Beunruhigend

kite

Mitglied
Die Arie, das tägliche Üben
oder Wo waren wir Stehen geblieben.

Alles wendet sich gegen einen, regt man sich auf, scheint als hätte man nichts Wichtigeres zu tun. Ich tue meinen Teil daran, lehne mich zurück, lasse die Dinge uninteressiert laufen. Gibt es Wirkungsvolleres.

Ich dusche jetzt häufiger als in der Zeit, wo ich kaum einen Menschen sah. Ich wollte mich nicht mit Duschen über meine tatsächliche Beschaffenheit hinwegtäuschen. Jetzt, wo ich im Büro sitze, die Post hole, sie verteile, dusche ich häufiger. Mir scheint manchmal, mein ganzes Gehalt geht für Duschen drauf. Stundenlang denke ich auch darüber nach, wie ich mich kleiden müsste, damit es aussieht, als dächte ich überhaupt nicht daran. Das allein bringt mich ins Schwitzen. Ich frage andere, finden Sie es nicht auch so entsetzlich schwül, damit sie wissen sollen, dass ich der Schwüle wegen schwitze. Ich halte das für Unproblematischer. Ich sage dann, finden Sie es nicht auch entsetzlich heiß. Eigentlich sage ich heiß und schwül nur so dazu, damit das entsetzlich nicht so allein steht, nicht so auf der Oberfläche erscheint. Es soll schon gesagt werden, aber ich will keine Verantwortung auf mich laden. Erwähne ich die Hitze, erinnern sie sich an Tage, an denen es noch heißer, noch entschieden heißer war. Ich sage dann. Ja, da habe ich geschwitzt, und fühle mich mit ihnen verbunden.

Beim Essen ist es besonders schlimm, ich schlinge. Ich schreibe das auf. Das muss ich nicht. Es schadet aber auch nichts. Ich schreibe auf, dass ich schlinge. Warum nicht? Ich kenne Leute, die schreiben, wenn es ihnen besonders schlecht geht. Dann geht es ihnen wieder besser, und sie haben nichts mehr zu schreiben, bis es ihnen wieder schlechter geht. Manche schreiben, wenn es ihnen besonders gut geht. Dann geht es ihnen schlechter und sie müssen warten, bis es ihnen wieder besser geht. Sie schreiben dann darüber, wie es ihnen so schlecht ging, dass sie nicht mehr schreiben konnten, manch mal auch darüber, warum. Und, dass sie auch schon daran gedacht haben, das Schreiben ganz zu lassen. Andere schreiben darüber, wie es ihnen so gut ging, dass sie nichts zu schreiben hatten. Und wie sie das dann schließlich traurig machte. Dann konnten sie wieder schreiben, und das machte sie glücklich und dann bricht der Text ab.

Ich sage zu einem Bekannten. Es ist beunruhigend, dass das Ende soo nah ist. Weiß ich, antwortet er. Dass er das sagte, beruhigte mich. Beunruhigend fand ich die Art, wie er es sagte, dass er das „Weiß ich“ aussprach wie einen Vorwurf, belästigt und verärgert, dass ich hätte glauben können, er wisse das nicht. Tatsächlich ist er immer tadellos gekleidet und wirkt wie man so sagt, wie aus dem Ei gepellt. Ich verstehe dann nicht, dass ihn so was nicht ins Schwitzen bringt. Aber vielleicht friert er ja eher, oder aber beides gleichzeitig. Dann kann man so etwas gar nicht bemerken. Dennoch freut es mich, dass die allgemeine Lage offensichtlich meinem Trübsinn entspricht. So kann ich meinen Trübsinn doch mit der allgemeinen Lage begründen. Das geht aber nur indirekt. Wenn man direkt klagt, reizt es andere jeden Grund zu leugnen. Ach wirklich? fragen sie dann ungläubig. Wenn man direkt klagt, leugnet der andere den Grund. Bestätigt der andere jedoch, leugnet er nicht, klagt man gemeinsam. Gemeinsam klagen, ist aber nur noch halb Klagen, ist schon halbe Zufriedenheit, über der man dann den Grund vergisst.
 
B

bluefin

Gast
lieber @kite,

wenn man sich durch dieses selbstgespräch, seine widersprüche und seine z. t. seltsame syntax durchgekämpft hat, weiß man, dass der protagonist ein langweiler ist, der sich rasch fürchtet, leicht in schweiß ausbricht, keine tischmanieren hat und mutmaßt, dass es leute gibt, die schreiben.

so weit, so banal, eigentlich. als besonders empfinde ich die lakonie, mit der der prot vor sich hinsummt: vorstufe der agonie? die sprünge, die augenblicke genauester beobachtung: es klingt ein bisschen nach schizophrenie, was du uns schreibst.

wirklich anfangen kann man mit so einem text wohl nichts; vor allem deshalb nicht, weil er zu kraus ist. das
Dennoch freut es mich, dass die allgemeine Lage offensichtlich meinem Trübsinn entspricht
ist unsinn - entweder man freut sich oder man bläst trübsinn, und
Wenn man direkt klagt, reizt es andere jeden Grund zu leugnen. Ach wirklich? fragen sie dann ungläubig. Wenn man direkt klagt, leugnet der andere den Grund. Bestätigt der andere jedoch, leugnet er nicht, klagt man gemeinsam. Gemeinsam klagen, ist aber nur noch halb Klagen, ist schon halbe Zufriedenheit, über der man dann den Grund vergisst.
ist nichts als geschwurbel - wer klagt, bekommt entweder mitleid oder keins. wahrscheinlich hast du, lieber @kite, beim schreiben über das klagen auch den grund aus den augen verloren.

tipp: bring ein bisschen struktur in den verhau und führ irgendeine größe ein, die interessanter ist als die drüsensekrete eines narzisschens. schreibtechnisch hättest du's bestimmt drauf.

liebe grüße aus müchen

bluefin
 

kite

Mitglied
Lieber Bluefin

Freut mich, dass die reaktion gleich heftig ist. Tja ist schon ein Langweiler, der da in sich kreist und gesund ala Hemingway ist er wohl höchstens an dessen Ende. Und auch die Leute brauchen nicht richtig zu reagieren, weil sie ja Projektionen des "Ich" sind. Wie jemand reagiert, richtig oder falsch, ist nicht Frage der Erfahrung, sondern der Konstruktion. Hier jedenfalls ist das Außen, so weit es hervorzutreten scheint, ein Binnenspiegel. Auch wenn es richtig ist, dass der Veränderungen am ehesten wahrnimmt, der sich selbst nicht bewegt, isr das eben doch noch keine Garantie. Aber vielleicht stecken im Krausen ja Spuren, die im Spannenden schon wegen seiner Geschwindigkeit nicht stecken. "Kennst Du Kunzes Tanzsaal?"

Aber recht hast Du natürlich in allem, wenn etwas langweilig ist, ist es keine Entschuldigung, wenn es über Langeweile geht. Aber schnell schwitzen tut er vielleicht gar nicht und schlechte Essmanieren hat er vielleicht nicht einmal, es reicht, wenn er es glaubt und darüber ins schwitzen gerät zumal er ja nicht einmal existiert.

Will ich natürlich glaubwürdige Prots, die nach Fleisch und Blut sich anlesen, da reichen die Tropfen des knittrigen Papiers ja nicht. Das Blut bringt doch der Leser.

liebe grüße
kite
 
B

bluefin

Gast
lieber @kite,

meine rezension ist nicht heftig - du empfindest sie nur so.

letztlich gibt sie aber nur das wieder, was ein gutwillig bemühter leser in deinem text finden kann.

nichts gegen spiegelungen von spiegelungen - aber ohne gewisse substanz tut sich auch das beste optische system schwer, etwas erkennbares abzubilden.

dein text klingt ein bisschen nach selbsterfahrungskursus - wo überhaupt eine ganze reihe der texte hier im forum danach duften. nichts gegen diese, aber zur selbstfindung gelangt man im literarischen diskurs eher nicht.

wenn du möchtest, kann ich dir ein persönliches gepräch anbieten. bitte benutz dazu pn.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

kite

Mitglied
Lieber Blufin,

das ist mir dann doch ein bisschen zu wenig am text und ein bisschen zuviel "klingt nach".

wenn ich lese "meine rezension ist nicht heftig - du empfindest sie nur so" dann wird es schwieriger, weil dieses Muster jeder unfruchtbaren Auseinandersetzung unterliegt, zumal ich von reaktion geschrieben hatte. Unter "rezension" verstehe ich überlegte analyse und keine Schnellschüsse ala "klingt nach", auch wenn da trotzdem immer was dran ist. Aber eine saubere Trennung der Figur vom Autor auch und gerade, wenn es ein "Ich" ist, sollte Voraussetzung sein, sonst landen wir nach wenigen Zeilen bei reinen Vermutungen, noch dazu zur Person. Da freue ich mich doch lieber an einem optischen System, das nebenher auch noch Substanz abbildet.
Sicher lieb gemeint das "persönliche Gespräch", aber so wichtig ist es mir denn doch nicht. Da würde ich schließlich die Selbstfindung verlagern. Warum soll sie nicht genauso im Schreiben möglich oder eben unmöglich sein wie anderswo auch?
Aber "eher nicht" schließt das ja auch nicht zur Gänze aus. Die Frage ist doch eher, will ich das lesen. Du willst, so habe ich verstanden, weniger. Gut.

Grüße
kite
 



 
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