Bekenntnis

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Ralf Langer

Mitglied
Bekenntnis

Du weißt: nur wenig Worte
kommen dem Geheimnis nah:
Jedes Wort ist eine Pforte
und Gefäß;- aus Golem und Avatar

formst du deine Strophen
suchen eine höhere Instanz
steht nur zwischen den Zeilen
offenbart sie sich ganz

im Gedicht hörst du Gebete,
doch sie rufen sich selber an,
nicht Thor, nicht Ra, nicht Lethe:
du glaubst nur an den Gott
der im Wort existieren kann.
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Hymnen des Logos

Guter Grundgedanke. Höchst erwägenswert.

Du weißt: nur wenig Worte
kommen dem Geheimnis nah:
Jedes Wort ist eine Pforte
und Gefäß;- aus Golem und Avatar
Wenn der Gott fähig ist, nur "in dem Wort" zu existieren, wie das Fazit lauten soll, sind die Worte Pforten in sich selbst hinein, in ihre Inhaltsfülle, also eher die Pforte und der Sinnraum, der durch die Pforte betreten werden kann, zugleich. Das wäre das "Gefäß". Ich überlege, ob "Golem und Avatar" nicht eine ganz andere Dimension ansprechen, wo die Sprecher statt der Worte die Inhaltsfülle haben und sind. Denn (zumindest die Avatare) sind Rollen, nicht Worte. Angenommen, Worte können Personen bzw. Rollen sein, was wäre das für eine Identität? Ich denke das wären "Namen".

formst du deine Strophen
suchen eine höhere Instanz
steht nur zwischen den Zeilen
offenbart sie sich ganz
im zweiten Vers finde ich das Subjekt nicht; vielleicht "sie", nämlich "deine Strophen"?
Was zwischen den Zeilen steht, müßte eigentlich in den Gefäßen zu finden sein, also nicht zwischen, sondern in den Worten.
im Gedicht hörst du Gebete,
doch sie rufen sich selber an,
nicht Thor, nicht Ra, nicht Lethe:
du glaubst nur an den Gott
der im Wort existieren kann.
Avatare, Personen, also "Rollen" - können mit "Worten" identisch sein, nämlich als Namen. "Thor, Ra und Lethe" sind solche Namen, wo Wort und Rolle identisch sind. Die Verneinung im "nicht" vor jedem einzelnen dieser drei Namen steht im Widerspruch zur Fazitzeile, denn diese drei Götter existieren in diesen Namen, sind mit ihren "Worten" identisch. "Thor" z.B. ist nicht einfach das Gewitter, sondern der poetische Begriff, in dem das Gewitter lebt. "Ra" ist der Name der poetisch verstandenen Sonne, Gott als Sonne, der Logos der Sonne, die Sonne als Alles. "Lethe" ist das abgründige Vergessen, das die Worte voneinander scheidet, das Bewußtsein des absoluten Unterschieds. Ein Hegel-Gott.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Mondnein,

herzlichen dank für diese tiefsinnigen Gedanken die du hier gelassen hast.
da muß ich erst einmal in Ruhe drüber nachdenken.

Der Avatar ist meines eissens nach ein Begriff aus dem Sanskrit und bedeute "Abstieg", gemeint ist wohl der Abstieg einer Gottheit in eine idrische Form. die entspräche dann dem Gefäß.

Und natürlich ist der Avatar ein Platzhalter für eine nicht erkannt(bzw. benannt) werden wollende Person.

der Avatar ist also eine Hülle oder wie ich schrieb ein Gefäß. hier sehe ich auch die Nähe zum Golem, einem aus der Buchstabenmystik(Kabbala) herausgetretene Erscheinung.
der Golem ist aus Lehm geformt und erträgt eine geschrieben Botschaft in sich die ihn "existieren " lässt.
Soweit mein Verständnis.


wie gesagt ich muß nachdenken.

Lg
Ralf
 
T

Trainee

Gast
Bekenntnis

Du weißt: nur wenig Worte
kommen dem Geheimnis nah:
Jedes Wort ist eine Pforte
und Gefäß;- aus Golem und Avatar

formst du deine Strophen
suchen eine höhere Instanz
steht nur zwischen den Zeilen
offenbart sie sich ganz

im Gedicht hörst du Gebete,
doch sie rufen sich selber an,
nicht Thor, nicht Ra, nicht Lethe:
du glaubst nur an den Gott
der im Wort existieren kann.
Lieber Ralf,

es geht aus meiner Sicht um einen schreibenden Philosophen. Dem ist nicht Wort nur Wort, sondern Beginn und Pforte zugleich. Es gilt ihm als eine Art Mischfigur aus jüdischer Mystik [Golem] und dem Avatar, der hier für die Jetztzeit, den täglichen Internetauftritt, steht.

Im geschriebenen Wort sucht der Dichtende einen höheren Sinn, der sich ihm ständig entzieht. Nur zwischen den Zeilen lässt der sich finden und offenbart sein Schattenwesen.

In den Leerzeilen hört er es raunen. Den Disput der Götter, an die er nicht mehr zu glauben vermag. Das Wort aber ist.
Und das Wort steht am Anfang aller Schöpfung. Auch der seinen. Und es steht allein.

Von der Zeichensetzung sprachlichen Gestaltung her, finde ich das Gedicht nicht immer optimal ausformuliert.
Ich habe ein wenig dran geschraubt, ohne (hoffentlich!) allzu viel zu verändern.

Bekenntnis

Du weißt: Nur manche Worte
kommen dem Geheimnis nah.
Jedes Eine ist die Pforte,
ein Gefäß. - Aus Golem und dem Avatar

formst du deine Strophen,
suchst die höhere Instanz.
Zwischen deinen Zeilen wartend,
offenbart sie sich dir ganz.

Im Gedicht hörst du Gebete,
doch sie rufen sich nur selber an:

nicht Thor, nicht Ra, nicht Lethe.
Du glaubst nur an den einen Gott,
der, wortgebunden, existieren kann.
Wenn du nichts verändern möchtest, isses mir auch recht. ;)

Das ist ein sehr anregendes Gedicht! Besonders gefällt mir natürlich der Golemvergleich. Die Erwähnung dieses Kunstwesens, das starke Kraft enfalten, aber niemals Gott(- Mensch) sein kann. Ebenso wie der Dichter Herrliches erschaffen kann, aber die Liebe nur in die Herzen weniger trägt.

Und ebenso wie es Ra nicht immer gelingt, strahlender Sonnengott zu sein ... die Flüsse der unteren Welt sind tief und trübe.

Herzliche Grüße
Heidrun
 

Label

Mitglied
Hallo Ralf Langer

Schön dass dieses Gedicht aus den Tiefen hervorgeholt wurde, denn das gefällt mir inhaltlich recht gut. Das muss ich damals wohl übersehen haben.
Allerdings kann ich keinen Rhythmus, jedenfalls keinen in einem Muster entdecken. Auch die Silbenzahl der einzelnen Verse ergibt keinerlei Gleichmäßigkeit.

Strophe 1 hat 7,7,8,10 Silben und der Versfuß ist Jambus, Trochäus, Trochäus, und ? , während die Reime abac sind

Strophe 2 hat dagegen 6,9,7,6 Silben, der Versfuß ist Trochäus, Trochäus, Anapäst und ?, die Reime aber abcb

Und Strophe 3 hat 8,8,7,6,8 Silben, die Versfüße wieder bunt, wie auch das Reimschema.

Vielleicht magst du daran noch ein wenig feilen, - anderseits haben die ansonsten gestrengen Rhythmus- und Metrumswächter hier bei dir ja nichts angemahnt.

Freundlicher Gruß
Label
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo miteinander,
ja was soll ich sagen. Ich kenne die unmusikalischen Stellen in diesem Stück. Gleichwohl ist es nach Massgabe meiner Möglichkeiten in einem Zustand den ich nicht besser machen konnte.
Strophe eins und zwei müssten besser sein.
Die dritte Stophe - bei ein wenig Eitelkeit - da bin ich mit mir im reinen.
Da sind einige Vorschläge von euch die bedenkenswert sind.
Ich werde dem nachgehen

Es ist spät ich gehe schlafen
Danke
Ralf
 
T

Trainee

Gast
Lieber Ralf,

lass dich nicht zu sehr irritieren.
Rhythmus und Verstakt sind zwei völlig verschiedene Dinge.
Unter Rhythmus (rhythmos von[rhein - fließen]) verstehen
wir die harmonische Gliederung eines Bewegungsablaufes in sinnlich erfassbare Teile.
Im Gegensatz zum exakten, gleichförmigen, zähl- und messbaren Verstakt.
Verstakt und Sprechtakt decken sich nicht.
Im metrischen Rahmen ist der Verstakt lediglich ein Konstrukt, letztendlich eine Abstraktion, die dem Sinn [blue]nachgeordnet[/blue] ist.
Eine prägnante Ausnahme bildet die sog. Komische Lyrik; hier ist ein exaktes Metrum Teil des Witzes, gleichsam eine Veräpplung aller Metrumswächter, die es natürlich schon zu Zeiten der stürmenden Drängler (und lange vorher) gegeben hat. ;)
Insofern bestehen selbstverständlich in gereimten Gedichten viele Freiheiten, die leider häufig ungenutzt bleiben.

Herzliche Grüße
Heidrun
 

Tula

Mitglied
Hallo Ralf

Hab's jetzt bestimmt bereits zum achten Mal gelesen und überlege was mir dran gefällt (insgesamt auf jeden Fall) und was weniger. Da wäre das Gefäß, ist mir irgendwie nicht 'aufregend' genug. Ein Vorschlag für die Zeile wäre:

"Golem, Schrein und Avatar."

Gefiele mir auch metrisch besser, wobei mir das 'aus' vor dem Golem ohnehin nicht klar ist.

Die zweite Strophe ist mir etwas zu "erklärend", auch die 'höhere Instanz' überzeugt mich wenig. Genau genommen braucht das Gedicht S2 nicht, oder die Absicht des Lyri beim Schreiben könnte noch stärker auf die ewige Suche nach dichterischer Erkenntnis ausgerichtet werden.

Nichtsdestotrotz, ein sinntiefes Gedicht wie ich es mag.

LG
Tula
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Tula,

danke für deinen Kommentar. Ich werde versuchen „das Gefäß“ etwas zu erhellen.

Ganz unprätentiöse sehe ich das Wort als ein Gefäß die Bedeutung wäre der Inhalt dieses Gefäßes.

Viele Missverständnisse im Gebrauch von Sprache entstehen , obschon wir die selben Worte benutzen, weil wir das Wort mit unterschiedlichen Bedeutungen füllen.

So ist wie ich schon Mondnein schrieb auch der Avatar der ursprünglichen Bedeutung aus dem Sanskrit kommend meines Erachtens ein Gefäß.

Eigentlich bedeutet es „abstieg“, will heißen eine göttliche Form sucht sich eine irdische Hülle, also ein Gefäß.
Gleichzeitig haben wir in unserer elektronischen Welt Unmengen an Avatare, Gefäße in die das irdische ich hineinsteigt um jemand anderes zu sein.

Der Golem ist auch ein Gefäß. In seinem Kopf sind Zettel mit Worten. Diese erwcken ihn durch seinen „Meister“ zum leben.

Ich versuche hier die verschiedenen Instanzen von Worten an sich metaphorisch auszuleuchten.

Die zweite Strophe ist tatsächlich eine Art Krücke. Inhaltlich finde ich sie für mich sehr wichtig.
Allerdings bin ich nicht sehr glücklich mit ihrem „Dasein“.

Hm ich mag halt die Zeilensprünge, und die dadurch enstehenden verschiedenen Lesarten.
Meine Zeilensetzungen sind nur Vorschläge, anders gelesen rgeben sich andere Bedeutungen…

So weit das was ich dazu sagen kann

dir einen lieben Gruß

Ralf
 
T

Trainee

Gast
Hallo Ralf,
von der Form her sehe ich eigentlich nur ein Problem:
Die letzte Strophe weist einen Vers mehr auf als die vorherigen.
Auch dagegen ist nichts zu sagen, doch sollte dann (aus meiner Sicht) eine Kennzeichnung nicht fehlen, die deine Absicht verdeutlicht.
Ähnliches versuchte ich in meinem Vorschlag.

Liebe Grüße
Trainee
 



 
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