Bekenntnis, oder : Abgekühlt

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Anonym

Gast
Das, woran ich mich am meisten erinnere, war das Warten, daß das Telefon klingelt. Stundenlang, Tagelang, Wochenlang.
Zuerst glaubte ich noch, daß er es wörtlich meinte, wenn er sagte: Ich rufe dich in den nächsten Tagen an. Dachte: er wird in circa drei bis sechs Tagen anrufen. Sonst müßte er ja sagen: In einer Woche. Oder: in den nächsten Wochen. Mit der Zeit lernte ich, daß er diesen Zeitabschnitt anders definierte. Irgendwann fand ich mich damit ab.
Irgendwann trafen wir uns etwas öfter, ich besuchte ihn manchmal zu Hause. Nachdem wir eine Weile über irgendwas Oberflächliches geplaudert hatten, fing er an, mich auszuziehen. Zuerst sträubte ich mich, dann gab ich nach. Bei uns war sowieso schon alles so schwierig. Außerdem war ich auch neugierig.
Seltsam, ich kann mich an andere Dinge, wie zum Beispiel den ersten Kuß viel besser erinnern. Ich weiß nur, daß wir plötzlich beide nackt waren und unter der Bettdecke lagen.
Schließlich war es vorbei. Er lag neben mir, die Augen geschlossen und ich sah sein Gesicht wie das eine Fremden. Auch ich selbst war mir fremd. Schlaf nicht ein, sagte ich, weil ich meine Stimme hören wollte. Sie klang irgendwie kratzig und schien nicht zu mir zu gehören.
Wir zogen uns an. Zu Hause warteten meine Eltern schon auf mich.
Wir haben dann noch ein paar mal zusammen geschlafen, und ich erinnere mich, daß ich zuletzt auch so etwas wie Lust dabei empfand.
Als ich ihn dann einmal anrief, machte er Schluß. Er war wütend, weil ich mich zwei Wochen lang nicht gemeldet hatte. Er hatte ja recht. Aber es tat mir nicht leid.
 



 
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