte. Dann bliebe er nur zurück, aber nicht so zurück wie in der geschilderten stasis in der Begegnung mit dem Kumpel.
Wie es jetzt ist, sitzt nur seine Hülle da, der geringste Rest des Innenlebens ist mit Klammern an die Vor-Realität beschäftigt, das Meiste in ihm leugnet, was er gerade erlebt hat.
Ich möchte jetzt schreiben, dass die Szene mit der 'Aufseherin' unrealistisch ist, weil ich mir vorstellen würde, dass 'man' um mehr Diskretion bemüht wäre und Hannes das Phänomen verbal nicht mitbekommt :D - aber was ist hier schon real?
Aber wenn Du nur beschreiben würdest, was zwischen den beiden Frauen passiert, ohne Dialoge? Ich denke daran, nachdem der Flüchtling aufgespürt wurde, schauen sie sich nur in intensiven Schattierungen an und handeln ....?

Du hast hier eine sehr sinnliche Sprache, die mir gut gefällt. Bei aller Unappetitlichkeit ein sexy Text.

Liebe Grüße
Petra
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Aber wenn Du nur beschreiben würdest, was zwischen den beiden Frauen passiert, ohne Dialoge? Ich denke daran, nachdem der Flüchtling aufgespürt wurde, schauen sie sich nur in intensiven Schattierungen an und handeln ....?
Bedenkenswert. Würde aber den Figuren einen komplett anderen Charakter geben.

Danke Karsten. Für das Lob und für die Hinweise, die ich teilweise nachvollziehe.

Die Geschichte muss jetzt erst eine Weile abliegen. Dann will ich noch einmal ran. Vielleicht auch weiter erzählen. We'll see.

Zunehmend verschwommen ist er zu Nichts zerronnen
 



 
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