Bestattung auf Holländisch

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LuMen

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Bestattung auf Holländisch

(Es fürchte kein Leser, dass ich ihn betrüge,
passiert ist´s, so wahr ich vor Ort hier nicht lüge!)

Die Toten sind arm dran in heutiger Zeit,
erfahren oft nicht mehr erwünschtes Geleit!
Noch lebend sind sie vom Schock fast erschlagen,
wenn sie nach Beerdigungsunkosten fragen.
Zu Hilfe kommt ihnen ein nachbarlich Land,
das lang schon durch Spottpreis für Butter bekannt.
Jetzt bietet es preiswert Bestattung nach Arten
bis hin zum Begräbnis im eigenen Garten!

Das letzte geschieht dann im Mini-Format,
damit es nicht auffällt den Wärtern vom Staat,
die meinen, dass menschlichen Knochen und Resten
die Ruhe auf Friedhöfen täte am Besten.
Nur muss man, was einst einem lieb war und teuer,
zunächst übergeben dem lodernden Feuer,
und dabei bezahlt man nicht wenig an Geld,
bevor solch ein Leichnam zu Asche zerfällt.

Jedoch ist dies billiger noch als zu Haus,
und gleichzeitig wählt man die Urne dort aus,
geschmackvoll und preiswert in Delfter Hellblau
ist auf dem Kaminsims das Stück eine Schau!
(Nicht jeder düngt gerne die prächtige Eiche
im Garten mit Asche der menschlichen Leiche.)
Dies Thema bewegt nicht nur Nachkommenschaft,
nein, auch unsre Alten, die bald hingerafft!
Denn tröstlich gar ist es, beizeiten zu wissen,
man kümmert sich um ihr Gedenken beflissen!

So lassen sie schließlich nicht länger sich bitten
in friedlicher Eintracht mit schleunigen Schritten
zum Bus und bei Kaffee und Kuchen zur Fahrt
zwecks Einsicht in jene Beerdigungsart,
die rundum genehm ist und dazu erschwinglich -
wenn auch, so Gott will, derzeit noch nicht so dringlich –
für künftige Tote und Anverwandte,
die hoffen, sie seien als Erben benannte!

Am Ende bestellt man nach Bildkatalogen –
Geschäftsleute hat ihre Nas´ nicht getrogen!
Lasst aber, ihr Kunden vom Jenseits, euch sagen:
Nach Seelenheil wird die Touristik nicht fragen!
Des „fliegenden Holländers“ eigene Seele
muss zusehen, dass sie den Weg nicht verfehle!
 
E

Edgar Wibeau

Gast
Dag, Lutz!

Een lekker poemche is dat.
Nur die vorletzte Strophe könnte etwas glatter laufen, finde ich.
>zum Bus bei Kaffee und Kuchen zur Fahrt...?

Und müßte es nicht heißen:
"für künftige Tote und alle Verwandte[red]n[/red]"
(jene Bestattungsart für alle Verwandten) ?
In dem Fall könnte die letzte Zeile lauten:
"die hoffen, sie sei'n die als Erben Benannten".

Tot ziens!

Christian
 

LuMen

Mitglied
Deklination

Hallo Christian,

vielen Dank für Deine freundliche Zuschrift und den interessanten grammatikalischen Hinweis!
Ich habe mich bei der Deklinationsform (für) alle "Verwandte" von Anfang an nicht ganz wohl gefühlt und bin selbst jetzt nach Einsicht des "Großen Dudens" Abt. "Sprachliche Zweifelsfälle" immer noch nicht sicher. Bezeichnenderweise hat der Duden dem Kapitel "Verwandte" eine ganze Rubrik! gewidmet und unterscheidet zwischen starken und schwachen, natürlich nur in der Deklination.
Die starken sind "Verwandte" und die schwachen "Verwandten" (Nominativ und Akkusativ). Ohne Artikel, Pronomen oder Adjektiv soll die starke Beugung, also "Verwandte", korrekt sein. Nun habe ich aber "alle" davor stehen = schwache Beugung = Verwandten? Andererseits sagt der Duden wieder, dass die starke Beugung im Nominativ und Akkusativ Plural auch in dieser Form vorkommt, Beispiel: "In der gleichen Stadt wohnten noch verschiedene Verwandte."
Mir juckt es jetzt in den Fingern, ein Gedicht über die zweifelhafte Sprache des Dudens selbst zu schreiben! Dabei könnte höchstens störend wirken, dass meiner schon ziemlich bejahrt ist. Vielleicht hast Du neuere Quellen? Das würde mich als ehemaligen Germanistikstudenten schon interessieren.
Aber es führen immer mehrere Wege nach Rom. Ich mache einfach - ohne Artikel und Attribut - "Anverwandte" daraus, das müsste eigentlich in den Augen der Sprachwissenschaftler Gnade finden!

Das mit dem "zum Bus....zur Fahrt" sehe ich etwas anders. Das bezieht sich beides auf "sie lassen sich bitten.." und ist jedenfalls grammatikalisch korrekt. Zur Vermeidung des doppelten "zu" fällt mir derzeit nichts ein.

Schön, dass Du diese Diskussion in Gang gesetzt hast. So kann man immer noch dazulernen.

Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntagabend bei der Lektüre des Duden!

LuMen
 



 
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