Beziehung

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herziblatti

Mitglied
Unzertrennlich

In weitem Bogen flog ich durch die Luft, prallte gegen die harte Kante des Schuhschrankes und landete mit heraushängender Zunge kopfüber auf dem Boden.
Endstation.
Aus.
Vorbei mit uns, es gibt kein Wir mehr und das tut weh bis in die feinsten Poren.
Wir, das unzertrennliche Paar, einer das Spiegelbild des anderen, ein Paar, das glänzte, fein zusammenstand, leichtfüßig über den Tanzboden schwebte, beschwingt über Treppen eilte; kein Schmutz, kein Morast konnte uns was anhaben, wir gehörten zusammen, wir würden gemeinsam alt werden.
Dachte ich.
Bis wir vor etwa einer Stunde fröhlich über das Kopfsteinpflaster unserer Strasse klackerten; ein falscher Tritt - und du stecktest fest im Gully.
Sie rissen dir die Bänder aus den Ösen, - was nicht ausreichte, das unvorsichtige Füßchen zu befreien, - sie schnitten dich brutal bis zur Sohle auf und ließen dich in den Kanal plumpsen.
Was für ein Ende!
Und ohne dich fühle ich mich sehr, sehr wertlos.
 

Zarathustra

Mitglied
YEA, GRATULIERE - DU HAST ES GESCHAFFT!

EINE SUPER -TOLLE KURZPROSA!

Die Wendung ist gelungen, die Gefühle tanzen mit...

L.G. Hans
 

Gerd Geiser

Mitglied
Dauerte einen Moment, bis ich es kapierte.
Kompliment.
Auch deine Einstandsveröffentlichung halte ich für gelungen.

Willkommen im Club.
Gruß
GG
 
B

Beba

Gast
Ein toller Kurzprosatext, der alles enthält: Lebendigkeit, Spannung und Humor. Obwohl ich den erst auf den 2. Blick entdeckt habe, weil ich eine Weile rätselte, worum es hier eigentlich geht. ;-) Klasse!!

Ciao,
Berni
 

herziblatti

Mitglied
Mich freut sehr, dass der Text gefällt, danke.
Entstanden ist der Text ca. 3 Monate nach dem Tod eines Hundes, der über 13 Jahre Familienmitglied war - die Wurfschwester lebte damals noch -
Servus - Heidi
 
N

no-name

Gast
ja herziblatti,

meine vorkommentatoren haben zu deinem text schon alles gesagt. eine wirklich gelungene kurzprosa! du scheinst ein talent gerade für diese kurzen, prägnanten texte zu haben. vielleicht solltest du dein schreiben auf diese art von prosa konzentrieren, denn alles, was ich bisher von dir in dieser richtung las, hat mich angesprochen.

auch wenn ich natürlich denke, dass sich niemand "wertlos" fühlen sollte, ist mir dieses gefühl leider auch bekannt - man kann eben nicht aus seiner haut, und genau das ist ja auch gut so.

liebe grüße von no-name.
 

herziblatti

Mitglied
Hallo no-name,
danke! Beim Schreiben dieses Textes habe ich nur teilweise meine Perspektive eingenommen (würde ich nachträglich so sehen - war kein gezielt geschriebener Text), der Hauptaugenmerk war eher aus der Sicht unseres zweiten Hundes Baci, die sehr getrauert hat und fast "draufgegangen" wäre... Servus - Heidi
 
Q

Quidam

Gast
Hallo herziblatti,

meiner Meinung nach hast du da noch nicht das Beste herausgeholt.

Die Idee gefällt mir. Die Umsetzung ist nicht schlecht, packt mich aber noch nicht.

Bei so kurzen Stücken muss irgendwie jedes Wort sitzen.

Der erste Satz und auch diese Beschreibung:
Wir, das unzertrennliche Paar, einer das Spiegelbild des anderen, ein Paar, das glänzte, fein zusammenstand, leichtfüßig über den Tanzboden schwebte, beschwingt über Treppen eilte;

- zu monoton im Rythmus, adjektivlastig und wenig speziell.

Der letzte Satz - farb und gehaltlos.

Und das mit den feinsten Poren und das Leichtfüßige finde ich unpassend. Da wird zu sehr auf falsche Fährte wert gelegt - und schlußendlich entzaubert. Den Leser auf falsche Fährten führen, weil er zwischen den Zeilen etwas wahrnimmt, wäre eine größere Kunst. Verständlich, was ich meine?

Ansonsten flüssig zu lesen. Und falls das jetzt falsch rüber gekommen ist: Du hast mich auf jeden Fall auf weitere Werke von dir neugierig gemacht.

Grüße
Quidam
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Quidam,

danke für das Lesen und die Verbesserungsvorschläge.
Ich hab´s probiert - Fazit: die paar übrig gebliebenen Knochen kann man vernachlässigen, auf den Kompost damit -

Dazu ist mir der Text zu nah & ich bin kein Lyriker, ich kann meine Themen nur auf meine Weise bewältigen.
Mit dem letzten Satz bin ich selber nicht wirklich glücklich, da bin ich deiner Meinung - obwohl er bei Lesungen immer der Punkt ist, an dem dem Publikum das Lachen gefriert.

Ein wenig hin- und hergerissen - Servus, Heidi
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Adjektive eröffnen Dimensionen

Das Dogma von den Adjektiven, die man nicht benutzen darf, geht mir langsam auf die Nüsse. Pleonasmen ("weiße Schimmel") mögen albern sein, Partizip-I-Nominalisierungen mögen schwerfällig klingen, aber Adjektive können inhaltstragend, paradox oder gar zum Oxymoron aufgespreizt den ihnen zugehörigen Substantiven weitere Dimensionen eröffnen.
Aber der letzte Satz (immerhin eine emotionale Pointe) ist - auch in Deiner eigenen Empfindung, wenn ich Dich richtig verstehe - leicht daneben, ich meine das doppelte "sehr": Ein Begriff, der das Fehlen oder das Nichtvorhandensein von etwas anzeigt, kann nicht gesteigert werden, auch nicht mit der Elativ-Partikel "sehr". Oder?
 

herziblatti

Mitglied
Unzertrennlich

In weitem Bogen flog ich durch die Luft, prallte gegen die harte Kante des Schuhschrankes und landete mit heraushängender Zunge kopfüber auf dem Boden.
Endstation.
Aus.
Vorbei mit uns, es gibt kein Wir mehr und das tut weh bis in die feinsten Poren.
Wir, das unzertrennliche Paar, einer das Spiegelbild des anderen, ein Paar, das glänzte, fein zusammenstand, leichtfüßig über den Tanzboden schwebte, beschwingt über Treppen eilte; kein Schmutz, kein Morast konnte uns was anhaben, wir gehörten zusammen, wir würden gemeinsam alt werden.
Dachte ich.
Bis wir vor etwa einer Stunde fröhlich über das Kopfsteinpflaster unserer Strasse klackerten; ein falscher Tritt - und du stecktest fest im Gully.
Sie rissen dir die Bänder aus den Ösen, - was nicht ausreichte, das unvorsichtige Füßchen zu befreien, - sie schnitten dich brutal bis zur Sohle auf und ließen dich in den Kanal plumpsen.
Was für ein Ende!
Und ohne dich fühle ich mich sehr wertlos.
 

Paloma

Mitglied
Hallo herziblatti,

o.k. der Text mag älter sein, aber Mondnein hat ihn ja nun mal hochgeholt. Ich stehe gerade total auf der Leitung. Nachdem ich die Geschichte und die Kommentare (aus Neugier) gelesen habe, frage ich mich, was deine Geschichte mit dem Hund zu tun hat?
Die Story an sich, finde ich gut geschrieben und witzig … falls es um Schuhe und nicht um den Hund geht.

Liebe Grüße
Paloma

p.s. Straße immer noch mit ß schreiben.
 

herziblatti

Mitglied
Unzertrennlich

In weitem Bogen flog ich durch die Luft, prallte gegen die harte Kante des Schuhschrankes und landete mit heraushängender Zunge kopfüber auf dem Boden.
Endstation.
Aus.
Vorbei mit uns, es gibt kein Wir mehr und das tut weh bis in die feinsten Poren.
Wir, das unzertrennliche Paar, einer das Spiegelbild des anderen, ein Paar, das glänzte, fein zusammenstand, leichtfüßig über den Tanzboden schwebte, beschwingt über Treppen eilte; kein Schmutz, kein Morast konnte uns was anhaben, wir gehörten zusammen, wir würden gemeinsam alt werden.
Dachte ich.
Bis wir vor etwa einer Stunde fröhlich über das Kopfsteinpflaster unserer Straße klackerten; ein falscher Tritt - und du stecktest fest im Gully.
Sie rissen dir die Bänder aus den Ösen, - was nicht ausreichte, das unvorsichtige Füßchen zu befreien, - sie schnitten dich brutal bis zur Sohle auf und ließen dich in den Kanal plumpsen.
Was für ein Ende!
Und ohne dich fühle ich mich sehr wertlos.
 

herziblatti

Mitglied
Danke, Paloma, für das >ß< :)
Dieser Text entstand nach dem Tod unserer Hündin Bella, ich habe erst eine Weile nach dem Schreiben gemerkt, dass dieser Text eine Art Trauerarbeit war. (Wir hatten zwei Mischlinge, Baci & Bella, Wurfschwestern, das PAAR, das immer zusammen war. Bella mussten wir mit 13 1/2 Jahren einschläfern lassen, Tumor auf der Leber. Baci wurde 17 Jahre und 4 Monate).
Ich bitte alle diejenigen, die solche persönlichen Erläuterungen als unpassend empfinden, um Pardon - manchmal muss man eben durch was durch, so oder so.
Dir, Paloma, liebe Grüße - vom herziblatti
 

herziblatti

Mitglied
Unzertrennlich

In weitem Bogen flog ich durch die Luft, prallte gegen die harte Kante des Schuhschrankes und landete mit heraushängender Zunge kopfüber auf dem Boden.
Endstation.
Aus.
Vorbei mit uns, es gibt kein Wir mehr und das tut weh bis in die feinsten Poren.
Wir, das unzertrennliche Paar, einer das Spiegelbild des anderen, ein Paar, das glänzte, fein zusammenstand, leichtfüßig über den Tanzboden schwebte, beschwingt über Treppen eilte; kein Schmutz, kein Morast konnte uns was anhaben, wir gehörten zusammen, wir würden gemeinsam alt werden.
Dachte ich.
Bis wir vor etwa einer Stunde fröhlich über das Kopfsteinpflaster unserer Straße klackerten; ein falscher Tritt - und du stecktest fest im Gully.
Sie rissen dir die Bänder aus den Ösen, - was nicht ausreichte, das unvorsichtige Füßchen zu befreien, - sie schnitten dich brutal bis zur Sohle auf und ließen dich in den Kanal plumpsen.
Was für ein Ende!
Und ohne dich fühle ich mich sehr wertlos.

© Heidi Merkel
 



 
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